Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
in den Jahren 1772 bis 1775.

Ich gieng hierauf meinen vorigen Weg zurück und kehrte mit Capitain1774.
März.

Cook wieder an Bord. Um 9 Uhr waren wir am Ufer, und feuerten zum
Signal, daß wir ein Boot haben wollten, eine unserer Musketen, ab.
Man schickte sogleich unsere Pinnasse, und so kam unser Detaschement wie-
der an Bord. Mein Vater war wegen seiner langerlittenen, rheumatischen
Schmerzen mehr, als die übrigen abgemattet und mußte sogleich zu Bette gehen;
die andern Herren aber speißten mit uns das Abendbrod, wozu wir ein Paar
Hühner, die schon zubereitet waren, am Lande gekauft hatten. Sie erzählten
uns von ihren Verrichtungen, und da man es vielleicht lieber sehen wird, etwas
zusammenhängendes darüber zu hören, so will ich hier einen Auszug aus meines
Vaters Tagebuch einrücken:

"Sobald wir gelandet, giengen wir sogleich ins Land hinein, nahmen
unsern Weg längst dem Fus des höchsten Berges, der gegen Süden liegt, bis
wir die andre Seite der Insel erreichten. Ohngefähr einhundert von den Ein-
gebohrnen, darunter vier bis fünf Frauenspersonen waren, begleiteten uns auf
dieser Wallfahrt, und verkauften uns eine Menge Kartoffeln und etliche Hüh-
ner, die unsern Vorrath an Lebensmitteln etwas ansehnlicher machten. Ein
Mann von mittlerm Alter, der über den ganzen Leib punctirt war, und sich das
Gesicht mit weißer Farbe angestrichen hatte, gieng voran, und hielt ein weißes
Tuch, auf einem kleinen Stecken empor, wobey er seine Landsleute aus dem
Wege gehen hieß. Der Boden war überall mit Steinen von verschiedner
Größe bedeckt, die löcherigt, schwammigt und von schwarzer brauner oder röth-
licher Farbe waren, und unläugbare Spuren volcanischen Feuers an sich hatten,
Die Fussteige waren einigermaßen von den Steinen gereinigt, aber so
eng, daß wir mit den Füßen ganz einwärts gehen mußten, ein Umstand, der
den Einwohnern eben nicht schwer fiel, indem sie im Gehen beständig einen
Fus vor den andern zu setzen pflegen. Uns war diese Art zu gehen, etwas un-
gewohnt und daher sehr ermüdend. Wir stießen oft an und verloren darüber
nicht selten das Gleichgewicht. Zu beyden Seiten des Fussteiges war der Boden
mit dünnem perennirenden Grase (paspalum) besetzt. Es wuchs hier in klei-
nen Büscheln, und war so schlüpfrig, daß man fast nicht darauf gehen konnte.
Auf der Ostseite der Insel, kamen wir zu einer Reihe Bildsäulen, sieben an der

in den Jahren 1772 bis 1775.

Ich gieng hierauf meinen vorigen Weg zuruͤck und kehrte mit Capitain1774.
Maͤrz.

Cook wieder an Bord. Um 9 Uhr waren wir am Ufer, und feuerten zum
Signal, daß wir ein Boot haben wollten, eine unſerer Musketen, ab.
Man ſchickte ſogleich unſere Pinnaſſe, und ſo kam unſer Detaſchement wie-
der an Bord. Mein Vater war wegen ſeiner langerlittenen, rheumatiſchen
Schmerzen mehr, als die uͤbrigen abgemattet und mußte ſogleich zu Bette gehen;
die andern Herren aber ſpeißten mit uns das Abendbrod, wozu wir ein Paar
Huͤhner, die ſchon zubereitet waren, am Lande gekauft hatten. Sie erzaͤhlten
uns von ihren Verrichtungen, und da man es vielleicht lieber ſehen wird, etwas
zuſammenhaͤngendes daruͤber zu hoͤren, ſo will ich hier einen Auszug aus meines
Vaters Tagebuch einruͤcken:

