Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.Julius.offenstehenden Cajütten-Fenster hinaussprang, und nach seinem aufgebrachten Landsmann hinschwamm, um ihn zu besänftigen. Der Capitain gieng unter- dessen mit einer geladenen Flinte aufs Verdeck und schlug auf den Indianer an, der wider Willen seiner Landsleute immer noch fortfuhr nach dem Matrosen zu zielen. So bald der Kerl bemerkte, daß der Capitain ihm eines beybringen wollte, richtete er seinen Pfeil auf diesen. Nun riefen die Indianer, die sich um das Schiff her befanden, denen in der Cajütte zu, und da diese von der Widersetzlich- keit ihres Landsmannes die schlimmsten Folgen besorgen mogten, so stürzten sie sich, einer nach dem andern, zum Cajüttenfenster heraus, ohnerachtet wir alles anwandten, ihre Besorgnisse zu stillen. Mittlerweile hörten wir einen Flin- tenschuß losgehen und eilten deshalb aufs Verdeck. Der Capitain hatte den Kerl eine Ladung Hagel abgefeuert, und ihn mit etlichen Körnern getroffen. Dieser ließ sich da- durch nicht abschrecken, sondern legte seinen Pfeil, der nur eine hölzerne Spitze hatte, ganz bedächtlich auf die Seite, und suchte dagegen einen andern hervor, der vergiftet zu seyn schien. So bald er mit diesem von neuem zu zielen anfieng, schoß ihm der dritte Lieutnant das Gesicht voll Hagel, worauf er mit einmal alle Lust verlohr, weiter zu fechten, und hurtig ans Land zurück ruderte. An seiner statt schoß ein andrer Indianer, von jener Seite des Schiffes, einen Pfeil aufs Verdeck, der im Tauwerk des mittelsten Mastes stecken blieb. Auf diesen feuerte man eine Kugel ab, die jedoch zum Glück nicht traf. Nunmehro ruderten alle Canots nach und nach ans Land, und die Indianer die noch an Bord waren, stürzten sich in die See, um in der Flucht ihr Heil zu suchen. Einer besonders, der sich eben auf dem Mastkorb befand, und gewiß nichts weniger als einen solchen Lerm besorgte, kam beym Abfeuern der beyden Schüsse höchst erschrocken und mit unbeschreiblicher Geschwindigkeit vom Mast herunter. Um ihr Schrecken zu vergrößern und von unserer Gewalt eine Probe zu geben, ward eine Canonenkugel über sie weg und zwischen die Bäume nach dem Lande hin, gefeuert, welches ihre Flucht vollends beschleunigte. Die uns am nächsten waren, sprangen vor Angst aus den Canots in die See, und alle retteten sich in der größten Verwirrung nach dem Ufer. Kaum hatten sie dasselbe ereicht, so hörte man in unterschiednen Gegenden Lermtrommeln, und sahe die armen Schelme theils hin und her laufen, theils unter dem Buschwerk truppweise beysammen hucken, ohne
Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.Julius.offenſtehenden Cajuͤtten-Fenſter hinausſprang, und nach ſeinem aufgebrachten Landsmann hinſchwamm, um ihn zu beſaͤnftigen. Der Capitain gieng unter- deſſen mit einer geladenen Flinte aufs Verdeck und ſchlug auf den Indianer an, der wider Willen ſeiner Landsleute immer noch fortfuhr nach dem Matroſen zu zielen. So bald der Kerl bemerkte, daß der Capitain ihm eines beybringen wollte, richtete er ſeinen Pfeil auf dieſen. Nun riefen die Indianer, die ſich um das Schiff her befanden, denen in der Cajuͤtte zu, und da dieſe von der Widerſetzlich- keit ihres Landsmannes die ſchlimmſten Folgen beſorgen mogten, ſo ſtuͤrzten ſie ſich, einer nach dem andern, zum Cajuͤttenfenſter heraus, ohnerachtet wir alles anwandten, ihre Beſorgniſſe zu ſtillen. Mittlerweile hoͤrten wir einen Flin- tenſchuß losgehen und eilten deshalb aufs Verdeck. Der Capitain hatte den Kerl eine Ladung Hagel abgefeuert, und ihn mit etlichen Koͤrnern getroffen. Dieſer ließ ſich da- durch nicht abſchrecken, ſondern legte ſeinen Pfeil, der nur eine hoͤlzerne Spitze hatte, ganz bedaͤchtlich auf die Seite, und ſuchte dagegen einen andern hervor, der vergiftet zu ſeyn ſchien. So bald er mit dieſem von neuem zu zielen anfieng, ſchoß ihm der dritte Lieutnant das Geſicht voll Hagel, worauf er mit einmal alle