Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. sie jetzt von Schminke, Ruß oder anderer Schmiererey ziemlich rein waren.1774.Novem- ber. Die Leute merkten bald, daß es uns sehr um Fische zu thun seyn müße; da ihnen nun nicht weniger daran gelegen seyn mochte, sie los zu werden, so wuchs die Zahl der Verkäufer, mit jedem Augenblick. Tringho-Buhi allein schien mit dem Zulauf von Menschen nicht zufrieden zu seyn, weil der Preis der Fische die Er zu verkaufen hatte, in demselben Maaße fiel, in welchem die Menge dieser Waare zunahm. Manche verkauften uns auch ihre Waffen und Kleider, die mehresten aber waren nakt und hatten nur ein klein Stück geflochtner Matte um die Len- den gegürtet. Eine so leichte Bekleidung konnte heut wohl hinreichend seyn, weil das Wetter sehr milde, auch die Bay gegen alle Winde vollkommen ge- schützt war. Nachdem wir ohngefähr eine Viertelstunde am Lande mochten zu- gebracht haben, die Zahl der Wilden aber immer mehr anwuchs, die zuletzt Ankommenden auch sämtlich ihre Waffen mitbrachten; so hielten wir es der Klug- heit für gemäß, uns wieder einzuschiffen. Und das war in der That um desto rathsamer, weil der ganze Trupp jetzt über 200 Personen stark, mithin weit beträchtlicher zu seyn schien, als die Zahl sämtlicher Einwohner in allen Buch- ten von Königin Charlottens-Sund zusammen genommen. Schon hatten wir das Boot vom Ufer abgestossen, als ein Matrose dem Capitain sagte, er habe eine Parthey Fische von einem Wilden bekommen, dafür diesem noch nichts be- zahlt worden. Der Capitain rief also dem Neu-Seeländer, und warf ihm den einzigen Nagel, den er noch bey sich hatte, zu, so daß er ihm dicht vor die Füße fiel. Der Wilde der sich dadurch für beschimpft oder vielleicht gar für angegriffen hielt, nahm einen Stein auf, und schmiß ihn mit aller Gewalt ins Boot, doch, glücklicherweise ohne jemand zu beschädigen. Wir riefen ihm noch einmahl und zeigten auf den Nagel der für ihn bestimmt war. Nun sah er erst, wovon die Rede war, hob ihn auf, und lachte über seine hitzige Aufführung, indem er zugleich große Zufriedenheit über unser Betragen äußerte. Ein wenig mehr Uebereilung von Seiten der Matrosen, könnte, bey diesem Vorfall, leicht einen Streit mit den Eingebohrnen, und dieser, sehr gefährliche Folgen veranlaßt haben. So sehr wir uns auch hätten für berechtigt halten mögen, es übel zu nehmen, daß der Kerl uns einen Stein nachwarf; so würden doch alle Neu-See- länder ihrem Landsmanne beygetreten seyn und uns am Ende überwältigt A a a 2
in den Jahren 1772 bis 1775. ſie jetzt von Schminke, Ruß oder anderer Schmiererey ziemlich rein waren.1774.Novem- ber. Die Leute merkten bald, daß es uns ſehr um Fiſche zu thun ſeyn muͤße; da ihnen nun nicht weniger daran gelegen ſeyn mochte, ſie los zu werden, ſo wuchs die Zahl der Verkaͤufer, mit jedem Augenblick. Tringho-Buhi allein ſchien mit dem Zulauf von Menſchen nicht zufrieden zu ſeyn, weil der Preis der Fiſche die Er zu verkaufen hatte, in demſelben Maaße fiel, in welchem die Menge dieſer Waare zunahm. Manche verkauften uns auch ihre Waffen und Kleider, die mehreſten aber waren nakt und hatten nur ein klein Stuͤck geflochtner Matte um die Len- den geguͤrtet. Eine ſo leichte Bekleidung konnte heut wohl hinreichend ſeyn, weil das Wetter ſehr milde, auch die Bay gegen alle Winde vollkommen ge- ſchuͤtzt war. Nachdem wir ohngefaͤhr eine Viertelſtunde am Lande mochten zu- gebracht haben, die Zahl der Wilden aber immer mehr anwuchs, die zuletzt Ankommenden auch ſaͤmtlich ihre Waffen mitbrachten; ſo hielten wir es der Klug- heit fuͤr gemaͤß, uns wieder einzuſchiffen. Und das war in der That um deſto rathſamer, weil der ganze Trupp jetzt uͤber 200 Perſonen ſtark, mithin weit betraͤchtlicher zu ſeyn ſchien, als die Zahl ſaͤmtlicher Einwohner in allen Buch- ten von Koͤnigin Charlottens-Sund zuſammen genommen. Schon hatten wir das Boot vom Ufer abgeſtoſſen, als ein Matroſe dem Capitain ſagte, er habe eine Parthey Fiſche von einem Wilden bekommen, dafuͤr dieſem noch nichts be- zahlt worden. Der Capitain rief alſo dem