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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
derung fort; am 13ten aber, da er etwas nachzulassen anfieng, fielen, sowohl1774.
Julius.

Morgens als Abends, einzelne Regentropfen. Es waren heute gerade zwey
Jahr, seit unserer Abreise aus England, verflossen; die Matrosen unterließen
daher nicht diesen Tag, nach ihrer gewöhnlichen Art, das heißt, bey vollen Glä-
sern zu feyern. Zu dem Ende hatten sie von ihrem täglichen Deputat an Brandt-
wein ausdrücklich etwas gespart, und sichs vorgenommen, allen Kummer
und Verdruß in Grog, dem wahren Lethe des Seemannes, zu ersäufen.
Einer von ihnen, der ein halber Schwärmer war, hatte, wie im vorigen Jahr
also auch diesmal wieder ein geistliches Lied auf diesen Tag gemacht, und hielt
nach Absingung desselben seinen Cameraden eine ernstliche Buspredigt; alsdenn
aber setzte er sich auch zu ihnen hin, und ließ sich die Flasche eben so kräftig, als
die Buße empfohlen seyn; indessen gieng es ihm dabey, wie den andern mit
der Sünde, sie überwältigte ihn.

Die beyden folgenden Tage bekamen wir frischen Wind, am dritten aber,
nebligtes und mit Regengüssen begleitetes Wetter. Eine Calabasse, die am
16ten neben dem Schiff in der See vorbey trieb, schien uns anzukündigen, daß
wir nicht mehr weit von einer Küste seyn könnten, und wenige Stunden darauf,
Nachmittages um 2 Uhr, sahen wir auch würklich eine hohe Insel von ziem-
lichen Umfange vor uns. Gegen die Nacht verstärkte sich der Wind, und
die Wellen warfen das Schiff von einer Seite zur andern. Unglücklicherweise
regnete es dabey so heftig, daß der Regen durchs Verdeck in unsre Cajütten
eindrang, und Bücher, Kleider und Betten dermaaßen naß machte, daß an kei-
ne Ruhe noch Schlaf zu denken war. Dieser heftige Sturm sowohl als auch
die unfreundliche Witterung, hielten den ganzen folgenden Tag an, und der
Dunstkreis war dermaaßen mit Wolken angefüllt, daß wir das Land kaum dafür
unterscheiden konnten, mithin nur ab- und zu laviren mußten. Dies Wetter war
desto unangenehmer, weil wir es in dieser Gegend der See, welche immer das
stille Meer
genannt worden ist, gar nicht erwartet hatten. Man siehet hier-
aus, wie wenig dergleichen allgemeinen Benennungen zu trauen sey, und daß
wenn Stürme und Orcane in diesem Meer gleich selten, sie dennoch nichts
ganz ungewöhnliches oder gar unerhörtes sind. Vornemlich scheinen in dem
westlichen Theil desselben heftige Winde zu herrschen. Als Capitain Pedro

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in den Jahren 1772 bis 1775.
derung fort; am 13ten aber, da er etwas nachzulaſſen anfieng, fielen, ſowohl1774.
Julius.

Morgens als Abends, einzelne Regentropfen. Es waren heute gerade zwey
Jahr, ſeit unſerer Abreiſe aus England, verfloſſen; die Matroſen unterließen
daher nicht dieſen Tag, nach ihrer gewoͤhnlichen Art, das heißt, bey vollen Glaͤ-
ſern zu feyern. Zu dem Ende hatten ſie von ihrem taͤglichen Deputat an Brandt-
wein ausdruͤcklich etwas geſpart, und ſichs vorgenommen, allen Kummer
und Verdruß in Grog, dem wahren Lethe des Seemannes, zu erſaͤufen.
Einer von ihnen, der ein halber Schwaͤrmer war, hatte, wie im vorigen Jahr
alſo auch diesmal wieder ein geiſtliches Lied auf dieſen Tag gemacht, und hielt
nach Abſingung deſſelben ſeinen Cameraden eine ernſtliche Buspredigt; alsdenn
aber ſetzte er ſich auch zu ihnen hin, und ließ ſich die Flaſche eben ſo kraͤftig, als
die Buße empfohlen ſeyn; indeſſen gieng es ihm dabey, wie den andern mit
der Suͤnde, ſie uͤberwaͤltigte ihn.

