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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
da macht die Gewohnheit, daß man sich beym Anblick eines nackten Cörpers1774.
Septem-
ber.

eben so wenig etwas unanständiges denkt, als wir bey der sorgfältigsten Ver-
schleyerung. Die Trachten, besonders die Rüstungen, welche im funfzehnten
und sechszehnten Jahrhundert an allen europäischen Höfen Mode waren, würde
man jetzt für äußerst unanständig halten: wer getraut sich aber darum zu behau-
pten, daß heut zu Tage mehr Schaamhaftigkeit als damals in der Welt vorhan-
den sey? oder wer wollte dem tugendhaften Character jener unüberwindlichen
Ritter, die sich den Ruhm der Keuschheit, der Ehre, und der edelsten Sitten
erwarben, blos deswegen in Zweifel ziehen, weil sie -- Hosen nach der damali-
gen Mode trugen? *)

Dieses Stückchen Zeug, durch welches die Neu-Caledonier sich, gleich
den Mallicollesern etc., so sehr von andern Völkern auszeichnen, ist bisweilen
lang genug, daß das überflüßige Ende, nachdem es an den Gürtel gebunden
worden, noch an die Halsschnur befestigt werden kann. An dieser Schnur hängen
auch wohl kleine kugelrunde Stückchen eines hellgrünen, nephritischen Steins
von eben der Gattung, die man auf Tanna findet, und die mit dem Neu-See-
ländischen
Talkstein nahe verwandt ist. Der Kopfputz bestehet manchmal aus
einer hohen runden Mütze, die einer Husaren-Mütze nicht unähnlich sieht (wie
die Figur 1. auf der XI Kupferplatte, S. 304. ausweiset.) Es ist nemlich ein
Stück grobes, schwarz gefärbtes, steifes Zeug, welches der Länge nach zusammen
genäht, und unten, so wie oben, offen gelassen wird. Die Befehlshaber hatten die
ihrigen mit kleinen rothen Federn besetzt, auch wohl oberhalb mit einem langen
Busch von Hahnenfedern geziert. Zu den Ohrlöchern pflegen sie, so wie die
Einwohner der Oster-Insel, den ganzen Knorpel des Ohrläppchens auszu-
schneiden, und das dadurch entstehende Loch sehr in die Länge auszudehnen. Dies
geschieht, um eben so, wie auf Tanna, mehrere aus Schildkröten-Schale verser-
tigte Ringe hinein zu hängen. Bisweilen stecken sie auch ein aufgerolltes Blatt
vom Zuckerrohr hindurch. Ihre Waffen bestehen aus Keulen, Speeren und Schleu-
dern. Erstere sind nach mancherley Gestalten und aus verschiedenen Holzarten
gemacht, aber sämmtlich kurz, kaum über 3 Fuß lang, und mehrentheils derjenigen
Art von Keulen ähnlich, welche die Tanneser aus Casuarina-Holz verfertigen.

*) In allen alten Arsenalen findet man Rüstungen, die meine Meynung begreiflich machen.

in den Jahren 1772 bis 1775.
da macht die Gewohnheit, daß man ſich beym Anblick eines nackten Coͤrpers1774.
Septem-
ber.

eben ſo wenig etwas unanſtaͤndiges denkt, als wir bey der ſorgfaͤltigſten Ver-
ſchleyerung. Die Trachten, beſonders die Ruͤſtungen, welche im funfzehnten
und ſechszehnten Jahrhundert an allen europaͤiſchen Hoͤfen Mode waren, wuͤrde
man jetzt fuͤr aͤußerſt unanſtaͤndig halten: wer getraut ſich aber darum zu behau-
pten, daß heut zu Tage mehr Schaamhaftigkeit als damals in der Welt vorhan-
den ſey? oder wer wollte dem tugendhaften Character jener unuͤberwindlichen
Ritter, die ſich den Ruhm der Keuſchheit, der Ehre, und der edelſten Sitten
erwarben, blos deswegen in Zweifel ziehen, weil ſie — Hoſen nach der damali-
gen Mode trugen? *)

