heit wieder damit im Kopfe kratzte. Da er, nach der Landes-Mode, aufs zier-1774. August. lichste, a la porc-epic, frisirt, und der Kopf mit Oel und allerhand Farben beschmiert war, so kam es uns sehr ekelhaft vor, den Rohrstecken bald auf dem Teller, bald in dem Haar herumfahren zu sehen. Dem ehrlichen Fanokko mogte es aber freylich wohl nicht einkommen, daß so etwas unschicklich seyn könnte.
Nach Tische führten wir ihn im ganzen Schiffe umher und zeigten ihm alles Merckwürdige. Ein Tahitischer Hund, welchen er gewahr wurde, machte seine ganze Aufmerksamkeit rege. Ohne Zweifel mußte ihm diese Art von Thie- ren noch gar nicht bekannt seyn, denn er nennte es buga, (welches in der hie- sigen Landessprache eigentlich ein Schwein bedeutet) und bat sehr angelegentlich, daß man es ihm schenken möchte. Der Capitain gab ihm also nicht nur den Hund, sondern auch eine Hündin dazu. Hiernächst bekam er noch ein Beil, ein großes Stück Tahitisches Zeug, etliche lange Nägel, Medaillen, nebst aller- hand andern Kleinigkeiten von geringerem Werthe, und alsdann brachten wir ihn, der für Freuden über alle diese Geschenke gleichsam ausser sich war, ans Land zurück. Sobald wir daselbst ausgestiegen waren, nahmen Fanokko und seine Freunde den Capitain bey der Hand, als wollten sie ihn nach ihren Wohnungen führen. Dies mogte ihnen aber bald wieder leid werden, denn an statt weiter zu gehen, fertigten sie blos einen der ihrigen ab, um das Geschenk welches sie gemeinschaftlich hatten holen wollen, von diesem allein herbeyschaffen zu lassen. Mittlerweile kam der alte Paovjangom, und brachte dem Capitain einen kleinen Vorrath von Yams und Cocosnüßen, den er, wie zur Schau, durch zwanzig Mann tragen ließ, ohnerachtet ihrer zwey denselben gemächlich hätten fortbringen können; es schien aber daß der Alte seinem Geschenk durch diesen Auf- zug nur ein desto stattlicheres Ansehen geben wollte. Fanokko und seine Freun- de warteten noch immer mit Ungeduld auf die Rückkunft ihres Bothen, da es indessen schon anfieng finster zu werden, ohne daß von diesem etwas zu sehen gewe- sen wäre, so verließ der Capitain die guten Leute, die nicht wenig betreten zu seyn schienen, daß sie seine Geschenke unerwiedert lassen sollten.
Wir hatten in der Zwischenzeit längs dem Ufer der Bay einen Spatzier- gang gemacht, und am Fuße der flachen Anhöhe, in den Wäldern, nach Pflan- zen umher gesucht. Die Waldung bestand größtentheils aus Palmen und un-
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in den Jahren 1772 bis 1775.
heit wieder damit im Kopfe kratzte. Da er, nach der Landes-Mode, aufs zier-1774. Auguſt. lichſte, à la porc-epic, friſirt, und der Kopf mit Oel und allerhand Farben beſchmiert war, ſo kam es uns ſehr ekelhaft vor, den Rohrſtecken bald auf dem Teller, bald in dem Haar herumfahren zu ſehen. Dem ehrlichen Fanokko mogte es aber freylich wohl nicht einkommen, daß ſo etwas unſchicklich ſeyn koͤnnte.
Nach Tiſche fuͤhrten wir ihn im ganzen Schiffe umher und zeigten ihm alles Merckwuͤrdige. Ein Tahitiſcher Hund, welchen er gewahr wurde, machte ſeine ganze Aufmerkſamkeit rege. Ohne Zweifel mußte ihm dieſe Art von Thie- ren noch gar nicht bekannt ſeyn, denn er nennte es buga, (welches in der hie- ſigen Landesſprache eigentlich ein Schwein bedeutet) und bat ſehr angelegentlich, daß man es ihm ſchenken moͤchte. Der Capitain gab ihm alſo nicht nur den Hund, ſondern auch eine Huͤndin dazu. Hiernaͤchſt bekam er noch ein Beil, ein großes Stuͤck Tahitiſches Zeug, etliche lange Naͤgel, Medaillen, nebſt aller- hand andern Kleinigkeiten von geringerem Werthe, und alsdann brachten wir ihn, der fuͤr Freuden uͤber alle dieſe Geſchenke gleichſam auſſer ſich war, ans Land zuruͤck. Sobald wir daſelbſt ausgeſtiegen waren, nahmen Fanokko und ſeine Freunde den Capitain bey der Hand, als wollten ſie ihn nach ihren Wohnungen fuͤhren. Dies mogte ihnen aber bald wieder leid werden, denn an ſtatt weiter zu gehen, fertigten ſie blos einen der ihrigen ab, um das Geſchenk welches ſie gemeinſchaftlich hatten holen wollen, von dieſem allein herbeyſchaffen zu laſſen. Mittlerweile kam der alte Paovjangom, und brachte dem Capitain einen kleinen Vorrath von Yams und Cocosnuͤßen, den er, wie zur Schau, durch zwanzig Mann tragen ließ, ohnerachtet ihrer zwey denſelben gemaͤchlich haͤtten fortbringen koͤnnen; es ſchien aber daß der Alte ſeinem Geſchenk durch dieſen Auf- zug nur ein deſto ſtattlicheres Anſehen geben wollte. Fanokko und ſeine Freun- de warteten noch immer mit Ungeduld auf die Ruͤckkunft ihres Bothen, da es indeſſen ſchon anfieng finſter zu werden, ohne daß von dieſem etwas zu ſehen gewe- ſen waͤre, ſo verließ der Capitain die guten Leute, die nicht wenig betreten zu ſeyn ſchienen, daß ſie ſeine Geſchenke unerwiedert laſſen ſollten.
