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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
April.
niglich über dem Feuer zu braten, selten aber unter der Erde zu backen. Wenn
sie gar ist, schütten sie solche in einen hölzernen Trog, der sonst zum Schweine-
Futter dient, lassen sie darinn im Wasser aufweichen, und schöpfen hernach die-
sen Brey oder diese Brühe mit den Händen heraus. Sie pflegen auch wohl ge-
gohrnen Teig von der Brodfrucht zu machen, und wissen aus derselben eben die
säuerliche Speise zu bereiten, welche für die vornehmen Leute in Tahiti, einen
so großen Leckerbissen ausmacht. Sie essen fast nichts als vegetabilische Speisen,
ob sie gleich Schweine und Hühner haben, zuweilen auch viel Fische fangen.
Ihr Getränk ist Wasser, denn Cocos-Nüsse sind selten, wenigstens in denen Ge-
genden, die wir besuchten: Da sie aber die Pfefferwurzel haben, (deren sie
sich unter andern zum Friedens-Zeichen bedienen,) so ist zu vermuthen, daß
sie aus selbiger das auf den andern Inseln übliche, berauschende Getränk eben-
falls zu verfertigen wissen.

Als wir an das Schiff zurück kamen, fanden wir es mit vielen Canots
umgeben, in denen, aus unterschiednen Gegenden, Schweine und eine Menge Pi-
sangs zum Verkauf gebracht wurden. Das Schrecken über die von uns ver-
übte Gewaltthätigkeit war nun vergessen, und die Leute kamen in großer Men-
ge an Bord, plauderten sehr vertraut mit den unsrigen, und waren über alles,
was sie auf dem Schiffe sahen, ausnehmend zufrieden. Sie hatten jenen
Vorfall schon so gänzlich vergessen, daß einige sogar wieder anfiengen zu mausen,
so oft sich eine Gelegenheit hierzu darboth; wenn sie aber entdeckt wurden, so
säumten sie niemals, das Gestohlne ohne die geringste Weigerung wieder zu-
rück zu geben. Oft tanzten sie, den Matrosen zu gefallen, auf dem Verdeck, und
ihre Tänze kamen mit den Tahitischen genau überein. Auch zeigte sich, daß
ihre Music ohngefähr eben dieselbige sey, besonders, weil sie eben solche Trom-
meln schlugen als wir zu Tahiti gesehen und eingekauft hatten. Ihre Canots
waren klein, sonst aber den Tahitischen ähnlich. Auf dem Vordertheil der-
selben sahe man gemeiniglich ein aufrechtstehendes Holz mit einem grobgeschnitz-
ten Menschengesicht verziert. Ihre Seegel waren von Matten, dreyeckigt und
oben breit; die Ruderschaufeln bestanden aus harten Holz, waren kurz, unten
spitzig und oben mit einem Knopfe versehen.


Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
April.
niglich uͤber dem Feuer zu braten, ſelten aber unter der Erde zu backen. Wenn
ſie gar iſt, ſchuͤtten ſie ſolche in einen hoͤlzernen Trog, der ſonſt zum Schweine-
Futter dient, laſſen ſie darinn im Waſſer aufweichen, und ſchoͤpfen hernach die-
ſen Brey oder dieſe Bruͤhe mit den Haͤnden heraus. Sie pflegen auch wohl ge-
gohrnen Teig von der Brodfrucht zu machen, und wiſſen aus derſelben eben die
ſaͤuerliche Speiſe zu bereiten, welche fuͤr die vornehmen Leute in Tahiti, einen
ſo großen Leckerbiſſen ausmacht. Sie eſſen faſt nichts als vegetabiliſche Speiſen,
ob ſie gleich Schweine und Huͤhner haben, zuweilen auch viel Fiſche fangen.
Ihr Getraͤnk iſt Waſſer, denn Cocos-Nuͤſſe ſind ſelten, wenigſtens in denen Ge-
genden, die wir beſuchten: Da ſie aber die Pfefferwurzel haben, (deren ſie
ſich unter andern zum Friedens-Zeichen bedienen,) ſo iſt zu vermuthen, daß
ſie aus ſelbiger das auf den andern Inſeln uͤbliche, berauſchende Getraͤnk eben-
falls zu verfertigen wiſſen.

