Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.Septem- ber.der Küste herab bis an den Platz wo das Schif vor Anker lag, zu Fuße ma- chen mußten. Einer von den Unter-Chirurgis hatte auf dieser Reise nach Bala- bia eine große Menge neuer Seemuscheln und neuer Pflanzen angetroffen, von denen wir nicht eine einzige zu finden das Glück gehabt; allein, der nieder- trächtigste und unvernünftigste Neid bewog ihn, alle diese Entdeckungen für uns geheim zu halten, ohnerachtet er für seine Person schlechterdings nicht den geringsten wissenschaftlichen Gebrauch davon zu machen wußte *). Wir hatten also von neuem Ursach es zu beklagen, daß Gift und Krankheit uns gehin- dert, an dem Vergnügen so wie an den Gefahren dieser kleinen Excursion Theil zu nehmen! Am folgenden Morgen begleiteten wir Capitain Cook nach dem gegen *) Es wird hier nicht am unrechten Orte seyn, dem Leser zu sagen, daß uns, von Sei-
ten unserer Schifsgesellschaft, bey allen Untersuchungen Hindernisse in den Weg gelegt wurden, und zwar selbst von denenjenigen, die aus Kenntniß, Amt und Pflicht sie im Gegentheil hätten befördern sollen. Es ist aber nun so einmal das Schicksal der Gelehrsamkeit und der gesunden Vernunft, daß beyde von Unwis- senden nicht geachtet werden. Dennoch hätten wirs allenfalls geduldig ertragen wollen, wenn die Sache nur nicht weiter gegangen wäre; da wir aber den guten Willen und die Dienstfertigkeit eines jeden kleinen Tyrannen mit Golde nicht er- kaufen konnten; so ließ man sichs recht geflißentlich angelegen seyn, sogar die Be- obachtungen andrer für uns geheim zu halten, obschon diejenigen, welche Ge- legenheit gehabt dergleichen anzustellen, oft nicht im Stande waren den geringsten Gebrauch davon zu machen. Dinge die jedermann am Schif wußte, sollten nur für uns verschwiegen bleiben. Die Nachrichten von der wahren Lage der Gegen- den und Länder, welche in dieser Erzählung vorkommen, und auf unsrer Charte verzeichnet sind; haben wir wahrlich nicht der Offenherzigkeit unsrer Reisegefähr- ten zu verdanken! Kaum wollte man uns das Vorrecht zugestehn, mit eignen Augen sehen zu dürfen! Ist es nicht mehr als befremdend, daß Gelehrten, die in einem Schiffe der aufgeklärtesten Nation auf Erden ausgeschickt worden, alle Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Septem- ber.der Kuͤſte herab bis an den Platz wo das Schif vor Anker lag, zu Fuße ma- chen mußten. Einer von den Unter-Chirurgis hatte auf dieſer Reiſe nach Bala- bia eine große Menge neuer Seemuſcheln und neuer Pflanzen angetroffen, von denen wir nicht eine einzige zu finden das Gluͤck gehabt; allein, der nieder- traͤchtigſte und unvernuͤnftigſte Neid bewog ihn, alle dieſe Entdeckungen fuͤr uns geheim zu halten, ohnerachtet er fuͤr ſeine Perſon ſchlechterdings nicht den geringſten wiſſenſchaftlichen Gebrauch davon zu machen wußte *). Wir hatten alſo von neuem Urſach es zu beklagen, daß Gift und Krankheit uns gehin- dert, an dem Vergnuͤgen ſo wie an den Gefahren dieſer kleinen Excurſion Theil zu nehmen! Am folgenden Morgen begleiteten wir Capitain Cook nach dem gegen *) Es wird hier nicht am unrechten Orte ſeyn, dem Leſer zu ſagen, daß uns, von Sei-
