Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.August.eine Menge von Stricken ausgeworfen worden wäre. Glücklicherweise hatte er noch so viel Besinnung, eins dieser Taue zu ergreifen, da er denn bald herausgezo- ben ward. Die Furcht vor dem Tode, und die Anstrengung demselben zu entgehen, hatten ihn so abgemattet, daß er sich kaum auf den Füßen halten konnte, als er aufs Verdeck kam. Seine Cameraden handelten bey dieser Gelegenheit recht redlich an ihm; sie brachten ihn nach dem Schlafraum, zogen ihm trockne Kleider an, und gaben ihm ein Paar Schlucke Brandtwein, worauf er sich bald wieder erholte. So brüderlich pflegen die Soldaten einander fast durchgehends beyzustehen. Un- ter den Matrosen hingegen, ist das schon ungleich seltener. Die Windstillen, die unsre Geduld bisher auf die Probe gesetzt hatten, Nunmehro seegelten wir um das nordwestliche Ende der Insel, und nä- Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Auguſt.eine Menge von Stricken ausgeworfen worden waͤre. Gluͤcklicherweiſe hatte er noch ſo viel Beſinnung, eins dieſer Taue zu ergreifen, da er denn bald herausgezo- ben ward. Die Furcht vor dem Tode, und die Anſtrengung demſelben zu entgehen, hatten ihn ſo abgemattet, daß er ſich kaum auf den Fuͤßen halten konnte, als er aufs Verdeck kam. Seine Cameraden handelten bey dieſer Gelegenheit recht redlich an ihm; ſie brachten ihn nach dem Schlafraum, zogen ihm trockne Kleider an, und gaben ihm ein Paar Schlucke Brandtwein, worauf er ſich bald wieder erholte. So bruͤderlich pflegen die Soldaten einander faſt durchgehends beyzuſtehen. Un- ter den Matroſen hingegen, iſt das ſchon ungleich ſeltener. Die Windſtillen, die unſre Geduld bisher auf die Probe geſetzt hatten, Nunmehro ſeegelten wir um das nordweſtliche Ende der Inſel, und naͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0212" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> Auguſt.</note>eine Menge von Stricken ausgeworfen worden waͤre. Gluͤcklicherweiſe hatte er<lb/> noch ſo viel Beſinnung, eins dieſer Taue zu ergreifen, da er denn bald herausgezo-<lb/> ben ward. Die Furcht vor dem Tode, und die Anſtrengung demſelben zu entgehen,<lb/> hatten ihn ſo abgemattet, daß er ſich kaum auf den Fuͤßen halten konnte, als er<lb/> aufs Verdeck kam. Seine Cameraden handelten bey dieſer Gelegenheit recht redlich<lb/> an ihm; ſie brachten ihn nach dem Schlafraum, zogen ihm trockne Kleider an,<lb/> und gaben ihm ein Paar Schlucke Brandtwein, worauf er ſich bald wieder erholte.<lb/> So bruͤderlich pflegen die Soldaten einander faſt durchgehends beyzuſtehen. Un-<lb/> ter den Matroſen hingegen, iſt das ſchon ungleich ſeltener.</p><lb/> <p>Die Windſtillen, die unſre Geduld bisher auf die Probe geſetzt hatten,<lb/> nahmen noch immer kein Ende. Auch dieſe Nacht lag das Schiff wieder ſo unbe-<lb/> weglich, als ein Klotz auf dem Waſſer, und den andern Tag wurde es von der<lb/> Stroͤhmung allgemach in die Bay zuruͤckgetrieben, bey welcher wir am vergan-<lb/> gnen Abend voruͤbergefahren. Es wurden alſo Boote ausgeſchickt, um einen<lb/> Ankerplatz aufzuſuchen. Die Tiefe war nicht eher als ohngefaͤhr fuͤnfhundert<lb/> Schritt vom Ufer zu ergruͤnden, woſelbſt ſie ohngefaͤhr zwanzig Faden betrug.<lb/> Die Einwohner kamen wieder an den Strand herab; unſre Leute konnten ſich<lb/> aber nicht in Unterredung mit ihnen einlaſſen; weil der Capitain eben einen<lb/> Wind aufſteigen ſah, und deshalb einen Signal-Schuß thun ließ, daß die<lb/> Boote zuruͤckkommen ſollten. So viel wir bemerken konnten, machte der Knall<lb/> dieſes Canonenſchuſſes eben keinen beſondern Eindruck auf die Inſulaner, ver-<lb/> muthlich deshalb, weil ſie, aus Mangel von Kenntniß, ſich weder Gutes noch Boͤfes<lb/> dabey vorſtellen und uͤberhaupt noch keine Europaͤer geſehen haben mochten.