Früh am folgenden Tage giengen wir aus Land und besuchten den Com-1772. August. mandanten im Fort, Don Joseph de Sylva, einen gutherzigen Mann, der et- was französisch sprach und uns beym General-Gouverneur der Cap-Verdischen Inseln einführte. Dieser Herr hies Don Joachim Salama Saldancha de Lobos. Er residirt sonst gemeiniglich zu S. Jago, als der Hauptstadt dieser Insel; weil er aber kränklich war, wie seine blaße Gesichtsfarbe verrieth, so hatte er sich vor zween Monathen hieher begeben, als woselbst die Luft gesun- der seyn soll. Er wohnte in den Zimmern des Commendanten, der sich unter- dessen in einer elenden Hütte behelfen mußte und uns einige Nachricht von diesen Inseln gab.
Antonio Nolli, wahrscheinlicherweise ebender, welchen andre auch An- toniotto nennen, ein Genueser, der beym Infanten von PortugalDon Hen- rich in Diensten stand, entdeckte im Jahr 1449. einige dieser Inseln und lan- dete am 1. May auf einer derselben, die auch, ihrem Entdeckungstage zu Ehren, den Nahmen Mayo erhielt. S. Jago erblickte er zu gleicher Zeit. Im Jahr 1460. ward abermahls eine Reise dahin angestellt um Besitz davon zu nehmen, eine Colonie dort anzulegen, und sich förmlich darauf niederzulassen, bey wel- cher Gelegenheit dann auch die übrigen Inseln vollends entdeckt wurden. St. Jago ist die größte und ohngefähr siebenzehn Stunden (leagues) lang. Die Hauptstadt gleiches Nahmens liegt im Innern des Landes und ist der Sitz des Bi- schofes, zu dessen Sprengel alle Inseln des grünen Vorgebürges gehören; die ganze Insel aber ist in eilf Kirchspiele getheilt, wovon das volkreichste ohngefähr vier tau- send Häuser enthält, so daß sie im Ganzen genommen nur schlecht bevölkert ist.
Porto-Praya liegt auf einem steilen Felsen, den wir auf einen schlän- gelnden Fußsteig hinangiengen. An der See-Seite bestehen die Festungswerke aus alten verfallnen Mauren, und gegen die Land-Seite hin nur aus einem Aufwurff von losen Steinen, der kaum halb Manns hoch ist. Nahe beym Fort steht ein ziemlich ansehnliches Gebäude, welches einer Gesellschaft von Kaufleu- ten zu Lissabon gehört, die ein Handlungs-Monopolium für diese Inseln haben und zu dem Ende hier einen Agenten halten. Da wir einige frische Lebens- mittel alhier einkaufen wollten, verwieß uns der Gouverneur desfalls an diesen Agenten; allein es war ein sehr bequemer Herr, der uns zwar alles versprach
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Fruͤh am folgenden Tage giengen wir aus Land und beſuchten den Com-1772. Auguſt. mandanten im Fort, Don Joſeph de Sylva, einen gutherzigen Mann, der et- was franzoͤſiſch ſprach und uns beym General-Gouverneur der Cap-Verdiſchen Inſeln einfuͤhrte. Dieſer Herr hies Don Joachim Salama Saldancha de Lobos. Er reſidirt ſonſt gemeiniglich zu S. Jago, als der Hauptſtadt dieſer Inſel; weil er aber kraͤnklich war, wie ſeine blaße Geſichtsfarbe verrieth, ſo hatte er ſich vor zween Monathen hieher begeben, als woſelbſt die Luft geſun- der ſeyn ſoll. Er wohnte in den Zimmern des Commendanten, der ſich unter- deſſen in einer elenden Huͤtte behelfen mußte und uns einige Nachricht von dieſen Inſeln gab.
Antonio Nolli, wahrſcheinlicherweiſe ebender, welchen andre auch An- toniotto nennen, ein Genueſer, der beym Infanten von PortugalDon Hen- rich in Dienſten ſtand, entdeckte im Jahr 1449. einige dieſer Inſeln und lan- dete am 1. May auf einer derſelben, die auch, ihrem Entdeckungstage zu Ehren, den Nahmen Mayo erhielt. S. Jago erblickte er zu gleicher Zeit. Im Jahr 1460. ward abermahls eine Reiſe dahin angeſtellt um Beſitz davon zu nehmen, eine Colonie dort anzulegen, und ſich foͤrmlich darauf niederzulaſſen, bey wel- cher Gelegenheit dann auch die uͤbrigen Inſeln vollends entdeckt wurden. St. Jago iſt die groͤßte und ohngefaͤhr ſiebenzehn Stunden (leagues) lang. Die Hauptſtadt gleiches Nahmens liegt im Innern des Landes und iſt der Sitz des Bi- ſchofes, zu deſſen Sprengel alle Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges gehoͤren; die ganze Inſel aber iſt in eilf Kirchſpiele getheilt, wovon das volkreichſte ohngefaͤhr vier tau- ſend Haͤuſer enthaͤlt, ſo daß ſie im Ganzen genommen nur ſchlecht bevoͤlkert iſt.
