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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
auszugraben und zu verkaufen. Dieser Handel dauerte schon einige Stunden,1774.
März.

als ein andrer Indianer dazu kam, sie mit vielen Unwillen davon trieb, und
darauf allein Kartoffeln auszugraben fortfuhr. Er war der rechte Eigenthümer
des Feldes, und die andern hatten ihn bestohlen, weil sie eine so gute Gelegen-
heit fanden, ihre gestohlnen Güter an den Mann zu bringen. Außer Zweifel ge-
hen auf den Societäts-Inseln zuweilen eben solche Diebereyen vor; denn
die Einwohner erzehlten uns oft, daß sie mit dem Tode bestraft würden, wiewohl
wir niemals ein Beyspiel solcher Strafe gesehen haben. Auf Oster-Ey-
land
aber sahen wir das Verbrechen ganz ungestraft hingehen. Der Grund
davon liegt wahrscheinlich in dem verschiednen Grade der Cultur, den man unter
diesen beyden Völkerschaften, so nahe sie auch sonst einander verwandt sind,
antrifft.

Zu Mittag giengen wir an Bord, und speißten ein paar Hühner mit
Kartoffeln, die wir nach unserm mühsamen Spatziergange, überaus vortreflich
fanden. Wir trafen einige Insulaner auf dem Schiffe, die es gewagt hatten
vom Lande herzuschwimmen, ob es gleich noch drey viertel Meilen davon entfernt
war. Sie schienen über alles, was sie sahen, erstaunt, und jeder von ihnen,
maaß die Länge des Schiffs, von einem Ende bis zum andern, mit ausgebreite-
ten Armen aus. Einem Volke, dessen Canots aus lauter kleinen Stückchen zu-
sammengeflickt sind, mußte natürlicherweise, eine solche Menge von Zimmerholz,
und noch dazu, von solcher Größe, etwas sehr unbegreifliches seyn. Die Be-
gierde zu gewinnen, hatte auch eine Weibsperson so beherzt gemacht,
sich durch Schwimmen an unser Schiff zu begeben. Sie besuchte erst einige
Unter-Officier, wandte sich darauf an die Matrosen, und ihre Begierden waren
unersättlicher als einer Meßalina.*) Ein paar englische Lumpen und einige
Stücke Tahitisches Zeug, war alles was sie für ihre Dienste davon trug. Sie
ward in dem zusammengeflickten Canot abgehohlt, welches das einzige auf der
Insel zu seyn schien. Den Tag vorher hatte eine andre Weibsperson auch
durch Hülfe des Schwimmens, das Schiff besucht, und war eben so ausschwei-
fend, als jene gewesen. Wir wußten warlich nicht, worüber wir uns mehr

*) Plin. H. nat. X. c. 63. Tacit. Ann. XI. Juven. Sat. VI. v. 129.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
auszugraben und zu verkaufen. Dieſer Handel dauerte ſchon einige Stunden,1774.
Maͤrz.

als ein andrer Indianer dazu kam, ſie mit vielen Unwillen davon trieb, und
darauf allein Kartoffeln auszugraben fortfuhr. Er war der rechte Eigenthuͤmer
des Feldes, und die andern hatten ihn beſtohlen, weil ſie eine ſo gute Gelegen-
heit fanden, ihre geſtohlnen Guͤter an den Mann zu bringen. Außer Zweifel ge-
hen auf den Societaͤts-Inſeln zuweilen eben ſolche Diebereyen vor; denn
die Einwohner erzehlten uns oft, daß ſie mit dem Tode beſtraft wuͤrden, wiewohl
wir niemals ein Beyſpiel ſolcher Strafe geſehen haben. Auf Oſter-Ey-
land
aber ſahen wir das Verbrechen ganz ungeſtraft hingehen. Der Grund
davon liegt wahrſcheinlich in dem verſchiednen Grade der Cultur, den man unter
dieſen beyden Voͤlkerſchaften, ſo nahe ſie auch ſonſt einander verwandt ſind,
antrifft.

Zu Mittag giengen wir an Bord, und ſpeißten ein paar Huͤhner mit
Kartoffeln, die wir nach unſerm muͤhſamen Spatziergange, uͤberaus vortreflich
fanden. Wir trafen einige Inſulaner auf dem Schiffe, die es gewagt hatten
vom Lande herzuſchwimmen, ob es gleich noch drey viertel Meilen davon entfernt
war. Sie ſchienen uͤber alles, was ſie ſahen, erſtaunt, und jeder von ihnen,
maaß die Laͤnge des Schiffs, von einem Ende bis zum andern, mit ausgebreite-
ten Armen aus. Einem Volke, deſſen Canots aus lauter kleinen Stuͤckchen zu-
ſammengeflickt ſind, mußte natuͤrlicherweiſe, eine ſolche Menge von Zimmerholz,
und noch dazu, von ſolcher Groͤße, etwas ſehr unbegreifliches ſeyn. Die Be-
gierde zu gewinnen, hatte auch eine Weibsperſon ſo beherzt gemacht,
ſich durch Schwimmen an unſer Schiff zu begeben. Sie beſuchte erſt einige
Unter-Officier, wandte ſich darauf an die Matroſen, und ihre Begierden waren
unerſaͤttlicher als einer Meßalina.*) Ein paar engliſche Lumpen und einige
Stuͤcke Tahitiſches Zeug, war alles was ſie fuͤr ihre Dienſte davon trug. Sie
ward in dem zuſammengeflickten Canot abgehohlt, welches das einzige auf der
Inſel zu ſeyn ſchien. Den Tag vorher hatte eine andre Weibsperſon auch
durch Huͤlfe des Schwimmens, das Schiff beſucht, und war eben ſo ausſchwei-
fend, als jene geweſen. Wir wußten warlich nicht, woruͤber wir uns mehr

*) Plin. H. nat. X. c. 63. Tacit. Ann. XI. Juven. Sat. VI. v. 129.
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[437/0496] in den Jahren 1772 bis 1775. auszugraben und zu verkaufen. Dieſer Handel dauerte ſchon einige Stunden, als ein andrer Indianer dazu kam, ſie mit vielen Unwillen davon trieb, und darauf allein Kartoffeln auszugraben fortfuhr. Er war der rechte Eigenthuͤmer des Feldes, und die andern hatten ihn beſtohlen, weil ſie eine ſo gute Gelegen- heit fanden, ihre geſtohlnen Guͤter an den Mann zu bringen. Außer Zweifel ge- hen auf den Societaͤts-Inſeln zuweilen eben ſolche Diebereyen vor; denn die Einwohner erzehlten uns oft, daß ſie mit dem Tode beſtraft wuͤrden, wiewohl wir niemals ein Beyſpiel ſolcher Strafe geſehen haben. Auf Oſter-Ey- land aber ſahen wir das Verbrechen ganz ungeſtraft hingehen. Der Grund davon liegt wahrſcheinlich in dem verſchiednen Grade der Cultur, den man unter dieſen beyden Voͤlkerſchaften, ſo nahe ſie auch ſonſt einander verwandt ſind, antrifft. 1774. Maͤrz. Zu Mittag giengen wir an Bord, und ſpeißten ein paar Huͤhner mit Kartoffeln, die wir nach unſerm muͤhſamen Spatziergange, uͤberaus vortreflich fanden. Wir trafen einige Inſulaner auf dem Schiffe, die es gewagt hatten vom Lande herzuſchwimmen, ob es gleich noch drey viertel Meilen davon entfernt war. Sie ſchienen uͤber alles, was ſie ſahen, erſtaunt, und jeder von ihnen, maaß die Laͤnge des Schiffs, von einem Ende bis zum andern, mit ausgebreite- ten Armen aus. Einem Volke, deſſen Canots aus lauter kleinen Stuͤckchen zu- ſammengeflickt ſind, mußte natuͤrlicherweiſe, eine ſolche Menge von Zimmerholz, und noch dazu, von ſolcher Groͤße, etwas ſehr unbegreifliches ſeyn. Die Be- gierde zu gewinnen, hatte auch eine Weibsperſon ſo beherzt gemacht, ſich durch Schwimmen an unſer Schiff zu begeben. Sie beſuchte erſt einige Unter-Officier, wandte ſich darauf an die Matroſen, und ihre Begierden waren unerſaͤttlicher als einer Meßalina. *) Ein paar engliſche Lumpen und einige Stuͤcke Tahitiſches Zeug, war alles was ſie fuͤr ihre Dienſte davon trug. Sie ward in dem zuſammengeflickten Canot abgehohlt, welches das einzige auf der Inſel zu ſeyn ſchien. Den Tag vorher hatte eine andre Weibsperſon auch durch Huͤlfe des Schwimmens, das Schiff beſucht, und war eben ſo ausſchwei- fend, als jene geweſen. Wir wußten warlich nicht, woruͤber wir uns mehr *) Plin. H. nat. X. c. 63. Tacit. Ann. XI. Juven. Sat. VI. v. 129. J i i 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/496>, abgerufen am 25.11.2024.