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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
sehr einfach. Wir hörten weiter nichts als Trommeln; diese sind aber, so1774.
Julius.

wohl als Pfeifen, gemeiniglich das erste dieser Art, worauf die Erfindungskraft
zu verfallen pflegt. In dem gewöhnlichen Cirkel der häuslichen Geschäfte
herrscht so viel Einförmigkeit, daß der Mensch zu seiner Erholung würklich
etwas excentrisches bedarf, und es scheint fast als ob man diesen Endzweck, überall,
durch starke und außerordentliche Bewegungen des Cörpers, durch künstliche
Töne und Anstrengung der Sprach- und Sing-Organe zu erreichen suchte.

Die Trommeln dienen aber den Mallicolesern nicht nur zum Zeit vertreibe,
sondern auch im Fall der Noth, zum Lärm schlagen. Wir können mit Wahr-
scheinlichkeit annehmen, daß sie mit den benachbarten Insulanern oft in Strei-
tigkeiten gerathen, und es ist auch wohl zu vermuthen, daß unter ihnen selbst
Uneinigkeiten vorfallen, weil sie, als lauter einzelne Familien, zerstreuet auf
der Insel umher wohnen. Sie pflegten ihre Waffen stets bey sich zu führen
und solche nie aus den Händen zu legen, indem nur allein diejenigen, die zu dem
Capitain in die Cajütte kamen, unbewaffnet waren. Auch scheinen sie an die
Verfertigung derselben mehr Fleiß und Kunst zu wenden, als an ihre übrigen
Geräthschaften. Die Bogen sind stark, von sehr elastischem Holz gemacht und
sauber abgeglättet. Die Pfeile waren schön gearbeitet, besonders die vergifteten
mit artigen kleinen Zierrathen versehen. Eben dies Vergiften der Pfeile ist ein
Beweis ihres Verstandes. Rachsucht und Furcht vor Unterdrückung mögen sie
zu diesem Kunstgriff verleitet haben. Es ist auch wohl nöthig, daß sie durch derglei-
chen Hülfsmittel das ersetzen, was ihnen, bey ihrer kleinen schwächlichen Statur,
an eigentlichen Leibeskräften abgeht; doch können wir nicht einmal mit Gewißheit
entscheiden, ob die Pfeile wirklich vergiftet sind oder nicht. Der Hund, an
dem wir gleich bey unsrer Ankunft einen Versuch damit anstellten, ward von selbst
wieder besser, ohnerachtet er gerade zu der Zeitauch von einem giftigen Fische
etwas zu fressen bekommen hatte. In der Folge machten wir noch an einem an-
dern Hunde die Probe. Diesem ward mit einer Lanzette ein Einschnitt in die
Lende gemacht, das abgeschabte Gummi, welches wir für Gift hielten, in die
Wunde gesträuet und solche alsdann verbunden. Ein Paar Tage lang war er,
der Geschwulst und des festen Berbandes wegen, lahm, dies legte sich aber bald,
und nach und nach ward er, gleich dem ersten, wiederum völlig besser. Die

Forster's Reise u. d. W. zweyter Th. A a

in den Jahren 1772 bis 1775.
ſehr einfach. Wir hoͤrten weiter nichts als Trommeln; dieſe ſind aber, ſo1774.
Julius.

wohl als Pfeifen, gemeiniglich das erſte dieſer Art, worauf die Erfindungskraft
zu verfallen pflegt. In dem gewoͤhnlichen Cirkel der haͤuslichen Geſchaͤfte
herrſcht ſo viel Einfoͤrmigkeit, daß der Menſch zu ſeiner Erholung wuͤrklich
etwas excentriſches bedarf, und es ſcheint faſt als ob man dieſen Endzweck, uͤberall,
durch ſtarke und außerordentliche Bewegungen des Coͤrpers, durch kuͤnſtliche
Toͤne und Anſtrengung der Sprach- und Sing-Organe zu erreichen ſuchte.