Als wir an das Schiff zuruͤck kamen, fanden wir es mit vielen Canots
umgeben, in denen, aus unterſchiednen Gegenden, Schweine und eine Menge Pi-
ſangs zum Verkauf gebracht wurden. Das Schrecken uͤber die von uns ver-
uͤbte Gewaltthaͤtigkeit war nun vergeſſen, und die Leute kamen in großer Men-
ge an Bord, plauderten ſehr vertraut mit den unſrigen, und waren uͤber alles,
was ſie auf dem Schiffe ſahen, ausnehmend zufrieden. Sie hatten jenen
Vorfall ſchon ſo gaͤnzlich vergeſſen, daß einige ſogar wieder anfiengen zu mauſen,
ſo oft ſich eine Gelegenheit hierzu darboth; wenn ſie aber entdeckt wurden, ſo
ſaͤumten ſie niemals, das Geſtohlne ohne die geringſte Weigerung wieder zu-
ruͤck zu geben. Oft tanzten ſie, den Matroſen zu gefallen, auf dem Verdeck, und
ihre Taͤnze kamen mit den Tahitiſchen genau uͤberein. Auch zeigte ſich, daß
ihre Muſic ohngefaͤhr eben dieſelbige ſey, beſonders, weil ſie eben ſolche Trom-
meln ſchlugen als wir zu Tahiti geſehen und eingekauft hatten. Ihre Canots
waren klein, ſonſt aber den Tahitiſchen aͤhnlich. Auf dem Vordertheil der-
ſelben ſahe man gemeiniglich ein aufrechtſtehendes Holz mit einem grobgeſchnitz-
ten Menſchengeſicht verziert. Ihre Seegel waren von Matten, dreyeckigt und
oben breit; die Ruderſchaufeln beſtanden aus harten Holz, waren kurz, unten
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[22/0034] Forſter’s Reiſe um die Welt niglich uͤber dem Feuer zu braten, ſelten aber unter der Erde zu backen. Wenn ſie gar iſt, ſchuͤtten ſie ſolche in einen hoͤlzernen Trog, der ſonſt zum Schweine- Futter dient, laſſen ſie darinn im Waſſer aufweichen, und ſchoͤpfen hernach die- ſen Brey oder dieſe Bruͤhe mit den Haͤnden heraus. Sie pflegen auch wohl ge- gohrnen Teig von der Brodfrucht zu machen, und wiſſen aus derſelben eben die ſaͤuerliche Speiſe zu bereiten, welche fuͤr die vornehmen Leute in Tahiti, einen ſo großen Leckerbiſſen ausmacht. Sie eſſen faſt nichts als vegetabiliſche Speiſen, ob ſie gleich Schweine und Huͤhner haben, zuweilen auch viel Fiſche fangen. Ihr Getraͤnk iſt Waſſer, denn Cocos-Nuͤſſe ſind ſelten, wenigſtens in denen Ge- genden, die wir beſuchten: Da ſie aber die Pfefferwurzel haben, (deren ſie ſich unter andern zum Friedens-Zeichen bedienen,) ſo iſt zu vermuthen, daß ſie aus ſelbiger das auf den andern Inſeln uͤbliche, berauſchende Getraͤnk eben- falls zu verfertigen wiſſen. 1774. April. Als wir an das Schiff zuruͤck kamen, fanden wir es mit vielen Canots umgeben, in denen, aus unterſchiednen Gegenden, Schweine und eine Menge Pi- ſangs zum Verkauf gebracht wurden. Das Schrecken uͤber die von uns ver- uͤbte Gewaltthaͤtigkeit war nun vergeſſen, und die Leute kamen in großer Men- ge an Bord, plauderten ſehr vertraut mit den unſrigen, und waren uͤber alles, was ſie auf dem Schiffe ſahen, ausnehmend zufrieden. Sie hatten jenen Vorfall ſchon ſo gaͤnzlich vergeſſen, daß einige ſogar wieder anfiengen zu mauſen, ſo oft ſich eine Gelegenheit hierzu darboth; wenn ſie aber entdeckt wurden, ſo ſaͤumten ſie niemals, das Geſtohlne ohne die geringſte Weigerung wieder zu- ruͤck zu geben. Oft tanzten ſie, den Matroſen zu gefallen, auf dem Verdeck, und ihre Taͤnze kamen mit den Tahitiſchen genau uͤberein. Auch zeigte ſich, daß ihre Muſic ohngefaͤhr eben dieſelbige ſey, beſonders, weil ſie eben ſolche Trom- meln ſchlugen als wir zu Tahiti geſehen und eingekauft hatten. Ihre Canots waren klein, ſonſt aber den Tahitiſchen aͤhnlich. Auf dem Vordertheil der- ſelben ſahe man gemeiniglich ein aufrechtſtehendes Holz mit einem grobgeſchnitz- ten Menſchengeſicht verziert. Ihre Seegel waren von Matten, dreyeckigt und oben breit; die Ruderſchaufeln beſtanden aus harten Holz, waren kurz, unten ſpitzig und oben mit einem Knopfe verſehen.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/34>, abgerufen am 21.11.2024.