“Sobald wir gelandet, giengen wir ſogleich ins Land hinein, nahmen
unſern Weg laͤngſt dem Fus des hoͤchſten Berges, der gegen Suͤden liegt, bis
wir die andre Seite der Inſel erreichten. Ohngefaͤhr einhundert von den Ein-
gebohrnen, darunter vier bis fuͤnf Frauensperſonen waren, begleiteten uns auf
dieſer Wallfahrt, und verkauften uns eine Menge Kartoffeln und etliche Huͤh-
ner, die unſern Vorrath an Lebensmitteln etwas anſehnlicher machten. Ein
Mann von mittlerm Alter, der uͤber den ganzen Leib punctirt war, und ſich das
Geſicht mit weißer Farbe angeſtrichen hatte, gieng voran, und hielt ein weißes
Tuch, auf einem kleinen Stecken empor, wobey er ſeine Landsleute aus dem
Wege gehen hieß. Der Boden war uͤberall mit Steinen von verſchiedner
Groͤße bedeckt, die loͤcherigt, ſchwammigt und von ſchwarzer brauner oder roͤth-
licher Farbe waren, und unlaͤugbare Spuren volcaniſchen Feuers an ſich hatten,
Die Fusſteige waren einigermaßen von den Steinen gereinigt, aber ſo
eng, daß wir mit den Fuͤßen ganz einwaͤrts gehen mußten, ein Umſtand, der
den Einwohnern eben nicht ſchwer fiel, indem ſie im Gehen beſtaͤndig einen
Fus vor den andern zu ſetzen pflegen. Uns war dieſe Art zu gehen, etwas un-
gewohnt und daher ſehr ermuͤdend. Wir ſtießen oft an und verloren daruͤber
nicht ſelten das Gleichgewicht. Zu beyden Seiten des Fusſteiges war der Boden
mit duͤnnem perennirenden Graſe (paspalum) beſetzt. Es wuchs hier in klei-
nen Buͤſcheln, und war ſo ſchluͤpfrig, daß man faſt nicht darauf gehen konnte.
Auf der Oſtſeite der Inſel, kamen wir zu einer Reihe Bildſaͤulen, ſieben an der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0498" n="439"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/>
        <p>Ich gieng hierauf meinen vorigen Weg zuru&#x0364;ck und kehrte mit Capitain<note place="right">1774.<lb/>
Ma&#x0364;rz.</note><lb/><hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> wieder an Bord. Um 9 Uhr waren wir am Ufer, und feuerten zum<lb/>
Signal, daß wir ein Boot haben wollten, eine un&#x017F;erer Musketen, ab.<lb/>
Man &#x017F;chickte &#x017F;ogleich un&#x017F;ere Pinna&#x017F;&#x017F;e, und &#x017F;o kam un&#x017F;er Deta&#x017F;chement wie-<lb/>
der an Bord. Mein Vater war wegen &#x017F;einer langerlittenen, rheumati&#x017F;chen<lb/>
Schmerzen mehr, als die u&#x0364;brigen abgemattet und mußte &#x017F;ogleich zu Bette gehen;<lb/>
die andern Herren aber &#x017F;peißten mit uns das Abendbrod, wozu wir ein Paar<lb/>
Hu&#x0364;hner, die &#x017F;chon zubereitet waren, am Lande gekauft hatten. Sie erza&#x0364;hlten<lb/>
uns von ihren Verrichtungen, und da man es vielleicht lieber &#x017F;ehen wird, etwas<lb/>
zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngendes daru&#x0364;ber zu ho&#x0364;ren, &#x017F;o will ich hier einen Auszug aus meines<lb/>
Vaters Tagebuch einru&#x0364;cken:</p><lb/>
        <p>&#x201C;Sobald wir gelandet, giengen wir &#x017F;ogleich ins Land hinein, nahmen<lb/>
un&#x017F;ern Weg la&#x0364;ng&#x017F;t dem Fus des ho&#x0364;ch&#x017F;ten Berges, der gegen Su&#x0364;den liegt, bis<lb/>
wir die andre Seite der In&#x017F;el erreichten. Ohngefa&#x0364;hr einhundert von den Ein-<lb/>
gebohrnen, darunter vier bis fu&#x0364;nf Frauensper&#x017F;onen waren, begleiteten uns auf<lb/>
die&#x017F;er Wallfahrt, und verkauften uns eine Menge Kartoffeln und etliche Hu&#x0364;h-<lb/>
ner, die un&#x017F;ern Vorrath an Lebensmitteln etwas an&#x017F;ehnlicher machten. Ein<lb/>
Mann von mittlerm Alter, der u&#x0364;ber den ganzen Leib punctirt war, und &#x017F;ich das<lb/>
Ge&#x017F;icht mit weißer Farbe ange&#x017F;trichen hatte, gieng voran, und hielt ein weißes<lb/>
Tuch, auf einem kleinen Stecken empor, wobey er &#x017F;eine Landsleute aus dem<lb/>
Wege gehen hieß. Der Boden war u&#x0364;berall mit Steinen von ver&#x017F;chiedner<lb/>
