Es ließen sich heute wenig Frauenspersonen und auch diese nur in einer ziemlichen Entfernung sehen. So viel man erkennen konnte, waren sie allesammt häßlich und kleiner als die Männer. Die jungen Mädchen hat- ten blos einen Strick um den Leib, von welchem vorn und hinten ein kleiner Büschel Gras herabhieng; die älteren hingegen trugen einen kurzen Rock von Blättern gemacht. Ihre Ohrgehänge bestanden aus einer Anzahl Rin- gen von Schildkröten-Schale, und die Halsbänder aus allerhand aufgereiheten Muscheln. Etliche alte Weiber hatten sich ein frisches Pisangblatt um den Kopf gewickelt, andre hingegen trugen eine Mütze von Mattenwerk, doch war beydes nur selten. Gegen Mittag verließen die mehresten Einwohner, ver- muthlich der großen Hitze und der Essenszeit wegen, den Strand. Auch uns nöthigten diese beyde Ursachen mit den angefüllten Fässern, nach dem Schiff zurück zu kehren.
Nach Tische, ohngefähr um drey Uhr, verfügten wir uns wiederum ans Land, fanden aber nicht eine Seele am Strande. Nur ziemlich weit gegen Osten sahe man, im Schatten der Palmen, einen Trupp von etwa dreyßig Indianern sitzen, die nicht im mindesten auf uns zu achten schienen. Wir machten uns also die Gelegenheit zu Nutze, um unbemerkt ein paar hundert Schritt weit in den Wald zu gehen, allwo es unterschiedene neue Pflanzen gab. Die am Fuß der flachen Anhöhe befindliche Niederung war zum Theil unange- bauet, und reizte unsre Neugier durch allerhand wilde Baumarten und niedri- ges Gesträuch: wir durften uns aber, auf gerathe wohl, nicht weit vom Strande wagen, denn noch wußte man nicht ob den Wilden so ganz sicher zu trauen sey. Während des Botanisirens näherten wir uns den Indianern, die noch immer so ruhig als zuvor im Grase sitzen blieben. Allein, eine gute Strecke disseits derselben begegnete uns der alte Pao-vjangom, und brachte meinem Va- ter ein Ferken zum Geschenk. Dieser gab ihm dafür was er bey sich hatte, einen langen Nagel nebst einem Stück Tahitischen Zeuges, und so kehrten wir gemeinschaftlich nach den Booten zurück, um das Schwein daselbst abzuliefern. Unsere Leute waren eben beschäftigt, mit dem großen Netze zu fischen; dies muß- ten die in der Ferne sitzenden Indianer bemerken, denn sie kamen bald auch her- bey, und hatten nicht nur, ganz wider ihre bisherige Art, ihre Waffen zurück
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Auguſt.
Es ließen ſich heute wenig Frauensperſonen und auch dieſe nur in einer ziemlichen Entfernung ſehen. So viel man erkennen konnte, waren ſie alleſammt haͤßlich und kleiner als die Maͤnner. Die jungen Maͤdchen hat- ten blos einen Strick um den Leib, von welchem vorn und hinten ein kleiner Buͤſchel Gras herabhieng; die aͤlteren hingegen trugen einen kurzen Rock von Blaͤttern gemacht. Ihre Ohrgehaͤnge beſtanden aus einer Anzahl Rin- gen von Schildkroͤten-Schale, und die Halsbaͤnder aus allerhand aufgereiheten Muſcheln. Etliche alte Weiber hatten ſich ein friſches Piſangblatt um den Kopf gewickelt, andre hingegen trugen eine Muͤtze von Mattenwerk, doch war beydes nur ſelten. Gegen Mittag verließen die mehreſten Einwohner, ver- muthlich der großen Hitze und der Eſſenszeit wegen, den Strand. Auch uns noͤthigten dieſe beyde Urſachen mit den angefuͤllten Faͤſſern, nach dem Schiff zuruͤck zu kehren.
