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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
müsse. (*) Allein, bey dem Manne den wir hier antrafen, war nicht das ge-1774.
Septem-
ber.

ringste Zeichen einer körperlichen Schwäche, und eben so wenig etwas mangel-
haftes an den Gesichtswerkzeugen zu bemerken. Es müßen also seine Haut
und Haare wohl von einer andern und gelindern Ursach entfärbt worden
seyn. Um der Seltenheit willen schnitten wir, ihm so wohl als einem andern
gemeinen Indianer, eine Haarlocke ab, die wir auch beyde mit uns zurückge-
bracht haben. Sie schienen diese Operation gar nicht gut zu heißen; da wir aber
geschwinder dabey zu Werke gegangen, als sie es gewahr werden, geschweige denn
verhindern können; so ließen sie sich durch einige Geschenke bald wieder zu-
frieden stellen. Ihre Unthätigkeit und Gutartigkeit scheint überhaupt, zu-
mahl da wo es nur Kleinigkeiten betrift, keinen anhaltenden Unwillen zu-
zulassen.

Von diesen Hütten an gieng ein jeder von uns allein spatzieren. Doc-
tor Sparrmann und mein Vater waren die Berge hinaufgestiegen; ich aber
blieb in der morastigen Ebene, und unterhielt mich mit den Indianern so gut es
gehen wollte. Sie gaben mir die Namen verschiedner Districte ihres Landes
an, die wir zum Theil noch nicht wußten, wovon wir aber auch keinen weitern
Gebrauch machen konnten, weil uns die eigentliche Lage derselben nicht bekannt
war. Ich bemerkte viel Leute, denen entweder ein Arm oder ein Bein unge-
heuer dick war. Einen sahe ich, dem gar beyde Beine auf gleiche Weise
geschwollen waren. Ich untersuchte diese Geschwulst und fand sie überaus hart;
doch war bey solchen Kranken die Haut am leidenden Theil nicht immer gleich
spröde, auch nicht gleich schuppigt. Uebrigens schien ihnen diese unförmliche
Dicke der Aerme oder Beine weder lästig noch hinderlich zu seyn, und habe ich
sie recht verstanden, so empfinden sie auch selten Schmerzen daran. Nur bey eini-
gen wenigen hatte die Krankheit ein Abschälen der Haut, imgleichen Flecken hervor-
gebracht, die eine größere Schärfe der Säfte und einen höhern Grad von Bös-
artigkeit vermuthen ließen. Der Aussatz, von welchem, nach der Meynung
der Aerzte, diese Elephantiasis, oder diese ungeheure Geschwulst, eine Gat-

(*) Pauw's Recherches philosophiques sur les Americains, Vol. II. Sect. I.
S s 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
muͤſſe. (*) Allein, bey dem Manne den wir hier antrafen, war nicht das ge-1774.
Septem-
ber.

ringſte Zeichen einer koͤrperlichen Schwaͤche, und eben ſo wenig etwas mangel-
haftes an den Geſichtswerkzeugen zu bemerken. Es muͤßen alſo ſeine Haut
und Haare wohl von einer andern und gelindern Urſach entfaͤrbt worden
ſeyn. Um der Seltenheit willen ſchnitten wir, ihm ſo wohl als einem andern
gemeinen Indianer, eine Haarlocke ab, die wir auch beyde mit uns zuruͤckge-
bracht haben. Sie ſchienen dieſe Operation gar nicht gut zu heißen; da wir aber
geſchwinder dabey zu Werke gegangen, als ſie es gewahr werden, geſchweige denn
verhindern koͤnnen; ſo ließen ſie ſich durch einige Geſchenke bald wieder zu-
frieden ſtellen. Ihre Unthaͤtigkeit und Gutartigkeit ſcheint uͤberhaupt, zu-
mahl da wo es nur Kleinigkeiten betrift, keinen anhaltenden Unwillen zu-
zulaſſen.