Gro&#x0364;ße bedeckt, die lo&#x0364;cherigt, &#x017F;chwammigt und von &#x017F;chwarzer brauner oder ro&#x0364;th-<lb/>
licher Farbe waren, und unla&#x0364;ugbare Spuren volcani&#x017F;chen Feuers an &#x017F;ich hatten,<lb/>
Die Fus&#x017F;teige waren einigermaßen von den Steinen gereinigt, aber &#x017F;o<lb/>
eng, daß wir mit den Fu&#x0364;ßen ganz einwa&#x0364;rts gehen mußten, ein Um&#x017F;tand, der<lb/>
den Einwohnern eben nicht &#x017F;chwer fiel, indem &#x017F;ie im Gehen be&#x017F;ta&#x0364;ndig einen<lb/>
Fus vor den andern zu &#x017F;etzen pflegen. Uns war die&#x017F;e Art zu gehen, etwas un-<lb/>
gewohnt und daher &#x017F;ehr ermu&#x0364;dend. Wir &#x017F;tießen oft an und verloren daru&#x0364;ber<lb/>
nicht &#x017F;elten das Gleichgewicht. Zu beyden Seiten des Fus&#x017F;teiges war der Boden<lb/>
mit du&#x0364;nnem perennirenden <hi rendition="#fr">Gra&#x017F;e</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">paspalum</hi></hi>) be&#x017F;etzt. Es wuchs hier in klei-<lb/>
nen Bu&#x0364;&#x017F;cheln, und war &#x017F;o &#x017F;chlu&#x0364;pfrig, daß man fa&#x017F;t nicht darauf gehen konnte.<lb/>
Auf der O&#x017F;t&#x017F;eite der In&#x017F;el, kamen wir zu einer Reihe Bild&#x017F;a&#x0364;ulen, &#x017F;ieben an der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0498] in den Jahren 1772 bis 1775. Ich gieng hierauf meinen vorigen Weg zuruͤck und kehrte mit Capitain Cook wieder an Bord. Um 9 Uhr waren wir am Ufer, und feuerten zum Signal, daß wir ein Boot haben wollten, eine unſerer Musketen, ab. Man ſchickte ſogleich unſere Pinnaſſe, und ſo kam unſer Detaſchement wie- der an Bord. Mein Vater war wegen ſeiner langerlittenen, rheumatiſchen Schmerzen mehr, als die uͤbrigen abgemattet und mußte ſogleich zu Bette gehen; die andern Herren aber ſpeißten mit uns das Abendbrod, wozu wir ein Paar Huͤhner, die ſchon zubereitet waren, am Lande gekauft hatten. Sie erzaͤhlten uns von ihren Verrichtungen, und da man es vielleicht lieber ſehen wird, etwas zuſammenhaͤngendes daruͤber zu hoͤren, ſo will ich hier einen Auszug aus meines Vaters Tagebuch einruͤcken: 1774. Maͤrz. “Sobald wir gelandet, giengen wir ſogleich ins Land hinein, nahmen unſern Weg laͤngſt dem Fus des hoͤchſten Berges, der gegen Suͤden liegt, bis wir die andre Seite der Inſel erreichten. Ohngefaͤhr einhundert von den Ein- gebohrnen, darunter vier bis fuͤnf Frauensperſonen waren, begleiteten uns auf dieſer Wallfahrt, und verkauften uns eine Menge Kartoffeln und etliche Huͤh- ner, die unſern Vorrath an Lebensmitteln etwas anſehnlicher machten. Ein Mann von mittlerm Alter, der uͤber den ganzen Leib punctirt war, und ſich das Geſicht mit weißer Farbe angeſtrichen hatte, gieng voran, und hielt ein weißes Tuch, auf einem kleinen Stecken empor, wobey er ſeine Landsleute aus dem Wege gehen hieß. Der Boden war uͤberall mit Steinen von verſchiedner Groͤße bedeckt, die loͤcherigt, ſchwammigt und von ſchwarzer brauner oder roͤth- licher Farbe waren, und unlaͤugbare Spuren volcaniſchen Feuers an ſich hatten, Die Fusſteige waren einigermaßen von den Steinen gereinigt, aber ſo eng, daß wir mit den Fuͤßen ganz einwaͤrts gehen mußten, ein Umſtand, der den Einwohnern eben nicht ſchwer fiel, indem ſie im Gehen beſtaͤndig einen Fus vor den andern zu ſetzen pflegen. Uns war dieſe Art zu gehen, etwas un- gewohnt und daher ſehr ermuͤdend. Wir ſtießen oft an und verloren daruͤber nicht ſelten das Gleichgewicht. Zu beyden Seiten des Fusſteiges war der Boden mit duͤnnem perennirenden Graſe (paspalum) beſetzt. Es wuchs hier in klei- nen Buͤſcheln, und war ſo ſchluͤpfrig, daß man faſt nicht darauf gehen konnte. Auf der Oſtſeite der Inſel, kamen wir zu einer Reihe Bildſaͤulen, ſieben an der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/498
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/498>, abgerufen am 25.11.2024.