Neu-Seelaͤnder, und warf ihm den einzigen Nagel, den er noch bey ſich hatte, zu, ſo daß er ihm dicht vor die Fuͤße fiel. Der Wilde der ſich dadurch fuͤr beſchimpft oder vielleicht gar fuͤr angegriffen hielt, nahm einen Stein auf, und ſchmiß ihn mit aller Gewalt ins Boot, doch, gluͤcklicherweiſe ohne jemand zu beſchaͤdigen. Wir riefen ihm noch einmahl und zeigten auf den Nagel der fuͤr ihn beſtimmt war. Nun ſah er erſt, wovon die Rede war, hob ihn auf, und lachte uͤber ſeine hitzige Auffuͤhrung, indem er zugleich große Zufriedenheit uͤber unſer Betragen aͤußerte. Ein wenig mehr Uebereilung von Seiten der Matroſen, koͤnnte, bey dieſem Vorfall, leicht einen Streit mit den Eingebohrnen, und dieſer, ſehr gefaͤhrliche Folgen veranlaßt haben. So ſehr wir uns auch haͤtten fuͤr berechtigt halten moͤgen, es uͤbel zu nehmen, daß der Kerl uns einen Stein nachwarf; ſo wuͤrden doch alle Neu-See- laͤnder ihrem Landsmanne beygetreten ſeyn und uns am Ende uͤberwaͤltigt A a a 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0389" n="371"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> ſie jetzt von Schminke, Ruß oder anderer Schmiererey ziemlich rein waren.<note place="right">1774.<lb/> Novem-<lb/> ber.</note><lb/> Die Leute merkten bald, daß es uns ſehr um Fiſche zu thun ſeyn muͤße; da ihnen<lb/> nun nicht weniger daran gelegen ſeyn mochte, ſie los zu werden, ſo wuchs die Zahl<lb/> der Verkaͤufer, mit jedem Augenblick. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq"><persName>Tringho-Buhi</persName></hi></hi> allein ſchien mit dem<lb/> Zulauf von Menſchen nicht zufrieden zu ſeyn, weil der Preis der Fiſche die Er<lb/> zu verkaufen hatte, in demſelben Maaße fiel, in welchem die Menge dieſer Waare<lb/> zunahm. Manche verkauften uns auch ihre Waffen und Kleider, die mehreſten<lb/> aber waren nakt und hatten nur ein klein Stuͤck geflochtner Matte um die Len-<lb/> den geguͤrtet. Eine ſo leichte Bekleidung konnte heut wohl hinreichend ſeyn, weil<lb/> das Wetter ſehr milde, auch die Bay gegen alle Winde vollkommen ge-<lb/> ſchuͤtzt war. Nachdem wir ohngefaͤhr eine Viertelſtunde am Lande mochten zu-<lb/> gebracht haben, die Zahl der Wilden aber immer mehr anwuchs, die zuletzt<lb/> Ankommenden auch ſaͤmtlich ihre Waffen mitbrachten; ſo hielten wir es der Klug-<lb/> heit fuͤr gemaͤß, uns wieder einzuſchiffen. Und das war in der That um deſto<lb/> rathſamer, weil der ganze Trupp jetzt uͤber 200 Perſonen ſtark, mithin weit<lb/> betraͤchtlicher zu ſeyn ſchien, als die Zahl ſaͤmtlicher Einwohner in allen Buch-<lb/> ten von <hi rendition="#fr"><placeName>Koͤnigin Charlottens-Sund</placeName></hi> zuſammen genommen. Schon hatten<lb/> wir das Boot vom Ufer abgeſtoſſen, als ein Matroſe dem Capitain ſagte, er habe<lb/> eine Parthey Fiſche von einem Wilden bekommen, dafuͤr dieſem noch nichts be-<lb/> zahlt worden. Der Capitain rief alſo dem Neu-Seelaͤnder, und warf<lb/> ihm den einzigen Nagel, den er noch bey ſich hatte, zu, ſo daß er ihm dicht vor<lb/> die Fuͤße fiel. Der Wilde der ſich dadurch fuͤr beſchimpft oder vielleicht gar<lb/> fuͤr angegriffen hielt, nahm einen Stein auf, und ſchmiß ihn mit aller Gewalt ins<lb/> Boot, doch, gluͤcklicherweiſe ohne jemand zu beſchaͤdigen. Wir riefen ihm noch<lb/> einmahl und zeigten auf den Nagel der fuͤr ihn beſtimmt war. Nun ſah er erſt,<lb/> wovon die Rede war, hob ihn auf, und lachte uͤber ſeine hitzige Auffuͤhrung, indem<lb/> er zugleich große Zufriedenheit uͤber unſer Betragen aͤußerte. Ein wenig mehr<lb/> Uebereilung von Seiten der Matroſen, koͤnnte, bey dieſem Vorfall, leicht einen<lb/> Streit mit den Eingebohrnen, und dieſer, ſehr gefaͤhrliche Folgen<lb/> veranlaßt haben. So ſehr wir uns auch haͤtten fuͤr berechtigt halten moͤgen, es uͤbel<lb/> zu nehmen, daß der Kerl uns einen Stein nachwarf; ſo wuͤrden doch alle Neu-See-<lb/> laͤnder ihrem Landsmanne beygetreten ſeyn und uns am Ende uͤberwaͤltigt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A a a 2</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [371/0389]
in den Jahren 1772 bis 1775.
