So lange es Tag blieb, liefen wir an der östlichen und südlichen Küste1775. Januar von Staaten-Land hin und alsdenn Ost-Süd-Ostwärts, um, auch während des dritten Sommers, den wir in dieser Hemisphäre zubringen sollten, einen neuen Versuch gegen Süden anzustellen. Der Wind ward bald so heftig, daß er uns eine große Bram-Stenge zerbrach, weil er aber unserm Laufe günstig war, so achteten wir des Schadens nicht. Am fünften zeigte sich um die Son- ne ein Kreis oder Hof von sehr beträchtlichem Durchmesser. Das innere Feld war dunkel, der Rand hingegen hell und an der Außenlinie mit einigen Regen- Bogen-Farben schwach schattirt. Die Matrosen nahmen diese Erscheinung für das Wahrzeichen eines bevorstehenden Sturms, allein das Wetter blieb, noch verschiedene Tage nachher, unverändert gelinde; ein neuer Beweiß, daß dergleichen Vorzeichen nicht allemahl zu trauen ist.
Die neuesten in England und Frankreich herausgekommenen Karten deuten zwischen 40° und 53° Grad westlicher Länge, und 54° und 58° Süd- licher Breite eine große Küste an, die bereits in einer Karte des Ortelius, vom Jahr 1586, ja sogar schon in der Mercatorschen Karte, vom Jahr 1569, angezeigt worden. Der Name Golfo de San Sebastiano, den man ihr in besagten Karten beylegt, scheint die Entdeckung den Spaniern zuzueig- nen. *) Ueber einen Theil des Districts, wo die westliche Küste dieses Meer- Busens hätte liegen sollen, seegelten wir weg, fanden aber nirgends eine Spur von Land. Auch Capitain Fourneaux war im verwichnen Jahr, bey seiner Rückkehr nach dem Vorgebürge der guten Hoffnung, queer über die angebliche Lage des ganzen Meerbusens weggefahren, zuerst in der Breite von 60, her- nach von 58 Graden, zwischen dem 60 und 40 Grad westlicher Länge, hatte aber ebenfalls kein Land zu Gesicht bekommen. Dieser Meerbusen muß also entweder gar nicht vorhanden, oder wenigstens auf allen Karten unrichtig ange- zeigt seyn; letzteres dünkt mir wahrscheinlicher als das erste, denn warum soll- te man so etwas gerade zu erdichtet haben?
*) Des Herrn Dalrymples Memoir of a [C]hart of the Southern Ocean und die da- zu gehörige Karte selbst, können hiebey zu Rathe gezogen werden. Es sind Proben ei- nes rühmlichen Enthusiasmus, womit dieser Gelehrte im geographischen Fach gearbei- tet hat.
Forster's Reise u. die Welt zweyter Th. F f f
in den Jahren 1772 bis 1775.
So lange es Tag blieb, liefen wir an der oͤſtlichen und ſuͤdlichen Kuͤſte1775. Januar von Staaten-Land hin und alsdenn Oſt-Suͤd-Oſtwaͤrts, um, auch waͤhrend des dritten Sommers, den wir in dieſer Hemisphaͤre zubringen ſollten, einen neuen Verſuch gegen Suͤden anzuſtellen. Der Wind ward bald ſo heftig, daß er uns eine große Bram-Stenge zerbrach, weil er aber unſerm Laufe guͤnſtig war, ſo achteten wir des Schadens nicht. Am fuͤnften zeigte ſich um die Son- ne ein Kreis oder Hof von ſehr betraͤchtlichem Durchmeſſer. Das innere Feld war dunkel, der Rand hingegen hell und an der Außenlinie mit einigen Regen- Bogen-Farben ſchwach ſchattirt. Die Matroſen nahmen dieſe Erſcheinung fuͤr das Wahrzeichen eines bevorſtehenden Sturms, allein das Wetter blieb, noch verſchiedene Tage nachher, unveraͤndert gelinde; ein neuer Beweiß, daß dergleichen Vorzeichen nicht allemahl zu trauen iſt.
