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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
October.
nicht müde ward, den Latu anzusehn. Auf den ersten Schuß, den ich nach
einem Vogel that, kamen drey Leute herbey, mit welchen wir uns, so gut es
gehen wollte, in Unterredung einließen. Mitlerweile vermißte Dr. Sparr-
mann
das Bayonet von seinem Gewehr, und gieng also zurück um darnach zu
suchen. Dies mußte einem von den dreyen Indianern der rechte Augenblick
dünken, um etwas zu wagen; denn er grif nach meiner Vogel-Flinte, und suchte
sie mir aus den Händen zu winden; seine beyden Cameraden hingegen, entliefen,
als ob sie an diesem hämischen Angrif nicht den geringsten Theil haben woll-
ten. Unterdessen daß ich mich mit dem Kerl herumbalgte und meinen Freund
zu Hülfe rief, verwickelten wir uns ins Strauchwerk und fielen beyde zu Boden.
Der Wilde fühlte entweder, daß er seinen Zweck nicht erreichen würde, oder er
fürchtete sich, daß Dr. Sparrmann dazu kommen möchte, kurz, er rafte sich
vor mir auf und lief davon. Als mein Freund herzu kam war alles vorüber, und
wir gestanden einander, daß es zwar von Seiten des Indianers hämisch und
verrätherisch, jedoch auch an unsrer Seite sehr unvorsichtig gewesen sey, daß
wir ihn durch unsre Trennung veranlaßt hätten, seine Stärke und Geschicklich-
keit zu versuchen. Wir streiften darauf noch eine Weile herum, ohne daß uns
sonst etwas begegnet wäre, und endlich kehrten wir wieder nach dem Han-
delsplatze um, woselbst die Leute, welche wir allda zurück gelassen, fast noch
alle beysammen waren. Sie hatten sich zum Theil in verschiednen Haufen, wel-
ches vermuthlich eben so viel verschiedne Familien seyn mochten, hingesetzt, und
waren alle in lebhafter Unterredung, die, dem Anschein nach, uns und unsere
Schiffe galt. Einige Frauenspersonen sangen, andre spielten Ball. Unter
allen diesen zog ein junges Mädchen unsre Aufmerksamkeit am mehresten an sich.
Sie hatte eine schöne regelmäßige Gesichtsbildung, Augen, die von Feuer gleich-
sam glühten, und einen überall vortreflichen Wuchs; am mehresten zeichnete
sie sich durch ihren Kopfputz aus, sie hatte nemlich, der hiesigen Landes-Sitte zu-
wider das Haar nicht kurz verschnitten, sondern trug es, in schönen Locken, lang
und frey herabhängend. Dies reizende Mädchen, so lebhaft, so ungezwungen in
allem was sie that, spielte mit fünf kleinen Kürbissen, davon sie einen um den
andern in die Höhe warf und jenen wiederfieng, indeß dieser noch in der Luft
schwebte etc. Wir sahen diesem Spielchen wohl eine Viertelstunde lang zu, ohne

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
October.
nicht muͤde ward, den Latu anzuſehn. Auf den erſten Schuß, den ich nach
einem Vogel that, kamen drey Leute herbey, mit welchen wir uns, ſo gut es
gehen wollte, in Unterredung einließen. Mitlerweile vermißte Dr. Sparr-
mann
das Bayonet von ſeinem Gewehr, und gieng alſo zuruͤck um darnach zu
ſuchen. Dies mußte einem von den dreyen Indianern der rechte Augenblick
duͤnken, um etwas zu wagen; denn er grif nach meiner Vogel-Flinte, und ſuchte
ſie mir aus den Haͤnden zu winden; ſeine beyden Cameraden hingegen, entliefen,
als ob ſie an dieſem haͤmiſchen Angrif nicht den geringſten Theil haben woll-
ten. Unterdeſſen daß ich mich mit dem Kerl herumbalgte und meinen Freund
zu Huͤlfe rief, verwickelten wir uns ins Strauchwerk und fielen beyde zu Boden.
Der Wilde fuͤhlte entweder, daß er ſeinen Zweck nicht erreichen wuͤrde, oder er
fuͤrchtete ſich, daß Dr. Sparrmann dazu kommen moͤchte, kurz, er rafte ſich
vor mir auf und lief davon. Als mein Freund herzu kam war alles voruͤber, und
wir geſtanden einander, daß es zwar von Seiten des Indianers haͤmiſch und
verraͤtheriſch, jedoch auch an unſrer Seite ſehr unvorſichtig geweſen ſey, daß
wir ihn durch unſre Trennung veranlaßt haͤtten, ſeine Staͤrke und Geſchicklich-
keit zu verſuchen. Wir ſtreiften darauf noch eine Weile herum, ohne daß uns
ſonſt etwas begegnet waͤre, und endlich kehrten wir wieder nach dem Han-
delsplatze um, woſelbſt die Leute, welche wir allda zuruͤck gelaſſen, faſt noch
alle beyſammen waren. Sie hatten ſich zum Theil in verſchiednen Haufen, wel-
ches vermuthlich eben ſo viel verſchiedne Familien ſeyn mochten, hingeſetzt, und
waren alle in lebhafter Unterredung, die, dem Anſchein nach, uns und unſere
Schiffe galt. Einige Frauensperſonen ſangen, andre ſpielten Ball. Unter
allen dieſen zog ein junges Maͤdchen unſre Aufmerkſamkeit am mehreſten an ſich.
