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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Julius.
die so wohl dem Dichter als dem Mahler zu einer treflichen Zeichnung hätte Stoff
geben können. Die ängstliche Erwartung die auf allen Gesichtern schwebte, wilde
argwöhnische Blicke, finstre drohende Minen, hie und da ein heldenmäßig-fun-
kelndes Auge; eine unendliche Mannigfaltigkeit von Stellungen; die characte-
ristische Verschiedenheit in den Anstalten die ein jeder mit seinen Waffen vor-
nahm; die Landschaft an und für sich; die unterschiednen Gruppen von India-
nern -- kurz, alles vereinigte sich, ein trefliches historisches Gemählde auszu-
machen.

So bald dieser Lärm vorüber war, giengen unsre Holzhauer wieder an
die Arbeit, und wurden, ihrer Geschicklichkeit wegen, von den Indianern gar
sehr bewundert. Es kamen auch einige Weiber zum Vorschein; hielten sich aber
noch immer in einiger Entfernung von der abgesteckten Gränzlinie. Sie wa-
ren von kleiner Statur und dabey von der unangenehmsten Bildung, die uns
nur je in der Südsee vorgekommen. Die erwachsenern, welches vermuthlich Ver-
heirathete seyn mogten, hatten kurze Stücken von Zeug oder Mattenwerk, die
von den Hüften bis auf die Knie reichten. Die andern trugen bloß eine Schnur
um den Leib, daran ein Strohwisch gebunden war, der statt einer Schürze, we-
nigstens das Nothwendigste bedecken sollte. Die Kinder hingegen giengen, ohne
Unterschied des Geschlechts, bis ins zehnte Jahr völlig nackend. Von diesen
Frauenspersonen hatten sich einige das Haar mit gelben Curcuma-Puder be-
streuet; andre hatten sich das Gesicht, und noch andre den ganzen Cörper damit
bestrichen, welches, gegen die dunkle Farbe ihrer Haut, einen häßlichen Contrast
machte. Hier zu Lande mag es freylich wohl für etwas Schönes gehalten werden,
denn der Geschmack der Menschen ist unendlich verschieden. Diese gelbe Schmin-
ke, wenn ich es so nennen darf, machte den ganzen Staat des Frauenzimmers
aus, wenigstens sahen wir nicht eine einzige, die Ohrringe, oder Hals- oder
Armbänder gehabt hätte; sondern nur den Männern allein schien dergleichen
Putzwerk vergönnt zu seyn. Wo aber das der Fall ist, da sind die Weiber gemei-
niglich verachtet und leben in der größten Sclaverey. Dies schien auch hier ein-
zutreffen; sie trugen zum Beyspiel große Bündel auf dem Rücken, und schlepp-
ten auf diese Art oft mehr denn eines von ihren Kindern mit sich herum, welches, in
Betracht ihrer ohnehin schwächlichen Gestalt, kläglich aussahe. Die Männer schie-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Julius.
die ſo wohl dem Dichter als dem Mahler zu einer treflichen Zeichnung haͤtte Stoff
geben koͤnnen. Die aͤngſtliche Erwartung die auf allen Geſichtern ſchwebte, wilde
argwoͤhniſche Blicke, finſtre drohende Minen, hie und da ein heldenmaͤßig-fun-
kelndes Auge; eine unendliche Mannigfaltigkeit von Stellungen; die characte-
riſtiſche Verſchiedenheit in den Anſtalten die ein jeder mit ſeinen Waffen vor-
nahm; die Landſchaft an und fuͤr ſich; die unterſchiednen Gruppen von India-
nern — kurz, alles vereinigte ſich, ein trefliches hiſtoriſches Gemaͤhlde auszu-
machen.