Die neueſten in England und Frankreich herausgekommenen Karten deuten zwiſchen 40° und 53° Grad weſtlicher Laͤnge, und 54° und 58° Suͤd- licher Breite eine große Kuͤſte an, die bereits in einer Karte des Ortelius, vom Jahr 1586, ja ſogar ſchon in der Mercatorſchen Karte, vom Jahr 1569, angezeigt worden. Der Name Golfo de San Sebaſtiano, den man ihr in beſagten Karten beylegt, ſcheint die Entdeckung den Spaniern zuzueig- nen. *) Ueber einen Theil des Diſtricts, wo die weſtliche Kuͤſte dieſes Meer- Buſens haͤtte liegen ſollen, ſeegelten wir weg, fanden aber nirgends eine Spur von Land. Auch Capitain Fourneaux war im verwichnen Jahr, bey ſeiner Ruͤckkehr nach dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung, queer uͤber die angebliche Lage des ganzen Meerbuſens weggefahren, zuerſt in der Breite von 60, her- nach von 58 Graden, zwiſchen dem 60 und 40 Grad weſtlicher Laͤnge, hatte aber ebenfalls kein Land zu Geſicht bekommen. Dieſer Meerbuſen muß alſo entweder gar nicht vorhanden, oder wenigſtens auf allen Karten unrichtig ange- zeigt ſeyn; letzteres duͤnkt mir wahrſcheinlicher als das erſte, denn warum ſoll- te man ſo etwas gerade zu erdichtet haben?
*) Des Herrn Dalrymples Memoir of a [C]hart of the Southern Ocean und die da- zu gehoͤrige Karte ſelbſt, koͤnnen hiebey zu Rathe gezogen werden. Es ſind Proben ei- nes ruͤhmlichen Enthuſiasmus, womit dieſer Gelehrte im geographiſchen Fach gearbei- tet hat.
Forſter’s Reiſe u. die Welt zweyter Th. F f f
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0427"n="409"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/><p>So lange es Tag blieb, liefen wir an der oͤſtlichen und ſuͤdlichen Kuͤſte<noteplace="right">1775.<lb/>
Januar</note><lb/>
von <hirendition="#fr"><placeName>Staaten-Land</placeName></hi> hin und alsdenn Oſt-Suͤd-Oſtwaͤrts, um, auch waͤhrend<lb/>
des dritten Sommers, den wir in dieſer Hemisphaͤre zubringen ſollten, einen<lb/>
neuen Verſuch gegen Suͤden anzuſtellen. Der Wind ward bald ſo heftig, daß<lb/>
er uns eine große Bram-Stenge zerbrach, weil er aber unſerm Laufe guͤnſtig<lb/>
war, ſo achteten wir des Schadens nicht. Am fuͤnften zeigte ſich um die Son-<lb/>
ne ein Kreis oder Hof von ſehr betraͤchtlichem Durchmeſſer. Das innere Feld<lb/>
war dunkel, der Rand hingegen hell und an der Außenlinie mit einigen Regen-<lb/>
Bogen-Farben ſchwach ſchattirt. Die Matroſen nahmen dieſe Erſcheinung<lb/>
fuͤr das Wahrzeichen eines bevorſtehenden Sturms, allein das Wetter blieb,<lb/>
noch verſchiedene Tage nachher, unveraͤndert gelinde; ein neuer Beweiß, daß<lb/>
dergleichen Vorzeichen nicht allemahl zu trauen iſt.</p><lb/><p>Die neueſten in <placeName>England</placeName> und Frankreich herausgekommenen Karten<lb/>
deuten zwiſchen 40° und 53° Grad weſtlicher Laͤnge, und 54° und 58° Suͤd-<lb/>
licher Breite eine große Kuͤſte an, die bereits in einer Karte des <hirendition="#fr"><persName>Ortelius</persName></hi>,<lb/>
vom Jahr 1586, ja ſogar ſchon in der <hirendition="#fr">Mercatorſchen</hi> Karte, vom Jahr<lb/>
1569, angezeigt worden. Der Name <hirendition="#i"><hirendition="#aq"><placeName>Golfo de San Sebaſtiano</placeName></hi></hi>, den man<lb/>
ihr in beſagten Karten beylegt, ſcheint die Entdeckung den Spaniern zuzueig-<lb/>
nen. <noteplace="foot"n="*)">Des Herrn <hirendition="#aq"><persName>Dalrymples</persName> Memoir of a <supplied>C</supplied>hart of the <placeName>Southern Ocean</placeName></hi> und die da-<lb/>
zu gehoͤrige Karte ſelbſt, koͤnnen hiebey zu Rathe gezogen werden. Es ſind Proben ei-<lb/>
nes ruͤhmlichen Enthuſiasmus, womit dieſer Gelehrte im geographiſchen Fach gearbei-<lb/>
tet hat.</note> Ueber einen Theil des Diſtricts, wo die weſtliche Kuͤſte dieſes Meer-<lb/>
Buſens haͤtte liegen ſollen, ſeegelten wir weg, fanden aber nirgends eine Spur<lb/>
von Land. Auch Capitain <hirendition="#fr"><persName>Fourneaux</persName></hi> war im verwichnen Jahr, bey ſeiner<lb/>
Ruͤckkehr nach dem <placeName>Vorgebuͤrge der guten Hoffnung</placeName>, queer uͤber die angebliche<lb/>
Lage des ganzen Meerbuſens weggefahren, zuerſt in der Breite von 60, her-<lb/>
nach von 58 Graden, zwiſchen dem 60 und 40 Grad weſtlicher Laͤnge, hatte<lb/>
aber ebenfalls kein Land zu Geſicht bekommen. Dieſer Meerbuſen muß alſo<lb/>
entweder gar nicht vorhanden, oder wenigſtens auf allen Karten unrichtig ange-<lb/>
zeigt ſeyn; letzteres duͤnkt mir wahrſcheinlicher als das erſte, denn warum ſoll-<lb/>
te man ſo etwas gerade zu erdichtet haben?</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe u. die Welt zweyter Th.</hi> F f f</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[409/0427]
in den Jahren 1772 bis 1775.
