Am neunten erhielten wir guten Wind, womit wir unsern Lauf nach den Azorischen oder sogenannten westlichen Eilanden (western islands) richte- ten. Am 13ten gegen vier Uhr Nachmittags erblickten wir auch schon die Insel Fayal. Früh am folgenden Morgen näherten wir uns dem Lande, und sahen die hohe Insel Pico, deren Ufer ganz mit Grün bekleidet, und mit Woh- nungen besäet zu seyn schienen. Um sieben Uhr gelangten wir in die Rheede oder Bay von Fayal, wo die Schiffe gemeiniglich ankern. Der Portugiesi- sche Ober-Pilote kam uns in einem Boot entgegen, um uns einen sichern Platz im Hafen anzuweisen, woselbst schon drey Schiffe vor Anker lagen. Er er- zählte uns auf Französisch, daß eines derselben, ein kleines Portugiesisches Fahr- zeug, neulich von Para in Brasilien, hier angelangt sey, indem es seinen Be- stimmungs-Ort, die Inseln des grünen Vorgebürges, verfehlt hatte. Ein andres kleines Fahrzeug zeigte keine Flagge, und kam von Nord-Amerika. Das dritte war die Pourvoyeuse, eine französische Fregatte, deren Capitain Mr. d' Estelle mit der größten Höflichkeit einen Lieutenant mit dem Anerbieten seiner Dienste an Capitain Cook abschickte. Nachdem wir das Anker hatten fallen lassen, ward ein Officier mit der gewöhnlichen Anfrage wegen der Be- grüßung, an den Commendanten der Festung geschickt; nachdem er aber ver- schiedene Stunden lang aufgehalten worden, entließ man ihn mit der Antwort, daß das Casteel allemahl zwey Canonen weniger zurückgäbe, als es bekommen hätte, weshalb wir es denn gar nicht begrüßten. Das amerikanische Fahr- zeug seegelte Nachmittags ab, indem der Schiffer nichts Gutes von uns er- wartete, ohnerachtet wir wirklich mit aller Welt Frieden fuchten.
Der Anblick der Stadt gegen die See machte fast eben den Eindruck auf uns, als der von Funchal in Madera. Sie liegt längst dem Strande der Bay, an dem sanften Abhange der Hügel, die rund umher eine Art von Amphitheater bilden. Die Kirchen, Klöster, Casteele und Häuser mit platten Dächern, sind größtentheils weiß und machen eine sehr mahlerische Würkung. Die Hügel über der Stadt gehören zu den ansehnlichsten, welche Natur und Fleis je verschönert haben. Sie waren jetzt mit reifen Korn-Feldern, Gär- ten, Lust-Wäldern und allerley Gebäuden bedecket, die eine starke Bevölke- rung und Wohlstand verriethen. Zwey Casteele, eins an jedem Ende der Stadt,
Forſter’s Reiſe um die Welt
1775. Julius.
Am neunten erhielten wir guten Wind, womit wir unſern Lauf nach den Azoriſchen oder ſogenannten weſtlichen Eilanden (weſtern islands) richte- ten. Am 13ten gegen vier Uhr Nachmittags erblickten wir auch ſchon die Inſel Fayal. Fruͤh am folgenden Morgen naͤherten wir uns dem Lande, und ſahen die hohe Inſel Pico, deren Ufer ganz mit Gruͤn bekleidet, und mit Woh- nungen beſaͤet zu ſeyn ſchienen. Um ſieben Uhr gelangten wir in die Rheede oder Bay von Fayal, wo die Schiffe gemeiniglich ankern. Der Portugieſi- ſche Ober-Pilote kam uns in einem Boot entgegen, um uns einen ſichern Platz im Hafen anzuweiſen, woſelbſt ſchon drey Schiffe vor Anker lagen. Er er- zaͤhlte uns auf Franzoͤſiſch, daß eines derſelben, ein kleines Portugieſiſches Fahr- zeug, neulich von Para in Braſilien, hier angelangt ſey, indem es ſeinen Be- ſtimmungs-Ort, die Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges, verfehlt hatte. Ein andres kleines Fahrzeug zeigte keine Flagge, und kam von Nord-Amerika. Das dritte war die Pourvoyeuſe, eine franzoͤſiſche Fregatte, deren Capitain Mr. d’ Eſtelle mit der groͤßten Hoͤflichkeit einen Lieutenant mit dem Anerbieten ſeiner Dienſte an Capitain Cook abſchickte. Nachdem wir das Anker hatten fallen laſſen, ward ein Officier mit der gewoͤhnlichen Anfrage wegen der Be- gruͤßung, an den Commendanten der Feſtung geſchickt; nachdem er aber ver- ſchiedene Stunden lang aufgehalten worden, entließ man ihn mit der Antwort, daß das Caſteel allemahl zwey Canonen weniger zuruͤckgaͤbe, als es bekommen haͤtte, weshalb wir es denn gar nicht begruͤßten. Das amerikaniſche Fahr- zeug ſeegelte Nachmittags ab, indem der Schiffer nichts Gutes von uns er- wartete, ohnerachtet wir wirklich mit aller Welt Frieden fuchten.
