dienen ihr zur Vertheidigung, und bestreichen zugleich die Rheede. Das1775. Julius. südliche ist das beträchtlichste.
Gleich nach Mittage gieng Capitain Cook nebst meinem Vater und mir unter dem südlichen Casteel ans Ufer. Wir hatten kaum Fuß an Land ge- setzt, so entdeckten wir schon, warum die Portugiesen nicht Schuß vor Schuß auf unsre Salve antworten wollten. Die Canonen lagen auf veralteten La- vetten, und da war es freylich nicht rathsam, sie der gewaltsamen Erschütte- rung des Abfeuerns auszusetzen. Die mehresten standen auf einem Wall, der viel zu enge war, um von der geringsten Erheblichkeit zu seyn. Ueberdem versi- cherte man uns, daß der jetzige ökonomische Minister in Portugal es für über- flüßig halte, bey dergleichen Gelegenheiten Schiespulver zu verschwenden. Wir giengen durch einen Theil der Stadt, die Villa da horta heißt. Sie ist fünf Viertelmeilen lang, und besteht aus einer Hauptstraße, die von etlichen Queer- Gassen durchschnitten wird. Die Häuser sind gerade so wie in Madera ge- baut, und haben vorspringende Erker (balconies) die oben mit einem Dach, an den Seiten aber mit beweglichen Gegittern statt der Fenster versehen sind. Nachdem wir die drey Parochial-Kirchen besucht hatten, die alle im Gothi- schen Geschmack und finster wie in Madera gebauet sind, wurden wir zum Eng- lischen Vice-Consul, Herrn Dent geführt, der uns sehr höflich empfieng, und den Herrn Wales und Hodges nebst meinem Vater und mir sein Haus wäh- rend unsers Aufenthalts anbot. Hierauf führte er uns in die verschiednen Klöster. Eines gehört den Franciscanern, und enthält zwanzig Mönche nebst verschiednen Layen, die nach ihrer eignen Aussage der hiesigen Jugend Unter- richt in der Beredsamkeit, Philosophie und Theologie geben. Ein andres Kloster liegt auf einer Anhöhe, und hat zwölf Carmeliten nebst ihren Lay- Brüdern. Das dritte gehört zwölf Capucinern und einigen Layen, und liegt auf einem Hügel über der Stadt. Das vierte steht im besten, ansehnlichsten Theile der Stadt und war das ehemalige Jesuiter-Kloster; allein es dient jetzt zum Gerichtshofe, einen Flügel ausgenommen, daraus eine öffentliche Schule geworden ist. Daß die Gelehrsamkeit in diesen finstern Zellen blühen sollte, darf man nicht erwarten. Die Mönche haben hier nicht die geringste Gele- genheit etwas zu lernen, sondern sind zufrieden, wenn sie nur angenehm und
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in den Jahren 1772 bis 1775.
dienen ihr zur Vertheidigung, und beſtreichen zugleich die Rheede. Das1775. Julius. ſuͤdliche iſt das betraͤchtlichſte.
Gleich nach Mittage gieng Capitain Cook nebſt meinem Vater und mir unter dem ſuͤdlichen Caſteel ans Ufer. Wir hatten kaum Fuß an Land ge- ſetzt, ſo entdeckten wir ſchon, warum die Portugieſen nicht Schuß vor Schuß auf unſre Salve antworten wollten. Die Canonen lagen auf veralteten La- vetten, und da war es freylich nicht rathſam, ſie der gewaltſamen Erſchuͤtte- rung des Abfeuerns auszuſetzen. Die mehreſten ſtanden auf einem Wall, der viel zu enge war, um von der geringſten Erheblichkeit zu ſeyn. Ueberdem verſi- cherte man uns, daß der jetzige oͤkonomiſche Miniſter in Portugal es fuͤr uͤber- fluͤßig halte, bey dergleichen Gelegenheiten Schiespulver zu verſchwenden. Wir giengen durch einen Theil der Stadt, die Villa da horta heißt. Sie iſt fuͤnf Viertelmeilen lang, und beſteht aus einer Hauptſtraße, die von etlichen Queer- Gaſſen durchſchnitten wird. Die Haͤuſer ſind gerade ſo wie in Madera ge- baut, und haben vorſpringende Erker (balconies) die oben mit einem Dach, an den Seiten aber mit beweglichen Gegittern ſtatt der Fenſter verſehen ſind. Nachdem wir die drey Parochial-Kirchen beſucht hatten, die alle im Gothi- ſchen Geſchmack und finſter wie in Madera gebauet ſind, wurden wir zum Eng- liſchen Vice-Conſul, Herrn Dent gefuͤhrt, der uns ſehr hoͤflich empfieng, und den Herrn Wales und Hodges nebſt meinem Vater und mir ſein Haus waͤh- rend unſers Aufenthalts anbot. Hierauf fuͤhrte er uns in die verſchiednen Kloͤſter. Eines gehoͤrt den Franciſcanern, und enthaͤlt zwanzig Moͤnche nebſt verſchiednen Layen, die nach ihrer eignen Auſſage der hieſigen Jugend Unter- richt in der Beredſamkeit, Philoſophie und Theologie geben. Ein andres Kloſter liegt auf einer Anhoͤhe, und hat zwoͤlf Carmeliten nebſt ihren Lay- Bruͤdern. Das dritte gehoͤrt zwoͤlf Capucinern und einigen Layen, und liegt auf einem Huͤgel uͤber der Stadt. Das vierte ſteht im beſten, anſehnlichſten Theile der Stadt und war das ehemalige Jeſuiter-Kloſter; allein es dient jetzt zum Gerichtshofe, einen Fluͤgel ausgenommen, daraus eine oͤffentliche Schule geworden iſt. Daß die Gelehrſamkeit in dieſen finſtern Zellen bluͤhen ſollte, darf man nicht erwarten. Die Moͤnche haben hier nicht die geringſte Gele- genheit etwas zu lernen, ſondern ſind zufrieden, wenn ſie nur angenehm und
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in den Jahren 1772 bis 1775.
dienen ihr zur Vertheidigung, und beſtreichen zugleich die Rheede. Das
ſuͤdliche iſt das betraͤchtlichſte.
1775.
Julius.
Gleich nach Mittage gieng Capitain Cook nebſt meinem Vater und
mir unter dem ſuͤdlichen Caſteel ans Ufer. Wir hatten kaum Fuß an Land ge-
ſetzt, ſo entdeckten wir ſchon, warum die Portugieſen nicht Schuß vor Schuß
auf unſre Salve antworten wollten. Die Canonen lagen auf veralteten La-
vetten, und da war es freylich nicht rathſam, ſie der gewaltſamen Erſchuͤtte-
rung des Abfeuerns auszuſetzen. Die mehreſten ſtanden auf einem Wall, der
viel zu enge war, um von der geringſten Erheblichkeit zu ſeyn. Ueberdem verſi-
cherte man uns, daß der jetzige oͤkonomiſche Miniſter in Portugal es fuͤr uͤber-
fluͤßig halte, bey dergleichen Gelegenheiten Schiespulver zu verſchwenden. Wir
giengen durch einen Theil der Stadt, die Villa da horta heißt. Sie iſt fuͤnf
Viertelmeilen lang, und beſteht aus einer Hauptſtraße, die von etlichen Queer-
Gaſſen durchſchnitten wird. Die Haͤuſer ſind gerade ſo wie in Madera ge-
baut, und haben vorſpringende Erker (balconies) die oben mit einem Dach,
an den Seiten aber mit beweglichen Gegittern ſtatt der Fenſter verſehen ſind.
Nachdem wir die drey Parochial-Kirchen beſucht hatten, die alle im Gothi-
ſchen Geſchmack und finſter wie in Madera gebauet ſind, wurden wir zum Eng-
liſchen Vice-Conſul, Herrn Dent gefuͤhrt, der uns ſehr hoͤflich empfieng, und
den Herrn Wales und Hodges nebſt meinem Vater und mir ſein Haus waͤh-
rend unſers Aufenthalts anbot. Hierauf fuͤhrte er uns in die verſchiednen
Kloͤſter. Eines gehoͤrt den Franciſcanern, und enthaͤlt zwanzig Moͤnche nebſt
verſchiednen Layen, die nach ihrer eignen Auſſage der hieſigen Jugend Unter-
richt in der Beredſamkeit, Philoſophie und Theologie geben. Ein andres
Kloſter liegt auf einer Anhoͤhe, und hat zwoͤlf Carmeliten nebſt ihren Lay-
Bruͤdern. Das dritte gehoͤrt zwoͤlf Capucinern und einigen Layen, und liegt
auf einem Huͤgel uͤber der Stadt. Das vierte ſteht im beſten, anſehnlichſten
Theile der Stadt und war das ehemalige Jeſuiter-Kloſter; allein es dient jetzt
zum Gerichtshofe, einen Fluͤgel ausgenommen, daraus eine oͤffentliche Schule
geworden iſt. Daß die Gelehrſamkeit in dieſen finſtern Zellen bluͤhen ſollte,
darf man nicht erwarten. Die Moͤnche haben hier nicht die geringſte Gele-
genheit etwas zu lernen, ſondern ſind zufrieden, wenn ſie nur angenehm und
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/469>, abgerufen am 23.11.2024.
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