ſie jetzt von Schminke, Ruß oder anderer Schmiererey ziemlich rein waren.
Die Leute merkten bald, daß es uns ſehr um Fiſche zu thun ſeyn muͤße; da ihnen
nun nicht weniger daran gelegen ſeyn mochte, ſie los zu werden, ſo wuchs die Zahl
der Verkaͤufer, mit jedem Augenblick. Tringho-Buhi allein ſchien mit dem
Zulauf von Menſchen nicht zufrieden zu ſeyn, weil der Preis der Fiſche die Er
zu verkaufen hatte, in demſelben Maaße fiel, in welchem die Menge dieſer Waare
zunahm. Manche verkauften uns auch ihre Waffen und Kleider, die mehreſten
aber waren nakt und hatten nur ein klein Stuͤck geflochtner Matte um die Len-
den geguͤrtet. Eine ſo leichte Bekleidung konnte heut wohl hinreichend ſeyn, weil
das Wetter ſehr milde, auch die Bay gegen alle Winde vollkommen ge-
ſchuͤtzt war. Nachdem wir ohngefaͤhr eine Viertelſtunde am Lande mochten zu-
gebracht haben, die Zahl der Wilden aber immer mehr anwuchs, die zuletzt
Ankommenden auch ſaͤmtlich ihre Waffen mitbrachten; ſo hielten wir es der Klug-
heit fuͤr gemaͤß, uns wieder einzuſchiffen. Und das war in der That um deſto
rathſamer, weil der ganze Trupp jetzt uͤber 200 Perſonen ſtark, mithin weit
betraͤchtlicher zu ſeyn ſchien, als die Zahl ſaͤmtlicher Einwohner in allen Buch-
ten von Koͤnigin Charlottens-Sund zuſammen genommen. Schon hatten
wir das Boot vom Ufer abgeſtoſſen, als ein Matroſe dem Capitain ſagte, er habe
eine Parthey Fiſche von einem Wilden bekommen, dafuͤr dieſem noch nichts be-
zahlt worden. Der Capitain rief alſo dem Neu-Seelaͤnder, und warf
ihm den einzigen Nagel, den er noch bey ſich hatte, zu, ſo daß er ihm dicht vor
die Fuͤße fiel. Der Wilde der ſich dadurch fuͤr beſchimpft oder vielleicht gar
fuͤr angegriffen hielt, nahm einen Stein auf, und ſchmiß ihn mit aller Gewalt ins
Boot, doch, gluͤcklicherweiſe ohne jemand zu beſchaͤdigen. Wir riefen ihm noch
einmahl und zeigten auf den Nagel der fuͤr ihn beſtimmt war. Nun ſah er erſt,
wovon die Rede war, hob ihn auf, und lachte uͤber ſeine hitzige Auffuͤhrung, indem
er zugleich große Zufriedenheit uͤber unſer Betragen aͤußerte. Ein wenig mehr
Uebereilung von Seiten der Matroſen, koͤnnte, bey dieſem Vorfall, leicht einen
Streit mit den Eingebohrnen, und dieſer, ſehr gefaͤhrliche Folgen
veranlaßt haben. So ſehr wir uns auch haͤtten fuͤr berechtigt halten moͤgen, es uͤbel
zu nehmen, daß der Kerl uns einen Stein nachwarf; ſo wuͤrden doch alle Neu-See-
laͤnder ihrem Landsmanne beygetreten ſeyn und uns am Ende uͤberwaͤltigt
1774.
Novem-
ber.
A a a 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |