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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Septem-
ber.
sahen zugleich vom Schiff aus, daß sie sich mit einem wohl bemannten Canot
ganz vertraut unterhielten. Wir folgten ihnen also, und gelangten, durch
einen Canal der ohngefähr eine Meile breit seyn mochte, iunerhalb des Riefs,
woselbst die See ganz ruhig war. Zu beyden Seiten der Einfahrt, vornem-
lich an der engsten Stelle, hielten etliche Canots, aus welchen die Indianer
mit einem freundschaftlichen, freymüthigen Wesen, welches uns viel Freude
machte, uns zuwinkten, daß wir ja recht in der Mitte der Durchfahrt bleiben möch-
ten. Unsre Boote ruderten indessen noch weiter vorauf und zeigten uns, bey
jedesmaligem Bleywurf, die Tiefe durch Signale an. Das Land schien un-
fruchtbar und mit einem weißligten Grase bedeckt. Buschwerk war nirgends
zu sehen, auf den Bergen aber standen hie und da einzelne Bäume, die meh-
rentheils weiße Rinde, und viel Aehnlichkeit mit unsern Weiden hatten. Als
wir näher kamen, lag am Fuß der Gebürge, eine schmale Ebene mit grünen
schattigten Bäumen und Büschen bekränzt vor uns, unter denen sich hin und
wieder eine Cocos-Palme und ein Pisang erhob. Auch bekamen wir einige Häu-
ser zu Gesicht, die kegelförmig, fast wie große Bienen-Körbe gestaltet waren
und, statt der Thüre, blos eine Oeffnung hatten. Sie sahen den Hütten der
Einwohner auf den Cocos- und Hoorn-Eylanden, so wie diese in le Maire's
und Schoutens Reisebeschreibungen abgebildet sind, vollkommen ähnlich.

Mittlerweile kam Lieutenant Pickersgill im Boot zurück, und erzählte,
daß sich die Mannschaft des indianischen Canots nicht nur sehr freundlich gegen
ihn betragen, sondern auch einen ihrer Landsleute, den sie Tea-buma nann-
ten, als ihren Eriki oder König, vorgestellt hätte. Diesem schenkte er etliche
Medaillen nebst andern Kleinigkeiten, und vertheilte den Rest seines Vorraths
unter die übrigen, die aber alles sogleich dem Tea-buma überlieferten. Herr
Pickersgill brachte vier oder fünf Fische an Bord, welche er von diesen Leuten
zum Gegengeschenk bekommen hatte; zum Unglück aber waren sie schon in Fäul-
niß gerathen, und nicht zu genießen.

Im Haven lag ein kleines Eyland, mit Riefs und Untiefen umgeben,
in dessen Nachbarschaft wir auf gutem Grunde ankerten. So bald dies geschehen
war, drängten sich ohngefähr zwanzig Canots ans Schiff, deren jedes zwey Segel
führte, und aus zweyen, vermittelst einer Plattform von Brettern, zusammen-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Septem-
ber.
ſahen zugleich vom Schiff aus, daß ſie ſich mit einem wohl bemannten Canot
ganz vertraut unterhielten. Wir folgten ihnen alſo, und gelangten, durch
einen Canal der ohngefaͤhr eine Meile breit ſeyn mochte, iunerhalb des Riefs,
woſelbſt die See ganz ruhig war. Zu beyden Seiten der Einfahrt, vornem-
lich an der engſten Stelle, hielten etliche Canots, aus welchen die Indianer
mit einem freundſchaftlichen, freymuͤthigen Weſen, welches uns viel Freude
machte, uns zuwinkten, daß wir ja recht in der Mitte der Durchfahrt bleiben moͤch-
ten. Unſre Boote ruderten indeſſen noch weiter vorauf und zeigten uns, bey
jedesmaligem Bleywurf, die Tiefe durch Signale an. Das Land ſchien un-
fruchtbar und mit einem weißligten Graſe bedeckt. Buſchwerk war nirgends
zu ſehen, auf den Bergen aber ſtanden hie und da einzelne Baͤume, die meh-
rentheils weiße Rinde, und viel Aehnlichkeit mit unſern Weiden hatten. Als
wir naͤher kamen, lag am Fuß der Gebuͤrge, eine ſchmale Ebene mit gruͤnen
ſchattigten Baͤumen und Buͤſchen bekraͤnzt vor uns, unter denen ſich hin und
wieder eine Cocos-Palme und ein Piſang erhob. Auch bekamen wir einige Haͤu-
ſer zu Geſicht, die kegelfoͤrmig, faſt wie große Bienen-Koͤrbe geſtaltet waren
und, ſtatt der Thuͤre, blos eine Oeffnung hatten. Sie ſahen den Huͤtten der
Einwohner auf den Cocos- und Hoorn-Eylanden, ſo wie dieſe in le Maire’s
und Schoutens Reiſebeſchreibungen abgebildet ſind, vollkommen aͤhnlich.

