Nachdem wir von hier aus vier Tage lang W. S. Westwärts gesteuert hatten, so kam uns am 20sten des Nachmittags eine etwas bergigte Insel zu Ge- sicht, auf welcher man, noch vor Untergang der Sonnen, Bäume unterscheiden konnte. Weil das Land so nahe war; so lavirten wir die ganze Nacht über gegen den Wind, wendeten uns erst bey Anbruch des Tages wieder nach der Küste, und seegelten in einer Entfernung von zwo Meilen längst derselben herunter. Das Ufer war durchaus steil und selsigt, doch gab es am Fuße der Klippen hin und wieder auch einen schmalen sandichten Strand. Die Insel dünkte uns allenthalben gleich niedrig zu seyn, und ragte an den höchsten Stellen kaum vier- zig Fuß über die Oberfläche des Meers hervor, sie war aber bey alledem mit Wal- dung und kleinern Gesträuchen versehen. Um zehn Uhr wurden wir sieben bis acht Leute gewahr, die am Gestade herumliefen. Sie schienen von schwärzli- cher Farbe zu seyn, und giengen nackend; blos um den Kopf und die Hüften, sahe man etwas weisses umgewickelt, und jeder hielt einen Spies, eine Keule oder eine Ruderschaufel in der Hand. In den Klüften die an manchen Stellen zwischen den Felsen befindlich waren, sahen wir eine Menge kleiner Canots auf den Strand gezogen, und auf dem Abhange der Felsen standen etliche niedrige Cocos-Palmen. Das war schon Einladung genug hier anzulanden. Also wurden gleich zwey Boote in See gesetzt, bewafnet und bemannet, und in sel- bigen giengen, unter guter Begleitung, der Capitain, Dr. Sparrmann, Herr Hodges, mein Vater und ich nach dem Ufer ab. Ein Coralley-Rief läuft dicht vor der ganzen Küste her; doch fand sich eine Oefnung, wo die Brandung nicht so gefährlich war. Hier stiegen wir aus, kletterten auf die nächste Felsen-Klippe, und ließen daselbst einige Matrosen und See-Soldaten Posto fassen. Dieser Felsen bestand ganz aus scharfen und gebrochenen Corallen, und war mit einer Menge kleinen Gesträuchs bewachsen, dergleichen man auf den niedrigen Inseln gemeiniglich antrifft. Außer verschiedenen schon bekann- ten Gattungen fanden wir auch noch einige neue Pflanzen, die alle aus den Ris- sen des Coral-Felsen hervorsproßten, ohnerachtet man auch da nirgends ein Stäubehen von Erdreich sahe. An Vögeln fanden sich hier Brachhüner (curlews) Schnepfen und Reiger, sämmtlich von eben der Art, wie die Ta- hitischen. Wir mochten ungefähr hundert und funfzig Schritt weit durch das
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Junius.
Nachdem wir von hier aus vier Tage lang W. S. Weſtwaͤrts geſteuert hatten, ſo kam uns am 20ſten des Nachmittags eine etwas bergigte Inſel zu Ge- ſicht, auf welcher man, noch vor Untergang der Sonnen, Baͤume unterſcheiden konnte. Weil das Land ſo nahe war; ſo lavirten wir die ganze Nacht uͤber gegen den Wind, wendeten uns erſt bey Anbruch des Tages wieder nach der Kuͤſte, und ſeegelten in einer Entfernung von zwo Meilen laͤngſt derſelben herunter. Das Ufer war durchaus ſteil und ſelſigt, doch gab es am Fuße der Klippen hin und wieder auch einen ſchmalen ſandichten Strand. Die Inſel duͤnkte uns allenthalben gleich niedrig zu ſeyn, und ragte an den hoͤchſten Stellen kaum vier- zig Fuß uͤber die Oberflaͤche des Meers hervor, ſie war aber bey alledem mit Wal- dung und kleinern Geſtraͤuchen verſehen. Um zehn Uhr wurden wir ſieben bis acht Leute gewahr, die am Geſtade herumliefen. Sie ſchienen von ſchwaͤrzli- cher Farbe zu ſeyn, und giengen nackend; blos um den Kopf und die Huͤften, ſahe man etwas weiſſes umgewickelt, und jeder hielt einen Spies, eine Keule oder eine Ruderſchaufel in der Hand. In den Kluͤften die an manchen Stellen zwiſchen den Felſen befindlich waren, ſahen wir eine Menge kleiner Canots auf den Strand gezogen, und auf dem Abhange der Felſen ſtanden