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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
May.
den Societäts-Inseln gehen zu dürfen, und Capitain Cook bewilligte es ihnen
ohne Bedenken. Maheine eröffnete uns mit einer Art von Prahlerey, jedoch im Ver-
trauen, daß er vorige Nacht bey O-Purea die Aufwartung gehabt habe, und sahe
es als eine große Ehre und als einen besonderen Vorzug an; er zeigte uns auch
einige Stücke sehr feinen Zeuges, welche sie ihm zur Belohnung der treu gelei-
steten Dienste geschenket hätte. O-Purea war also für die Freuden der Sinn-
lichkeit noch immer nicht zu alt, ohnerachtet in diesem so warmen Clima die Wei-
ber früher reifen, und folglich auch, verhältnißweise, früher alt und stumpf werden
sollten als bey uns zu Laude. Da O-Tuh nicht an Bord gekommen war, so statteten
wir bey ihm noch einen Besuch ab, und sahen bey dieser Gelegenheit eine Anzahl
Krieges-Canots, am Gestade von O-Parre vor Anker. Es waren ihrer vier und
vierzig, die insgesammt nach Tittahah gehörten, welches der kleinste District in
der nordwestlichen Halbinsel von Tahiti ist. O-Tuh lies in unsrer Gegenwart
einige Kriegs-Manövres machen, die zu unsrer Verwundrung mit der größten
Fertigkeit ausgeführt wurden. Die Befehlshaber waren alle in ihren Kriegsrü-
stungen mit Brustschildern; aber ohne Helme. Wir fanden auch einige noch ganz
junge Knaben dabey, die gleichfals als Krieger gekleidet waren, und mit dem Speer
eben so geschickt umzugehen wußten, als die Erwachsenen. Um die Wurfspieße der
Feinde auszupariren, hatten sie eine besondre Methode. Sie ließen nemlich die
Spitze eines Speers oder einer langen Streitaxt gerade vor sich auf dem Boden
ruhen, und hoben das andre Ende mit einer Hand so weit in die Höhe, daß die Linie
des herabgesenkten Speeres, gegen ihren Körper zu, einen Winkel von ohngefähr
25 bis 30 Grad ausmachte. In dieser Richtung bewegten sie den Speer, dessen Spitze
immer auf ihrem Ruhepunkte blieb und folglich gerade vor ihnen aus stand, je nach-
dem der Wurf ihres Gegners es nöthig machte, bald auf diese, bald auf jene Seite.
Durch diese einfache Bewegung ward der Speer des Feindes allemal ausparirt und
prallte ohne Schaden zu thun, an dem vorgelehnten Wurfspieß ab. Etliche Canots
mußten auch im Rudern Evolutionen machen. Sie paßirten eines nach dem andern
durch die schmale Einfahrt des Felsenriefs; und sobald sie innerhalb hinein waren,
formirten sie eine Linie und schlossen dicht an einander. Auf dem mittelsten Canot
stand ein Mann hinter dem Streit-Gerüste, der den Ruderern mit einem grünen
Zweige Signale gab, sich links oder rechts zu wenden. Auf diese Art ruderten sie wie

nach

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
May.
den Societaͤts-Inſeln gehen zu duͤrfen, und Capitain Cook bewilligte es ihnen
ohne Bedenken. Maheine eroͤffnete uns mit einer Art von Prahlerey, jedoch im Ver-
trauen, daß er vorige Nacht bey O-Purea die Aufwartung gehabt habe, und ſahe
es als eine große Ehre und als einen beſonderen Vorzug an; er zeigte uns auch
einige Stuͤcke ſehr feinen Zeuges, welche ſie ihm zur Belohnung der treu gelei-
ſteten Dienſte geſchenket haͤtte. O-Purea war alſo fuͤr die Freuden der Sinn-
lichkeit noch immer nicht zu alt, ohnerachtet in dieſem ſo warmen Clima die Wei-
ber fruͤher reifen, und folglich auch, verhaͤltnißweiſe, fruͤher alt und ſtumpf werden
ſollten als bey uns zu Laude. Da O-Tuh nicht an Bord gekommen war, ſo ſtatteten
wir bey ihm noch einen Beſuch ab, und ſahen bey dieſer Gelegenheit eine Anzahl
Krieges-Canots, am Geſtade von O-Parre vor Anker. Es waren ihrer vier und
vierzig, die insgeſammt nach Tittahah gehoͤrten, welches der kleinſte Diſtrict in
der nordweſtlichen Halbinſel von Tahiti iſt. O-Tuh lies in unſrer Gegenwart
einige Kriegs-Manoͤvres machen, die zu unſrer Verwundrung mit der groͤßten
Fertigkeit ausgefuͤhrt wurden. Die Befehlshaber waren alle in ihren Kriegsruͤ-
ſtungen mit Bruſtſchildern; aber ohne Helme. Wir fanden auch einige noch ganz
junge Knaben dabey, die gleichfals als Krieger gekleidet waren, und mit dem Speer
eben ſo geſchickt umzugehen wußten, als die Erwachſenen. Um die Wurfſpieße der
Feinde auszupariren, hatten ſie eine beſondre Methode. Sie ließen nemlich die
Spitze eines Speers oder einer langen Streitaxt gerade vor ſich auf dem Boden
ruhen, und hoben das andre Ende mit einer Hand ſo weit in die Hoͤhe, daß die Linie
des herabgeſenkten Speeres, gegen ihren Koͤrper zu, einen Winkel von ohngefaͤhr
25 bis 30 Grad ausmachte. In dieſer Richtung bewegten ſie den Speer, deſſen Spitze
immer auf ihrem Ruhepunkte blieb und folglich gerade vor ihnen aus ſtand, je nach-
dem der Wurf ihres Gegners es noͤthig machte, bald auf dieſe, bald auf jene Seite.
Durch dieſe einfache Bewegung ward der Speer des Feindes allemal ausparirt und
prallte ohne Schaden zu thun, an dem vorgelehnten Wurfſpieß ab. Etliche Canots
mußten auch im Rudern Evolutionen machen. Sie paßirten eines nach dem andern
durch die ſchmale Einfahrt des Felſenriefs; und ſobald ſie innerhalb hinein waren,
formirten ſie eine Linie und ſchloſſen dicht an einander. Auf dem mittelſten Canot
ſtand ein Mann hinter dem Streit-Geruͤſte, der den Ruderern mit einem gruͤnen
Zweige Signale gab, ſich links oder rechts zu wenden. Auf dieſe Art ruderten ſie wie