Die Trommeln dienen aber den Mallicoleſern nicht nur zum Zeit vertreibe,
ſondern auch im Fall der Noth, zum Laͤrm ſchlagen. Wir koͤnnen mit Wahr-
ſcheinlichkeit annehmen, daß ſie mit den benachbarten Inſulanern oft in Strei-
tigkeiten gerathen, und es iſt auch wohl zu vermuthen, daß unter ihnen ſelbſt
Uneinigkeiten vorfallen, weil ſie, als lauter einzelne Familien, zerſtreuet auf
der Inſel umher wohnen. Sie pflegten ihre Waffen ſtets bey ſich zu fuͤhren
und ſolche nie aus den Haͤnden zu legen, indem nur allein diejenigen, die zu dem
Capitain in die Cajuͤtte kamen, unbewaffnet waren. Auch ſcheinen ſie an die
Verfertigung derſelben mehr Fleiß und Kunſt zu wenden, als an ihre uͤbrigen
Geraͤthſchaften. Die Bogen ſind ſtark, von ſehr elaſtiſchem Holz gemacht und
ſauber abgeglaͤttet. Die Pfeile waren ſchoͤn gearbeitet, beſonders die vergifteten
mit artigen kleinen Zierrathen verſehen. Eben dies Vergiften der Pfeile iſt ein
Beweis ihres Verſtandes. Rachſucht und Furcht vor Unterdruͤckung moͤgen ſie
zu dieſem Kunſtgriff verleitet haben. Es iſt auch wohl noͤthig, daß ſie durch derglei-
chen Huͤlfsmittel das erſetzen, was ihnen, bey ihrer kleinen ſchwaͤchlichen Statur,
an eigentlichen Leibeskraͤften abgeht; doch koͤnnen wir nicht einmal mit Gewißheit
entſcheiden, ob die Pfeile wirklich vergiftet ſind oder nicht. Der Hund, an
dem wir gleich bey unſrer Ankunft einen Verſuch damit anſtellten, ward von ſelbſt
wieder beſſer, ohnerachtet er gerade zu der Zeitauch von einem giftigen Fiſche
etwas zu freſſen bekommen hatte. In der Folge machten wir noch an einem an-
dern Hunde die Probe. Dieſem ward mit einer Lanzette ein Einſchnitt in die
Lende gemacht, das abgeſchabte Gummi, welches wir fuͤr Gift hielten, in die
Wunde geſtraͤuet und ſolche alsdann verbunden. Ein Paar Tage lang war er,
der Geſchwulſt und des feſten Berbandes wegen, lahm, dies legte ſich aber bald,
und nach und nach ward er, gleich dem erſten, wiederum voͤllig beſſer. Die

Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. A a
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[185/0199] in den Jahren 1772 bis 1775. ſehr einfach. Wir hoͤrten weiter nichts als Trommeln; dieſe ſind aber, ſo wohl als Pfeifen, gemeiniglich das erſte dieſer Art, worauf die Erfindungskraft zu verfallen pflegt. In dem gewoͤhnlichen Cirkel der haͤuslichen Geſchaͤfte herrſcht ſo viel Einfoͤrmigkeit, daß der Menſch zu ſeiner Erholung wuͤrklich etwas excentriſches bedarf, und es ſcheint faſt als ob man dieſen Endzweck, uͤberall, durch ſtarke und außerordentliche Bewegungen des Coͤrpers, durch kuͤnſtliche Toͤne und Anſtrengung der Sprach- und Sing-Organe zu erreichen ſuchte. 1774. Julius. Die Trommeln dienen aber den Mallicoleſern nicht nur zum Zeit vertreibe, ſondern auch im Fall der Noth, zum Laͤrm ſchlagen. Wir koͤnnen mit Wahr- ſcheinlichkeit annehmen, daß ſie mit den benachbarten Inſulanern oft in Strei- tigkeiten gerathen, und es iſt auch wohl zu vermuthen, daß unter ihnen ſelbſt Uneinigkeiten vorfallen, weil ſie, als lauter einzelne Familien, zerſtreuet auf der Inſel umher wohnen. Sie pflegten ihre Waffen ſtets bey ſich zu fuͤhren und ſolche nie aus den Haͤnden zu legen, indem nur allein diejenigen, die zu dem Capitain in die Cajuͤtte kamen, unbewaffnet waren. Auch ſcheinen ſie an die Verfertigung derſelben mehr Fleiß und Kunſt zu wenden, als an ihre uͤbrigen Geraͤthſchaften. Die Bogen ſind ſtark, von ſehr elaſtiſchem Holz gemacht und ſauber abgeglaͤttet. Die Pfeile waren ſchoͤn gearbeitet, beſonders die vergifteten mit artigen kleinen Zierrathen verſehen. Eben dies Vergiften der Pfeile iſt ein Beweis ihres Verſtandes. Rachſucht und Furcht vor Unterdruͤckung moͤgen ſie zu dieſem Kunſtgriff verleitet haben. Es iſt auch wohl noͤthig, daß ſie durch derglei- chen Huͤlfsmittel das erſetzen, was ihnen, bey ihrer kleinen ſchwaͤchlichen Statur, an eigentlichen Leibeskraͤften abgeht; doch koͤnnen wir nicht einmal mit Gewißheit entſcheiden, ob die Pfeile wirklich vergiftet ſind oder nicht. Der Hund, an dem wir gleich bey unſrer Ankunft einen Verſuch damit anſtellten, ward von ſelbſt wieder beſſer, ohnerachtet er gerade zu der Zeitauch von einem giftigen Fiſche etwas zu freſſen bekommen hatte. In der Folge machten wir noch an einem an- dern Hunde die Probe. Dieſem ward mit einer Lanzette ein Einſchnitt in die Lende gemacht, das abgeſchabte Gummi, welches wir fuͤr Gift hielten, in die Wunde geſtraͤuet und ſolche alsdann verbunden. Ein Paar Tage lang war er, der Geſchwulſt und des feſten Berbandes wegen, lahm, dies legte ſich aber bald, und nach und nach ward er, gleich dem erſten, wiederum voͤllig beſſer. Die Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. A a

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/199>, abgerufen am 25.11.2024.