Dieſes Stuͤckchen Zeug, durch welches die Neu-Caledonier ſich, gleich
den Mallicolleſern ꝛc., ſo ſehr von andern Voͤlkern auszeichnen, iſt bisweilen
lang genug, daß das uͤberfluͤßige Ende, nachdem es an den Guͤrtel gebunden
worden, noch an die Halsſchnur befeſtigt werden kann. An dieſer Schnur haͤngen
auch wohl kleine kugelrunde Stuͤckchen eines hellgruͤnen, nephritiſchen Steins
von eben der Gattung, die man auf Tanna findet, und die mit dem Neu-See-
laͤndiſchen
Talkſtein nahe verwandt iſt. Der Kopfputz beſtehet manchmal aus
einer hohen runden Muͤtze, die einer Huſaren-Muͤtze nicht unaͤhnlich ſieht (wie
die Figur 1. auf der XI Kupferplatte, S. 304. ausweiſet.) Es iſt nemlich ein
Stuͤck grobes, ſchwarz gefaͤrbtes, ſteifes Zeug, welches der Laͤnge nach zuſammen
genaͤht, und unten, ſo wie oben, offen gelaſſen wird. Die Befehlshaber hatten die
ihrigen mit kleinen rothen Federn beſetzt, auch wohl oberhalb mit einem langen
Buſch von Hahnenfedern geziert. Zu den Ohrloͤchern pflegen ſie, ſo wie die
Einwohner der Oſter-Inſel, den ganzen Knorpel des Ohrlaͤppchens auszu-
ſchneiden, und das dadurch entſtehende Loch ſehr in die Laͤnge auszudehnen. Dies
geſchieht, um eben ſo, wie auf Tanna, mehrere aus Schildkroͤten-Schale verſer-
tigte Ringe hinein zu haͤngen. Bisweilen ſtecken ſie auch ein aufgerolltes Blatt
vom Zuckerrohr hindurch. Ihre Waffen beſtehen aus Keulen, Speeren und Schleu-
dern. Erſtere ſind nach mancherley Geſtalten und aus verſchiedenen Holzarten
gemacht, aber ſaͤmmtlich kurz, kaum uͤber 3 Fuß lang, und mehrentheils derjenigen
Art von Keulen aͤhnlich, welche die Tanneſer aus Caſuarina-Holz verfertigen.

*) In allen alten Arſenalen findet man Ruͤſtungen, die meine Meynung begreiflich machen.
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[303/0317] in den Jahren 1772 bis 1775. da macht die Gewohnheit, daß man ſich beym Anblick eines nackten Coͤrpers eben ſo wenig etwas unanſtaͤndiges denkt, als wir bey der ſorgfaͤltigſten Ver- ſchleyerung. Die Trachten, beſonders die Ruͤſtungen, welche im funfzehnten und ſechszehnten Jahrhundert an allen europaͤiſchen Hoͤfen Mode waren, wuͤrde man jetzt fuͤr aͤußerſt unanſtaͤndig halten: wer getraut ſich aber darum zu behau- pten, daß heut zu Tage mehr Schaamhaftigkeit als damals in der Welt vorhan- den ſey? oder wer wollte dem tugendhaften Character jener unuͤberwindlichen Ritter, die ſich den Ruhm der Keuſchheit, der Ehre, und der edelſten Sitten erwarben, blos deswegen in Zweifel ziehen, weil ſie — Hoſen nach der damali- gen Mode trugen? *) 1774. Septem- ber. Dieſes Stuͤckchen Zeug, durch welches die Neu-Caledonier ſich, gleich den Mallicolleſern ꝛc., ſo ſehr von andern Voͤlkern auszeichnen, iſt bisweilen lang genug, daß das uͤberfluͤßige Ende, nachdem es an den Guͤrtel gebunden worden, noch an die Halsſchnur befeſtigt werden kann. An dieſer Schnur haͤngen auch wohl kleine kugelrunde Stuͤckchen eines hellgruͤnen, nephritiſchen Steins von eben der Gattung, die man auf Tanna findet, und die mit dem Neu-See- laͤndiſchen Talkſtein nahe verwandt iſt. Der Kopfputz beſtehet manchmal aus einer hohen runden Muͤtze, die einer Huſaren-Muͤtze nicht unaͤhnlich ſieht (wie die Figur 1. auf der XI Kupferplatte, S. 304. ausweiſet.) Es iſt nemlich ein Stuͤck grobes, ſchwarz gefaͤrbtes, ſteifes Zeug, welches der Laͤnge nach zuſammen genaͤht, und unten, ſo wie oben, offen gelaſſen wird. Die Befehlshaber hatten die ihrigen mit kleinen rothen Federn beſetzt, auch wohl oberhalb mit einem langen Buſch von Hahnenfedern geziert. Zu den Ohrloͤchern pflegen ſie, ſo wie die Einwohner der Oſter-Inſel, den ganzen Knorpel des Ohrlaͤppchens auszu- ſchneiden, und das dadurch entſtehende Loch ſehr in die Laͤnge auszudehnen. Dies geſchieht, um eben ſo, wie auf Tanna, mehrere aus Schildkroͤten-Schale verſer- tigte Ringe hinein zu haͤngen. Bisweilen ſtecken ſie auch ein aufgerolltes Blatt vom Zuckerrohr hindurch. Ihre Waffen beſtehen aus Keulen, Speeren und Schleu- dern. Erſtere ſind nach mancherley Geſtalten und aus verſchiedenen Holzarten gemacht, aber ſaͤmmtlich kurz, kaum uͤber 3 Fuß lang, und mehrentheils derjenigen Art von Keulen aͤhnlich, welche die Tanneſer aus Caſuarina-Holz verfertigen. *) In allen alten Arſenalen findet man Ruͤſtungen, die meine Meynung begreiflich machen.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/317>, abgerufen am 27.11.2024.