So bald dieſer Laͤrm voruͤber war, giengen unſre Holzhauer wieder an
die Arbeit, und wurden, ihrer Geſchicklichkeit wegen, von den Indianern gar
ſehr bewundert. Es kamen auch einige Weiber zum Vorſchein; hielten ſich aber
noch immer in einiger Entfernung von der abgeſteckten Graͤnzlinie. Sie wa-
ren von kleiner Statur und dabey von der unangenehmſten Bildung, die uns
nur je in der Suͤdſee vorgekommen. Die erwachſenern, welches vermuthlich Ver-
heirathete ſeyn mogten, hatten kurze Stuͤcken von Zeug oder Mattenwerk, die
von den Huͤften bis auf die Knie reichten. Die andern trugen bloß eine Schnur
um den Leib, daran ein Strohwiſch gebunden war, der ſtatt einer Schuͤrze, we-
nigſtens das Nothwendigſte bedecken ſollte. Die Kinder hingegen giengen, ohne
Unterſchied des Geſchlechts, bis ins zehnte Jahr voͤllig nackend. Von dieſen
Frauensperſonen hatten ſich einige das Haar mit gelben Curcuma-Puder be-
ſtreuet; andre hatten ſich das Geſicht, und noch andre den ganzen Coͤrper damit
beſtrichen, welches, gegen die dunkle Farbe ihrer Haut, einen haͤßlichen Contraſt
machte. Hier zu Lande mag es freylich wohl fuͤr etwas Schoͤnes gehalten werden,
denn der Geſchmack der Menſchen iſt unendlich verſchieden. Dieſe gelbe Schmin-
ke, wenn ich es ſo nennen darf, machte den ganzen Staat des Frauenzimmers
aus, wenigſtens ſahen wir nicht eine einzige, die Ohrringe, oder Hals- oder
Armbaͤnder gehabt haͤtte; ſondern nur den Maͤnnern allein ſchien dergleichen
Putzwerk vergoͤnnt zu ſeyn. Wo aber das der Fall iſt, da ſind die Weiber gemei-
niglich verachtet und leben in der groͤßten Sclaverey. Dies ſchien auch hier ein-
zutreffen; ſie trugen zum Beyſpiel große Buͤndel auf dem Ruͤcken, und ſchlepp-
ten auf dieſe Art oft mehr denn eines von ihren Kindern mit ſich herum, welches, in
Betracht ihrer ohnehin ſchwaͤchlichen Geſtalt, klaͤglich ausſahe. Die Maͤnner ſchie-

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[174/0188] Forſter’s Reiſe um die Welt die ſo wohl dem Dichter als dem Mahler zu einer treflichen Zeichnung haͤtte Stoff geben koͤnnen. Die aͤngſtliche Erwartung die auf allen Geſichtern ſchwebte, wilde argwoͤhniſche Blicke, finſtre drohende Minen, hie und da ein heldenmaͤßig-fun- kelndes Auge; eine unendliche Mannigfaltigkeit von Stellungen; die characte- riſtiſche Verſchiedenheit in den Anſtalten die ein jeder mit ſeinen Waffen vor- nahm; die Landſchaft an und fuͤr ſich; die unterſchiednen Gruppen von India- nern — kurz, alles vereinigte ſich, ein trefliches hiſtoriſches Gemaͤhlde auszu- machen. 1774. Julius. So bald dieſer Laͤrm voruͤber war, giengen unſre Holzhauer wieder an die Arbeit, und wurden, ihrer Geſchicklichkeit wegen, von den Indianern gar ſehr bewundert. Es kamen auch einige Weiber zum Vorſchein; hielten ſich aber noch immer in einiger Entfernung von der abgeſteckten Graͤnzlinie. Sie wa- ren von kleiner Statur und dabey von der unangenehmſten Bildung, die uns nur je in der Suͤdſee vorgekommen. Die erwachſenern, welches vermuthlich Ver- heirathete ſeyn mogten, hatten kurze Stuͤcken von Zeug oder Mattenwerk, die von den Huͤften bis auf die Knie reichten. Die andern trugen bloß eine Schnur um den Leib, daran ein Strohwiſch gebunden war, der ſtatt einer Schuͤrze, we- nigſtens das Nothwendigſte bedecken ſollte. Die Kinder hingegen giengen, ohne Unterſchied des Geſchlechts, bis ins zehnte Jahr voͤllig nackend. Von dieſen Frauensperſonen hatten ſich einige das Haar mit gelben Curcuma-Puder be- ſtreuet; andre hatten ſich das Geſicht, und noch andre den ganzen Coͤrper damit beſtrichen, welches, gegen die dunkle Farbe ihrer Haut, einen haͤßlichen Contraſt machte. Hier zu Lande mag es freylich wohl fuͤr etwas Schoͤnes gehalten werden, denn der Geſchmack der Menſchen iſt unendlich verſchieden. Dieſe gelbe Schmin- ke, wenn ich es ſo nennen darf, machte den ganzen Staat des Frauenzimmers aus, wenigſtens ſahen wir nicht eine einzige, die Ohrringe, oder Hals- oder Armbaͤnder gehabt haͤtte; ſondern nur den Maͤnnern allein ſchien dergleichen Putzwerk vergoͤnnt zu ſeyn. Wo aber das der Fall iſt, da ſind die Weiber gemei- niglich verachtet und leben in der groͤßten Sclaverey. Dies ſchien auch hier ein- zutreffen; ſie trugen zum Beyſpiel große Buͤndel auf dem Ruͤcken, und ſchlepp- ten auf dieſe Art oft mehr denn eines von ihren Kindern mit ſich herum, welches, in Betracht ihrer ohnehin ſchwaͤchlichen Geſtalt, klaͤglich ausſahe. Die Maͤnner ſchie-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/188>, abgerufen am 27.11.2024.