Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1772. Julius. Verschiedene Meerschweine schwammen am 25sten, gegen den Wind, vor- Am 28sten um 6 Uhr des Morgens erblickten wir die Insel Porto-San- Kurz nachher kamen wir auf die Höhe von Madera und der Ilhas de- Kanonenkugel, welche jedoch so gerichtet wird, daß sie das Schiff nicht trifft, sondern nur
bey demselben vorbey streicht. Wenn ein solchergestalt angehaltenes Schiff die Superiori- tät des andern und die Rechtmäßigkeit eines solchen Verfahrens nicht anerkennt, so setzt es entweder seinen Lauf fort, ohne sich an die Aufforderung des andern zu kehren, oder es erwidert die Unbescheidenheit des Fremden wohl gar durch eine ernstliche Antwort aus seinen eigenen Canonen. Hält es sich im Gegentheil für verbunden, dem andern zu ge- horchen, so nimmt es zum Zeichen seiner Unterthänigkeit die Seegel ein, läßt auch wohl seine Flagge nieder, kurz, es hält still oder schickt gar Leute im Boote ab, um auf die vorgelegten Fragen des andern zu antworten. In dem Text wird daher gerüget, daß die Capitains Cook und Furneaux, und zwar ersterer durch sein Beyspiel, der Ehre der brittischen Nation, (die seit der Königin Elisabeth Zeiten her den stolzen Titel von Herren der See gegen alle Mächte behauptet), hier etwas vergeben hätten, indem sie den Spaniern eine bis hieher von keinem Engländer eingestandene Oberherrschaft, in diesen Gewässern ein- räumten. A. d. V. Forſter’s Reiſe um die Welt 1772. Julius. Verſchiedene Meerſchweine ſchwammen am 25ſten, gegen den Wind, vor- Am 28ſten um 6 Uhr des Morgens erblickten wir die Inſel Porto-San- Kurz nachher kamen wir auf die Hoͤhe von Madera und der Ilhas de- Kanonenkugel, welche jedoch ſo gerichtet wird, daß ſie das Schiff nicht trifft, ſondern nur
bey demſelben vorbey ſtreicht. Wenn ein ſolchergeſtalt angehaltenes Schiff die Superiori- taͤt des andern und die Rechtmaͤßigkeit eines ſolchen Verfahrens nicht anerkennt, ſo ſetzt es entweder ſeinen Lauf fort, ohne ſich an die Aufforderung des andern zu kehren, oder es erwidert die Unbeſcheidenheit des Fremden wohl gar durch eine ernſtliche Antwort aus ſeinen eigenen Canonen. Haͤlt es ſich im Gegentheil fuͤr verbunden, dem andern zu ge- horchen, ſo nimmt es zum Zeichen ſeiner Unterthaͤnigkeit die Seegel ein, laͤßt auch wohl ſeine Flagge nieder, kurz, es haͤlt ſtill oder ſchickt gar Leute im Boote ab, um auf die vorgelegten Fragen des andern zu antworten. In dem Text wird daher geruͤget, daß die Capitains Cook und Furneaux, und zwar erſterer durch ſein Beyſpiel, der Ehre der brittiſchen Nation, (die ſeit der Koͤnigin Eliſabeth Zeiten her den ſtolzen Titel von Herren der See gegen alle Maͤchte behauptet), hier etwas vergeben haͤtten, indem ſie den Spaniern eine bis hieher von keinem Englaͤnder eingeſtandene Oberherrſchaft, in dieſen Gewaͤſſern ein- raͤumten. A. d. V. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0055" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi> </fw><lb/> <note place="left">1772.<lb/> Julius.</note> <p>Verſchiedene Meerſchweine ſchwammen am 25ſten, gegen den Wind, vor-<lb/> bey, der, ſeit dem wir das <placeName>Cap <hi rendition="#fr">Finiſterre</hi></placeName> verlaſſen, nord-oͤſtlich geblieben war.