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[80/0092] Forſter’s Reiſe um die Welt den Societaͤts-Inſeln gehen zu duͤrfen, und Capitain Cook bewilligte es ihnen ohne Bedenken. Maheine eroͤffnete uns mit einer Art von Prahlerey, jedoch im Ver- trauen, daß er vorige Nacht bey O-Purea die Aufwartung gehabt habe, und ſahe es als eine große Ehre und als einen beſonderen Vorzug an; er zeigte uns auch einige Stuͤcke ſehr feinen Zeuges, welche ſie ihm zur Belohnung der treu gelei- ſteten Dienſte geſchenket haͤtte. O-Purea war alſo fuͤr die Freuden der Sinn- lichkeit noch immer nicht zu alt, ohnerachtet in dieſem ſo warmen Clima die Wei- ber fruͤher reifen, und folglich auch, verhaͤltnißweiſe, fruͤher alt und ſtumpf werden ſollten als bey uns zu Laude. Da O-Tuh nicht an Bord gekommen war, ſo ſtatteten wir bey ihm noch einen Beſuch ab, und ſahen bey dieſer Gelegenheit eine Anzahl Krieges-Canots, am Geſtade von O-Parre vor Anker. Es waren ihrer vier und vierzig, die insgeſammt nach Tittahah gehoͤrten, welches der kleinſte Diſtrict in der nordweſtlichen Halbinſel von Tahiti iſt. O-Tuh lies in unſrer Gegenwart einige Kriegs-Manoͤvres machen, die zu unſrer Verwundrung mit der groͤßten Fertigkeit ausgefuͤhrt wurden. Die Befehlshaber waren alle in ihren Kriegsruͤ- ſtungen mit Bruſtſchildern; aber ohne Helme. Wir fanden auch einige noch ganz junge Knaben dabey, die gleichfals als Krieger gekleidet waren, und mit dem Speer eben ſo geſchickt umzugehen wußten, als die Erwachſenen. Um die Wurfſpieße der Feinde auszupariren, hatten ſie eine beſondre Methode. Sie ließen nemlich die Spitze eines Speers oder einer langen Streitaxt gerade vor ſich auf dem Boden ruhen, und hoben das andre Ende mit einer Hand ſo weit in die Hoͤhe, daß die Linie des herabgeſenkten Speeres, gegen ihren Koͤrper zu, einen Winkel von ohngefaͤhr 25 bis 30 Grad ausmachte. In dieſer Richtung bewegten ſie den Speer, deſſen Spitze immer auf ihrem Ruhepunkte blieb und folglich gerade vor ihnen aus ſtand, je nach- dem der Wurf ihres Gegners es noͤthig machte, bald auf dieſe, bald auf jene Seite. Durch dieſe einfache Bewegung ward der Speer des Feindes allemal ausparirt und prallte ohne Schaden zu thun, an dem vorgelehnten Wurfſpieß ab. Etliche Canots mußten auch im Rudern Evolutionen machen. Sie paßirten eines nach dem andern durch die ſchmale Einfahrt des Felſenriefs; und ſobald ſie innerhalb hinein waren, formirten ſie eine Linie und ſchloſſen dicht an einander. Auf dem mittelſten Canot ſtand ein Mann hinter dem Streit-Geruͤſte, der den Ruderern mit einem gruͤnen Zweige Signale gab, ſich links oder rechts zu wenden. Auf dieſe Art ruderten ſie wie nach 1774. May.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/92>, abgerufen am 24.11.2024.