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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Ansehen zu haben schien, und sehr geschäftig war, den Capitain überall wo er nur1774.
März.

Lust bezeigte, hinzuführen. Er that nicht so scheu als seine Landsleute; son-
dern gieng immer dreist neben uns, dahingegen die andern bey der geringsten
ungewöhnlichen Bewegung stutzten und in Schrecken geriethen. Aber bey aller
ihrer Furchtsamkeit leerten sie uns die Taschen aus, und entwandten was ihnen
sonst anstand. Wir waren noch keine halbe Stunde am Lande, als einer leise hin-
ter den Maheine herschlich, ihm die schwarze Mütze die er auf hatte schnell vom
Kopfe riß, und damit über den holprichten Boden voller Steine fortrannte, wo
hin keiner von uns nachzulaufen im Stande war. Maheine gerieth darüber in
solches Schrecken, daß er erst eine ganze Weile nachher Worte finden
konnte, es dem Capitain zu klagen; da war aber der Dieb schon über alle Berge.
Um eben die Zeit saß Herr Hodges auf einer kleinen Anhöhe, um einen Prospect
zu zeichnen, und verlohr auf gleiche Weise seinen Hut. Herr Wales stand
mit einer Flinte neben ihm, war aber, wie billig, der Meynung, daß ein so ge-
ringes Verbrechen keine Kugel verdiene.

Indem wir an der Seeküste hinspatzierten, fanden wir ein Paar Stau-
den solchen Sellerys, dergleichen auf dem Strande von Neu-Seeland so häufig
wächset. Auch bemerkten wir ein paar andre kleine Pflanzen, die wir dort
ebenfalls wahrgenommen hatten. Ob diese Kräuter hier einheimisch oder von
Saamen aufgeschossen seyn mögen, den die See hergeschwemmt oder die Vögel
hergebracht, kann ich nicht entscheiden. Wir fanden auch ein Stück Land mit
Yams bepflanzt, (dioscorea alata Linnaei) welches der armseligen Oster-Eylän-
dischen Flora in unsern Augen einen großen Zuwachs gab. -- Die Ueberein-
stimmung, welche sich in den Gesichtszügen, den Gebräuchen und der Sprache
dieses Volks mit den Einwohnern der andern Südsee-Inseln findet, machte
uns Hoffnung, daß wir auch die Hausthiere hier finden würden, welche wir
auf Tahiti und Neu-Seeland angetroffen. Allein des sorgfältigsten Nach-
suchens ohnerachtet, fanden wir nichts als das gemeine Huhn, welches hier
von sehr kleiner Art und von unansehnlichen Gefieder war. Zwar bemerkten
wir auch zwey oder drey schwarze Meerschwalben (sterna stolida,) die so zahm
waren, daß sie den Einwohnern auf der Schulter saßen; es ließ sich aber dar-
aus nicht schließen, daß sie eine ordentliche Zucht davon hätten.


in den Jahren 1772 bis 1775.
Anſehen zu haben ſchien, und ſehr geſchaͤftig war, den Capitain uͤberall wo er nur1774.
Maͤrz.

Luſt bezeigte, hinzufuͤhren. Er that nicht ſo ſcheu als ſeine Landsleute; ſon-
dern gieng immer dreiſt neben uns, dahingegen die andern bey der geringſten
ungewoͤhnlichen Bewegung ſtutzten und in Schrecken geriethen. Aber bey aller
ihrer Furchtſamkeit leerten ſie uns die Taſchen aus, und entwandten was ihnen
ſonſt anſtand. Wir waren noch keine halbe Stunde am Lande, als einer leiſe hin-
ter den Maheine herſchlich, ihm die ſchwarze Muͤtze die er auf hatte ſchnell vom
Kopfe riß, und damit uͤber den holprichten Boden voller Steine fortrannte, wo
hin keiner von uns nachzulaufen im Stande war. Maheine gerieth daruͤber in
ſolches Schrecken, daß er erſt eine ganze Weile nachher Worte finden
konnte, es dem Capitain zu klagen; da war aber der Dieb ſchon uͤber alle Berge.
Um eben die Zeit ſaß Herr Hodges auf einer kleinen Anhoͤhe, um einen Proſpect
zu zeichnen, und verlohr auf gleiche Weiſe ſeinen Hut. Herr Wales ſtand
mit einer Flinte neben ihm, war aber, wie billig, der Meynung, daß ein ſo ge-
ringes Verbrechen keine Kugel verdiene.

