Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1775.Julius.stens vier Pfund Sterling werth, so daß er an 1200 Pf. Sterling jährlich ein- nimmt. Jede Insel steht unter einem Capitan-Mor, oder Commendanten, der die Aufsicht über das Polizeywesen, die Miliz und die Einkünfte hat. Ein Juiz oder Richter steht den Civil-Gesetzen auf jeder Insel vor; man appellirt von ihm an ein höheres Gericht in Terceira, und von diesem wiederum nach Lissabon, an das oberste Gericht. Die Einwohner sollen sehr streitsüchtig seyn, und daher den Advocaten viel zu thun geben. Die Insel Corvo, die kleinste der Azoren, enthält kaum sechs hundert Die Insel Flores ist etwas größer, fruchtbarer und volkreicher, und Fayal ist eine der größern Azoren, indem sie von Ost nach Westen neun Forſter’s Reiſe um die Welt 1775.Julius.ſtens vier Pfund Sterling werth, ſo daß er an 1200 Pf. Sterling jaͤhrlich ein- nimmt. Jede Inſel ſteht unter einem Capitan-Mor, oder Commendanten, der die Aufſicht uͤber das Polizeyweſen, die Miliz und die Einkuͤnfte hat. Ein Juiz oder Richter ſteht den Civil-Geſetzen auf jeder Inſel vor; man appellirt von ihm an ein hoͤheres Gericht in Terceira, und von dieſem wiederum nach Liſſabon, an das oberſte Gericht. Die Einwohner ſollen ſehr ſtreitſuͤchtig ſeyn, und daher den Advocaten viel zu thun geben. Die Inſel Corvo, die kleinſte der Azoren, enthaͤlt kaum ſechs hundert Die Inſel Flores iſt etwas groͤßer, fruchtbarer und volkreicher, und Fayal iſt eine der groͤßern Azoren, indem ſie von Oſt nach Weſten neun <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0476" n="458"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1775.<lb/> Julius.</note>ſtens vier Pfund Sterling werth, ſo daß er an 1200 Pf. Sterling jaͤhrlich ein-<lb/> nimmt. Jede Inſel ſteht unter einem Capitan-Mor, oder Commendanten,<lb/> der die Aufſicht uͤber das Polizeyweſen, die Miliz und die Einkuͤnfte hat. Ein<lb/><hi rendition="#fr">Juiz</hi> oder Richter ſteht den Civil-Geſetzen auf jeder Inſel vor; man appellirt<lb/> von ihm an ein hoͤheres Gericht in <placeName>Terceira</placeName>, und von dieſem wiederum nach<lb/><placeName>Liſſabon</placeName>, an das oberſte Gericht. Die Einwohner ſollen ſehr ſtreitſuͤchtig ſeyn,<lb/> und daher den Advocaten viel zu thun geben.</p><lb/> <p>Die Inſel <hi rendition="#fr"><placeName>Corvo</placeName></hi>, die kleinſte der <placeName>Azoren</placeName>, enthaͤlt kaum ſechs hundert<lb/> Einwohner, die groͤßtentheils Weizen bauen, und Schweine maͤſten, davon ſie<lb/> jaͤhrlich eine geringe Quantitaͤt Speck ausfuͤhren.</p><lb/> <p>Die Inſel <hi rendition="#fr"><placeName>Flores</placeName></hi> iſt etwas groͤßer, fruchtbarer und volkreicher, und<lb/> fuͤhrt ohngefaͤhr 600 Muys Weizen, und etwas Speck aus. Allein da auf die-<lb/> ſen beyden Inſeln kein Wein gebauet wird, ſo muͤſſen ſie ſich damit von <placeName>Fayal</placeName> aus<lb/> verſehen. Vor vielen Jahren ſcheiterte ein großes reichbeladnes Spaniſches<lb/> Kriegsſchiff an der Kuͤſte von <placeName>Flores</placeName>. Doch ward die Mannſchaft und die La-<lb/> dung gerettet. Dieſe Spanier brachten die veneriſche Krankheit auf die Inſel,<lb/> woſelbſt man ſie zuvor gar nicht gekannt hatte; und weil das Frauenzimmer ihren<lb/> reichen Geſchenken nicht widerſtehen konnte, ſo waren in kurzer Zeit alle Ein-<lb/> wohner ohne Ausnahme angeſteckt. Um fuͤr dies Verbrechen gewiſſermaßen zu<lb/> buͤßen, bauten ſie mit großen Koſten eine Kirche, welche jetzt fuͤr das ſchoͤnſte<lb/> Gebaͤude in den <placeName>Azoren</placeName> gehalten wird. Die Seuche hat ſich