Der Anblick der Stadt gegen die See machte faſt eben den Eindruck auf uns, als der von Funchal in Madera. Sie liegt laͤngſt dem Strande der Bay, an dem ſanften Abhange der Huͤgel, die rund umher eine Art von Amphitheater bilden. Die Kirchen, Kloͤſter, Caſteele und Haͤuſer mit platten Daͤchern, ſind groͤßtentheils weiß und machen eine ſehr mahleriſche Wuͤrkung. Die Huͤgel uͤber der Stadt gehoͤren zu den anſehnlichſten, welche Natur und Fleis je verſchoͤnert haben. Sie waren jetzt mit reifen Korn-Feldern, Gaͤr- ten, Luſt-Waͤldern und allerley Gebaͤuden bedecket, die eine ſtarke Bevoͤlke- rung und Wohlſtand verriethen. Zwey Caſteele, eins an jedem Ende der Stadt,
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Am neunten erhielten wir guten Wind, womit wir unſern Lauf nach
den Azoriſchen oder ſogenannten weſtlichen Eilanden (weſtern islands) richte-
ten. Am 13ten gegen vier Uhr Nachmittags erblickten wir auch ſchon die
Inſel Fayal. Fruͤh am folgenden Morgen naͤherten wir uns dem Lande, und
ſahen die hohe Inſel Pico, deren Ufer ganz mit Gruͤn bekleidet, und mit Woh-
nungen beſaͤet zu ſeyn ſchienen. Um ſieben Uhr gelangten wir in die Rheede
oder Bay von Fayal, wo die Schiffe gemeiniglich ankern. Der Portugieſi-
ſche Ober-Pilote kam uns in einem Boot entgegen, um uns einen ſichern Platz
im Hafen anzuweiſen, woſelbſt ſchon drey Schiffe vor Anker lagen. Er er-
zaͤhlte uns auf Franzoͤſiſch, daß eines derſelben, ein kleines Portugieſiſches Fahr-
zeug, neulich von Para in Braſilien, hier angelangt ſey, indem es ſeinen Be-
ſtimmungs-Ort, die Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges, verfehlt hatte. Ein
andres kleines Fahrzeug zeigte keine Flagge, und kam von Nord-Amerika.
Das dritte war die Pourvoyeuſe, eine franzoͤſiſche Fregatte, deren Capitain
Mr. d’ Eſtelle mit der groͤßten Hoͤflichkeit einen Lieutenant mit dem Anerbieten
ſeiner Dienſte an Capitain Cook abſchickte. Nachdem wir das Anker hatten
fallen laſſen, ward ein Officier mit der gewoͤhnlichen Anfrage wegen der Be-
gruͤßung, an den Commendanten der Feſtung geſchickt; nachdem er aber ver-
ſchiedene Stunden lang aufgehalten worden, entließ man ihn mit der Antwort,
daß das Caſteel allemahl zwey Canonen weniger zuruͤckgaͤbe, als es bekommen
haͤtte, weshalb wir es denn gar nicht begruͤßten. Das amerikaniſche Fahr-
zeug ſeegelte Nachmittags ab, indem der Schiffer nichts Gutes von uns er-
wartete, ohnerachtet wir wirklich mit aller Welt Frieden fuchten.
Der Anblick der Stadt gegen die See machte faſt eben den Eindruck
auf uns, als der von Funchal in Madera. Sie liegt laͤngſt dem Strande
der Bay, an dem ſanften Abhange der Huͤgel, die rund umher eine Art von
Amphitheater bilden. Die Kirchen, Kloͤſter, Caſteele und Haͤuſer mit platten
Daͤchern, ſind groͤßtentheils weiß und machen eine ſehr mahleriſche Wuͤrkung.
Die Huͤgel uͤber der Stadt gehoͤren zu den anſehnlichſten, welche Natur und
Fleis je verſchoͤnert haben. Sie waren jetzt mit reifen Korn-Feldern, Gaͤr-
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rung und Wohlſtand verriethen. Zwey Caſteele, eins an jedem Ende der Stadt,
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/468>, abgerufen am 23.11.2024.
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