Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.Novem- ber.ihre Kräfte anstrengen, sie einzuhohlen. Dies erfolgte auch bald. Wir fanden, daß die Indianer zum Theil, vor wenigen Tagen erst, bey uns an Bord gewesen waren; sie thaten daher ungemein freundlich und überließen uns eine Menge von den Fischen, welche sie so eben gefangen hatten. Wegen der Hauptsache aber, nemlich wegen der Durchfahrt, schienen sie uns nicht zu ver- stehen, also verliessen wir sie bald wieder, um uns selbst darnach umzusehen. Zur Linken kamen wir an einem Arm dieses großen Gewässers, zur Rechten aber an verschiedenen Bayen und Buchten vorüber. Endlich begegnete uns ein anderes Canot, welches ebenfalls heran gerufen, und wegen der Durchfahrt befragt ward. Die Indianer zeigten auf den Arm, den wir eben vorbey gefahren, und gaben zu verstehn, daß der äußerste südliche Theil desselben sich zuletzt in eine an allen Seiten mit Bergen umgebene Bay endige. Dieser Nachricht zufolge steuer- ten wir darnach hin, und gelangten würklich an eine sehr große Bay, deren Ufer, rechter Hand, von Menschen wimmelte. Wir landeten, gerade da wo sie am zahlreichsten standen, und begrüßten, durch gegenseitige Berührung der Na- sen, ihre Anführer nebst einigen andern Leuten, die gleich aus dem Haufen hervor- traten, und sich dadurch als Vornehmere, oder Standespersohnen, auszeichneten. Der Chef oder Befehlshaber sagte uns, daß er Tringo-Buhi *) heiße. Er war ein kleiner Mann, schon bey Jahren, aber noch sehr munter, und that gegen uns besonders freundlich. Sein Gesicht war durchgehends in Schneckenlinien punctirt, und in diesem Stück von allen übrigen hier versammelten Indianern, ausgezeichnet, als welche von solchen Zierrathen viel weniger aufzuzeigen hatten. Die Weiber und Mädchen saßen vor ihren Hütten, in Reihen, und wir erinner- ten uns einige derselben an Bord gesehn zu haben. Sie schienen weit besser mit allen Nothwendigkeiten versorgt zu seyn, als die wenigen einzelnen Familien, die sich in der Nachbarschaft unsers Schifs aufhielten; wenigstens waren ihre Kleider neu und rein, und manche dünkten uns so gar von angenehmeren Gesichtszügen, als wir sonst bey dieser Nation wahrgenommen hatten. Vielleicht rührte aber dieser Unterschied größtentheils daher, daß *) Tringho scheint bey ihnen eine Art Titul zu seyn, der vielen Nahmen ihrer Anführer
vorgesetzt wird. Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Novem- ber.ihre Kraͤfte anſtrengen, ſie einzuhohlen. Dies erfolgte auch bald. Wir fanden, daß die Indianer zum Theil, vor wenigen Tagen erſt, bey uns an Bord geweſen waren; ſie thaten daher ungemein freundlich und uͤberließen uns eine Menge von den Fiſchen, welche ſie ſo eben gefangen hatten. Wegen der Hauptſache aber, nemlich wegen der Durchfahrt, ſchienen ſie uns nicht zu ver- ſtehen, alſo verlieſſen wir ſie bald wieder, um uns ſelbſt darnach umzuſehen. Zur Linken kamen wir an einem Arm dieſes großen Gewaͤſſers, zur Rechten aber an verſchiedenen Bayen und Buchten voruͤber. Endlich begegnete uns ein anderes Canot, welches ebenfalls heran gerufen, und wegen der Durchfahrt befragt ward. Die Indianer zeigten auf den Arm, den wir eben vorbey gefahren, und gaben zu verſtehn, daß der aͤußerſte ſuͤdliche Theil deſſelben ſich zuletzt in eine an allen Seiten mit Bergen umgebene Bay endige. Dieſer Nachricht zufolge ſteuer- ten wir darnach hin, und gelangten wuͤrklich an eine ſehr große Bay, deren Ufer, rechter Hand, von Menſchen wimmelte. Wir landeten, gerade da wo ſie am zahlreichſten ſtanden, und begruͤßten, durch gegenſeitige Beruͤhrung der Na- ſen, ihre Anfuͤhrer nebſt einigen