danken zur Wiedervereinigung auf, nahmen um 6 Uhr des Abends Abschied1773 Novem- ber. von Neu-Seeland und steuerten nach Süd-Süd-Ost.
Auf unserer ersten Fahrt gegen Süden, vom Vorgebürge der guten Hoffnung aus, hatte sich bey verschiedenen von unsern Leuten der Scorbut geäußert: Allein, während des Aufenthalts in Dusky-Bay, war diese Krankheit, ver- mittelst der gesunden Fisch-Speisen, wie auch durch den Genuß des Sprossenbiers, glücklich vertrieben worden. Zwar hatten sich auf der folgenden unangenehmen Winter-Reise, von Neu-Seeland nach Tahiti, bey manchem neue und zum Theil gefährliche Symptomen dieses Uebels eingefunden: Allein, der große Vorrath frischer Pflanzen, den wir auf letztgedachter Insel erhielten, und das vortref- liche Schweinefleisch, das wir auf den Societäts- und freundschaftlichen In- seln so reichlich einlegten, stellte die Patienten sehr bald wieder her. Bey un- serm diesmaligen zweyten Aufenthalt in Charlotten-Sund war es ohne Zweifel dem häufigen Genuß des Sellery und Löffelkrauts beyzumeßen, daß wir von den üblen Folgen der eingesalznen Speisen verschont blieben und bey unsrer nunmeh- rigen Abreise, allerseits in guten Gesundheits-Umständen zu seyn schienen. Aber bey dem allen hatten wir, jetzt vielleicht mehr als je, Ursach, uns für den Anfällen des Scharbocks zu fürchten, denn die Mühseligkeiten des See- Lebens, die wir nun schon so geraume Zeit hindurch erlitten, mußten unsre Con- stitutionen wohl allerdings geschwächt und uns die Kraft benommen haben, den künftigen Beschwerlichkeiten, so gut als bisher, zu widerstehen. Vornemlich sahen die Officier und Passagier, auf der nunmehrigen Reise gegen den Südpol, man- cherley Unannehmlichkeiten vor sich, wovon sie vorher nichts gewußt. Ihr jetziger Vorrath von lebendigem Vieh war gegen den, womit sie sich ehedem vom Vorgebürge der guten Hoffnung aus versorgt gehabt, für gar nichts zu rech- nen; folglich hörte der geringe Unterschied, der bisher zwischen ihrer Tafel und dem Essen der gemeinen Matrosen statt gefunden hatte, gänzlich auf, und sie waren nun, in diesem Betracht, um nichts besser, ja fast noch schlimmer daran als die gemeinen Seeleute, die sich von Jugend auf an keine andere als die ei- gentliche Schiffskost gewöhnt, dahingegen Officier und Passagier solche gleichsam nie versucht hatten. Hiernächst war auch die Hoffnung neue Länder zu entdecken, nun schon verschwunden; die Gegenstände der freundschaftlichen Unterredung
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in den Jahren 1772 bis 1775.
danken zur Wiedervereinigung auf, nahmen um 6 Uhr des Abends Abſchied1773 Novem- ber. von Neu-Seeland und ſteuerten nach Suͤd-Suͤd-Oſt.
Auf unſerer erſten Fahrt gegen Suͤden, vom Vorgebuͤrge der guten Hoffnung aus, hatte ſich bey verſchiedenen von unſern Leuten der Scorbut geaͤußert: Allein, waͤhrend des Aufenthalts in Dusky-Bay, war dieſe Krankheit, ver- mittelſt der geſunden Fiſch-Speiſen, wie auch durch den Genuß des Sproſſenbiers, gluͤcklich vertrieben worden. Zwar hatten ſich auf der folgenden unangenehmen Winter-Reiſe, von Neu-Seeland nach Tahiti, bey manchem neue und zum Theil gefaͤhrliche Symptomen dieſes Uebels eingefunden: Allein, der große Vorrath friſcher Pflanzen, den wir auf letztgedachter Inſel erhielten, und das vortref- liche Schweinefleiſch, das wir auf den Societaͤts- und freundſchaftlichen In- ſeln ſo reichlich einlegten, ſtellte die Patienten ſehr bald wieder her. Bey un- ſerm diesmaligen zweyten Aufenthalt in Charlotten-Sund war es ohne Zweifel dem haͤufigen Genuß des Sellery und Loͤffelkrauts beyzumeßen, daß wir von den uͤblen Folgen der eingeſalznen Speiſen verſchont blieben und bey unſrer nunmeh- rigen Abreiſe, allerſeits in guten Geſundheits-Umſtaͤnden zu ſeyn ſchienen. Aber bey dem allen hatten wir, jetzt vielleicht mehr als je, Urſach, uns fuͤr den Anfaͤllen des Scharbocks zu fuͤrchten, denn die Muͤhſeligkeiten des See- Lebens, die wir nun ſchon ſo geraume Zeit hindurch erlitten, mußten unſre Con- ſtitutionen wohl allerdings geſchwaͤcht und uns die Kraft benommen haben, den kuͤnftigen Beſchwerlichkeiten, ſo gut als bisher, zu widerſtehen. Vornemlich ſahen die Officier und Paſſagier, auf der nunmehrigen Reiſe gegen den Suͤdpol, man- cherley Unannehmlichkeiten vor ſich, wovon ſie vorher nichts gewußt. Ihr jetziger Vorrath von lebendigem Vieh war gegen den, womit ſie ſich ehedem vom Vorgebuͤrge der guten Hoffnung aus verſorgt gehabt, fuͤr gar nichts zu rech- nen; folglich hoͤrte der geringe Unterſchied, der bisher zwiſchen ihrer Tafel und dem Eſſen der gemeinen Matroſen ſtatt gefunden hatte, gaͤnzlich auf, und ſie waren nun, in dieſem Betracht, um nichts beſſer, ja faſt noch ſchlimmer daran als die gemeinen Seeleute, die ſich von Jugend auf an keine andere als die ei- gentliche Schiffskoſt gewoͤhnt, dahingegen Officier und Paſſagier ſolche gleichſam nie verſucht hatten. Hiernaͤchſt war auch die Hoffnung neue Laͤnder zu entdecken, nun ſchon verſchwunden; die Gegenſtaͤnde der freundſchaftlichen Unterredung
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in den Jahren 1772 bis 1775.
