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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
October.
fragten sie einmahl nach dem andern, ob wir ungehalten auf sie wären, und ob
unsre Freundschafts-Bezeugungen auch wohl treuherzig gemeynt seyn möchten?
Sowohl diese Reden, als ihre sichtbare Verlegenheit, ließen uns nicht ohne Ur-
sach vermuthen, daß sie mit der Mannschaft irgend eines europäischen Schifs
unglücklicher Weise in Streit gerathen seyn müßten, und natürlicher Weise fiel
uns dabey unsre ehemalige Begleiterin, die Adventure, ein. Doch, weit
entfernt ihnen vor der Hand etwas hievon merken zu lassen, suchten wir viel-
mehr ihr Zutrauen wieder zu gewinnen, und das gelang uns auch, indem
wir die Unterredung auf einen andern Gegenstand lenkten, namentlich, Fische
zu kaufen begehrten. Der Gedanke etwas zu erwerben, machte sie auf einmahl
guten Muths; sie liefen zu ihren Canots, räumten die darüber gedeckten Mat-
ten weg, und brachten eine Menge Fische zum Vorschein, die vermuthlich die-
sen Morgen erst gefangen waren. Für etwas tahitisches Zeug, einige Nagel,
Medaillen und Stückchen rothen Tuchs, überließen sie uns so viel, als unsre
ganze Mannschaft zu einer Mahlzeit brauchte. Ein Mann von mittlerm Alter,
dem Schein nach der Vornehmste unter den Anwesenden, sagte uns nunmehro er
heiße Piterre, und bezeigte sich besonders freundschaftlich. Seine Cameraden
thaten es ihm darinn bald nach und wurden endlich so zutraulich, daß sie ver-
sprachen, morgen früh allerseits an Bord zu kommen. Mit dieser Versicherung
schieden wir aus einander, nicht ohne den eigenthümlichen Character ihres
Muths zu bewundern, der den Gedanken: "sich v[o]r einem Feinde verbergen"
für ganz unzuläßig hält, und sie auch jetzt, so wie ehemals in Dusky-bay, *)
bewogen hatte, ihrer Besorgniß und unsrer Ueberlegenheit ohnerachtet, von
freyen Stücken hervor zu kommen! Gleichwohl hatten sie, wie aus der Folge
dieser Erzählung erhellen wird, nur allzugültige Ursach unsre Rache zu fürchten.

Piterre und seine Gefährten hielten Wort; sie kamen des andern Moc-
gens, bey Sonnen Aufgang, in fünf Canots angezogen und verkauften uns eine
große Menge schmackhafter Fische, wodurch der Ueberfluß an unsern Tafeln auf
einmahl wieder hergestellt ward. Als der Handel mit Fischen geschlossen war,
brachten sie allerhand Stücke grünen nephritischen Steins, die theils zu Mei-
ßeln, theils zu Zierrathen verarbeitet waren, hervor, um solche gegen tahiti-
sches Zeug, englisch Tuch oder Eisenwerk, zu vertauschen, und als auch von

*) Stehe im ersten Bande dieser Reisen pag. 104. und namentlich pag. 129.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
October.
fragten ſie einmahl nach dem andern, ob wir ungehalten auf ſie waͤren, und ob
unſre Freundſchafts-Bezeugungen auch wohl treuherzig gemeynt ſeyn moͤchten?
Sowohl dieſe Reden, als ihre ſichtbare Verlegenheit, ließen uns nicht ohne Ur-
ſach vermuthen, daß ſie mit der Mannſchaft irgend eines europaͤiſchen Schifs
ungluͤcklicher Weiſe in Streit gerathen ſeyn muͤßten, und natuͤrlicher Weiſe fiel
uns dabey unſre ehemalige Begleiterin, die Adventure, ein. Doch, weit
entfernt ihnen vor der Hand etwas hievon merken zu laſſen, ſuchten wir viel-
mehr ihr Zutrauen wieder zu gewinnen, und das gelang uns auch, indem
wir die Unterredung auf einen andern Gegenſtand lenkten, namentlich, Fiſche
zu kaufen begehrten. Der Gedanke etwas zu erwerben, machte ſie auf einmahl
guten Muths; ſie liefen zu ihren Canots, raͤumten die daruͤber gedeckten Mat-
ten weg, und brachten eine Menge Fiſche zum Vorſchein, die vermuthlich die-
ſen Morgen erſt gefangen waren. Fuͤr etwas tahitiſches Zeug, einige Nagel,
Medaillen und Stuͤckchen rothen Tuchs, uͤberließen ſie uns ſo viel, als unſre
ganze Mannſchaft zu einer Mahlzeit brauchte. Ein Mann von mittlerm Alter,
dem Schein nach der Vornehmſte unter den Anweſenden, ſagte uns nunmehro er
heiße Piterré, und bezeigte ſich beſonders freundſchaftlich. Seine Cameraden
thaten es ihm darinn bald nach und wurden endlich ſo zutraulich, daß ſie ver-
ſprachen, morgen fruͤh allerſeits an Bord zu kommen. Mit dieſer Verſicherung
ſchieden wir aus einander, nicht ohne den eigenthuͤmlichen Character ihres
Muths zu bewundern, der den Gedanken: „ſich v[o]r einem Feinde verbergen“
fuͤr ganz unzulaͤßig haͤlt, und ſie auch jetzt, ſo wie ehemals in Duſky-bay, *)
bewogen hatte, ihrer Beſorgniß und unſrer Ueberlegenheit ohnerachtet, von
freyen Stuͤcken hervor zu kommen! Gleichwohl hatten ſie, wie aus der Folge
dieſer Erzaͤhlung erhellen wird, nur allzuguͤltige Urſach unſre Rache zu fuͤrchten.

