1775. Julius.geschickt, und dort nicht vortheilhafter genutzt. Der Zehnte aller Produkte der Azoren fällt dem Könige zu; der einzige Artikel Tobak, ist ein Monopolium der Krone, und bringt große Summen ein. Der Besitz dieser Inseln, so klein sie sind, kann also dem Portugiesischen Hofe nie gleichgültig werden.
Weizen und Mais oder türkisches Korn sind die vorzüglichsten Produkte von Fayal, und von ersterem werden verschiedene Schifsladungen in guten Jah- ren nach Lissabon geschickt. Man bauet auch etwas Flachs. Aber der Wein, der unter dem Nahmen von Fayal verkauft wird, wird blos auf der Insel Pico gebaut, die gerade gegen über liegt und keinen Hafen hat. Die Einwohner von Fayal sollen sich auf 15000 belaufen, und sind in zwölf Kirchspiele vertheilt. Der dritte Theil wohnt in der Stadt Villa de Horta, welche drey Kirchspiele enthält. Die Rade oder Bay wird im Sommer für ziemlich sicher gehalten, liegt aber im Winter den Süd- und Süd-Ost-Winden ausgesetzt, welche, wie man mich versichert, zu dieser Jahrszeit sehr heftig sind. Jedoch, da der Grund sehr gut und sandigt ist, so liegen die Amerikanischen Handelsschiffe daselbst an drey bis vier Ankern, während des schlimmsten Wetters. Der Pico-Wein wird größtentheils von Fayal nach Nord-Amerika und Brasilienverführt.
Die Insel Pico hat diesen Nahmen von dem darauf belegenen hohen Pick, oder spitzen Berge erhalten, der oft in Wolken gehüllt ist, und den Ein- wohnern von Fayal statt eines Barometers dient. Pico ist nicht nur die grös- seste, sondern auch die volkreichste aller Azoren, und enthält 30000 Einwoh- ner. Es sind daselbst keine Kornfelder, indem alles mit den schönsten Weingär- ten bedeckt ist, die einen entzückenden Anblick auf den sanften Anhöhen am Fuße des Picks geben. Korn und andre Lebensmittel werden den Einwohnern aus Fayal zugeführt; und die besten Familien dieser letzteren Insel haben große Besitzungen auf der gegenüber liegenden westlichen Seite von Pico. Die Zeit der Weinlese ist ein beständiges Freudenfest. Der vierte, auch wohl der dritte Theil aller Einwohner von Fayal kommt alsdenn mit ihren sämmtlichen Familien bis auf Hunde und Katzen nach Pico herüber. Eine Menge Trauben, davon man 3000 Faß Wein machen könnte, werden bey der Gelegenheit ver- zehrt, weil jeder sich mit dieser köstlichen Frucht gütlich thut, obgleich die Por- tugiesen sonst Muster von Mäßigkeit sind. Vor Zeiten wurden jährlich 30000
Forſter’s Reiſe um die Welt
1775. Julius.geſchickt, und dort nicht vortheilhafter genutzt. Der Zehnte aller Produkte der Azoren faͤllt dem Koͤnige zu; der einzige Artikel Tobak, iſt ein Monopolium der Krone, und bringt große Summen ein. Der Beſitz dieſer Inſeln, ſo klein ſie ſind, kann alſo dem Portugieſiſchen Hofe nie gleichguͤltig werden.
Weizen und Mais oder tuͤrkiſches Korn ſind die vorzuͤglichſten Produkte von Fayal, und von erſterem werden verſchiedene Schifsladungen in guten Jah- ren nach Liſſabon geſchickt. Man bauet auch etwas Flachs. Aber der Wein, der unter dem Nahmen von Fayal verkauft wird, wird blos auf der Inſel Pico gebaut, die gerade gegen uͤber liegt und keinen Hafen hat. Die Einwohner von Fayal ſollen ſich auf 15000 belaufen, und ſind in zwoͤlf Kirchſpiele vertheilt. Der dritte Theil wohnt in der Stadt Villa de Horta, welche drey Kirchſpiele enthaͤlt. Die Rade oder Bay wird im Sommer fuͤr ziemlich ſicher gehalten, liegt aber im Winter den Suͤd- und Suͤd-Oſt-Winden ausgeſetzt, welche, wie man mich verſichert, zu dieſer Jahrszeit ſehr heftig ſind. Jedoch, da der Grund ſehr gut und ſandigt iſt, ſo liegen die Amerikaniſchen Handelsſchiffe daſelbſt an drey bis vier Ankern, waͤhrend des ſchlimmſten Wetters. Der Pico-Wein wird groͤßtentheils von Fayal nach Nord-Amerika und Braſilienverfuͤhrt.