Wir hatten in der Zwiſchenzeit laͤngs dem Ufer der Bay einen Spatzier- gang gemacht, und am Fuße der flachen Anhoͤhe, in den Waͤldern, nach Pflan- zen umher geſucht. Die Waldung beſtand groͤßtentheils aus Palmen und un-
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in den Jahren 1772 bis 1775.
heit wieder damit im Kopfe kratzte. Da er, nach der Landes-Mode, aufs zier-
lichſte, à la porc-epic, friſirt, und der Kopf mit Oel und allerhand Farben
beſchmiert war, ſo kam es uns ſehr ekelhaft vor, den Rohrſtecken bald auf dem
Teller, bald in dem Haar herumfahren zu ſehen. Dem ehrlichen Fanokko
mogte es aber freylich wohl nicht einkommen, daß ſo etwas unſchicklich ſeyn koͤnnte.
1774.
Auguſt.
Nach Tiſche fuͤhrten wir ihn im ganzen Schiffe umher und zeigten ihm
alles Merckwuͤrdige. Ein Tahitiſcher Hund, welchen er gewahr wurde, machte
ſeine ganze Aufmerkſamkeit rege. Ohne Zweifel mußte ihm dieſe Art von Thie-
ren noch gar nicht bekannt ſeyn, denn er nennte es buga, (welches in der hie-
ſigen Landesſprache eigentlich ein Schwein bedeutet) und bat ſehr angelegentlich,
daß man es ihm ſchenken moͤchte. Der Capitain gab ihm alſo nicht nur den
Hund, ſondern auch eine Huͤndin dazu. Hiernaͤchſt bekam er noch ein Beil, ein
großes Stuͤck Tahitiſches Zeug, etliche lange Naͤgel, Medaillen, nebſt aller-
hand andern Kleinigkeiten von geringerem Werthe, und alsdann brachten
wir ihn, der fuͤr Freuden uͤber alle dieſe Geſchenke gleichſam auſſer ſich war,
ans Land zuruͤck. Sobald wir daſelbſt ausgeſtiegen waren, nahmen Fanokko
und ſeine Freunde den Capitain bey der Hand, als wollten ſie ihn nach ihren
Wohnungen fuͤhren. Dies mogte ihnen aber bald wieder leid werden, denn an
ſtatt weiter zu gehen, fertigten ſie blos einen der ihrigen ab, um das Geſchenk
welches ſie gemeinſchaftlich hatten holen wollen, von dieſem allein herbeyſchaffen
zu laſſen. Mittlerweile kam der alte Paovjangom, und brachte dem Capitain
einen kleinen Vorrath von Yams und Cocosnuͤßen, den er, wie zur Schau, durch
zwanzig Mann tragen ließ, ohnerachtet ihrer zwey denſelben gemaͤchlich haͤtten
fortbringen koͤnnen; es ſchien aber daß der Alte ſeinem Geſchenk durch dieſen Auf-
zug nur ein deſto ſtattlicheres Anſehen geben wollte. Fanokko und ſeine Freun-
de warteten noch immer mit Ungeduld auf die Ruͤckkunft ihres Bothen, da es
indeſſen ſchon anfieng finſter zu werden, ohne daß von dieſem etwas zu ſehen gewe-
ſen waͤre, ſo verließ der Capitain die guten Leute, die nicht wenig betreten zu
ſeyn ſchienen, daß ſie ſeine Geſchenke unerwiedert laſſen ſollten.
Wir hatten in der Zwiſchenzeit laͤngs dem Ufer der Bay einen Spatzier-
gang gemacht, und am Fuße der flachen Anhoͤhe, in den Waͤldern, nach Pflan-
zen umher geſucht. Die Waldung beſtand groͤßtentheils aus Palmen und un-
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/243>, abgerufen am 08.08.2024.
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