Porto-Praya liegt auf einem ſteilen Felſen, den wir auf einen ſchlaͤn- gelnden Fußſteig hinangiengen. An der See-Seite beſtehen die Feſtungswerke aus alten verfallnen Mauren, und gegen die Land-Seite hin nur aus einem Aufwurff von loſen Steinen, der kaum halb Manns hoch iſt. Nahe beym Fort ſteht ein ziemlich anſehnliches Gebaͤude, welches einer Geſellſchaft von Kaufleu- ten zu Liſſabon gehoͤrt, die ein Handlungs-Monopolium fuͤr dieſe Inſeln haben und zu dem Ende hier einen Agenten halten. Da wir einige friſche Lebens- mittel alhier einkaufen wollten, verwieß uns der Gouverneur desfalls an dieſen Agenten; allein es war ein ſehr bequemer Herr, der uns zwar alles verſprach
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Fruͤh am folgenden Tage giengen wir aus Land und beſuchten den Com-
mandanten im Fort, Don Joſeph de Sylva, einen gutherzigen Mann, der et-
was franzoͤſiſch ſprach und uns beym General-Gouverneur der Cap-Verdiſchen
Inſeln einfuͤhrte. Dieſer Herr hies Don Joachim Salama Saldancha de
Lobos. Er reſidirt ſonſt gemeiniglich zu S. Jago, als der Hauptſtadt dieſer
Inſel; weil er aber kraͤnklich war, wie ſeine blaße Geſichtsfarbe verrieth, ſo
hatte er ſich vor zween Monathen hieher begeben, als woſelbſt die Luft geſun-
der ſeyn ſoll. Er wohnte in den Zimmern des Commendanten, der ſich unter-
deſſen in einer elenden Huͤtte behelfen mußte und uns einige Nachricht von dieſen
Inſeln gab.
1772.
Auguſt.
Antonio Nolli, wahrſcheinlicherweiſe ebender, welchen andre auch An-
toniotto nennen, ein Genueſer, der beym Infanten von Portugal Don Hen-
rich in Dienſten ſtand, entdeckte im Jahr 1449. einige dieſer Inſeln und lan-
dete am 1. May auf einer derſelben, die auch, ihrem Entdeckungstage zu Ehren,
den Nahmen Mayo erhielt. S. Jago erblickte er zu gleicher Zeit. Im Jahr
1460. ward abermahls eine Reiſe dahin angeſtellt um Beſitz davon zu nehmen,
eine Colonie dort anzulegen, und ſich foͤrmlich darauf niederzulaſſen, bey wel-
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Jago iſt die groͤßte und ohngefaͤhr ſiebenzehn Stunden (leagues) lang. Die
Hauptſtadt gleiches Nahmens liegt im Innern des Landes und iſt der Sitz des Bi-
ſchofes, zu deſſen Sprengel alle Inſeln des gruͤnen Vorgebuͤrges gehoͤren; die ganze
Inſel aber iſt in eilf Kirchſpiele getheilt, wovon das volkreichſte ohngefaͤhr vier tau-
ſend Haͤuſer enthaͤlt, ſo daß ſie im Ganzen genommen nur ſchlecht bevoͤlkert iſt.
Porto-Praya liegt auf einem ſteilen Felſen, den wir auf einen ſchlaͤn-
gelnden Fußſteig hinangiengen. An der See-Seite beſtehen die Feſtungswerke
aus alten verfallnen Mauren, und gegen die Land-Seite hin nur aus einem
Aufwurff von loſen Steinen, der kaum halb Manns hoch iſt. Nahe beym Fort
ſteht ein ziemlich anſehnliches Gebaͤude, welches einer Geſellſchaft von Kaufleu-
ten zu Liſſabon gehoͤrt, die ein Handlungs-Monopolium fuͤr dieſe Inſeln haben
und zu dem Ende hier einen Agenten halten. Da wir einige friſche Lebens-
mittel alhier einkaufen wollten, verwieß uns der Gouverneur desfalls an dieſen
Agenten; allein es war ein ſehr bequemer Herr, der uns zwar alles verſprach
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/72>, abgerufen am 26.11.2024.
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