1774. August.daß man seiner Wißbegierde Schranken setze, wenn sie nicht ohne Ungerechtig- keit und Blutvergießen befriedigt werden kann.
Während unserer Abwesenheit hatte das Schiffsvolk, beym Eintritt der Fluth, das Netz ausgeworfen und eine kleine Anzahl Fische gefangen, unter welchen sich eine unbekannte Gattung befand. In dem Teiche von süßem Wasser hatten wir ebenfalls einen Fisch von neuer Art, und eine Menge Sumpf-Aale bekommen. Diese Ausbeute nahmen wir, nebst denen auf dem Berge einge- sammelten Pflanzen, mit an Bord und beschäftigten uns, den Nachmittag über, sie abzuzeichnen und zu beschreiben.
Am folgenden Morgen giengen wir von neuem aufs Botanisiren aus. Der Handel um Yams und Waffen ward noch immer fortgesetzt, Schildkröten- Schaale war aber auf unserm Schiffe eine so seltne Waare, daß nicht viel Le- bensmitteln eingekauft werden konnten; die Perlmutterne Fischangeln von den freundschaftlichen Eilanden wurden sehr gesucht, und oft mit einer ganzen Hand- voll Pfeilen bezahlt, weil sie mehrentheils Haken von Schildkröten-Schaale hatten, indeß eine andre Angel, die an sich eben so gut war, gar nichts galt bloß, weil der Haken nur von Perlmutter war. Wir durchstrichen die auf der Ebene befindliche Waldung, und schossen allerhand Vögel, deren es auf dieser Insel eine große Menge von verschiedener Art giebt. Auch fanden sich mancherley Ostindische Pflanzen, die wir in keiner von den östlichern Inseln an- getroffen hatten. (*) Der schätzbarste Fund war eine Taube, von eben der Art die auf den freundschaftlichen Eylanden so häufig vorhanden ist. Diese hier hatte auswendig am Schnabel eine röthliche Substanz kleben und, wie sich beym Aufschneiden fand, zwo Muscatnüsse im Kropf, welche nicht längst erst ver- schluckt seyn mußten, indem sie noch mit ihrer scharlachfarbnen Haut überzogen waren. Diese Haut ist das, was man die Muscat-Blüthe zu nennen pflegt. Wir fanden sie von bittern und gewürzhaftem Geschmack, aber ohne allen Geruch. Die Nuß selbst war von Gestalt ungleich länglichter, hingegen dem Ge- schmack nach, von der eigentlichen oder rechten Muscatnuß, nicht so sehr verschieden.
1774. Auguſt.daß man ſeiner Wißbegierde Schranken ſetze, wenn ſie nicht ohne Ungerechtig- keit und Blutvergießen befriedigt werden kann.
Waͤhrend unſerer Abweſenheit hatte das Schiffsvolk, beym Eintritt der Fluth, das Netz ausgeworfen und eine kleine Anzahl Fiſche gefangen, unter welchen ſich eine unbekannte Gattung befand. In dem Teiche von ſuͤßem Waſſer hatten wir ebenfalls einen Fiſch von neuer Art, und eine Menge Sumpf-Aale bekommen. Dieſe Ausbeute nahmen wir, nebſt denen auf dem Berge einge- ſammelten Pflanzen, mit an Bord und beſchaͤftigten uns, den Nachmittag uͤber, ſie abzuzeichnen und zu beſchreiben.