Nach Tiſche, ohngefaͤhr um drey Uhr, verfuͤgten wir uns wiederum ans Land, fanden aber nicht eine Seele am Strande. Nur ziemlich weit gegen Oſten ſahe man, im Schatten der Palmen, einen Trupp von etwa dreyßig Indianern ſitzen, die nicht im mindeſten auf uns zu achten ſchienen. Wir machten uns alſo die Gelegenheit zu Nutze, um unbemerkt ein paar hundert Schritt weit in den Wald zu gehen, allwo es unterſchiedene neue Pflanzen gab. Die am Fuß der flachen Anhoͤhe befindliche Niederung war zum Theil unange- bauet, und reizte unſre Neugier durch allerhand wilde Baumarten und niedri- ges Geſtraͤuch: wir durften uns aber, auf gerathe wohl, nicht weit vom Strande wagen, denn noch wußte man nicht ob den Wilden ſo ganz ſicher zu trauen ſey. Waͤhrend des Botaniſirens naͤherten wir uns den Indianern, die noch immer ſo ruhig als zuvor im Graſe ſitzen blieben. Allein, eine gute Strecke diſſeits derſelben begegnete uns der alte Pao-vjangom, und brachte meinem Va- ter ein Ferken zum Geſchenk. Dieſer gab ihm dafuͤr was er bey ſich hatte, einen langen Nagel nebſt einem Stuͤck Tahitiſchen Zeuges, und ſo kehrten wir gemeinſchaftlich nach den Booten zuruͤck, um das Schwein daſelbſt abzuliefern. Unſere Leute waren eben beſchaͤftigt, mit dem großen Netze zu fiſchen; dies muß- ten die in der Ferne ſitzenden Indianer bemerken, denn ſie kamen bald auch her- bey, und hatten nicht nur, ganz wider ihre bisherige Art, ihre Waffen zuruͤck
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Es ließen ſich heute wenig Frauensperſonen und auch dieſe nur in einer
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alleſammt haͤßlich und kleiner als die Maͤnner. Die jungen Maͤdchen hat-
ten blos einen Strick um den Leib, von welchem vorn und hinten ein kleiner
Buͤſchel Gras herabhieng; die aͤlteren hingegen trugen einen kurzen Rock
von Blaͤttern gemacht. Ihre Ohrgehaͤnge beſtanden aus einer Anzahl Rin-
gen von Schildkroͤten-Schale, und die Halsbaͤnder aus allerhand aufgereiheten
Muſcheln. Etliche alte Weiber hatten ſich ein friſches Piſangblatt um den
Kopf gewickelt, andre hingegen trugen eine Muͤtze von Mattenwerk, doch
war beydes nur ſelten. Gegen Mittag verließen die mehreſten Einwohner, ver-
muthlich der großen Hitze und der Eſſenszeit wegen, den Strand. Auch uns
noͤthigten dieſe beyde Urſachen mit den angefuͤllten Faͤſſern, nach dem Schiff
zuruͤck zu kehren.
Nach Tiſche, ohngefaͤhr um drey Uhr, verfuͤgten wir uns wiederum
ans Land, fanden aber nicht eine Seele am Strande. Nur ziemlich weit
gegen Oſten ſahe man, im Schatten der Palmen, einen Trupp von etwa dreyßig
Indianern ſitzen, die nicht im mindeſten auf uns zu achten ſchienen. Wir
machten uns alſo die Gelegenheit zu Nutze, um unbemerkt ein paar hundert
Schritt weit in den Wald zu gehen, allwo es unterſchiedene neue Pflanzen gab.
Die am Fuß der flachen Anhoͤhe befindliche Niederung war zum Theil unange-
bauet, und reizte unſre Neugier durch allerhand wilde Baumarten und niedri-
ges Geſtraͤuch: wir durften uns aber, auf gerathe wohl, nicht weit vom
Strande wagen, denn noch wußte man nicht ob den Wilden ſo ganz ſicher zu
trauen ſey. Waͤhrend des Botaniſirens naͤherten wir uns den Indianern, die
noch immer ſo ruhig als zuvor im Graſe ſitzen blieben. Allein, eine gute Strecke
diſſeits derſelben begegnete uns der alte Pao-vjangom, und brachte meinem Va-
ter ein Ferken zum Geſchenk. Dieſer gab ihm dafuͤr was er bey ſich hatte,
einen langen Nagel nebſt einem Stuͤck Tahitiſchen Zeuges, und ſo kehrten wir
gemeinſchaftlich nach den Booten zuruͤck, um das Schwein daſelbſt abzuliefern.
Unſere Leute waren eben beſchaͤftigt, mit dem großen Netze zu fiſchen; dies muß-
ten die in der Ferne ſitzenden Indianer bemerken, denn ſie kamen bald auch her-
bey, und hatten nicht nur, ganz wider ihre bisherige Art, ihre Waffen zuruͤck
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/236>, abgerufen am 25.11.2024.
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