</p><lb/> <p>Nunmehro ſeegelten wir um das nordweſtliche Ende der Inſel, und naͤ-<lb/> herten uns am andern Morgen dem einzelnen Felſen, den wir vorher ſchon<lb/> bemerkt hatten. Demſelben gerade gegen uͤber, war auf der Inſel ein<lb/> Berg gelegen, deſſen Gipfel aus zwo Spitzen beſtand, und in dieſer Ab-<lb/> ſicht einem Sattel nicht unaͤhnlich, auch dem Anſehn nach ziemlich hoch<lb/> war. Auf dem einzelnen Felſen gab es eine Menge Geſtraͤuchs, und da wir<lb/> an Brennholz Mangel litten, ſo ſchickte der Capitain zwey Boote aus, um wo<lb/> moͤglich von dort etwas zu holen. Die Hoffnung einige botaniſche Ent-<lb/> deckungen zu machen, verleitete uns mit dahin zu gehen. Vom Schiffe aus<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [198/0212]
Forſter’s Reiſe um die Welt
eine Menge von Stricken ausgeworfen worden waͤre. Gluͤcklicherweiſe hatte er
noch ſo viel Beſinnung, eins dieſer Taue zu ergreifen, da er denn bald herausgezo-
ben ward. Die Furcht vor dem Tode, und die Anſtrengung demſelben zu entgehen,
hatten ihn ſo abgemattet, daß er ſich kaum auf den Fuͤßen halten konnte, als er
aufs Verdeck kam. Seine Cameraden handelten bey dieſer Gelegenheit recht redlich
an ihm; ſie brachten ihn nach dem Schlafraum, zogen ihm trockne Kleider an,
und gaben ihm ein Paar Schlucke Brandtwein, worauf er ſich bald wieder erholte.
So bruͤderlich pflegen die Soldaten einander faſt durchgehends beyzuſtehen. Un-
ter den Matroſen hingegen, iſt das ſchon ungleich ſeltener.
1774.
Auguſt.
Die Windſtillen, die unſre Geduld bisher auf die Probe geſetzt hatten,
nahmen noch immer kein Ende. Auch dieſe Nacht lag das Schiff wieder ſo unbe-
weglich, als ein Klotz auf dem Waſſer, und den andern Tag wurde es von der
Stroͤhmung allgemach in die Bay zuruͤckgetrieben, bey welcher wir am vergan-
gnen Abend voruͤbergefahren. Es wurden alſo Boote ausgeſchickt, um einen
Ankerplatz aufzuſuchen. Die Tiefe war nicht eher als ohngefaͤhr fuͤnfhundert
Schritt vom Ufer zu ergruͤnden, woſelbſt ſie ohngefaͤhr zwanzig Faden betrug.
Die Einwohner kamen wieder an den Strand herab; unſre Leute konnten ſich
aber nicht in Unterredung mit ihnen einlaſſen; weil der Capitain eben einen
Wind aufſteigen ſah, und deshalb einen Signal-Schuß thun ließ, daß die
Boote zuruͤckkommen ſollten. So viel wir bemerken konnten, machte der Knall
dieſes Canonenſchuſſes eben keinen beſondern Eindruck auf die Inſulaner, ver-
muthlich deshalb, weil ſie, aus Mangel von Kenntniß, ſich weder Gutes noch Boͤfes
dabey vorſtellen und uͤberhaupt noch keine Europaͤer geſehen haben mochten.
Nunmehro ſeegelten wir um das nordweſtliche Ende der Inſel, und naͤ-
herten uns am andern Morgen dem einzelnen Felſen, den wir vorher ſchon
bemerkt hatten. Demſelben gerade gegen uͤber, war auf der Inſel ein
Berg gelegen, deſſen Gipfel aus zwo Spitzen beſtand, und in dieſer Ab-
ſicht einem Sattel nicht unaͤhnlich, auch dem Anſehn nach ziemlich hoch
war. Auf dem einzelnen Felſen gab es eine Menge Geſtraͤuchs, und da wir
an Brennholz Mangel litten, ſo ſchickte der Capitain zwey Boote aus, um wo
moͤglich von dort etwas zu holen. Die Hoffnung einige botaniſche Ent-
deckungen zu machen, verleitete uns mit dahin zu gehen. Vom Schiffe aus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |