Ich lenke nunmehro in die Erzählung wieder ein. Die Aussage und1774. October die sehr begreiflichen Zeichen des Pitere hatten uns jetzt, über die glückliche Ab- reise der Adventure, völlig beruhigt. An einem schönen Tage, stellte der Capi- tain eine Fahrt ins Innerste von West-Bay an, um nachzusehen ob einige Wahrscheinlichkeit vorhanden wäre, daß die Schweine und Hühner, welche wir im vorigen Jahr an diesem unbewohnten Orte zurück gelassen, sich erhalten, und so weit fortgepflanzt hätten, daß man dereinst zahlreiche Heerden davon er- warten dürfte. Wir landeten an der nehmlichen Stelle wo wir sie ehemals ausgesetzt; allein, auf dem Strande war nicht nur keine Spur von ihnen zu fin- den, sondern es schien auch, die Zeit her, keine lebendige Seele in diese Gegend hingekommen zu seyn. Wir konnten also mit Grund annehmen, daß sich diese Thiere weit in den Wald hinein begeben haben müßten, und daß sie sich dort ungestört ver- mehren würden. Auf dem Rückwege trafen wir, am jenseitigen Ufer der Bay, etliche Familien von Indianern an, die uns eine Menge Fische überliessen.
Nach dieser kleinen Ausfahrt blieb das Wetter immer so stürmisch und regnigt, daß wir nicht ehe als am 2ten November wieder ans Land, und zwar nach Gras-Cove, giengen. Ohne das geringste von dem traurigen Vorfall zu wissen, davon diese Bucht der eigentliche Schauplatz gewesen, stiegen wir in allen benachbarten, kleinen Buchten aus, und liefen, einzeln und unbesorgt, weit im Lande umher. In dem Gehölz auf den Bergen durchkreuzten einander Fußsteige die Menge, von Einwohnern aber war nirgends eine Spur zu sehen. Wir schossen auf dieser Streiferey mehr als 30 Stück Vögel, darunter ein Dutzend wilde Tauben waren, die sich hier von den Blättern und Saamen eines schönen großen Baums (Sophora microphylla) nährten. Des Abends um acht Uhr gelangten wir wieder an Bord, wo unterdeß, aus einer andern Ge- gend der Bay, eine große Anzahl Wilde zum Besuch angekommen war. Statt der Fische, dergleichen die Parthey des Pitere uns zuzuführen pflegte, hatten diese hier nichts denn Kleidungsstücke, Waffen und andre Merkwürdigkeiten zum Verkauf mitgebracht. Da aber diese Art des Handels, zum Nachtheil des nützlichern, bereits zu weit eingerissen war; so verbot der Capitain, daß ihnen von die- sen Artikeln niemand etwas abnehmen sollte. Am folgenden Tage kamen sie wie- der, um ihr Glück von neuem zu versuchen; allein, der Capitain blieb bey seinem
in den Jahren 1772 bis 1775.
Ich lenke nunmehro in die Erzaͤhlung wieder ein. Die Ausſage und1774. October die ſehr begreiflichen Zeichen des Piteré hatten uns jetzt, uͤber die gluͤckliche Ab- reiſe der Adventure, voͤllig beruhigt. An einem ſchoͤnen Tage, ſtellte der Capi- tain eine Fahrt ins Innerſte von Weſt-Bay an, um nachzuſehen ob einige Wahrſcheinlichkeit vorhanden waͤre, daß die Schweine und Huͤhner, welche wir im vorigen Jahr an dieſem unbewohnten Orte zuruͤck gelaſſen, ſich erhalten, und ſo weit fortgepflanzt haͤtten, daß man dereinſt zahlreiche Heerden davon er- warten duͤrfte. Wir landeten an der nehmlichen Stelle wo wir ſie ehemals ausgeſetzt; allein, auf dem Strande war nicht nur keine Spur von ihnen zu fin- den, ſondern es ſchien auch, die Zeit her, keine lebendige Seele in dieſe Gegend hingekommen zu ſeyn. Wir konnten alſo mit Grund annehmen, daß ſich dieſe Thiere weit in den Wald hinein begeben haben muͤßten, und daß ſie ſich dort ungeſtoͤrt ver- mehren wuͤrden. Auf dem Ruͤckwege trafen wir, am jenſeitigen Ufer der Bay, etliche Familien von Indianern an, die uns eine Menge Fiſche uͤberlieſſen.
Nach dieſer kleinen Ausfahrt blieb das Wetter immer ſo ſtuͤrmiſch und regnigt, daß wir nicht ehe als am 2ten November wieder ans Land, und zwar nach Gras-Cove, giengen. Ohne das geringſte von dem traurigen Vorfall zu wiſſen, davon dieſe Bucht der eigentliche Schauplatz geweſen, ſtiegen wir in allen benachbarten, kleinen Buchten aus, und liefen, einzeln und unbeſorgt, weit im Lande umher. In dem Gehoͤlz auf den Bergen durchkreuzten einander Fußſteige die Menge, von Einwohnern aber war nirgends eine Spur zu ſehen. Wir ſchoſſen auf dieſer Streiferey mehr als 30 Stuͤck Voͤgel, darunter ein Dutzend wilde Tauben waren, die ſich hier von den Blaͤttern und Saamen eines ſchoͤnen großen Baums (Sophora microphylla) naͤhrten. Des Abends um acht Uhr gelangten wir wieder an Bord, wo unterdeß, aus einer andern Ge- gend der Bay, eine große Anzahl Wilde zum Beſuch angekommen war. Statt der Fiſche, dergleichen die Parthey des Piteré uns zuzufuͤhren pflegte, hatten dieſe hier nichts denn Kleidungsſtuͤcke, Waffen und andre Merkwuͤrdigkeiten zum Verkauf mitgebracht. Da aber dieſe Art des Handels, zum Nachtheil des nuͤtzlichern, bereits zu weit eingeriſſen war; ſo verbot der Capitain, daß ihnen von die- ſen Artikeln niemand etwas abnehmen ſollte. Am folgenden Tage kamen ſie wie- der, um ihr Gluͤck von neuem zu verſuchen; allein, der Capitain blieb bey ſeinem
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Ich lenke nunmehro in die Erzaͤhlung wieder ein. Die Ausſage und
die ſehr begreiflichen Zeichen des Piteré hatten uns jetzt, uͤber die gluͤckliche Ab-
reiſe der Adventure, voͤllig beruhigt. An einem ſchoͤnen Tage, ſtellte der Capi-
tain eine Fahrt ins Innerſte von Weſt-Bay an, um nachzuſehen ob einige
Wahrſcheinlichkeit vorhanden waͤre, daß die Schweine und Huͤhner, welche
wir im vorigen Jahr an dieſem unbewohnten Orte zuruͤck gelaſſen, ſich erhalten,
und ſo weit fortgepflanzt haͤtten, daß man dereinſt zahlreiche Heerden davon er-
warten duͤrfte. Wir landeten an der nehmlichen Stelle wo wir ſie ehemals
ausgeſetzt; allein, auf dem Strande war nicht nur keine Spur von ihnen zu fin-
den, ſondern es ſchien auch, die Zeit her, keine lebendige Seele in dieſe Gegend
hingekommen zu ſeyn. Wir konnten alſo mit Grund annehmen, daß ſich dieſe Thiere
weit in den Wald hinein begeben haben muͤßten, und daß ſie ſich dort ungeſtoͤrt ver-
mehren wuͤrden. Auf dem Ruͤckwege trafen wir, am jenſeitigen Ufer der
Bay, etliche Familien von Indianern an, die uns eine Menge Fiſche uͤberlieſſen.
1774.
October
Nach dieſer kleinen Ausfahrt blieb das Wetter immer ſo ſtuͤrmiſch und
regnigt, daß wir nicht ehe als am 2ten November wieder ans Land, und zwar
nach Gras-Cove, giengen. Ohne das geringſte von dem traurigen Vorfall
zu wiſſen, davon dieſe Bucht der eigentliche Schauplatz geweſen, ſtiegen wir in
allen benachbarten, kleinen Buchten aus, und liefen, einzeln und unbeſorgt,
weit im Lande umher. In dem Gehoͤlz auf den Bergen durchkreuzten einander
Fußſteige die Menge, von Einwohnern aber war nirgends eine Spur zu ſehen.
Wir ſchoſſen auf dieſer Streiferey mehr als 30 Stuͤck Voͤgel, darunter ein
Dutzend wilde Tauben waren, die ſich hier von den Blaͤttern und Saamen eines
ſchoͤnen großen Baums (Sophora microphylla) naͤhrten. Des Abends um
acht Uhr gelangten wir wieder an Bord, wo unterdeß, aus einer andern Ge-
gend der Bay, eine große Anzahl Wilde zum Beſuch angekommen war. Statt
der Fiſche, dergleichen die Parthey des Piteré uns zuzufuͤhren pflegte, hatten
dieſe hier nichts denn Kleidungsſtuͤcke, Waffen und andre Merkwuͤrdigkeiten
zum Verkauf mitgebracht. Da aber dieſe Art des Handels, zum Nachtheil des
nuͤtzlichern, bereits zu weit eingeriſſen war; ſo verbot der Capitain, daß ihnen von die-
ſen Artikeln niemand etwas abnehmen ſollte. Am folgenden Tage kamen ſie wie-
der, um ihr Gluͤck von neuem zu verſuchen; allein, der Capitain blieb bey ſeinem
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/385>, abgerufen am 24.11.2024.
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