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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
April.
Minuten westlicher Länge. Die nördlichste derselben scheint Roggeweins ge-
fährliche Insel
zu seyn, an deren Küsten er die afrikanische Galley verlor.
Diese Vermuthung wird unter andern dadurch bestätigt, daß Byron nicht weit
von hier, nemlich zu Te-Aukea, ein Bootsruder fand. *)

Wir steuerten nun Südwestwärts. Schon waren auf beyden Seiten
die flachen Inseln hinter uns, und nun gieng zu jedermanns größter Freude
die Fahrt gerade nach Tahiti. Da wir auf den guten Willen der dortigen Ein-
wohner sicher Rechnung machen, und uns die beste Aufnahme von ihnen ver-
sprechen konnten; so sahen wir diese Insel gleichsam für unsre zwote Heimath an.
Unsere Kranke fiengen nun auch an, neue Hoffnung zu schöpfen; denn sie wuß-
ten, daß sie dort wenigstens im Kühlen ruhen, oder, wenn ihre Umstände es
litten, sich Bewegung machen könnten und überdem weit gesundere Nahrungs-
mittel zu gewarten hätten. Die übrigen freuten sich nicht minder, dort gleichsam
neue Kräfte zu sammlen, um alle Gefahren und Beschwerlichkeiten, die uns noch
ferner bevorstanden, mit gestärktem Muthe übernehmen zu können. Der Capi-
tain versprach sich einen reichlichen Borrath an frischen Lebensmitteln, und diese
Beyhülfe ließ uns desto sicherer eine glückliche Beendigung der ganzen Seereise
hoffen. Unser Astronom war äußerst begierig eine Sternwarte zu errichten,
und darnach zu bestimmen, wie unsere Längen-Uhr gegangen sey, welches seit
der Abreise von Neu-Seeland nicht hatte untersucht werden können. Ueber-
dem sehnten auch wir als Naturforscher uns sehr nach dieser Insel, um unsre
Kräuter-Sammlungen, die natürlicherweise sehr unvollständig seyn mußten,
weil unser voriger Aufenthalt in die Wintermonathe gefallen war, etwas reich-
haltiger zu machen.

Aber gewiß noch eyfriger als wir alle, wünschte unser Freund, Ma-
heine
, nach Tahiti zu kommen, weil viele seiner Verwandten sich daselbst nie-
dergelassen, er für seine Person aber noch nie da gewesen war. Ueberdem
hatte er, nicht nur von den Einwohnern der anderen Societäts-Inseln, die Ta-
hiti
für die reichste und mächtigste von allen hatten, sondern auch von uns, täg-
lich so viel schönes von diesem Lande erzählen hören, daß er für Begierde brann-

*) S. Hawkesworths Geschichte der Englischen See-Reisen, in 4. Th. I. Seite 99.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
April.
Minuten weſtlicher Laͤnge. Die noͤrdlichſte derſelben ſcheint Roggeweins ge-
faͤhrliche Inſel
zu ſeyn, an deren Kuͤſten er die afrikaniſche Galley verlor.
Dieſe Vermuthung wird unter andern dadurch beſtaͤtigt, daß Byron nicht weit
von hier, nemlich zu Te-Aukea, ein Bootsruder fand. *)

Wir ſteuerten nun Suͤdweſtwaͤrts. Schon waren auf beyden Seiten
die flachen Inſeln hinter uns, und nun gieng zu jedermanns groͤßter Freude
die Fahrt gerade nach Tahiti. Da wir auf den guten Willen der dortigen Ein-
wohner ſicher Rechnung machen, und uns die beſte Aufnahme von ihnen ver-
ſprechen konnten; ſo ſahen wir dieſe Inſel gleichſam fuͤr unſre zwote Heimath an.
Unſere Kranke fiengen nun auch an, neue Hoffnung zu ſchoͤpfen; denn ſie wuß-
ten, daß ſie dort wenigſtens im Kuͤhlen ruhen, oder, wenn ihre Umſtaͤnde es
litten, ſich Bewegung machen koͤnnten und uͤberdem weit geſundere Nahrungs-
mittel zu gewarten haͤtten. Die uͤbrigen freuten ſich nicht minder, dort gleichſam
neue Kraͤfte zu ſammlen, um alle Gefahren und Beſchwerlichkeiten, die uns noch
ferner bevorſtanden, mit geſtaͤrktem Muthe uͤbernehmen zu koͤnnen. Der Capi-
tain verſprach ſich einen reichlichen Borrath an friſchen Lebensmitteln, und dieſe
Beyhuͤlfe ließ uns deſto ſicherer eine gluͤckliche Beendigung der ganzen Seereiſe
hoffen. Unſer Aſtronom war aͤußerſt begierig eine Sternwarte zu errichten,
und darnach zu beſtimmen, wie unſere Laͤngen-Uhr gegangen ſey, welches ſeit
der Abreiſe von Neu-Seeland nicht hatte unterſucht werden koͤnnen. Ueber-
dem ſehnten auch wir als Naturforſcher uns ſehr nach dieſer Inſel, um unſre
Kraͤuter-Sammlungen, die natuͤrlicherweiſe ſehr unvollſtaͤndig ſeyn mußten,
weil unſer voriger Aufenthalt in die Wintermonathe gefallen war, etwas reich-
haltiger zu machen.

