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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August.
Als sein Lied zu Ende war, unterhielten sich die Indianer mit ihm in seiner ei-
genen Mundart, weil er die ihrige vermuthlich nicht verstehen mochte. Ob er
aber zum Besuch, oder als Gefangner hergekommen war? konnten wir nicht ent-
decken. Die Einwohner erzählten uns bey dieser Gelegenheit, daß ihre besten
Keulen, die aus Casuarinen-Holz gemacht werden, von Irromanga ge-
bracht würden. Es ist also wahrscheinlich, daß sie mit den Einwohnern dieser
Insel freundschaftlichen Umgang und Verkehr haben. Weder in den Gesichts-
zügen, noch in der Tracht des Mannes von Irromanga war der geringste Na-
tional-Unterschied zu bemerken, ausgenommen, daß er sein kurzes und wollig-
tes Haar nicht, wie die Tanneser, in Zöpfe gedrehet trug. Uebrigens besaß er
viel Munterkeit, und schien aufgeweckter zu seyn, als die mehresten Eingebohr-
nen von Tanna.

Während daß er seine Geschicklichkeit im Singen zeigte, kamen die
Frauensleute leise aus den Hütten hervor, und mischten sich unter die Zuhörer.
Im Vergleich mit den Mannspersonen waren sie mehrentheils von kleiner Statur
und trugen zottigte Röcke, von Gras und Blättern geflochten, die nach Maas-
gabe ihres Alters länger oder kürzer waren. Diejenigen, welche bereits Kin-
der gehabt, und ohngefähr dreyßig Jahre seyn mochten, hatten alle Reize der
Gestalt verlohren, und ihre Röcke reichten von den Hüften bis auf die Knöchel
herab. Die jüngern vierzehnjährigen Mädchen hingegen, waren nicht ohne
angenehme Gesichtszüge, und gefielen vornemlich durch ein sanftes Lächeln, wel-
ches, so wie ihre Schüchternheit abnahm, immer freundlicher ward. Sie wa-
ren größtentheils sehr schlank gewachsen, hatten besonders feine, niedliche Aer-
me, runde, volle Busen und ein lüsternes Röckchen, das kaum bis ans Knie
reichte. Ihr lockigtes Haar hieng, unverschnitten und ungekünstelt, frey um
den Hals, dem es zu einer natürlichen und gefälligen Zierde gereichte, und das
grüne Pisangblatt, welches sie mehrentheils als eine Mütze trugen, contrastirte
auf eine angenehme Weise mit der schwarzen Farbe des Haars. In den Ohren
hatten sie Ringe von Schildkröten-Schaale, und die Zahl solcher Zierrathen
nahm in eben dem Verhältniß zu, als die Reitze der Frauenspersonen abnahmen.
Die ältesten und häßlichsten waren daher mit einem Hals-Geschmeide und mit
einer Menge Ohr-Ringe, Nasen-Gehänge und Armbänder versehen. Die

Männer

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt.
Als ſein Lied zu Ende war, unterhielten ſich die Indianer mit ihm in ſeiner ei-
genen Mundart, weil er die ihrige vermuthlich nicht verſtehen mochte. Ob er
aber zum Beſuch, oder als Gefangner hergekommen war? konnten wir nicht ent-
decken. Die Einwohner erzaͤhlten uns bey dieſer Gelegenheit, daß ihre beſten
Keulen, die aus Caſuarinen-Holz gemacht werden, von Irromanga ge-
bracht wuͤrden. Es iſt alſo wahrſcheinlich, daß ſie mit den Einwohnern dieſer
Inſel freundſchaftlichen Umgang und Verkehr haben. Weder in den Geſichts-
zuͤgen, noch in der Tracht des Mannes von Irromanga war der geringſte Na-
tional-Unterſchied zu bemerken, ausgenommen, daß er ſein kurzes und wollig-
tes Haar nicht, wie die Tanneſer, in Zoͤpfe gedrehet trug. Uebrigens beſaß er
viel Munterkeit, und ſchien aufgeweckter zu ſeyn, als die mehreſten Eingebohr-
nen von Tanna.