Indem wir an der Seekuͤſte hinſpatzierten, fanden wir ein Paar Stau-
den ſolchen Sellerys, dergleichen auf dem Strande von Neu-Seeland ſo haͤufig
waͤchſet. Auch bemerkten wir ein paar andre kleine Pflanzen, die wir dort
ebenfalls wahrgenommen hatten. Ob dieſe Kraͤuter hier einheimiſch oder von
Saamen aufgeſchoſſen ſeyn moͤgen, den die See hergeſchwemmt oder die Voͤgel
hergebracht, kann ich nicht entſcheiden. Wir fanden auch ein Stuͤck Land mit
Yams bepflanzt, (dioſcorea alata Linnaei) welches der armſeligen Oſter-Eylaͤn-
diſchen Flora in unſern Augen einen großen Zuwachs gab. — Die Ueberein-
ſtimmung, welche ſich in den Geſichtszuͤgen, den Gebraͤuchen und der Sprache
dieſes Volks mit den Einwohnern der andern Suͤdſee-Inſeln findet, machte
uns Hoffnung, daß wir auch die Hausthiere hier finden wuͤrden, welche wir
auf Tahiti und Neu-Seeland angetroffen. Allein des ſorgfaͤltigſten Nach-
ſuchens ohnerachtet, fanden wir nichts als das gemeine Huhn, welches hier
von ſehr kleiner Art und von unanſehnlichen Gefieder war. Zwar bemerkten
wir auch zwey oder drey ſchwarze Meerſchwalben (ſterna ſtolida,) die ſo zahm
waren, daß ſie den Einwohnern auf der Schulter ſaßen; es ließ ſich aber dar-
aus nicht ſchließen, daß ſie eine ordentliche Zucht davon haͤtten.


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[431/0490] in den Jahren 1772 bis 1775. Anſehen zu haben ſchien, und ſehr geſchaͤftig war, den Capitain uͤberall wo er nur Luſt bezeigte, hinzufuͤhren. Er that nicht ſo ſcheu als ſeine Landsleute; ſon- dern gieng immer dreiſt neben uns, dahingegen die andern bey der geringſten ungewoͤhnlichen Bewegung ſtutzten und in Schrecken geriethen. Aber bey aller ihrer Furchtſamkeit leerten ſie uns die Taſchen aus, und entwandten was ihnen ſonſt anſtand. Wir waren noch keine halbe Stunde am Lande, als einer leiſe hin- ter den Maheine herſchlich, ihm die ſchwarze Muͤtze die er auf hatte ſchnell vom Kopfe riß, und damit uͤber den holprichten Boden voller Steine fortrannte, wo hin keiner von uns nachzulaufen im Stande war. Maheine gerieth daruͤber in ſolches Schrecken, daß er erſt eine ganze Weile nachher Worte finden konnte, es dem Capitain zu klagen; da war aber der Dieb ſchon uͤber alle Berge. Um eben die Zeit ſaß Herr Hodges auf einer kleinen Anhoͤhe, um einen Proſpect zu zeichnen, und verlohr auf gleiche Weiſe ſeinen Hut. Herr Wales ſtand mit einer Flinte neben ihm, war aber, wie billig, der Meynung, daß ein ſo ge- ringes Verbrechen keine Kugel verdiene. 1774. Maͤrz. Indem wir an der Seekuͤſte hinſpatzierten, fanden wir ein Paar Stau- den ſolchen Sellerys, dergleichen auf dem Strande von Neu-Seeland ſo haͤufig waͤchſet. Auch bemerkten wir ein paar andre kleine Pflanzen, die wir dort ebenfalls wahrgenommen hatten. Ob dieſe Kraͤuter hier einheimiſch oder von Saamen aufgeſchoſſen ſeyn moͤgen, den die See hergeſchwemmt oder die Voͤgel hergebracht, kann ich nicht entſcheiden. Wir fanden auch ein Stuͤck Land mit Yams bepflanzt, (dioſcorea alata Linnaei) welches der armſeligen Oſter-Eylaͤn- diſchen Flora in unſern Augen einen großen Zuwachs gab. — Die Ueberein- ſtimmung, welche ſich in den Geſichtszuͤgen, den Gebraͤuchen und der Sprache dieſes Volks mit den Einwohnern der andern Suͤdſee-Inſeln findet, machte uns Hoffnung, daß wir auch die Hausthiere hier finden wuͤrden, welche wir auf Tahiti und Neu-Seeland angetroffen. Allein des ſorgfaͤltigſten Nach- ſuchens ohnerachtet, fanden wir nichts als das gemeine Huhn, welches hier von ſehr kleiner Art und von unanſehnlichen Gefieder war. Zwar bemerkten wir auch zwey oder drey ſchwarze Meerſchwalben (ſterna ſtolida,) die ſo zahm waren, daß ſie den Einwohnern auf der Schulter ſaßen; es ließ ſich aber dar- aus nicht ſchließen, daß ſie eine ordentliche Zucht davon haͤtten.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/490>, abgerufen am 22.11.2024.