Die beyden folgenden Tage bekamen wir friſchen Wind, am dritten aber,
nebligtes und mit Regenguͤſſen begleitetes Wetter. Eine Calabaſſe, die am
16ten neben dem Schiff in der See vorbey trieb, ſchien uns anzukuͤndigen, daß
wir nicht mehr weit von einer Kuͤſte ſeyn koͤnnten, und wenige Stunden darauf,
Nachmittages um 2 Uhr, ſahen wir auch wuͤrklich eine hohe Inſel von ziem-
lichen Umfange vor uns. Gegen die Nacht verſtaͤrkte ſich der Wind, und
die Wellen warfen das Schiff von einer Seite zur andern. Ungluͤcklicherweiſe
regnete es dabey ſo heftig, daß der Regen durchs Verdeck in unſre Cajuͤtten
eindrang, und Buͤcher, Kleider und Betten dermaaßen naß machte, daß an kei-
ne Ruhe noch Schlaf zu denken war. Dieſer heftige Sturm ſowohl als auch
die unfreundliche Witterung, hielten den ganzen folgenden Tag an, und der
Dunſtkreis war dermaaßen mit Wolken angefuͤllt, daß wir das Land kaum dafuͤr
unterſcheiden konnten, mithin nur ab- und zu laviren mußten. Dies Wetter war
deſto unangenehmer, weil wir es in dieſer Gegend der See, welche immer das
ſtille Meer
genannt worden iſt, gar nicht erwartet hatten. Man ſiehet hier-
aus, wie wenig dergleichen allgemeinen Benennungen zu trauen ſey, und daß
wenn Stuͤrme und Orcane in dieſem Meer gleich ſelten, ſie dennoch nichts
ganz ungewoͤhnliches oder gar unerhoͤrtes ſind. Vornemlich ſcheinen in dem
weſtlichen Theil deſſelben heftige Winde zu herrſchen. Als Capitain Pedro

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[157/0169] in den Jahren 1772 bis 1775. derung fort; am 13ten aber, da er etwas nachzulaſſen anfieng, fielen, ſowohl Morgens als Abends, einzelne Regentropfen. Es waren heute gerade zwey Jahr, ſeit unſerer Abreiſe aus England, verfloſſen; die Matroſen unterließen daher nicht dieſen Tag, nach ihrer gewoͤhnlichen Art, das heißt, bey vollen Glaͤ- ſern zu feyern. Zu dem Ende hatten ſie von ihrem taͤglichen Deputat an Brandt- wein ausdruͤcklich etwas geſpart, und ſichs vorgenommen, allen Kummer und Verdruß in Grog, dem wahren Lethe des Seemannes, zu erſaͤufen. Einer von ihnen, der ein halber Schwaͤrmer war, hatte, wie im vorigen Jahr alſo auch diesmal wieder ein geiſtliches Lied auf dieſen Tag gemacht, und hielt nach Abſingung deſſelben ſeinen Cameraden eine ernſtliche Buspredigt; alsdenn aber ſetzte er ſich auch zu ihnen hin, und ließ ſich die Flaſche eben ſo kraͤftig, als die Buße empfohlen ſeyn; indeſſen gieng es ihm dabey, wie den andern mit der Suͤnde, ſie uͤberwaͤltigte ihn. 1774. Julius. Die beyden folgenden Tage bekamen wir friſchen Wind, am dritten aber, nebligtes und mit Regenguͤſſen begleitetes Wetter. Eine Calabaſſe, die am 16ten neben dem Schiff in der See vorbey trieb, ſchien uns anzukuͤndigen, daß wir nicht mehr weit von einer Kuͤſte ſeyn koͤnnten, und wenige Stunden darauf, Nachmittages um 2 Uhr, ſahen wir auch wuͤrklich eine hohe Inſel von ziem- lichen Umfange vor uns. Gegen die Nacht verſtaͤrkte ſich der Wind, und die Wellen warfen das Schiff von einer Seite zur andern. Ungluͤcklicherweiſe regnete es dabey ſo heftig, daß der Regen durchs Verdeck in unſre Cajuͤtten eindrang, und Buͤcher, Kleider und Betten dermaaßen naß machte, daß an kei- ne Ruhe noch Schlaf zu denken war. Dieſer heftige Sturm ſowohl als auch die unfreundliche Witterung, hielten den ganzen folgenden Tag an, und der Dunſtkreis war dermaaßen mit Wolken angefuͤllt, daß wir das Land kaum dafuͤr unterſcheiden konnten, mithin nur ab- und zu laviren mußten. Dies Wetter war deſto unangenehmer, weil wir es in dieſer Gegend der See, welche immer das ſtille Meer genannt worden iſt, gar nicht erwartet hatten. Man ſiehet hier- aus, wie wenig dergleichen allgemeinen Benennungen zu trauen ſey, und daß wenn Stuͤrme und Orcane in dieſem Meer gleich ſelten, ſie dennoch nichts ganz ungewoͤhnliches oder gar unerhoͤrtes ſind. Vornemlich ſcheinen in dem weſtlichen Theil deſſelben heftige Winde zu herrſchen. Als Capitain Pedro U 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/169>, abgerufen am 27.11.2024.