danken zur Wiedervereinigung auf, nahmen um 6 Uhr des Abends Abſchied
von Neu-Seeland und ſteuerten nach Suͤd-Suͤd-Oſt.
1773
Novem-
ber.
Auf unſerer erſten Fahrt gegen Suͤden, vom Vorgebuͤrge der guten Hoffnung
aus, hatte ſich bey verſchiedenen von unſern Leuten der Scorbut geaͤußert:
Allein, waͤhrend des Aufenthalts in Dusky-Bay, war dieſe Krankheit, ver-
mittelſt der geſunden Fiſch-Speiſen, wie auch durch den Genuß des Sproſſenbiers,
gluͤcklich vertrieben worden. Zwar hatten ſich auf der folgenden unangenehmen
Winter-Reiſe, von Neu-Seeland nach Tahiti, bey manchem neue und zum Theil
gefaͤhrliche Symptomen dieſes Uebels eingefunden: Allein, der große Vorrath
friſcher Pflanzen, den wir auf letztgedachter Inſel erhielten, und das vortref-
liche Schweinefleiſch, das wir auf den Societaͤts- und freundſchaftlichen In-
ſeln ſo reichlich einlegten, ſtellte die Patienten ſehr bald wieder her. Bey un-
ſerm diesmaligen zweyten Aufenthalt in Charlotten-Sund war es ohne Zweifel
dem haͤufigen Genuß des Sellery und Loͤffelkrauts beyzumeßen, daß wir von den
uͤblen Folgen der eingeſalznen Speiſen verſchont blieben und bey unſrer nunmeh-
rigen Abreiſe, allerſeits in guten Geſundheits-Umſtaͤnden zu ſeyn ſchienen.
Aber bey dem allen hatten wir, jetzt vielleicht mehr als je, Urſach, uns fuͤr den
Anfaͤllen des Scharbocks zu fuͤrchten, denn die Muͤhſeligkeiten des See-
Lebens, die wir nun ſchon ſo geraume Zeit hindurch erlitten, mußten unſre Con-
ſtitutionen wohl allerdings geſchwaͤcht und uns die Kraft benommen haben, den
kuͤnftigen Beſchwerlichkeiten, ſo gut als bisher, zu widerſtehen. Vornemlich ſahen
die Officier und Paſſagier, auf der nunmehrigen Reiſe gegen den Suͤdpol, man-
cherley Unannehmlichkeiten vor ſich, wovon ſie vorher nichts gewußt. Ihr
jetziger Vorrath von lebendigem Vieh war gegen den, womit ſie ſich ehedem
vom Vorgebuͤrge der guten Hoffnung aus verſorgt gehabt, fuͤr gar nichts zu rech-
nen; folglich hoͤrte der geringe Unterſchied, der bisher zwiſchen ihrer Tafel
und dem Eſſen der gemeinen Matroſen ſtatt gefunden hatte, gaͤnzlich auf, und ſie
waren nun, in dieſem Betracht, um nichts beſſer, ja faſt noch ſchlimmer daran
als die gemeinen Seeleute, die ſich von Jugend auf an keine andere als die ei-
gentliche Schiffskoſt gewoͤhnt, dahingegen Officier und Paſſagier ſolche gleichſam
nie verſucht hatten. Hiernaͤchſt war auch die Hoffnung neue Laͤnder zu entdecken,
nun ſchon verſchwunden; die Gegenſtaͤnde der freundſchaftlichen Unterredung
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/454>, abgerufen am 25.11.2024.
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