So lange es Tag blieb, liefen wir an der oͤſtlichen und ſuͤdlichen Kuͤſte
von Staaten-Land hin und alsdenn Oſt-Suͤd-Oſtwaͤrts, um, auch waͤhrend
des dritten Sommers, den wir in dieſer Hemisphaͤre zubringen ſollten, einen
neuen Verſuch gegen Suͤden anzuſtellen. Der Wind ward bald ſo heftig, daß
er uns eine große Bram-Stenge zerbrach, weil er aber unſerm Laufe guͤnſtig
war, ſo achteten wir des Schadens nicht. Am fuͤnften zeigte ſich um die Son-
ne ein Kreis oder Hof von ſehr betraͤchtlichem Durchmeſſer. Das innere Feld
war dunkel, der Rand hingegen hell und an der Außenlinie mit einigen Regen-
Bogen-Farben ſchwach ſchattirt. Die Matroſen nahmen dieſe Erſcheinung
fuͤr das Wahrzeichen eines bevorſtehenden Sturms, allein das Wetter blieb,
noch verſchiedene Tage nachher, unveraͤndert gelinde; ein neuer Beweiß, daß
dergleichen Vorzeichen nicht allemahl zu trauen iſt.
1775.
Januar
Die neueſten in England und Frankreich herausgekommenen Karten
deuten zwiſchen 40° und 53° Grad weſtlicher Laͤnge, und 54° und 58° Suͤd-
licher Breite eine große Kuͤſte an, die bereits in einer Karte des Ortelius,
vom Jahr 1586, ja ſogar ſchon in der Mercatorſchen Karte, vom Jahr
1569, angezeigt worden. Der Name Golfo de San Sebaſtiano, den man
ihr in beſagten Karten beylegt, ſcheint die Entdeckung den Spaniern zuzueig-
nen. *) Ueber einen Theil des Diſtricts, wo die weſtliche Kuͤſte dieſes Meer-
Buſens haͤtte liegen ſollen, ſeegelten wir weg, fanden aber nirgends eine Spur
von Land. Auch Capitain Fourneaux war im verwichnen Jahr, bey ſeiner
Ruͤckkehr nach dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung, queer uͤber die angebliche
Lage des ganzen Meerbuſens weggefahren, zuerſt in der Breite von 60, her-
nach von 58 Graden, zwiſchen dem 60 und 40 Grad weſtlicher Laͤnge, hatte
aber ebenfalls kein Land zu Geſicht bekommen. Dieſer Meerbuſen muß alſo
entweder gar nicht vorhanden, oder wenigſtens auf allen Karten unrichtig ange-
zeigt ſeyn; letzteres duͤnkt mir wahrſcheinlicher als das erſte, denn warum ſoll-
te man ſo etwas gerade zu erdichtet haben?
*) Des Herrn Dalrymples Memoir of a Chart of the Southern Ocean und die da-
zu gehoͤrige Karte ſelbſt, koͤnnen hiebey zu Rathe gezogen werden. Es ſind Proben ei-
nes ruͤhmlichen Enthuſiasmus, womit dieſer Gelehrte im geographiſchen Fach gearbei-
tet hat.
Forſter’s Reiſe u. die Welt zweyter Th. F f f
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/427>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.