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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
Decem-
ber.
Morgen vorbey trieb, da er noch schlief. Desto größer war sein Erstaunen, als er
zwey Tage nachher, ohngefähr unterm 65sten Grade südlicher Breite, ein un-
geheures Stück Eis erblickte. Am folgenden Tage stießen wir auf ein großes
Eisfeld, das unserm Weiterseegeln gen Süden ein Ende, ihm aber viel Freude
machte, weil ers für Land hielt. Wir erzählten ihm, es sey nichts weniger
als das, sondern es bestehe blos aus erhärtetem süßen Wasser: Allein, da war
an keine Ueberzeugung zu denken, bis wir ihn auf dem Verdeck an das offne
Wasserfaß brachten, und ihm augenscheinlich zeigten, wie sich das Eis dort nach
und nach ansetzte. Dennoch blieb er dabey, daß ers auf allen Fall, und, um
es von anderm Lande zu unterscheiden, weißes Land nennen werde. Schon
auf Neu-Seeland hatte er sich eine Anzahl dünner Stöckchen gesammlet, die er
sorgfältig in ein Bündelchen zusammen band und als ein Tagebuch gebrauchte.
Jedes dieser Stöckchen bedeutete bey ihm eine von den Inseln, die wir
seit unserer Abreise von Tahiti, entweder besucht, oder wenigstens gesehen hatten.
Er konnte also jetzt schon neun bis zehn solcher Hölzchen aufzeigen, und wußte sie
alle bey ihren Namen, in eben der Ordnung herzunennen, als die Inseln der
Reihe nach auf einander gefolgt waren. Das weiße Land oder Whennua
tea-tea
war das letzte. Er fragte sehr oft, wie viel andre Länder wir noch auf
unserm Wege nach England antreffen würden? und dafür machte er ein besonde-
res Bündelchen, welches er alle Tage eben so fleißig durchstudirte als das erstere.
Die Langweiligkeit unsrer jetzigen Fahrt mogte ihn vielleicht begierig nach dem
Ende machen; und die eingesalznen Speisen nebst dem kalten Wetter trugen wohl
ebenfalls das ihrige dazu bey, ihm das Reisen nach gerade zu verleiden. Seine ge-
wöhnliche Beschäftigung bestand in Abtrennung der rothen Federn von den Tanz-
Schürzen, die er zu Tongatabu gekauft hatte. Er band acht oder zehn Stück dersel-
ben, vermittelst einiger Coco-Nußfasern, in kleine Büschchen zusammen. Die übrige
Zeit brachte er mit Spatzierengehen auf dem Verdeck zu, oder er besuchte die
Officiers, oder er wärmte sich beym Feuer in des Capitains Cajütte. Bey
müßigen Stunden machten wir uns seine Gesellschaft zu Nutze, um in der ta-
hitischen
Sprache weiter zu kommen: Unter andern giengen wir das ganze
Wörterbuch mit ihm durch, welches wir auf den Societäts-Inseln zusammenge-
tragen hatten. Auf diese Art erlangten wir von seiner und den benachbarten

Inseln

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Decem-
ber.
Morgen vorbey trieb, da er noch ſchlief. Deſto groͤßer war ſein Erſtaunen, als er
zwey Tage nachher, ohngefaͤhr unterm 65ſten Grade ſuͤdlicher Breite, ein un-
geheures Stuͤck Eis erblickte. Am folgenden Tage ſtießen wir auf ein großes
Eisfeld, das unſerm Weiterſeegeln gen Suͤden ein Ende, ihm aber viel Freude
machte, weil ers fuͤr Land hielt. Wir erzaͤhlten ihm, es ſey nichts weniger
als das, ſondern es beſtehe blos aus erhaͤrtetem ſuͤßen Waſſer: Allein, da war
an keine Ueberzeugung zu denken, bis wir ihn auf dem Verdeck an das offne
Waſſerfaß brachten, und ihm augenſcheinlich zeigten, wie ſich das Eis dort nach
und nach anſetzte. Dennoch blieb er dabey, daß ers auf allen Fall, und, um
es von anderm Lande zu unterſcheiden, weißes Land nennen werde. Schon
auf Neu-Seeland hatte er ſich eine Anzahl duͤnner Stoͤckchen geſammlet, die er
ſorgfaͤltig in ein Buͤndelchen zuſammen band und als ein Tagebuch gebrauchte.
Jedes dieſer Stoͤckchen bedeutete bey ihm eine von den Inſeln, die wir
ſeit unſerer Abreiſe von Tahiti, entweder beſucht, oder wenigſtens geſehen hatten.
Er konnte alſo jetzt ſchon neun bis zehn ſolcher Hoͤlzchen aufzeigen, und wußte ſie
alle bey ihren Namen, in eben der Ordnung herzunennen, als die Inſeln der
Reihe nach auf einander gefolgt waren. Das weiße Land oder Whennua
tea-tea
war das letzte. Er fragte ſehr oft, wie viel andre Laͤnder wir noch auf
unſerm Wege nach England antreffen wuͤrden? und dafuͤr machte er ein beſonde-
res Buͤndelchen, welches er alle Tage eben ſo fleißig durchſtudirte als das erſtere.
Die Langweiligkeit unſrer jetzigen Fahrt mogte ihn vielleicht begierig nach dem
Ende machen; und die eingeſalznen Speiſen nebſt dem kalten Wetter trugen wohl
ebenfalls das ihrige dazu bey, ihm das Reiſen nach gerade zu verleiden. Seine ge-
woͤhnliche Beſchaͤftigung beſtand in Abtrennung der rothen Federn von den Tanz-
Schuͤrzen, die er zu Tongatabu gekauft hatte. Er band acht oder zehn Stuͤck derſel-
ben, vermittelſt einiger Coco-Nußfaſern, in kleine Buͤſchchen zuſammen. Die uͤbrige
Zeit brachte er mit Spatzierengehen auf dem Verdeck zu, oder er beſuchte die
Officiers, oder er waͤrmte ſich beym Feuer in des Capitains Cajuͤtte. Bey
muͤßigen Stunden machten wir uns ſeine Geſellſchaft zu Nutze, um in der ta-
hitiſchen
Sprache weiter zu kommen: Unter andern giengen wir das ganze
Woͤrterbuch mit ihm durch, welches wir auf den Societaͤts-Inſeln zuſammenge-
tragen hatten. Auf dieſe Art erlangten wir von ſeiner und den benachbarten

