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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
May.
wird eine mehr als gewöhnliehe Menge von Speise dazu erfordert, um einen mehr
als gewöhnlich großen Magen zu füllen. Daher rühmt der griechische Dichter
von seinen trojanischen Helden, daß sie gar stattliche Mahlzeit gethan, und
eben das läßt sich auch von den Tahitischen Befehlshabern sagen. Ueberdem
haben es beyde Nationen mit einander gemein, daß sie, eine wie die andere, am
Schweinefleisch Geschmack finden. Beyde kommen in der Einfalt der Sitten überein
und ihre eigenthümlichen Charactere sind durch Gastfreyheit, Menschenfreundschaft
und Gutherzigkeit, fast in gleichem Grade, vor andern ausgezeichnet. Sogar in
ihrer politischen Verfassung findet sich eine Aehnlichkeit. Die Eigenthümer
der Tahitischen Districte sind mächtige Herren, die gegen O-Tuh nicht mehr Ehr-
erbiethung haben, als die griechischen Helden gegen ihren Agamemnon; und
vom gemeinen Mann ist in der Iliade so wenig die Rede, daß er unter den Grie-
chen von keiner größeren Bedeutung gewesen zu seyn scheint, als die Tautaus
in der Südsee. Die Aehnlichkeit beyder Völker ließe sich meines Erachtens noch
wohl in mehreren Stücken sichtbar machen; allein es war mir blos darum zu
thun, sie durch einen Wink anzudeuten, und nicht durch eine lang gedehnte Ver-
gleichung die Geduld der Leser zu mißbrauchen. Das Angeführte ist wohl Be-
weis genug, daß Menschen, bey einem gleichen Grade von Cultur, auch in den
entferntesten Welttheilen einander ähnlich seyn können. Indessen würde es
mir sehr leyd thun, wenn diese flüchtigen Anmerkungen unglücklicherweise
einen oder den andern gelehrten Projectmacher auf eine unrechte Spur brin-
gen sollten. Die Thorheit, Stammbäume der Nationen zu entwerfen, hat
noch kürzlich viel Unheil in der Geschichte veranlaßt und die Egypter und Chi-
neser auf eine wunderbare Art zu Verwandten machen wollen. Es wäre daher
wohl zu wünschen, daß sie nicht ansteckend werden und weiter um sich greifen
mögte.

O-Tuh kam zu uns an Bord, um noch zu guter letzt bey uns zu speisen.
Er schlug meinem Vater und Herrn Hodges vor, sie sollten zu Tahiti bleiben,
und versprach ihnen, im rechten Ernste, sie in den reichen Districten von O-Par-
re
und Matavai, zu Eris zu machen. Ob er eigennützige Absichten dabey hatte
oder ob dies Anerbieten bloß aus der Fülle des Herzens kam, will ich nicht ent-
scheiten, doch kann man sich wohl vorstellen, daß kein Gebrauch davon gemacht

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
May.
wird eine mehr als gewoͤhnliehe Menge von Speiſe dazu erfordert, um einen mehr
als gewoͤhnlich großen Magen zu fuͤllen. Daher ruͤhmt der griechiſche Dichter
von ſeinen trojaniſchen Helden, daß ſie gar ſtattliche Mahlzeit gethan, und
eben das laͤßt ſich auch von den Tahitiſchen Befehlshabern ſagen. Ueberdem
haben es beyde Nationen mit einander gemein, daß ſie, eine wie die andere, am
Schweinefleiſch Geſchmack finden. Beyde kommen in der Einfalt der Sitten uͤberein
und ihre eigenthuͤmlichen Charactere ſind durch Gaſtfreyheit, Menſchenfreundſchaft
und Gutherzigkeit, faſt in gleichem Grade, vor andern ausgezeichnet. Sogar in
ihrer politiſchen Verfaſſung findet ſich eine Aehnlichkeit. Die Eigenthuͤmer
der Tahitiſchen Diſtricte ſind maͤchtige Herren, die gegen O-Tuh nicht mehr Ehr-
erbiethung haben, als die griechiſchen Helden gegen ihren Agamemnon; und
vom gemeinen Mann iſt in der Iliade ſo wenig die Rede, daß er unter den Grie-
chen von keiner groͤßeren Bedeutung geweſen zu ſeyn ſcheint, als die Tautaus
in der Suͤdſee. Die Aehnlichkeit beyder Voͤlker ließe ſich meines Erachtens noch
wohl in mehreren Stuͤcken ſichtbar machen; allein es war mir blos darum zu
thun, ſie durch einen Wink anzudeuten, und nicht durch eine lang gedehnte Ver-
gleichung die Geduld der Leſer zu mißbrauchen. Das Angefuͤhrte iſt wohl Be-
weis genug, daß Menſchen, bey einem gleichen Grade von Cultur, auch in den
entfernteſten Welttheilen einander aͤhnlich ſeyn koͤnnen. Indeſſen wuͤrde es
mir ſehr leyd thun, wenn dieſe fluͤchtigen Anmerkungen ungluͤcklicherweiſe
einen oder den andern gelehrten Projectmacher auf eine unrechte Spur brin-
gen ſollten. Die Thorheit, Stammbaͤume der Nationen zu entwerfen, hat
noch kuͤrzlich viel Unheil in der Geſchichte veranlaßt und die Egypter und Chi-
neſer auf eine wunderbare Art zu Verwandten machen wollen. Es waͤre daher
wohl zu wuͤnſchen, daß ſie nicht anſteckend werden und weiter um ſich greifen
moͤgte.