Von dieſen Huͤtten an gieng ein jeder von uns allein ſpatzieren. Doc-
tor Sparrmann und mein Vater waren die Berge hinaufgeſtiegen; ich aber
blieb in der moraſtigen Ebene, und unterhielt mich mit den Indianern ſo gut es
gehen wollte. Sie gaben mir die Namen verſchiedner Diſtricte ihres Landes
an, die wir zum Theil noch nicht wußten, wovon wir aber auch keinen weitern
Gebrauch machen konnten, weil uns die eigentliche Lage derſelben nicht bekannt
war. Ich bemerkte viel Leute, denen entweder ein Arm oder ein Bein unge-
heuer dick war. Einen ſahe ich, dem gar beyde Beine auf gleiche Weiſe
geſchwollen waren. Ich unterſuchte dieſe Geſchwulſt und fand ſie uͤberaus hart;
doch war bey ſolchen Kranken die Haut am leidenden Theil nicht immer gleich
ſproͤde, auch nicht gleich ſchuppigt. Uebrigens ſchien ihnen dieſe unfoͤrmliche
Dicke der Aerme oder Beine weder laͤſtig noch hinderlich zu ſeyn, und habe ich
ſie recht verſtanden, ſo empfinden ſie auch ſelten Schmerzen daran. Nur bey eini-
gen wenigen hatte die Krankheit ein Abſchaͤlen der Haut, imgleichen Flecken hervor-
gebracht, die eine groͤßere Schaͤrfe der Saͤfte und einen hoͤhern Grad von Boͤs-
artigkeit vermuthen ließen. Der Ausſatz, von welchem, nach der Meynung
der Aerzte, dieſe Elephantiaſis, oder dieſe ungeheure Geſchwulſt, eine Gat-

(*) Pauw’s Recherches philoſophiques ſur les Americains, Vol. II. Sect. I.
S s 3
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[325/0341] in den Jahren 1772 bis 1775. muͤſſe. (*) Allein, bey dem Manne den wir hier antrafen, war nicht das ge- ringſte Zeichen einer koͤrperlichen Schwaͤche, und eben ſo wenig etwas mangel- haftes an den Geſichtswerkzeugen zu bemerken. Es muͤßen alſo ſeine Haut und Haare wohl von einer andern und gelindern Urſach entfaͤrbt worden ſeyn. Um der Seltenheit willen ſchnitten wir, ihm ſo wohl als einem andern gemeinen Indianer, eine Haarlocke ab, die wir auch beyde mit uns zuruͤckge- bracht haben. Sie ſchienen dieſe Operation gar nicht gut zu heißen; da wir aber geſchwinder dabey zu Werke gegangen, als ſie es gewahr werden, geſchweige denn verhindern koͤnnen; ſo ließen ſie ſich durch einige Geſchenke bald wieder zu- frieden ſtellen. Ihre Unthaͤtigkeit und Gutartigkeit ſcheint uͤberhaupt, zu- mahl da wo es nur Kleinigkeiten betrift, keinen anhaltenden Unwillen zu- zulaſſen. 1774. Septem- ber. Von dieſen Huͤtten an gieng ein jeder von uns allein ſpatzieren. Doc- tor Sparrmann und mein Vater waren die Berge hinaufgeſtiegen; ich aber blieb in der moraſtigen Ebene, und unterhielt mich mit den Indianern ſo gut es gehen wollte. Sie gaben mir die Namen verſchiedner Diſtricte ihres Landes an, die wir zum Theil noch nicht wußten, wovon wir aber auch keinen weitern Gebrauch machen konnten, weil uns die eigentliche Lage derſelben nicht bekannt war. Ich bemerkte viel Leute, denen entweder ein Arm oder ein Bein unge- heuer dick war. Einen ſahe ich, dem gar beyde Beine auf gleiche Weiſe geſchwollen waren. Ich unterſuchte dieſe Geſchwulſt und fand ſie uͤberaus hart; doch war bey ſolchen Kranken die Haut am leidenden Theil nicht immer gleich ſproͤde, auch nicht gleich ſchuppigt. Uebrigens ſchien ihnen dieſe unfoͤrmliche Dicke der Aerme oder Beine weder laͤſtig noch hinderlich zu ſeyn, und habe ich ſie recht verſtanden, ſo empfinden ſie auch ſelten Schmerzen daran. Nur bey eini- gen wenigen hatte die Krankheit ein Abſchaͤlen der Haut, imgleichen Flecken hervor- gebracht, die eine groͤßere Schaͤrfe der Saͤfte und einen hoͤhern Grad von Boͤs- artigkeit vermuthen ließen. Der Ausſatz, von welchem, nach der Meynung der Aerzte, dieſe Elephantiaſis, oder dieſe ungeheure Geſchwulſt, eine Gat- (*) Pauw’s Recherches philoſophiques ſur les Americains, Vol. II. Sect. I. S s 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/341>, abgerufen am 25.11.2024.