chal boogsirt, weil es völlig Windstill war, und erst in dunkler Nacht kamen wir1772. Julius. vor Anker.
Frühe am 29sten wurden wir durch den malerischen Anblick der Stadt Funchal sehr angenehm überrascht. Sie liegt rund um die Rheede, auf einem sanft anlaufenden Grunde der Vorberge, und hat die Gestalt eines Amphitea- ters. Vermittelst dieser Lage fallen sämtliche Gebäude und Häuser um so viel vortheilhafter ins Gesicht; sie sind fast durchgehends weiß angestrichen; viele sind zwey Stock hoch, und haben flache Dächer, welches ihnen eine Aehnlich- keit mit der morgenländischen Bauart und eine Simplicität giebt, die hier in Eng- land, unsern schmalen Häusern mit hohen, schräg zusammenlaufenden und mit einer ganzen Reihe von Schornsteinen bepflanzten Dächern, gänzlich zu fehlen pflegt. Am Ufer sieht man verschiedene Batterien und Plattformen mit Ka- nonen, auch wird die Rheede von einem alten Kastell bestrichen, welches auf einem steilen schwarzen Felsen liegt, der bey hohem Wasser von der See umge- ben ist, und von den Engländern the Loo-Rock genannt wird. Hinter der Stadt ist noch ein andres Kastell, St. Joanno do Pico genannt. Die nah- gelegnen Höhen, auf welchen man überall Weinberge, umzäunte Gründe, Plan- tagen und Buschwerk nebst Landhäusern und verschiedenen Kirchen erblickt, ma- chen die Schönheit der Landschaft vollkommen. Alles erweckte den Begrif einer bezauberten Jusul, und gab uns eine Idee von den hängenden Gärten der Se- miramis.
Um 7 Uhr kam ein Boot zu uns, welches das Prattique-Boot genannt wird und einen Capitain do Sal am Boord hatte. Dieser Officier ist einer von den zween Guarda-Mores des Gesundheits-Collegii, welche die Quaran- taine der Schiffe bestimmen, die aus der Barbarey oder Levante oder aus an- dern verdächtigen, der Pest unterworfnen, Gegenden ankommen. Er erkundigte sich nach unserm Gesundheitszustande und dem Lande woher wir kämen, und erfuhr was er zu wissen verlangte.
Kurz nachher landeten wir und giengen mit unsern Capitains zu Herrn Loughnan, einem englischen Kaufmann, der, vermöge Contracts, alle hier ein- laufende Königliche Schiffe mit den erforderlichen Nothwendigkeiten versiehet. Der jüngst ernannte Consul, Herr Murray war noch nicht angekommen; Herr
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in den Jahren 1772 bis 1775.
chal boogſirt, weil es voͤllig Windſtill war, und erſt in dunkler Nacht kamen wir1772. Julius. vor Anker.
Fruͤhe am 29ſten wurden wir durch den maleriſchen Anblick der Stadt Funchal ſehr angenehm uͤberraſcht. Sie liegt rund um die Rheede, auf einem ſanft anlaufenden Grunde der Vorberge, und hat die Geſtalt eines Amphitea- ters. Vermittelſt dieſer Lage fallen ſaͤmtliche Gebaͤude und Haͤuſer um ſo viel vortheilhafter ins Geſicht; ſie ſind faſt durchgehends weiß angeſtrichen; viele ſind zwey Stock hoch, und haben flache Daͤcher, welches ihnen eine Aehnlich- keit mit der morgenlaͤndiſchen Bauart und eine Simplicitaͤt giebt, die hier in Eng- land, unſern ſchmalen Haͤuſern mit hohen, ſchraͤg zuſammenlaufenden und mit einer ganzen Reihe von Schornſteinen bepflanzten Daͤchern, gaͤnzlich zu fehlen pflegt. Am Ufer ſieht man verſchiedene Batterien und Plattformen mit Ka- nonen, auch wird die Rheede von einem alten Kaſtell beſtrichen, welches auf einem ſteilen ſchwarzen Felſen liegt, der bey hohem Waſſer von der See umge- ben iſt, und von den Englaͤndern the Loo-Rock genannt wird. Hinter der Stadt iſt noch ein andres Kaſtell, St. Joanno do Pico genannt. Die nah- gelegnen Hoͤhen, auf welchen man uͤberall Weinberge, umzaͤunte Gruͤnde, Plan- tagen und Buſchwerk nebſt Landhaͤuſern und verſchiedenen Kirchen erblickt, ma- chen die Schoͤnheit der Landſchaft vollkommen. Alles erweckte den Begrif einer bezauberten Juſul, und gab uns eine Idee von den haͤngenden Gaͤrten der Se- miramis.