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[400/0459] Forſter’s Reiſe um die Welt Morgen vorbey trieb, da er noch ſchlief. Deſto groͤßer war ſein Erſtaunen, als er zwey Tage nachher, ohngefaͤhr unterm 65ſten Grade ſuͤdlicher Breite, ein un- geheures Stuͤck Eis erblickte. Am folgenden Tage ſtießen wir auf ein großes Eisfeld, das unſerm Weiterſeegeln gen Suͤden ein Ende, ihm aber viel Freude machte, weil ers fuͤr Land hielt. Wir erzaͤhlten ihm, es ſey nichts weniger als das, ſondern es beſtehe blos aus erhaͤrtetem ſuͤßen Waſſer: Allein, da war an keine Ueberzeugung zu denken, bis wir ihn auf dem Verdeck an das offne Waſſerfaß brachten, und ihm augenſcheinlich zeigten, wie ſich das Eis dort nach und nach anſetzte. Dennoch blieb er dabey, daß ers auf allen Fall, und, um es von anderm Lande zu unterſcheiden, weißes Land nennen werde. Schon auf Neu-Seeland hatte er ſich eine Anzahl duͤnner Stoͤckchen geſammlet, die er ſorgfaͤltig in ein Buͤndelchen zuſammen band und als ein Tagebuch gebrauchte. Jedes dieſer Stoͤckchen bedeutete bey ihm eine von den Inſeln, die wir ſeit unſerer Abreiſe von Tahiti, entweder beſucht, oder wenigſtens geſehen hatten. Er konnte alſo jetzt ſchon neun bis zehn ſolcher Hoͤlzchen aufzeigen, und wußte ſie alle bey ihren Namen, in eben der Ordnung herzunennen, als die Inſeln der Reihe nach auf einander gefolgt waren. Das weiße Land oder Whennua tea-tea war das letzte. Er fragte ſehr oft, wie viel andre Laͤnder wir noch auf unſerm Wege nach England antreffen wuͤrden? und dafuͤr machte er ein beſonde- res Buͤndelchen, welches er alle Tage eben ſo fleißig durchſtudirte als das erſtere. Die Langweiligkeit unſrer jetzigen Fahrt mogte ihn vielleicht begierig nach dem Ende machen; und die eingeſalznen Speiſen nebſt dem kalten Wetter trugen wohl ebenfalls das ihrige dazu bey, ihm das Reiſen nach gerade zu verleiden. Seine ge- woͤhnliche Beſchaͤftigung beſtand in Abtrennung der rothen Federn von den Tanz- Schuͤrzen, die er zu Tongatabu gekauft hatte. Er band acht oder zehn Stuͤck derſel- ben, vermittelſt einiger Coco-Nußfaſern, in kleine Buͤſchchen zuſammen. Die uͤbrige Zeit brachte er mit Spatzierengehen auf dem Verdeck zu, oder er beſuchte die Officiers, oder er waͤrmte ſich beym Feuer in des Capitains Cajuͤtte. Bey muͤßigen Stunden machten wir uns ſeine Geſellſchaft zu Nutze, um in der ta- hitiſchen Sprache weiter zu kommen: Unter andern giengen wir das ganze Woͤrterbuch mit ihm durch, welches wir auf den Societaͤts-Inſeln zuſammenge- tragen hatten. Auf dieſe Art erlangten wir von ſeiner und den benachbarten Inſeln 1773. Decem- ber.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/459>, abgerufen am 22.11.2024.