Luſt verlohr, weiter zu fechten, und hurtig ans Land zuruͤck ruderte. An ſeiner ſtatt ſchoß ein andrer Indianer, von jener Seite des Schiffes, einen Pfeil aufs Verdeck, der im Tauwerk des mittelſten Maſtes ſtecken blieb. Auf dieſen feuerte man eine Kugel ab, die jedoch zum Gluͤck nicht traf. Nunmehro ruderten alle Canots nach und nach ans Land, und die Indianer die noch an Bord waren, ſtuͤrzten ſich in die See, um in der Flucht ihr Heil zu ſuchen. Einer beſonders, der ſich eben auf dem Maſtkorb befand, und gewiß nichts weniger als einen ſolchen Lerm beſorgte, kam beym Abfeuern der beyden Schuͤſſe hoͤchſt erſchrocken und mit unbeſchreiblicher Geſchwindigkeit vom Maſt herunter. Um ihr Schrecken zu vergroͤßern und von unſerer Gewalt eine Probe zu geben, ward eine Canonenkugel uͤber ſie weg und zwiſchen die Baͤume nach dem Lande hin, gefeuert, welches ihre Flucht vollends beſchleunigte. Die uns am naͤchſten waren, ſprangen vor Angſt aus den Canots in die See, und alle retteten ſich in der groͤßten Verwirrung nach dem Ufer. Kaum hatten ſie daſſelbe ereicht, ſo hoͤrte man in unterſchiednen Gegenden Lermtrommeln, und ſahe die armen Schelme theils hin und her laufen, theils unter dem Buſchwerk truppweiſe beyſammen hucken, ohne
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Forſter’s Reiſe um die Welt
offenſtehenden Cajuͤtten-Fenſter hinausſprang, und nach ſeinem aufgebrachten
Landsmann hinſchwamm, um ihn zu beſaͤnftigen. Der Capitain gieng unter-
deſſen mit einer geladenen Flinte aufs Verdeck und ſchlug auf den Indianer an,
der wider Willen ſeiner Landsleute immer noch fortfuhr nach dem Matroſen zu
zielen. So bald der Kerl bemerkte, daß der Capitain ihm eines beybringen wollte,
richtete er ſeinen Pfeil auf dieſen. Nun riefen die Indianer, die ſich um das
Schiff her befanden, denen in der Cajuͤtte zu, und da dieſe von der Widerſetzlich-
keit ihres Landsmannes die ſchlimmſten Folgen beſorgen mogten, ſo ſtuͤrzten
ſie ſich, einer nach dem andern, zum Cajuͤttenfenſter heraus, ohnerachtet wir
alles anwandten, ihre Beſorgniſſe zu ſtillen. Mittlerweile hoͤrten wir einen Flin-
tenſchuß losgehen und eilten deshalb aufs Verdeck. Der Capitain hatte den Kerl eine
Ladung Hagel abgefeuert, und ihn mit etlichen Koͤrnern getroffen. Dieſer ließ ſich da-
durch nicht abſchrecken, ſondern legte ſeinen Pfeil, der nur eine hoͤlzerne Spitze
hatte, ganz bedaͤchtlich auf die Seite, und ſuchte dagegen einen andern hervor,
der vergiftet zu ſeyn ſchien. So bald er mit dieſem von neuem zu zielen anfieng,
ſchoß ihm der dritte Lieutnant das Geſicht voll Hagel, worauf er mit einmal
alle Luſt verlohr, weiter zu fechten, und hurtig ans Land zuruͤck ruderte. An
ſeiner ſtatt ſchoß ein andrer Indianer, von jener Seite des Schiffes, einen
Pfeil aufs Verdeck, der im Tauwerk des mittelſten Maſtes ſtecken blieb.
Auf dieſen feuerte man eine Kugel ab, die jedoch zum Gluͤck nicht traf.
Nunmehro ruderten alle Canots nach und nach ans Land, und die Indianer
die noch an Bord waren, ſtuͤrzten ſich in die See, um in der Flucht ihr Heil zu
ſuchen. Einer beſonders, der ſich eben auf dem Maſtkorb befand, und gewiß
nichts weniger als einen ſolchen Lerm beſorgte, kam beym Abfeuern der beyden
Schuͤſſe hoͤchſt erſchrocken und mit unbeſchreiblicher Geſchwindigkeit vom Maſt
herunter. Um ihr Schrecken zu vergroͤßern und von unſerer Gewalt eine Probe
zu geben, ward eine Canonenkugel uͤber ſie weg und zwiſchen die Baͤume nach
dem Lande hin, gefeuert, welches ihre Flucht vollends beſchleunigte. Die uns am
naͤchſten waren, ſprangen vor Angſt aus den Canots in die See, und alle retteten
ſich in der groͤßten Verwirrung nach dem Ufer. Kaum hatten ſie daſſelbe ereicht, ſo
hoͤrte man in unterſchiednen Gegenden Lermtrommeln, und ſahe die armen Schelme
theils hin und her laufen, theils unter dem Buſchwerk truppweiſe beyſammen hucken,
ohne
1774.
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