andern Leuten, die gleich aus dem Haufen hervor- traten, und ſich dadurch als Vornehmere, oder Standesperſohnen, auszeichneten. Der Chef oder Befehlshaber ſagte uns, daß er Tringo-Buhi *) heiße. Er war ein kleiner Mann, ſchon bey Jahren, aber noch ſehr munter, und that gegen uns beſonders freundlich. Sein Geſicht war durchgehends in Schneckenlinien punctirt, und in dieſem Stuͤck von allen uͤbrigen hier verſammelten Indianern, ausgezeichnet, als welche von ſolchen Zierrathen viel weniger aufzuzeigen hatten. Die Weiber und Maͤdchen ſaßen vor ihren Huͤtten, in Reihen, und wir erinner- ten uns einige derſelben an Bord geſehn zu haben. Sie ſchienen weit beſſer mit allen Nothwendigkeiten verſorgt zu ſeyn, als die wenigen einzelnen Familien, die ſich in der Nachbarſchaft unſers Schifs aufhielten; wenigſtens waren ihre Kleider neu und rein, und manche duͤnkten uns ſo gar von angenehmeren Geſichtszuͤgen, als wir ſonſt bey dieſer Nation wahrgenommen hatten. Vielleicht ruͤhrte aber dieſer Unterſchied groͤßtentheils daher, daß *) Tringho ſcheint bey ihnen eine Art Titul zu ſeyn, der vielen Nahmen ihrer Anfuͤhrer
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Forſter’s Reiſe um die Welt
ihre Kraͤfte anſtrengen, ſie einzuhohlen. Dies erfolgte auch bald. Wir
fanden, daß die Indianer zum Theil, vor wenigen Tagen erſt, bey uns an
Bord geweſen waren; ſie thaten daher ungemein freundlich und uͤberließen uns
eine Menge von den Fiſchen, welche ſie ſo eben gefangen hatten. Wegen
der Hauptſache aber, nemlich wegen der Durchfahrt, ſchienen ſie uns nicht zu ver-
ſtehen, alſo verlieſſen wir ſie bald wieder, um uns ſelbſt darnach umzuſehen. Zur
Linken kamen wir an einem Arm dieſes großen Gewaͤſſers, zur Rechten aber an
verſchiedenen Bayen und Buchten voruͤber. Endlich begegnete uns ein anderes
Canot, welches ebenfalls heran gerufen, und wegen der Durchfahrt befragt ward.
Die Indianer zeigten auf den Arm, den wir eben vorbey gefahren, und gaben
zu verſtehn, daß der aͤußerſte ſuͤdliche Theil deſſelben ſich zuletzt in eine an allen
Seiten mit Bergen umgebene Bay endige. Dieſer Nachricht zufolge ſteuer-
ten wir darnach hin, und gelangten wuͤrklich an eine ſehr große Bay, deren
Ufer, rechter Hand, von Menſchen wimmelte. Wir landeten, gerade da wo ſie
am zahlreichſten ſtanden, und begruͤßten, durch gegenſeitige Beruͤhrung der Na-
ſen, ihre Anfuͤhrer nebſt einigen andern Leuten, die gleich aus dem Haufen hervor-
traten, und ſich dadurch als Vornehmere, oder Standesperſohnen, auszeichneten.
Der Chef oder Befehlshaber ſagte uns, daß er Tringo-Buhi *) heiße. Er
war ein kleiner Mann, ſchon bey Jahren, aber noch ſehr munter, und that gegen
uns beſonders freundlich. Sein Geſicht war durchgehends in Schneckenlinien
punctirt, und in dieſem Stuͤck von allen uͤbrigen hier verſammelten Indianern,
ausgezeichnet, als welche von ſolchen Zierrathen viel weniger aufzuzeigen hatten.
Die Weiber und Maͤdchen ſaßen vor ihren Huͤtten, in Reihen, und wir erinner-
ten uns einige derſelben an Bord geſehn zu haben. Sie ſchienen weit
beſſer mit allen Nothwendigkeiten verſorgt zu ſeyn, als die wenigen einzelnen
Familien, die ſich in der Nachbarſchaft unſers Schifs aufhielten; wenigſtens
waren ihre Kleider neu und rein, und manche duͤnkten uns ſo gar von
angenehmeren Geſichtszuͤgen, als wir ſonſt bey dieſer Nation wahrgenommen
hatten. Vielleicht ruͤhrte aber dieſer Unterſchied groͤßtentheils daher, daß
1774.
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*) Tringho ſcheint bey ihnen eine Art Titul zu ſeyn, der vielen Nahmen ihrer Anfuͤhrer
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