indeſſen ſo wie in<lb/><placeName>Peru</placeName>, und hie und da in <placeName>Siberien</placeName>, alſo auch auf dieſer Inſel dermaßen fort-<lb/> gepflanzt, daß niemand davon frey iſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr"><placeName>Fayal</placeName></hi> iſt eine der groͤßern <placeName>Azoren</placeName>, indem ſie von Oſt nach Weſten neun<lb/> große Seemeilen (<hi rendition="#aq">leagues</hi>) lang, und viere breit iſt. Der jetzige Commendant<lb/> oder Capitan-Mor, hieß <hi rendition="#fr">Senhor <persName>Thomas Francisco Brum de Silveyra</persName></hi>.<lb/> Man hielt ihn fuͤr geizig und geldgierig, und verſicherte uns, daß er aus keiner an-<lb/> dern Urſache beſtaͤndig auf dem Lande wohne, als um dadurch den Umgang mit<lb/> Fremden und Einwohnern zu vermeiden. Der Richter von <placeName>Fayal</placeName> ward mit dem<lb/> neuen General-Gouverneur aus <placeName>Portugal</placeName> erwartet. Das Haupt der Geiſtlich-<lb/> keit wird auf dieſer Inſel nur <hi rendition="#aq">Oviedor (<hi rendition="#i">auditor</hi>)</hi> genannt, und war Pfarrer<lb/> an der Hauptkirche in der Stadt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [458/0476]
Forſter’s Reiſe um die Welt
ſtens vier Pfund Sterling werth, ſo daß er an 1200 Pf. Sterling jaͤhrlich ein-
nimmt. Jede Inſel ſteht unter einem Capitan-Mor, oder Commendanten,
der die Aufſicht uͤber das Polizeyweſen, die Miliz und die Einkuͤnfte hat. Ein
Juiz oder Richter ſteht den Civil-Geſetzen auf jeder Inſel vor; man appellirt
von ihm an ein hoͤheres Gericht in Terceira, und von dieſem wiederum nach
Liſſabon, an das oberſte Gericht. Die Einwohner ſollen ſehr ſtreitſuͤchtig ſeyn,
und daher den Advocaten viel zu thun geben.
1775.
Julius.
Die Inſel Corvo, die kleinſte der Azoren, enthaͤlt kaum ſechs hundert
Einwohner, die groͤßtentheils Weizen bauen, und Schweine maͤſten, davon ſie
jaͤhrlich eine geringe Quantitaͤt Speck ausfuͤhren.
Die Inſel Flores iſt etwas groͤßer, fruchtbarer und volkreicher, und
fuͤhrt ohngefaͤhr 600 Muys Weizen, und etwas Speck aus. Allein da auf die-
ſen beyden Inſeln kein Wein gebauet wird, ſo muͤſſen ſie ſich damit von Fayal aus
verſehen. Vor vielen Jahren ſcheiterte ein großes reichbeladnes Spaniſches
Kriegsſchiff an der Kuͤſte von Flores. Doch ward die Mannſchaft und die La-
dung gerettet. Dieſe Spanier brachten die veneriſche Krankheit auf die Inſel,
woſelbſt man ſie zuvor gar nicht gekannt hatte; und weil das Frauenzimmer ihren
reichen Geſchenken nicht widerſtehen konnte, ſo waren in kurzer Zeit alle Ein-
wohner ohne Ausnahme angeſteckt. Um fuͤr dies Verbrechen gewiſſermaßen zu
buͤßen, bauten ſie mit großen Koſten eine Kirche, welche jetzt fuͤr das ſchoͤnſte
Gebaͤude in den Azoren gehalten wird. Die Seuche hat ſich indeſſen ſo wie in
Peru, und hie und da in Siberien, alſo auch auf dieſer Inſel dermaßen fort-
gepflanzt, daß niemand davon frey iſt.
Fayal iſt eine der groͤßern Azoren, indem ſie von Oſt nach Weſten neun
große Seemeilen (leagues) lang, und viere breit iſt. Der jetzige Commendant
oder Capitan-Mor, hieß Senhor Thomas Francisco Brum de Silveyra.
Man hielt ihn fuͤr geizig und geldgierig, und verſicherte uns, daß er aus keiner an-
dern Urſache beſtaͤndig auf dem Lande wohne, als um dadurch den Umgang mit
Fremden und Einwohnern zu vermeiden. Der Richter von Fayal ward mit dem
neuen General-Gouverneur aus Portugal erwartet. Das Haupt der Geiſtlich-
keit wird auf dieſer Inſel nur Oviedor (auditor) genannt, und war Pfarrer
an der Hauptkirche in der Stadt.
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