Am 17. entstand plötzlich Lärm. Es hieß einer unsrer Leute sey über1772. October. Bord gefallen. Wir wandten das Schiff sogleich, um ihm zu Hülfe zu kom- men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, so wurde die Namenliste abgerufen und zu unsrer großen Freude zeigte sich, daß keiner fehlte. Unsre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be- suchten, erzählten uns sie hätten aus unserm Manövre die Ursach unsrer Besorg- niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Löwen gesehen, der zu diesem falschen Lerm Anlaß gegeben hatte.
Am 19ten gieng die See sehr hoch aus Süden, und ein großer Wallfisch, desgleichen ein Hay-Fisch der 18 bis 20 Fuß lang war, schwammen bey dem Schiffe vorüber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf dem Rücken. Da wir schon lange in See waren, so hatte der Capitain seit einigen Wochen, an den Fleischtagen, das ist, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter die Leute austheilen lassen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint) bekam. Aus Vorsorge für die Gesundheit der See-Leute war, auf Befehl der Admiralität, ein großer Vorrath dieses gesunden und wohlschmeckenden Ge- müses mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge- zeigt, daß es eins der besten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut sey.
Am 24sten da die Adventure weit zurück war, lies der Capitain ein Boot aussetzen, in welchem verschiedne Officier und Reisende aufs Vogelschießen aus- giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba- troßen, imgleichen eine große schwarze Art von Sturmvögeln (procellaria aequinoctialis) zu untersuchen. Wir hatten nun seit neun Wochen kein Land gesehen und das Reisen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und lästig zu werden, die eben so wenig an das einförmige eingeschloßne Leben am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und übrigen Gegenstände gewöhnt waren. Auch uns würde dies zweifelsohne eben so un- angenehm vorgekommen seyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beschäftigung ge- funden und uns mit der Hofnung ermuntert hätten, daß noch manche wichtige Entdeckung in der Natur-Geschichte auf uns warte.
Am 29sten früh Morgens entdeckten wir das äußerste Ende von Africa. Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgänse, imgleichen
Forster's Reise u. d. W. erster Th. F
in den Jahren 1772 bis 1775.
Am 17. entſtand ploͤtzlich Laͤrm. Es hieß einer unſrer Leute ſey uͤber1772. October. Bord gefallen. Wir wandten das Schiff ſogleich, um ihm zu Huͤlfe zu kom- men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, ſo wurde die Namenliſte abgerufen und zu unſrer großen Freude zeigte ſich, daß keiner fehlte. Unſre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be- ſuchten, erzaͤhlten uns ſie haͤtten aus unſerm Manoͤvre die Urſach unſrer Beſorg- niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Loͤwen geſehen, der zu dieſem falſchen Lerm Anlaß gegeben hatte.
Am 19ten gieng die See ſehr hoch aus Suͤden, und ein großer Wallfiſch, desgleichen ein Hay-Fiſch der 18 bis 20 Fuß lang war, ſchwammen bey dem Schiffe voruͤber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf dem Ruͤcken. Da wir ſchon lange in See waren, ſo hatte der Capitain ſeit einigen Wochen, an den Fleiſchtagen, das iſt, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter die Leute austheilen laſſen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint) bekam. Aus Vorſorge fuͤr die Geſundheit der See-Leute war, auf Befehl der Admiralitaͤt, ein großer Vorrath dieſes geſunden und wohlſchmeckenden Ge- muͤſes mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge- zeigt, daß es eins der beſten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut ſey.
Am 24ſten da die Adventure weit zuruͤck war, lies der Capitain ein Boot ausſetzen, in welchem verſchiedne Officier und Reiſende aufs Vogelſchießen aus- giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba- troßen, imgleichen eine große ſchwarze Art von Sturmvoͤgeln (procellaria æquinoctialis) zu unterſuchen. Wir hatten nun ſeit neun Wochen kein Land geſehen und das Reiſen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und laͤſtig zu werden, die eben ſo wenig an das einfoͤrmige eingeſchloßne Leben am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und uͤbrigen Gegenſtaͤnde gewoͤhnt waren. Auch uns wuͤrde dies zweifelsohne eben ſo un- angenehm vorgekommen ſeyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beſchaͤftigung ge- funden und uns mit der Hofnung ermuntert haͤtten, daß noch manche wichtige Entdeckung in der Natur-Geſchichte auf uns warte.