Aber gewiß noch eyfriger als wir alle, wuͤnſchte unſer Freund, Ma-
heine
, nach Tahiti zu kommen, weil viele ſeiner Verwandten ſich daſelbſt nie-
dergelaſſen, er fuͤr ſeine Perſon aber noch nie da geweſen war. Ueberdem
hatte er, nicht nur von den Einwohnern der anderen Societaͤts-Inſeln, die Ta-
hiti
fuͤr die reichſte und maͤchtigſte von allen hatten, ſondern auch von uns, taͤg-
lich ſo viel ſchoͤnes von dieſem Lande erzaͤhlen hoͤren, daß er fuͤr Begierde brann-

*) S. Hawkesworths Geſchichte der Engliſchen See-Reiſen, in 4. Th. I. Seite 99.
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[36/0048] Forſter’s Reiſe um die Welt Minuten weſtlicher Laͤnge. Die noͤrdlichſte derſelben ſcheint Roggeweins ge- faͤhrliche Inſel zu ſeyn, an deren Kuͤſten er die afrikaniſche Galley verlor. Dieſe Vermuthung wird unter andern dadurch beſtaͤtigt, daß Byron nicht weit von hier, nemlich zu Te-Aukea, ein Bootsruder fand. *) 1774. April. Wir ſteuerten nun Suͤdweſtwaͤrts. Schon waren auf beyden Seiten die flachen Inſeln hinter uns, und nun gieng zu jedermanns groͤßter Freude die Fahrt gerade nach Tahiti. Da wir auf den guten Willen der dortigen Ein- wohner ſicher Rechnung machen, und uns die beſte Aufnahme von ihnen ver- ſprechen konnten; ſo ſahen wir dieſe Inſel gleichſam fuͤr unſre zwote Heimath an. Unſere Kranke fiengen nun auch an, neue Hoffnung zu ſchoͤpfen; denn ſie wuß- ten, daß ſie dort wenigſtens im Kuͤhlen ruhen, oder, wenn ihre Umſtaͤnde es litten, ſich Bewegung machen koͤnnten und uͤberdem weit geſundere Nahrungs- mittel zu gewarten haͤtten. Die uͤbrigen freuten ſich nicht minder, dort gleichſam neue Kraͤfte zu ſammlen, um alle Gefahren und Beſchwerlichkeiten, die uns noch ferner bevorſtanden, mit geſtaͤrktem Muthe uͤbernehmen zu koͤnnen. Der Capi- tain verſprach ſich einen reichlichen Borrath an friſchen Lebensmitteln, und dieſe Beyhuͤlfe ließ uns deſto ſicherer eine gluͤckliche Beendigung der ganzen Seereiſe hoffen. Unſer Aſtronom war aͤußerſt begierig eine Sternwarte zu errichten, und darnach zu beſtimmen, wie unſere Laͤngen-Uhr gegangen ſey, welches ſeit der Abreiſe von Neu-Seeland nicht hatte unterſucht werden koͤnnen. Ueber- dem ſehnten auch wir als Naturforſcher uns ſehr nach dieſer Inſel, um unſre Kraͤuter-Sammlungen, die natuͤrlicherweiſe ſehr unvollſtaͤndig ſeyn mußten, weil unſer voriger Aufenthalt in die Wintermonathe gefallen war, etwas reich- haltiger zu machen. Aber gewiß noch eyfriger als wir alle, wuͤnſchte unſer Freund, Ma- heine, nach Tahiti zu kommen, weil viele ſeiner Verwandten ſich daſelbſt nie- dergelaſſen, er fuͤr ſeine Perſon aber noch nie da geweſen war. Ueberdem hatte er, nicht nur von den Einwohnern der anderen Societaͤts-Inſeln, die Ta- hiti fuͤr die reichſte und maͤchtigſte von allen hatten, ſondern auch von uns, taͤg- lich ſo viel ſchoͤnes von dieſem Lande erzaͤhlen hoͤren, daß er fuͤr Begierde brann- *) S. Hawkesworths Geſchichte der Engliſchen See-Reiſen, in 4. Th. I. Seite 99.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/48>, abgerufen am 24.11.2024.