Die Inſel Pico hat dieſen Nahmen von dem darauf belegenen hohen Pick, oder ſpitzen Berge erhalten, der oft in Wolken gehuͤllt iſt, und den Ein- wohnern von Fayal ſtatt eines Barometers dient. Pico iſt nicht nur die groͤſ- ſeſte, ſondern auch die volkreichſte aller Azoren, und enthaͤlt 30000 Einwoh- ner. Es ſind daſelbſt keine Kornfelder, indem alles mit den ſchoͤnſten Weingaͤr- ten bedeckt iſt, die einen entzuͤckenden Anblick auf den ſanften Anhoͤhen am Fuße des Picks geben. Korn und andre Lebensmittel werden den Einwohnern aus Fayal zugefuͤhrt; und die beſten Familien dieſer letzteren Inſel haben große Beſitzungen auf der gegenuͤber liegenden weſtlichen Seite von Pico. Die Zeit der Weinleſe iſt ein beſtaͤndiges Freudenfeſt. Der vierte, auch wohl der dritte Theil aller Einwohner von Fayal kommt alsdenn mit ihren ſaͤmmtlichen Familien bis auf Hunde und Katzen nach Pico heruͤber. Eine Menge Trauben, davon man 3000 Faß Wein machen koͤnnte, werden bey der Gelegenheit ver- zehrt, weil jeder ſich mit dieſer koͤſtlichen Frucht guͤtlich thut, obgleich die Por- tugieſen ſonſt Muſter von Maͤßigkeit ſind. Vor Zeiten wurden jaͤhrlich 30000
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geſchickt, und dort nicht vortheilhafter genutzt. Der Zehnte aller Produkte der
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Krone, und bringt große Summen ein. Der Beſitz dieſer Inſeln, ſo klein ſie
ſind, kann alſo dem Portugieſiſchen Hofe nie gleichguͤltig werden.
1775.
Julius.
Weizen und Mais oder tuͤrkiſches Korn ſind die vorzuͤglichſten Produkte
von Fayal, und von erſterem werden verſchiedene Schifsladungen in guten Jah-
ren nach Liſſabon geſchickt. Man bauet auch etwas Flachs. Aber der Wein,
der unter dem Nahmen von Fayal verkauft wird, wird blos auf der Inſel Pico
gebaut, die gerade gegen uͤber liegt und keinen Hafen hat. Die Einwohner von
Fayal ſollen ſich auf 15000 belaufen, und ſind in zwoͤlf Kirchſpiele vertheilt.
Der dritte Theil wohnt in der Stadt Villa de Horta, welche drey Kirchſpiele
enthaͤlt. Die Rade oder Bay wird im Sommer fuͤr ziemlich ſicher gehalten,
liegt aber im Winter den Suͤd- und Suͤd-Oſt-Winden ausgeſetzt, welche, wie
man mich verſichert, zu dieſer Jahrszeit ſehr heftig ſind. Jedoch, da der Grund
ſehr gut und ſandigt iſt, ſo liegen die Amerikaniſchen Handelsſchiffe daſelbſt an
drey bis vier Ankern, waͤhrend des ſchlimmſten Wetters. Der Pico-Wein
wird groͤßtentheils von Fayal nach Nord-Amerika und Braſilien verfuͤhrt.
Die Inſel Pico hat dieſen Nahmen von dem darauf belegenen hohen
Pick, oder ſpitzen Berge erhalten, der oft in Wolken gehuͤllt iſt, und den Ein-
wohnern von Fayal ſtatt eines Barometers dient. Pico iſt nicht nur die groͤſ-
ſeſte, ſondern auch die volkreichſte aller Azoren, und enthaͤlt 30000 Einwoh-
ner. Es ſind daſelbſt keine Kornfelder, indem alles mit den ſchoͤnſten Weingaͤr-
ten bedeckt iſt, die einen entzuͤckenden Anblick auf den ſanften Anhoͤhen am Fuße
des Picks geben. Korn und andre Lebensmittel werden den Einwohnern aus
Fayal zugefuͤhrt; und die beſten Familien dieſer letzteren Inſel haben große
Beſitzungen auf der gegenuͤber liegenden weſtlichen Seite von Pico. Die
Zeit der Weinleſe iſt ein beſtaͤndiges Freudenfeſt. Der vierte, auch wohl der
dritte Theil aller Einwohner von Fayal kommt alsdenn mit ihren ſaͤmmtlichen
Familien bis auf Hunde und Katzen nach Pico heruͤber. Eine Menge Trauben,
davon man 3000 Faß Wein machen koͤnnte, werden bey der Gelegenheit ver-
zehrt, weil jeder ſich mit dieſer koͤſtlichen Frucht guͤtlich thut, obgleich die Por-
tugieſen ſonſt Muſter von Maͤßigkeit ſind. Vor Zeiten wurden jaͤhrlich 30000
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/478>, abgerufen am 17.02.2025.
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