ten unſerer Schifsgeſellſchaft, bey allen Unterſuchungen Hinderniſſe in den Weg gelegt wurden, und zwar ſelbſt von denenjenigen, die aus Kenntniß, Amt und Pflicht ſie im Gegentheil haͤtten befoͤrdern ſollen. Es iſt aber nun ſo einmal das Schickſal der Gelehrſamkeit und der geſunden Vernunft, daß beyde von Unwiſ- ſenden nicht geachtet werden. Dennoch haͤtten wirs allenfalls geduldig ertragen wollen, wenn die Sache nur nicht weiter gegangen waͤre; da wir aber den guten Willen und die Dienſtfertigkeit eines jeden kleinen Tyrannen mit Golde nicht er- kaufen konnten; ſo ließ man ſichs recht geflißentlich angelegen ſeyn, ſogar die Be- obachtungen andrer fuͤr uns geheim zu halten, obſchon diejenigen, welche Ge- legenheit gehabt dergleichen anzuſtellen, oft nicht im Stande waren den geringſten Gebrauch davon zu machen. Dinge die jedermann am Schif wußte, ſollten nur fuͤr uns verſchwiegen bleiben. Die Nachrichten von der wahren Lage der Gegen- den und Laͤnder, welche in dieſer Erzaͤhlung vorkommen, und auf unſrer Charte verzeichnet ſind; haben wir wahrlich nicht der Offenherzigkeit unſrer Reiſegefaͤhr- ten zu verdanken! Kaum wollte man uns das Vorrecht zugeſtehn, mit eignen Augen ſehen zu duͤrfen! Iſt es nicht mehr als befremdend, daß Gelehrten, die in einem Schiffe der aufgeklaͤrteſten Nation auf Erden ausgeſchickt worden, alle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0346" n="330"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Septem-<lb/> ber.</note>der Kuͤſte herab bis an den Platz wo das Schif vor Anker lag, zu Fuße ma-<lb/> chen mußten. Einer von den Unter-Chirurgis hatte auf dieſer Reiſe nach <hi rendition="#fr"><placeName>Bala-<lb/> bia</placeName></hi> eine große Menge neuer Seemuſcheln und neuer Pflanzen angetroffen,<lb/> von denen <hi rendition="#fr">wir</hi> nicht eine einzige zu finden das Gluͤck gehabt; allein, der nieder-<lb/> traͤchtigſte und unvernuͤnftigſte Neid bewog ihn, alle dieſe Entdeckungen fuͤr<lb/> uns geheim zu halten, ohnerachtet er fuͤr ſeine Perſon ſchlechterdings nicht den<lb/> geringſten wiſſenſchaftlichen Gebrauch davon zu machen wußte <note xml:id="note-0346" next="#note-0347" place="foot" n="*)">Es wird hier nicht am unrechten Orte ſeyn, dem Leſer zu ſagen, daß uns, von Sei-<lb/> ten unſerer Schifsgeſellſchaft, bey allen Unterſuchungen Hinderniſſe in den<lb/> Weg gelegt wurden, und zwar ſelbſt von denenjenigen, die aus Kenntniß, Amt<lb/> und Pflicht ſie im Gegentheil haͤtten befoͤrdern ſollen. Es iſt aber nun ſo einmal<lb/> das Schickſal der Gelehrſamkeit und der geſunden Vernunft, daß beyde von Unwiſ-<lb/> ſenden nicht geachtet werden. Dennoch haͤtten wirs allenfalls geduldig ertragen<lb/> wollen, wenn die Sache nur nicht weiter gegangen waͤre; da wir aber den guten<lb/> Willen und die Dienſtfertigkeit eines jeden kleinen Tyrannen mit Golde nicht er-<lb/> kaufen konnten; ſo ließ man ſichs recht geflißentlich angelegen ſeyn, ſogar die Be-<lb/> obachtungen andrer fuͤr uns geheim zu halten, obſchon diejenigen, welche Ge-<lb/> legenheit gehabt dergleichen anzuſtellen, oft nicht im Stande waren den geringſten<lb/> Gebrauch davon zu machen. Dinge die jedermann am Schif wußte, ſollten nur<lb/> fuͤr uns verſchwiegen bleiben. Die Nachrichten von der wahren Lage der Gegen-<lb/> den und Laͤnder, welche in dieſer Erzaͤhlung vorkommen, und auf unſrer Charte<lb/> verzeichnet ſind; haben wir wahrlich nicht der Offenherzigkeit unſrer Reiſegefaͤhr-<lb/> ten zu verdanken! Kaum wollte man uns das Vorrecht zugeſtehn, mit eignen<lb/> Augen ſehen zu duͤrfen! Iſt es nicht mehr als befremdend, daß Gelehrten, die<lb/> in einem Schiffe der aufgeklaͤrteſten Nation auf Erden ausgeſchickt worden, alle</note>. Wir hatten<lb/> alſo von neuem Urſach es zu beklagen, daß Gift und Krankheit uns gehin-<lb/> dert, an dem Vergnuͤgen ſo wie an den Gefahren dieſer kleinen Excurſion Theil<lb/> zu nehmen!