Piterré und ſeine Gefaͤhrten hielten Wort; ſie kamen des andern Moc-
gens, bey Sonnen Aufgang, in fuͤnf Canots angezogen und verkauften uns eine
große Menge ſchmackhafter Fiſche, wodurch der Ueberfluß an unſern Tafeln auf
einmahl wieder hergeſtellt ward. Als der Handel mit Fiſchen geſchloſſen war,
brachten ſie allerhand Stuͤcke gruͤnen nephritiſchen Steins, die theils zu Mei-
ßeln, theils zu Zierrathen verarbeitet waren, hervor, um ſolche gegen tahiti-
ſches Zeug, engliſch Tuch oder Eiſenwerk, zu vertauſchen, und als auch von

*) Stehe im erſten Bande dieſer Reiſen pag. 104. und namentlich pag. 129.
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[356/0374] Forſter’s Reiſe um die Welt fragten ſie einmahl nach dem andern, ob wir ungehalten auf ſie waͤren, und ob unſre Freundſchafts-Bezeugungen auch wohl treuherzig gemeynt ſeyn moͤchten? Sowohl dieſe Reden, als ihre ſichtbare Verlegenheit, ließen uns nicht ohne Ur- ſach vermuthen, daß ſie mit der Mannſchaft irgend eines europaͤiſchen Schifs ungluͤcklicher Weiſe in Streit gerathen ſeyn muͤßten, und natuͤrlicher Weiſe fiel uns dabey unſre ehemalige Begleiterin, die Adventure, ein. Doch, weit entfernt ihnen vor der Hand etwas hievon merken zu laſſen, ſuchten wir viel- mehr ihr Zutrauen wieder zu gewinnen, und das gelang uns auch, indem wir die Unterredung auf einen andern Gegenſtand lenkten, namentlich, Fiſche zu kaufen begehrten. Der Gedanke etwas zu erwerben, machte ſie auf einmahl guten Muths; ſie liefen zu ihren Canots, raͤumten die daruͤber gedeckten Mat- ten weg, und brachten eine Menge Fiſche zum Vorſchein, die vermuthlich die- ſen Morgen erſt gefangen waren. Fuͤr etwas tahitiſches Zeug, einige Nagel, Medaillen und Stuͤckchen rothen Tuchs, uͤberließen ſie uns ſo viel, als unſre ganze Mannſchaft zu einer Mahlzeit brauchte. Ein Mann von mittlerm Alter, dem Schein nach der Vornehmſte unter den Anweſenden, ſagte uns nunmehro er heiße Piterré, und bezeigte ſich beſonders freundſchaftlich. Seine Cameraden thaten es ihm darinn bald nach und wurden endlich ſo zutraulich, daß ſie ver- ſprachen, morgen fruͤh allerſeits an Bord zu kommen. Mit dieſer Verſicherung ſchieden wir aus einander, nicht ohne den eigenthuͤmlichen Character ihres Muths zu bewundern, der den Gedanken: „ſich vor einem Feinde verbergen“ fuͤr ganz unzulaͤßig haͤlt, und ſie auch jetzt, ſo wie ehemals in Duſky-bay, *) bewogen hatte, ihrer Beſorgniß und unſrer Ueberlegenheit ohnerachtet, von freyen Stuͤcken hervor zu kommen! Gleichwohl hatten ſie, wie aus der Folge dieſer Erzaͤhlung erhellen wird, nur allzuguͤltige Urſach unſre Rache zu fuͤrchten. 1774. October. Piterré und ſeine Gefaͤhrten hielten Wort; ſie kamen des andern Moc- gens, bey Sonnen Aufgang, in fuͤnf Canots angezogen und verkauften uns eine große Menge ſchmackhafter Fiſche, wodurch der Ueberfluß an unſern Tafeln auf einmahl wieder hergeſtellt ward. Als der Handel mit Fiſchen geſchloſſen war, brachten ſie allerhand Stuͤcke gruͤnen nephritiſchen Steins, die theils zu Mei- ßeln, theils zu Zierrathen verarbeitet waren, hervor, um ſolche gegen tahiti- ſches Zeug, engliſch Tuch oder Eiſenwerk, zu vertauſchen, und als auch von *) Stehe im erſten Bande dieſer Reiſen pag. 104. und namentlich pag. 129.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/374>, abgerufen am 28.11.2024.