Um 7 Uhr kam ein Boot zu uns, welches das Prattique-Boot genannt wird und einen Capitain do Sal am Boord hatte. Dieſer Officier iſt einer von den zween Guarda-Mores des Geſundheits-Collegii, welche die Quaran- taine der Schiffe beſtimmen, die aus der Barbarey oder Levante oder aus an- dern verdaͤchtigen, der Peſt unterworfnen, Gegenden ankommen. Er erkundigte ſich nach unſerm Geſundheitszuſtande und dem Lande woher wir kaͤmen, und erfuhr was er zu wiſſen verlangte.
Kurz nachher landeten wir und giengen mit unſern Capitains zu Herrn Loughnan, einem engliſchen Kaufmann, der, vermoͤge Contracts, alle hier ein- laufende Koͤnigliche Schiffe mit den erforderlichen Nothwendigkeiten verſiehet. Der juͤngſt ernannte Conſul, Herr Murray war noch nicht angekommen; Herr
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in den Jahren 1772 bis 1775.
chal boogſirt, weil es voͤllig Windſtill war, und erſt in dunkler Nacht kamen wir
vor Anker.
1772.
Julius.
Fruͤhe am 29ſten wurden wir durch den maleriſchen Anblick der Stadt
Funchal ſehr angenehm uͤberraſcht. Sie liegt rund um die Rheede, auf einem
ſanft anlaufenden Grunde der Vorberge, und hat die Geſtalt eines Amphitea-
ters. Vermittelſt dieſer Lage fallen ſaͤmtliche Gebaͤude und Haͤuſer um ſo viel
vortheilhafter ins Geſicht; ſie ſind faſt durchgehends weiß angeſtrichen; viele
ſind zwey Stock hoch, und haben flache Daͤcher, welches ihnen eine Aehnlich-
keit mit der morgenlaͤndiſchen Bauart und eine Simplicitaͤt giebt, die hier in Eng-
land, unſern ſchmalen Haͤuſern mit hohen, ſchraͤg zuſammenlaufenden und mit
einer ganzen Reihe von Schornſteinen bepflanzten Daͤchern, gaͤnzlich zu fehlen
pflegt. Am Ufer ſieht man verſchiedene Batterien und Plattformen mit Ka-
nonen, auch wird die Rheede von einem alten Kaſtell beſtrichen, welches auf
einem ſteilen ſchwarzen Felſen liegt, der bey hohem Waſſer von der See umge-
ben iſt, und von den Englaͤndern the Loo-Rock genannt wird. Hinter der
Stadt iſt noch ein andres Kaſtell, St. Joanno do Pico genannt. Die nah-
gelegnen Hoͤhen, auf welchen man uͤberall Weinberge, umzaͤunte Gruͤnde, Plan-
tagen und Buſchwerk nebſt Landhaͤuſern und verſchiedenen Kirchen erblickt, ma-
chen die Schoͤnheit der Landſchaft vollkommen. Alles erweckte den Begrif einer
bezauberten Juſul, und gab uns eine Idee von den haͤngenden Gaͤrten der Se-
miramis.
Um 7 Uhr kam ein Boot zu uns, welches das Prattique-Boot genannt
wird und einen Capitain do Sal am Boord hatte. Dieſer Officier iſt einer
von den zween Guarda-Mores des Geſundheits-Collegii, welche die Quaran-
taine der Schiffe beſtimmen, die aus der Barbarey oder Levante oder aus an-
dern verdaͤchtigen, der Peſt unterworfnen, Gegenden ankommen. Er erkundigte
ſich nach unſerm Geſundheitszuſtande und dem Lande woher wir kaͤmen, und
erfuhr was er zu wiſſen verlangte.
Kurz nachher landeten wir und giengen mit unſern Capitains zu Herrn
Loughnan, einem engliſchen Kaufmann, der, vermoͤge Contracts, alle hier ein-
laufende Koͤnigliche Schiffe mit den erforderlichen Nothwendigkeiten verſiehet.
Der juͤngſt ernannte Conſul, Herr Murray war noch nicht angekommen; Herr
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/56>, abgerufen am 26.11.2024.
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