</p><lb/> <p>Am folgenden Morgen begleiteten wir Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> nach dem gegen<lb/> Oſten vorhandenen Fluße, wo er ausdruͤcklich hinging, um ſeinem Freunde<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Hibai</persName></hi> ein paar Schweine zu ſchenken, und auf dieſe Art einem Volke zahmes<lb/> Schlachtvieh zu verſchaffen, deſſen Gutartigkeit und friedfertiges Weſen ein ſol-<lb/> ches Geſchenk auf alle Weiſe zu verdienen ſchien! Wir fanden dieſen Mann<lb/> und ſeine Familie in denſelben Huͤtten, wo wir ihn zuerſt angetroffen; und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [330/0346]
Forſter’s Reiſe um die Welt
der Kuͤſte herab bis an den Platz wo das Schif vor Anker lag, zu Fuße ma-
chen mußten. Einer von den Unter-Chirurgis hatte auf dieſer Reiſe nach Bala-
bia eine große Menge neuer Seemuſcheln und neuer Pflanzen angetroffen,
von denen wir nicht eine einzige zu finden das Gluͤck gehabt; allein, der nieder-
traͤchtigſte und unvernuͤnftigſte Neid bewog ihn, alle dieſe Entdeckungen fuͤr
uns geheim zu halten, ohnerachtet er fuͤr ſeine Perſon ſchlechterdings nicht den
geringſten wiſſenſchaftlichen Gebrauch davon zu machen wußte *). Wir hatten
alſo von neuem Urſach es zu beklagen, daß Gift und Krankheit uns gehin-
dert, an dem Vergnuͤgen ſo wie an den Gefahren dieſer kleinen Excurſion Theil
zu nehmen!
1774.
Septem-
ber.
Am folgenden Morgen begleiteten wir Capitain Cook nach dem gegen
Oſten vorhandenen Fluße, wo er ausdruͤcklich hinging, um ſeinem Freunde
Hibai ein paar Schweine zu ſchenken, und auf dieſe Art einem Volke zahmes
Schlachtvieh zu verſchaffen, deſſen Gutartigkeit und friedfertiges Weſen ein ſol-
ches Geſchenk auf alle Weiſe zu verdienen ſchien! Wir fanden dieſen Mann
und ſeine Familie in denſelben Huͤtten, wo wir ihn zuerſt angetroffen; und
*) Es wird hier nicht am unrechten Orte ſeyn, dem Leſer zu ſagen, daß uns, von Sei-
ten unſerer Schifsgeſellſchaft, bey allen Unterſuchungen Hinderniſſe in den
Weg gelegt wurden, und zwar ſelbſt von denenjenigen, die aus Kenntniß, Amt
und Pflicht ſie im Gegentheil haͤtten befoͤrdern ſollen. Es iſt aber nun ſo einmal
das Schickſal der Gelehrſamkeit und der geſunden Vernunft, daß beyde von Unwiſ-
ſenden nicht geachtet werden. Dennoch haͤtten wirs allenfalls geduldig ertragen
wollen, wenn die Sache nur nicht weiter gegangen waͤre; da wir aber den guten
Willen und die Dienſtfertigkeit eines jeden kleinen Tyrannen mit Golde nicht er-
kaufen konnten; ſo ließ man ſichs recht geflißentlich angelegen ſeyn, ſogar die Be-
obachtungen andrer fuͤr uns geheim zu halten, obſchon diejenigen, welche Ge-
legenheit gehabt dergleichen anzuſtellen, oft nicht im Stande waren den geringſten
Gebrauch davon zu machen. Dinge die jedermann am Schif wußte, ſollten nur
fuͤr uns verſchwiegen bleiben. Die Nachrichten von der wahren Lage der Gegen-
den und Laͤnder, welche in dieſer Erzaͤhlung vorkommen, und auf unſrer Charte
verzeichnet ſind; haben wir wahrlich nicht der Offenherzigkeit unſrer Reiſegefaͤhr-
ten zu verdanken! Kaum wollte man uns das Vorrecht zugeſtehn, mit eignen
Augen ſehen zu duͤrfen! Iſt es nicht mehr als befremdend, daß Gelehrten, die
in einem Schiffe der aufgeklaͤrteſten Nation auf Erden ausgeſchickt worden, alle
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