<lb/> Des Nachts leuchtete das Meerwaſſer, beſonders ſchienen die Spitzen der Wellen,<lb/> und ein Theil des Kielwaſſers hinter dem Schiff, aus einer Maſſe von lauter<lb/> Licht zu beſtehen; doch ſahe man auch noch ohnedies eine Menge kleiner Fun-<lb/> ken, die heller als alles uͤbrige waren.</p><lb/> <p>Am 28ſten um 6 Uhr des Morgens erblickten wir die Inſel <hi rendition="#fr"><placeName>Porto-San-<lb/> to</placeName>,</hi> welche ohngefaͤhr vier bis fuͤnftehalb deutſche Meilen lang, unfruchtbar,<lb/> und ſchlecht bewohnt iſt. Sie hat nur eine <hi rendition="#fr">Villa</hi> oder Flecken, die eben ſo heißt<lb/> und am oͤſtlichen Ufer in einem Thal liegt, welches ganz angebaut, und dem<lb/> Anſehn nach, voller Weinberge iſt. Uebrigens ſteht dieſe kleine Inſel unter<lb/> dem Gouverneur von <hi rendition="#fr"><placeName>Madera</placeName></hi> und die Zahl ihrer Einwohner belaͤuft ſich ohn-<lb/> gefaͤhr auf 700 Koͤpfe.</p><lb/> <p>Kurz nachher kamen wir auf die Hoͤhe von <hi rendition="#fr"><placeName>Madera</placeName></hi> und der <hi rendition="#aq"><placeName>Ilhas de-<lb/> ſertas</placeName>,</hi> welche unſre Seefahrer die <hi rendition="#fr"><placeName>Deſerteurs</placeName></hi> zu nennen pflegen. Die<lb/> Stadt <hi rendition="#fr"><placeName>Santa Cruz</placeName></hi> auf <hi rendition="#fr"><placeName>Madera</placeName></hi> lag Nachmittags um 6 Uhr gerade vor uns.<lb/> Hier ſahen wir die Berge von einer Menge tiefer Kluͤſte und Thaͤler durch-<lb/> ſchnitten und auf den Ruͤcken derſelben verſchiedene Landhaͤuſer, deren uͤberaus<lb/> anmuthige Lage zwiſchen Weinbergen und hohen Cypreſſen, der Gegend ein ſehr<lb/> romantiſches Anſehen gab. Wir wurden mit Booten in die Rheede von <placeName xml:id="PN2" next="#PN2_2"><hi rendition="#fr">Fun-</hi></placeName><lb/><note xml:id="note-0055" prev="#note-0054" place="foot" n="*)">Kanonenkugel, welche jedoch ſo gerichtet wird, daß ſie das Schiff nicht trifft, ſondern nur<lb/> bey demſelben vorbey ſtreicht. Wenn ein ſolchergeſtalt angehaltenes Schiff die Superiori-<lb/> taͤt des andern und die Rechtmaͤßigkeit eines ſolchen Verfahrens nicht anerkennt, ſo ſetzt<lb/> es entweder ſeinen Lauf fort, ohne ſich an die Aufforderung des andern zu kehren, oder<lb/> es erwidert die Unbeſcheidenheit des Fremden wohl gar durch eine ernſtliche Antwort aus<lb/> ſeinen eigenen Canonen. Haͤlt es ſich im Gegentheil fuͤr verbunden, dem andern zu ge-<lb/> horchen, ſo nimmt es zum Zeichen ſeiner Unterthaͤnigkeit die Seegel ein, laͤßt auch wohl<lb/> ſeine Flagge nieder, kurz, es haͤlt ſtill oder ſchickt gar Leute im Boote ab, um auf die<lb/> vorgelegten Fragen des andern zu antworten. In dem Text wird daher geruͤget, daß die<lb/> Capitains <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> und <persName>Furneaux</persName>, und zwar erſterer durch ſein Beyſpiel, der Ehre der brittiſchen<lb/> Nation, (die ſeit der Koͤnigin <persName>Eliſabeth</persName> Zeiten her den ſtolzen Titel von <hi rendition="#fr">Herren der See</hi><lb/> gegen alle Maͤchte behauptet), hier etwas vergeben haͤtten, indem ſie den Spaniern eine<lb/> bis hieher von keinem Englaͤnder eingeſtandene Oberherrſchaft, in dieſen Gewaͤſſern ein-<lb/> raͤumten. A. d. V.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0055]
Forſter’s Reiſe um die Welt
Verſchiedene Meerſchweine ſchwammen am 25ſten, gegen den Wind, vor-
bey, der, ſeit dem wir das Cap Finiſterre verlaſſen, nord-oͤſtlich geblieben war.