Am folgenden Morgen giengen wir von neuem aufs Botaniſiren aus. Der Handel um Yams und Waffen ward noch immer fortgeſetzt, Schildkroͤten- Schaale war aber auf unſerm Schiffe eine ſo ſeltne Waare, daß nicht viel Le- bensmitteln eingekauft werden konnten; die Perlmutterne Fiſchangeln von den freundſchaftlichen Eilanden wurden ſehr geſucht, und oft mit einer ganzen Hand- voll Pfeilen bezahlt, weil ſie mehrentheils Haken von Schildkroͤten-Schaale hatten, indeß eine andre Angel, die an ſich eben ſo gut war, gar nichts galt bloß, weil der Haken nur von Perlmutter war. Wir durchſtrichen die auf der Ebene befindliche Waldung, und ſchoſſen allerhand Voͤgel, deren es auf dieſer Inſel eine große Menge von verſchiedener Art giebt. Auch fanden ſich mancherley Oſtindiſche Pflanzen, die wir in keiner von den oͤſtlichern Inſeln an- getroffen hatten. (*) Der ſchaͤtzbarſte Fund war eine Taube, von eben der Art die auf den freundſchaftlichen Eylanden ſo haͤufig vorhanden iſt. Dieſe hier hatte auswendig am Schnabel eine roͤthliche Subſtanz kleben und, wie ſich beym Aufſchneiden fand, zwo Muſcatnuͤſſe im Kropf, welche nicht laͤngſt erſt ver- ſchluckt ſeyn mußten, indem ſie noch mit ihrer ſcharlachfarbnen Haut uͤberzogen waren. Dieſe Haut iſt das, was man die Muſcat-Bluͤthe zu nennen pflegt. Wir fanden ſie von bittern und gewuͤrzhaftem Geſchmack, aber ohne allen Geruch. Die Nuß ſelbſt war von Geſtalt ungleich laͤnglichter, hingegen dem Ge- ſchmack nach, von der eigentlichen oder rechten Muſcatnuß, nicht ſo ſehr verſchieden.
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Forſter’s Reiſe um die Welt
daß man ſeiner Wißbegierde Schranken ſetze, wenn ſie nicht ohne Ungerechtig-
keit und Blutvergießen befriedigt werden kann.
1774.
Auguſt.
Waͤhrend unſerer Abweſenheit hatte das Schiffsvolk, beym Eintritt der
Fluth, das Netz ausgeworfen und eine kleine Anzahl Fiſche gefangen, unter
welchen ſich eine unbekannte Gattung befand. In dem Teiche von ſuͤßem Waſſer
hatten wir ebenfalls einen Fiſch von neuer Art, und eine Menge Sumpf-Aale
bekommen. Dieſe Ausbeute nahmen wir, nebſt denen auf dem Berge einge-
ſammelten Pflanzen, mit an Bord und beſchaͤftigten uns, den Nachmittag uͤber, ſie
abzuzeichnen und zu beſchreiben.
Am folgenden Morgen giengen wir von neuem aufs Botaniſiren aus.
Der Handel um Yams und Waffen ward noch immer fortgeſetzt, Schildkroͤten-
Schaale war aber auf unſerm Schiffe eine ſo ſeltne Waare, daß nicht viel Le-
bensmitteln eingekauft werden konnten; die Perlmutterne Fiſchangeln von den
freundſchaftlichen Eilanden wurden ſehr geſucht, und oft mit einer ganzen Hand-
voll Pfeilen bezahlt, weil ſie mehrentheils Haken von Schildkroͤten-Schaale
hatten, indeß eine andre Angel, die an ſich eben ſo gut war, gar nichts galt
bloß, weil der Haken nur von Perlmutter war. Wir durchſtrichen die auf
der Ebene befindliche Waldung, und ſchoſſen allerhand Voͤgel, deren es auf
dieſer Inſel eine große Menge von verſchiedener Art giebt. Auch fanden ſich
mancherley Oſtindiſche Pflanzen, die wir in keiner von den oͤſtlichern Inſeln an-
getroffen hatten. (*) Der ſchaͤtzbarſte Fund war eine Taube, von eben der
Art die auf den freundſchaftlichen Eylanden ſo haͤufig vorhanden iſt. Dieſe
hier hatte auswendig am Schnabel eine roͤthliche Subſtanz kleben und, wie ſich
beym Aufſchneiden fand, zwo Muſcatnuͤſſe im Kropf, welche nicht laͤngſt erſt ver-
ſchluckt ſeyn mußten, indem ſie noch mit ihrer ſcharlachfarbnen Haut uͤberzogen
waren. Dieſe Haut iſt das, was man die Muſcat-Bluͤthe zu nennen pflegt. Wir
fanden ſie von bittern und gewuͤrzhaftem Geſchmack, aber ohne allen Geruch.
Die Nuß ſelbſt war von Geſtalt ungleich laͤnglichter, hingegen dem Ge-
ſchmack nach, von der eigentlichen oder rechten Muſcatnuß, nicht ſo ſehr verſchieden.
(*) Dies waren: Sterculia balanghas, Sterculia fatida, Dioſcorea alata, Ricinus mappa;
Acanthus ilicifolius; Iſchæmum muticum; Panicum dimidiatnm; Croton variegatum;
und verſchiedne andre.
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/276>, abgerufen am 16.02.2025.
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