Am 29ſten fruͤh Morgens entdeckten wir das aͤußerſte Ende von Africa. Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgaͤnſe, imgleichen
Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0086"n="41"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/><p>Am 17. entſtand ploͤtzlich Laͤrm. Es hieß einer unſrer Leute ſey uͤber<noteplace="right">1772.<lb/>
October.</note><lb/>
Bord gefallen. Wir wandten das Schiff ſogleich, um ihm zu Huͤlfe zu kom-<lb/>
men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, ſo wurde<lb/>
die Namenliſte abgerufen und zu unſrer großen Freude zeigte ſich, daß keiner fehlte.<lb/>
Unſre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be-<lb/>ſuchten, erzaͤhlten uns ſie haͤtten aus unſerm Manoͤvre die Urſach unſrer Beſorg-<lb/>
niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Loͤwen geſehen, der zu dieſem<lb/>
falſchen Lerm Anlaß gegeben hatte.</p><lb/><p>Am 19ten gieng die See ſehr hoch aus Suͤden, und ein großer Wallfiſch,<lb/>
desgleichen ein Hay-Fiſch der 18 bis 20 Fuß lang war, ſchwammen bey dem<lb/>
Schiffe voruͤber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf<lb/>
dem Ruͤcken. Da wir ſchon lange in See waren, ſo hatte der Capitain ſeit einigen<lb/>
Wochen, an den Fleiſchtagen, das iſt, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter<lb/>
die Leute austheilen laſſen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">pint</hi></hi>)<lb/>
bekam. Aus Vorſorge fuͤr die Geſundheit der See-Leute war, auf Befehl<lb/>
der Admiralitaͤt, ein großer Vorrath dieſes geſunden und wohlſchmeckenden Ge-<lb/>
muͤſes mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge-<lb/>
zeigt, daß es eins der beſten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut ſey.</p><lb/><p>Am 24ſten da die Adventure weit zuruͤck war, lies der Capitain ein Boot<lb/>
ausſetzen, in welchem verſchiedne Officier und Reiſende aufs Vogelſchießen aus-<lb/>
giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba-<lb/>
troßen, imgleichen eine große ſchwarze Art von Sturmvoͤgeln (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">procellaria<lb/>
æquinoctialis</hi></hi>) zu unterſuchen. Wir hatten nun ſeit neun Wochen kein Land<lb/>
geſehen und das Reiſen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und<lb/>
laͤſtig zu werden, die eben ſo wenig an das einfoͤrmige eingeſchloßne Leben<lb/>
am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und uͤbrigen<lb/>
Gegenſtaͤnde gewoͤhnt waren. Auch uns wuͤrde dies zweifelsohne eben ſo un-<lb/>
angenehm vorgekommen ſeyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beſchaͤftigung ge-<lb/>
funden und uns mit der Hofnung ermuntert haͤtten, daß noch manche wichtige<lb/>
Entdeckung in der Natur-Geſchichte auf uns warte.</p><lb/><p>Am 29ſten fruͤh Morgens entdeckten wir das aͤußerſte Ende von <placeName>Africa</placeName>.<lb/>
Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgaͤnſe, imgleichen<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe u. d. W. erſter Th</hi>. F</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[41/0086]
in den Jahren 1772 bis 1775.
Am 17. entſtand ploͤtzlich Laͤrm. Es hieß einer unſrer Leute ſey uͤber
Bord gefallen. Wir wandten das Schiff ſogleich, um ihm zu Huͤlfe zu kom-
men; da wir aber in der See nirgend etwas gewahr werden konnten, ſo wurde
die Namenliſte abgerufen und zu unſrer großen Freude zeigte ſich, daß keiner fehlte.
Unſre Freunde an Bord der Adventure, welche wir einige Tage nachher be-
ſuchten, erzaͤhlten uns ſie haͤtten aus unſerm Manoͤvre die Urſach unſrer Beſorg-
niß errathen, aber zugleich ganz deutlich einen See-Loͤwen geſehen, der zu dieſem
falſchen Lerm Anlaß gegeben hatte.
1772.
October.
Am 19ten gieng die See ſehr hoch aus Suͤden, und ein großer Wallfiſch,
desgleichen ein Hay-Fiſch der 18 bis 20 Fuß lang war, ſchwammen bey dem
Schiffe voruͤber; letzterer war von weislichter Farbe und hatte zwo Floßfedern auf
dem Ruͤcken. Da wir ſchon lange in See waren, ſo hatte der Capitain ſeit einigen
Wochen, an den Fleiſchtagen, das iſt, viermal die Woche, Sauer-Kraut unter
die Leute austheilen laſſen, wovon der Mann jedesmal ein halbes Quart (pint)
bekam. Aus Vorſorge fuͤr die Geſundheit der See-Leute war, auf Befehl
der Admiralitaͤt, ein großer Vorrath dieſes geſunden und wohlſchmeckenden Ge-
muͤſes mit an Bord beyder Schiffe genommen worden; und der Erfolg hat ge-
zeigt, daß es eins der beſten Verwahrungsmittel wieder den Scorbut ſey.
Am 24ſten da die Adventure weit zuruͤck war, lies der Capitain ein Boot
ausſetzen, in welchem verſchiedne Officier und Reiſende aufs Vogelſchießen aus-
giengen. Dies gab uns wiederum Gelegenheit die beyden Arten von Alba-
troßen, imgleichen eine große ſchwarze Art von Sturmvoͤgeln (procellaria
æquinoctialis) zu unterſuchen. Wir hatten nun ſeit neun Wochen kein Land
geſehen und das Reiſen zur See fieng an denenjenigen unter uns verdrießlich und
laͤſtig zu werden, die eben ſo wenig an das einfoͤrmige eingeſchloßne Leben
am Bord eines Schiffs, als an das ewige Einerley der Lebensmittel und uͤbrigen
Gegenſtaͤnde gewoͤhnt waren. Auch uns wuͤrde dies zweifelsohne eben ſo un-
angenehm vorgekommen ſeyn, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit Beſchaͤftigung ge-
funden und uns mit der Hofnung ermuntert haͤtten, daß noch manche wichtige
Entdeckung in der Natur-Geſchichte auf uns warte.
Am 29ſten fruͤh Morgens entdeckten wir das aͤußerſte Ende von Africa.
Es war mit Wolken und Nebel bedeckt, und einige Solandgaͤnſe, imgleichen
Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/86>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.