Des Nachts leuchtete das Meerwaſſer, beſonders ſchienen die Spitzen der Wellen,
und ein Theil des Kielwaſſers hinter dem Schiff, aus einer Maſſe von lauter
Licht zu beſtehen; doch ſahe man auch noch ohnedies eine Menge kleiner Fun-
ken, die heller als alles uͤbrige waren.
Am 28ſten um 6 Uhr des Morgens erblickten wir die Inſel Porto-San-
to, welche ohngefaͤhr vier bis fuͤnftehalb deutſche Meilen lang, unfruchtbar,
und ſchlecht bewohnt iſt. Sie hat nur eine Villa oder Flecken, die eben ſo heißt
und am oͤſtlichen Ufer in einem Thal liegt, welches ganz angebaut, und dem
Anſehn nach, voller Weinberge iſt. Uebrigens ſteht dieſe kleine Inſel unter
dem Gouverneur von Madera und die Zahl ihrer Einwohner belaͤuft ſich ohn-
gefaͤhr auf 700 Koͤpfe.
Kurz nachher kamen wir auf die Hoͤhe von Madera und der Ilhas de-
ſertas, welche unſre Seefahrer die Deſerteurs zu nennen pflegen. Die
Stadt Santa Cruz auf Madera lag Nachmittags um 6 Uhr gerade vor uns.
Hier ſahen wir die Berge von einer Menge tiefer Kluͤſte und Thaͤler durch-
ſchnitten und auf den Ruͤcken derſelben verſchiedene Landhaͤuſer, deren uͤberaus
anmuthige Lage zwiſchen Weinbergen und hohen Cypreſſen, der Gegend ein ſehr
romantiſches Anſehen gab. Wir wurden mit Booten in die Rheede von Fun-
*)
*) Kanonenkugel, welche jedoch ſo gerichtet wird, daß ſie das Schiff nicht trifft, ſondern nur
bey demſelben vorbey ſtreicht. Wenn ein ſolchergeſtalt angehaltenes Schiff die Superiori-
taͤt des andern und die Rechtmaͤßigkeit eines ſolchen Verfahrens nicht anerkennt, ſo ſetzt
es entweder ſeinen Lauf fort, ohne ſich an die Aufforderung des andern zu kehren, oder
es erwidert die Unbeſcheidenheit des Fremden wohl gar durch eine ernſtliche Antwort aus
ſeinen eigenen Canonen. Haͤlt es ſich im Gegentheil fuͤr verbunden, dem andern zu ge-
horchen, ſo nimmt es zum Zeichen ſeiner Unterthaͤnigkeit die Seegel ein, laͤßt auch wohl
ſeine Flagge nieder, kurz, es haͤlt ſtill oder ſchickt gar Leute im Boote ab, um auf die
vorgelegten Fragen des andern zu antworten. In dem Text wird daher geruͤget, daß die
Capitains Cook und Furneaux, und zwar erſterer durch ſein Beyſpiel, der Ehre der brittiſchen
Nation, (die ſeit der Koͤnigin Eliſabeth Zeiten her den ſtolzen Titel von Herren der See
gegen alle Maͤchte behauptet), hier etwas vergeben haͤtten, indem ſie den Spaniern eine
bis hieher von keinem Englaͤnder eingeſtandene Oberherrſchaft, in dieſen Gewaͤſſern ein-
raͤumten. A. d. V.
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