Sie hatte eine ſchoͤne regelmaͤßige Geſichtsbildung, Augen, die von Feuer gleich-
ſam gluͤhten, und einen uͤberall vortreflichen Wuchs; am mehreſten zeichnete
ſie ſich durch ihren Kopfputz aus, ſie hatte nemlich, der hieſigen Landes-Sitte zu-
wider das Haar nicht kurz verſchnitten, ſondern trug es, in ſchoͤnen Locken, lang
und frey herabhaͤngend. Dies reizende Maͤdchen, ſo lebhaft, ſo ungezwungen in
allem was ſie that, ſpielte mit fuͤnf kleinen Kuͤrbiſſen, davon ſie einen um den
andern in die Hoͤhe warf und jenen wiederfieng, indeß dieſer noch in der Luft
ſchwebte ꝛc. Wir ſahen dieſem Spielchen wohl eine Viertelſtunde lang zu, ohne

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[356/0415] Forſter’s Reiſe um die Welt nicht muͤde ward, den Latu anzuſehn. Auf den erſten Schuß, den ich nach einem Vogel that, kamen drey Leute herbey, mit welchen wir uns, ſo gut es gehen wollte, in Unterredung einließen. Mitlerweile vermißte Dr. Sparr- mann das Bayonet von ſeinem Gewehr, und gieng alſo zuruͤck um darnach zu ſuchen. Dies mußte einem von den dreyen Indianern der rechte Augenblick duͤnken, um etwas zu wagen; denn er grif nach meiner Vogel-Flinte, und ſuchte ſie mir aus den Haͤnden zu winden; ſeine beyden Cameraden hingegen, entliefen, als ob ſie an dieſem haͤmiſchen Angrif nicht den geringſten Theil haben woll- ten. Unterdeſſen daß ich mich mit dem Kerl herumbalgte und meinen Freund zu Huͤlfe rief, verwickelten wir uns ins Strauchwerk und fielen beyde zu Boden. Der Wilde fuͤhlte entweder, daß er ſeinen Zweck nicht erreichen wuͤrde, oder er fuͤrchtete ſich, daß Dr. Sparrmann dazu kommen moͤchte, kurz, er rafte ſich vor mir auf und lief davon. Als mein Freund herzu kam war alles voruͤber, und wir geſtanden einander, daß es zwar von Seiten des Indianers haͤmiſch und verraͤtheriſch, jedoch auch an unſrer Seite ſehr unvorſichtig geweſen ſey, daß wir ihn durch unſre Trennung veranlaßt haͤtten, ſeine Staͤrke und Geſchicklich- keit zu verſuchen. Wir ſtreiften darauf noch eine Weile herum, ohne daß uns ſonſt etwas begegnet waͤre, und endlich kehrten wir wieder nach dem Han- delsplatze um, woſelbſt die Leute, welche wir allda zuruͤck gelaſſen, faſt noch alle beyſammen waren. Sie hatten ſich zum Theil in verſchiednen Haufen, wel- ches vermuthlich eben ſo viel verſchiedne Familien ſeyn mochten, hingeſetzt, und waren alle in lebhafter Unterredung, die, dem Anſchein nach, uns und unſere Schiffe galt. Einige Frauensperſonen ſangen, andre ſpielten Ball. Unter allen dieſen zog ein junges Maͤdchen unſre Aufmerkſamkeit am mehreſten an ſich. Sie hatte eine ſchoͤne regelmaͤßige Geſichtsbildung, Augen, die von Feuer gleich- ſam gluͤhten, und einen uͤberall vortreflichen Wuchs; am mehreſten zeichnete ſie ſich durch ihren Kopfputz aus, ſie hatte nemlich, der hieſigen Landes-Sitte zu- wider das Haar nicht kurz verſchnitten, ſondern trug es, in ſchoͤnen Locken, lang und frey herabhaͤngend. Dies reizende Maͤdchen, ſo lebhaft, ſo ungezwungen in allem was ſie that, ſpielte mit fuͤnf kleinen Kuͤrbiſſen, davon ſie einen um den andern in die Hoͤhe warf und jenen wiederfieng, indeß dieſer noch in der Luft ſchwebte ꝛc. Wir ſahen dieſem Spielchen wohl eine Viertelſtunde lang zu, ohne 1773. October.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/415>, abgerufen am 22.11.2024.