Waͤhrend daß er ſeine Geſchicklichkeit im Singen zeigte, kamen die
Frauensleute leiſe aus den Huͤtten hervor, und miſchten ſich unter die Zuhoͤrer.
Im Vergleich mit den Mannsperſonen waren ſie mehrentheils von kleiner Statur
und trugen zottigte Roͤcke, von Gras und Blaͤttern geflochten, die nach Maas-
gabe ihres Alters laͤnger oder kuͤrzer waren. Diejenigen, welche bereits Kin-
der gehabt, und ohngefaͤhr dreyßig Jahre ſeyn mochten, hatten alle Reize der
Geſtalt verlohren, und ihre Roͤcke reichten von den Huͤften bis auf die Knoͤchel
herab. Die juͤngern vierzehnjaͤhrigen Maͤdchen hingegen, waren nicht ohne
angenehme Geſichtszuͤge, und gefielen vornemlich durch ein ſanftes Laͤcheln, wel-
ches, ſo wie ihre Schuͤchternheit abnahm, immer freundlicher ward. Sie wa-
ren groͤßtentheils ſehr ſchlank gewachſen, hatten beſonders feine, niedliche Aer-
me, runde, volle Buſen und ein luͤſternes Roͤckchen, das kaum bis ans Knie
reichte. Ihr lockigtes Haar hieng, unverſchnitten und ungekuͤnſtelt, frey um
den Hals, dem es zu einer natuͤrlichen und gefaͤlligen Zierde gereichte, und das
gruͤne Piſangblatt, welches ſie mehrentheils als eine Muͤtze trugen, contraſtirte
auf eine angenehme Weiſe mit der ſchwarzen Farbe des Haars. In den Ohren
hatten ſie Ringe von Schildkroͤten-Schaale, und die Zahl ſolcher Zierrathen
nahm in eben dem Verhaͤltniß zu, als die Reitze der Frauensperſonen abnahmen.
Die aͤlteſten und haͤßlichſten waren daher mit einem Hals-Geſchmeide und mit
einer Menge Ohr-Ringe, Naſen-Gehaͤnge und Armbaͤnder verſehen. Die

Maͤnner
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[256/0270] Forſter’s Reiſe um die Welt Als ſein Lied zu Ende war, unterhielten ſich die Indianer mit ihm in ſeiner ei- genen Mundart, weil er die ihrige vermuthlich nicht verſtehen mochte. Ob er aber zum Beſuch, oder als Gefangner hergekommen war? konnten wir nicht ent- decken. Die Einwohner erzaͤhlten uns bey dieſer Gelegenheit, daß ihre beſten Keulen, die aus Caſuarinen-Holz gemacht werden, von Irromanga ge- bracht wuͤrden. Es iſt alſo wahrſcheinlich, daß ſie mit den Einwohnern dieſer Inſel freundſchaftlichen Umgang und Verkehr haben. Weder in den Geſichts- zuͤgen, noch in der Tracht des Mannes von Irromanga war der geringſte Na- tional-Unterſchied zu bemerken, ausgenommen, daß er ſein kurzes und wollig- tes Haar nicht, wie die Tanneſer, in Zoͤpfe gedrehet trug. Uebrigens beſaß er viel Munterkeit, und ſchien aufgeweckter zu ſeyn, als die mehreſten Eingebohr- nen von Tanna. 1774. Auguſt. Waͤhrend daß er ſeine Geſchicklichkeit im Singen zeigte, kamen die Frauensleute leiſe aus den Huͤtten hervor, und miſchten ſich unter die Zuhoͤrer. Im Vergleich mit den Mannsperſonen waren ſie mehrentheils von kleiner Statur und trugen zottigte Roͤcke, von Gras und Blaͤttern geflochten, die nach Maas- gabe ihres Alters laͤnger oder kuͤrzer waren. Diejenigen, welche bereits Kin- der gehabt, und ohngefaͤhr dreyßig Jahre ſeyn mochten, hatten alle Reize der Geſtalt verlohren, und ihre Roͤcke reichten von den Huͤften bis auf die Knoͤchel herab. Die juͤngern vierzehnjaͤhrigen Maͤdchen hingegen, waren nicht ohne angenehme Geſichtszuͤge, und gefielen vornemlich durch ein ſanftes Laͤcheln, wel- ches, ſo wie ihre Schuͤchternheit abnahm, immer freundlicher ward. Sie wa- ren groͤßtentheils ſehr ſchlank gewachſen, hatten beſonders feine, niedliche Aer- me, runde, volle Buſen und ein luͤſternes Roͤckchen, das kaum bis ans Knie reichte. Ihr lockigtes Haar hieng, unverſchnitten und ungekuͤnſtelt, frey um den Hals, dem es zu einer natuͤrlichen und gefaͤlligen Zierde gereichte, und das gruͤne Piſangblatt, welches ſie mehrentheils als eine Muͤtze trugen, contraſtirte auf eine angenehme Weiſe mit der ſchwarzen Farbe des Haars. In den Ohren hatten ſie Ringe von Schildkroͤten-Schaale, und die Zahl ſolcher Zierrathen nahm in eben dem Verhaͤltniß zu, als die Reitze der Frauensperſonen abnahmen. Die aͤlteſten und haͤßlichſten waren daher mit einem Hals-Geſchmeide und mit einer Menge Ohr-Ringe, Naſen-Gehaͤnge und Armbaͤnder verſehen. Die Maͤnner

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/270>, abgerufen am 22.11.2024.