O-Tuh kam zu uns an Bord, um noch zu guter letzt bey uns zu ſpeiſen.
Er ſchlug meinem Vater und Herrn Hodges vor, ſie ſollten zu Tahiti bleiben,
und verſprach ihnen, im rechten Ernſte, ſie in den reichen Diſtricten von O-Par-
re
und Matavai, zu Eris zu machen. Ob er eigennuͤtzige Abſichten dabey hatte
oder ob dies Anerbieten bloß aus der Fuͤlle des Herzens kam, will ich nicht ent-
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[82/0094] Forſter’s Reiſe um die Welt wird eine mehr als gewoͤhnliehe Menge von Speiſe dazu erfordert, um einen mehr als gewoͤhnlich großen Magen zu fuͤllen. Daher ruͤhmt der griechiſche Dichter von ſeinen trojaniſchen Helden, daß ſie gar ſtattliche Mahlzeit gethan, und eben das laͤßt ſich auch von den Tahitiſchen Befehlshabern ſagen. Ueberdem haben es beyde Nationen mit einander gemein, daß ſie, eine wie die andere, am Schweinefleiſch Geſchmack finden. Beyde kommen in der Einfalt der Sitten uͤberein und ihre eigenthuͤmlichen Charactere ſind durch Gaſtfreyheit, Menſchenfreundſchaft und Gutherzigkeit, faſt in gleichem Grade, vor andern ausgezeichnet. Sogar in ihrer politiſchen Verfaſſung findet ſich eine Aehnlichkeit. Die Eigenthuͤmer der Tahitiſchen Diſtricte ſind maͤchtige Herren, die gegen O-Tuh nicht mehr Ehr- erbiethung haben, als die griechiſchen Helden gegen ihren Agamemnon; und vom gemeinen Mann iſt in der Iliade ſo wenig die Rede, daß er unter den Grie- chen von keiner groͤßeren Bedeutung geweſen zu ſeyn ſcheint, als die Tautaus in der Suͤdſee. Die Aehnlichkeit beyder Voͤlker ließe ſich meines Erachtens noch wohl in mehreren Stuͤcken ſichtbar machen; allein es war mir blos darum zu thun, ſie durch einen Wink anzudeuten, und nicht durch eine lang gedehnte Ver- gleichung die Geduld der Leſer zu mißbrauchen. Das Angefuͤhrte iſt wohl Be- weis genug, daß Menſchen, bey einem gleichen Grade von Cultur, auch in den entfernteſten Welttheilen einander aͤhnlich ſeyn koͤnnen. Indeſſen wuͤrde es mir ſehr leyd thun, wenn dieſe fluͤchtigen Anmerkungen ungluͤcklicherweiſe einen oder den andern gelehrten Projectmacher auf eine unrechte Spur brin- gen ſollten. Die Thorheit, Stammbaͤume der Nationen zu entwerfen, hat noch kuͤrzlich viel Unheil in der Geſchichte veranlaßt und die Egypter und Chi- neſer auf eine wunderbare Art zu Verwandten machen wollen. Es waͤre daher wohl zu wuͤnſchen, daß ſie nicht anſteckend werden und weiter um ſich greifen moͤgte. 1774. May. O-Tuh kam zu uns an Bord, um noch zu guter letzt bey uns zu ſpeiſen. Er ſchlug meinem Vater und Herrn Hodges vor, ſie ſollten zu Tahiti bleiben, und verſprach ihnen, im rechten Ernſte, ſie in den reichen Diſtricten von O-Par- re und Matavai, zu Eris zu machen. Ob er eigennuͤtzige Abſichten dabey hatte oder ob dies Anerbieten bloß aus der Fuͤlle des Herzens kam, will ich nicht ent- ſcheiten, doch kann man ſich wohl vorſtellen, daß kein Gebrauch davon gemacht

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/94>, abgerufen am 24.11.2024.