Mittlerweile kam Lieutenant Pickersgill im Boot zuruͤck, und erzaͤhlte,
daß ſich die Mannſchaft des indianiſchen Canots nicht nur ſehr freundlich gegen
ihn betragen, ſondern auch einen ihrer Landsleute, den ſie Tea-buma nann-
ten, als ihren Eriki oder Koͤnig, vorgeſtellt haͤtte. Dieſem ſchenkte er etliche
Medaillen nebſt andern Kleinigkeiten, und vertheilte den Reſt ſeines Vorraths
unter die uͤbrigen, die aber alles ſogleich dem Tea-buma uͤberlieferten. Herr
Pickersgill brachte vier oder fuͤnf Fiſche an Bord, welche er von dieſen Leuten
zum Gegengeſchenk bekommen hatte; zum Ungluͤck aber waren ſie ſchon in Faͤul-
niß gerathen, und nicht zu genießen.

Im Haven lag ein kleines Eyland, mit Riefs und Untiefen umgeben,
in deſſen Nachbarſchaft wir auf gutem Grunde ankerten. So bald dies geſchehen
war, draͤngten ſich ohngefaͤhr zwanzig Canots ans Schiff, deren jedes zwey Segel
fuͤhrte, und aus zweyen, vermittelſt einer Plattform von Brettern, zuſammen-

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[300/0314] Forſter’s Reiſe um die Welt ſahen zugleich vom Schiff aus, daß ſie ſich mit einem wohl bemannten Canot ganz vertraut unterhielten. Wir folgten ihnen alſo, und gelangten, durch einen Canal der ohngefaͤhr eine Meile breit ſeyn mochte, iunerhalb des Riefs, woſelbſt die See ganz ruhig war. Zu beyden Seiten der Einfahrt, vornem- lich an der engſten Stelle, hielten etliche Canots, aus welchen die Indianer mit einem freundſchaftlichen, freymuͤthigen Weſen, welches uns viel Freude machte, uns zuwinkten, daß wir ja recht in der Mitte der Durchfahrt bleiben moͤch- ten. Unſre Boote ruderten indeſſen noch weiter vorauf und zeigten uns, bey jedesmaligem Bleywurf, die Tiefe durch Signale an. Das Land ſchien un- fruchtbar und mit einem weißligten Graſe bedeckt. Buſchwerk war nirgends zu ſehen, auf den Bergen aber ſtanden hie und da einzelne Baͤume, die meh- rentheils weiße Rinde, und viel Aehnlichkeit mit unſern Weiden hatten. Als wir naͤher kamen, lag am Fuß der Gebuͤrge, eine ſchmale Ebene mit gruͤnen ſchattigten Baͤumen und Buͤſchen bekraͤnzt vor uns, unter denen ſich hin und wieder eine Cocos-Palme und ein Piſang erhob. Auch bekamen wir einige Haͤu- ſer zu Geſicht, die kegelfoͤrmig, faſt wie große Bienen-Koͤrbe geſtaltet waren und, ſtatt der Thuͤre, blos eine Oeffnung hatten. Sie ſahen den Huͤtten der Einwohner auf den Cocos- und Hoorn-Eylanden, ſo wie dieſe in le Maire’s und Schoutens Reiſebeſchreibungen abgebildet ſind, vollkommen aͤhnlich. 1774. Septem- ber. Mittlerweile kam Lieutenant Pickersgill im Boot zuruͤck, und erzaͤhlte, daß ſich die Mannſchaft des indianiſchen Canots nicht nur ſehr freundlich gegen ihn betragen, ſondern auch einen ihrer Landsleute, den ſie Tea-buma nann- ten, als ihren Eriki oder Koͤnig, vorgeſtellt haͤtte. Dieſem ſchenkte er etliche Medaillen nebſt andern Kleinigkeiten, und vertheilte den Reſt ſeines Vorraths unter die uͤbrigen, die aber alles ſogleich dem Tea-buma uͤberlieferten. Herr Pickersgill brachte vier oder fuͤnf Fiſche an Bord, welche er von dieſen Leuten zum Gegengeſchenk bekommen hatte; zum Ungluͤck aber waren ſie ſchon in Faͤul- niß gerathen, und nicht zu genießen. Im Haven lag ein kleines Eyland, mit Riefs und Untiefen umgeben, in deſſen Nachbarſchaft wir auf gutem Grunde ankerten. So bald dies geſchehen war, draͤngten ſich ohngefaͤhr zwanzig Canots ans Schiff, deren jedes zwey Segel fuͤhrte, und aus zweyen, vermittelſt einer Plattform von Brettern, zuſammen-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/314>, abgerufen am 27.11.2024.