etliche niedrige Cocos-Palmen. Das war ſchon Einladung genug hier anzulanden. Alſo wurden gleich zwey Boote in See geſetzt, bewafnet und bemannet, und in ſel- bigen giengen, unter guter Begleitung, der Capitain, Dr. Sparrmann, Herr Hodges, mein Vater und ich nach dem Ufer ab. Ein Coralley-Rief laͤuft dicht vor der ganzen Kuͤſte her; doch fand ſich eine Oefnung, wo die Brandung nicht ſo gefaͤhrlich war. Hier ſtiegen wir aus, kletterten auf die naͤchſte Felſen-Klippe, und ließen daſelbſt einige Matroſen und See-Soldaten Poſto faſſen. Dieſer Felſen beſtand ganz aus ſcharfen und gebrochenen Corallen, und war mit einer Menge kleinen Geſtraͤuchs bewachſen, dergleichen man auf den niedrigen Inſeln gemeiniglich antrifft. Außer verſchiedenen ſchon bekann- ten Gattungen fanden wir auch noch einige neue Pflanzen, die alle aus den Riſ- ſen des Coral-Felſen hervorſproßten, ohnerachtet man auch da nirgends ein Staͤubehen von Erdreich ſahe. An Voͤgeln fanden ſich hier Brachhuͤner (curlews) Schnepfen und Reiger, ſaͤmmtlich von eben der Art, wie die Ta- hitiſchen. Wir mochten ungefaͤhr hundert und funfzig Schritt weit durch das
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Nachdem wir von hier aus vier Tage lang W. S. Weſtwaͤrts geſteuert
hatten, ſo kam uns am 20ſten des Nachmittags eine etwas bergigte Inſel zu Ge-
ſicht, auf welcher man, noch vor Untergang der Sonnen, Baͤume unterſcheiden
konnte. Weil das Land ſo nahe war; ſo lavirten wir die ganze Nacht uͤber gegen
den Wind, wendeten uns erſt bey Anbruch des Tages wieder nach der Kuͤſte,
und ſeegelten in einer Entfernung von zwo Meilen laͤngſt derſelben herunter.
Das Ufer war durchaus ſteil und ſelſigt, doch gab es am Fuße der Klippen hin
und wieder auch einen ſchmalen ſandichten Strand. Die Inſel duͤnkte uns
allenthalben gleich niedrig zu ſeyn, und ragte an den hoͤchſten Stellen kaum vier-
zig Fuß uͤber die Oberflaͤche des Meers hervor, ſie war aber bey alledem mit Wal-
dung und kleinern Geſtraͤuchen verſehen. Um zehn Uhr wurden wir ſieben bis
acht Leute gewahr, die am Geſtade herumliefen. Sie ſchienen von ſchwaͤrzli-
cher Farbe zu ſeyn, und giengen nackend; blos um den Kopf und die Huͤften,
ſahe man etwas weiſſes umgewickelt, und jeder hielt einen Spies, eine Keule
oder eine Ruderſchaufel in der Hand. In den Kluͤften die an manchen Stellen
zwiſchen den Felſen befindlich waren, ſahen wir eine Menge kleiner Canots auf
den Strand gezogen, und auf dem Abhange der Felſen ſtanden etliche niedrige
Cocos-Palmen. Das war ſchon Einladung genug hier anzulanden. Alſo
wurden gleich zwey Boote in See geſetzt, bewafnet und bemannet, und in ſel-
bigen giengen, unter guter Begleitung, der Capitain, Dr. Sparrmann, Herr
Hodges, mein Vater und ich nach dem Ufer ab. Ein Coralley-Rief laͤuft
dicht vor der ganzen Kuͤſte her; doch fand ſich eine Oefnung, wo die Brandung
nicht ſo gefaͤhrlich war. Hier ſtiegen wir aus, kletterten auf die naͤchſte
Felſen-Klippe, und ließen daſelbſt einige Matroſen und See-Soldaten Poſto
faſſen. Dieſer Felſen beſtand ganz aus ſcharfen und gebrochenen Corallen,
und war mit einer Menge kleinen Geſtraͤuchs bewachſen, dergleichen man auf
den niedrigen Inſeln gemeiniglich antrifft. Außer verſchiedenen ſchon bekann-
ten Gattungen fanden wir auch noch einige neue Pflanzen, die alle aus den Riſ-
ſen des Coral-Felſen hervorſproßten, ohnerachtet man auch da nirgends ein
Staͤubehen von Erdreich ſahe. An Voͤgeln fanden ſich hier Brachhuͤner
(curlews) Schnepfen und Reiger, ſaͤmmtlich von eben der Art, wie die Ta-
hitiſchen. Wir mochten ungefaͤhr hundert und funfzig Schritt weit durch das
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/142>, abgerufen am 24.11.2024.
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