tereinander; zu gleicher Zeit schlugen sie, mit dem ersten Finger und dem Dau-1773. October. men, Knippchen dazu nach dem Takt, und hielten indeß die übrigen drey Finger jeder Hand gerade in die Höhe. Als die ersten drey aufgehört hatten, fiengen drey andre eben dieselbige Melodie an, und endlich ward ein allgemeines Chor daraus gemacht. Einer unsrer mitreisenden Herren, schrieb mir eins ihrer Lieder auf, welches ich meinen musicalischen Lesern zur Probe der hiesigen Tonkunst mitthei- len will:
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Weiter als auf diese vier Noten erstreckte sich der Umfang ihres Gesanges nicht; sie giengen nie tiefer als A. und nie höher als E. Dabey sangen sie sehr lang- sam und schlossen zuweilen mit dem Accord
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Die Gutherzigkeit des Volks äußerte sich in ihren kleinsten Handlungen, ja in jeder Gebehrde. Sie ließen sichs sehr angelegen seyn, uns mit Cocos- Nüssen zu bewirthen, deren Milch überaus wohlschmeckend war. Alles ver- einigte sich, uns diesen Aufenthalt angenehm zu machen; selbst die Luft, die wir einathmeten, war mit balsamischen Dünsten angefüllt. Anfänglich wußten wir nicht, wo dieser vortrefliche Geruch herkam; bey näherer Untersuchung aber fand sich, daß wir ihn einer schattenreichen Art von Citronen-Bäumen zu ver- danken hatten, die hinter dem Hause und eben in voller Blüthe standen. Wir durften uns nicht lange an dem bloßen Geruch begnügen, denn die Einwohner setzten uns bald auch Früchte von diesem Baume vor. In Westindien sind solche unter dem Namen Shaddocks bekannt; zu Batavia aber und in den ostindischen Inseln, werden sie Pompelmusen genannt. Diese hier waren ku- gelrund, beynahe so groß als ein Kindeskopf und von ganz vortreflichem Ge- schmack. Zu beyden Seiten der vor dem Hause befindlichen Wiese, lief ein Zaun von Rohrstäben hin, welche durchaus creutzweis geflochten und fest mit einander
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in den Jahren 1772 bis 1775.
tereinander; zu gleicher Zeit ſchlugen ſie, mit dem erſten Finger und dem Dau-1773. October. men, Knippchen dazu nach dem Takt, und hielten indeß die uͤbrigen drey Finger jeder Hand gerade in die Hoͤhe. Als die erſten drey aufgehoͤrt hatten, fiengen drey andre eben dieſelbige Melodie an, und endlich ward ein allgemeines Chor daraus gemacht. Einer unſrer mitreiſenden Herren, ſchrieb mir eins ihrer Lieder auf, welches ich meinen muſicaliſchen Leſern zur Probe der hieſigen Tonkunſt mitthei- len will:
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Weiter als auf dieſe vier Noten erſtreckte ſich der Umfang ihres Geſanges nicht; ſie giengen nie tiefer als A. und nie hoͤher als E. Dabey ſangen ſie ſehr lang- ſam und ſchloſſen zuweilen mit dem Accord
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Die Gutherzigkeit des Volks aͤußerte ſich in ihren kleinſten Handlungen, ja in jeder Gebehrde. Sie ließen ſichs ſehr angelegen ſeyn, uns mit Cocos- Nuͤſſen zu bewirthen, deren Milch uͤberaus wohlſchmeckend war. Alles ver- einigte ſich, uns dieſen Aufenthalt angenehm zu machen; ſelbſt die Luft, die wir einathmeten, war mit balſamiſchen Duͤnſten angefuͤllt. Anfaͤnglich wußten wir nicht, wo dieſer vortrefliche Geruch herkam; bey naͤherer Unterſuchung aber fand ſich, daß wir ihn einer ſchattenreichen Art von Citronen-Baͤumen zu ver- danken hatten, die hinter dem Hauſe und eben in voller Bluͤthe ſtanden. Wir durften uns nicht lange an dem bloßen Geruch begnuͤgen, denn die Einwohner ſetzten uns bald auch Fruͤchte von dieſem Baume vor. In Weſtindien ſind ſolche unter dem Namen Shaddocks bekannt; zu Batavia aber und in den oſtindiſchen Inſeln, werden ſie Pompelmuſen genannt. Dieſe hier waren ku- gelrund, beynahe ſo groß als ein Kindeskopf und von ganz vortreflichem Ge- ſchmack. Zu beyden Seiten der vor dem Hauſe befindlichen Wieſe, lief ein Zaun von Rohrſtaͤben hin, welche durchaus creutzweis geflochten und feſt mit einander
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in den Jahren 1772 bis 1775.
tereinander; zu gleicher Zeit ſchlugen ſie, mit dem erſten Finger und dem Dau-
men, Knippchen dazu nach dem Takt, und hielten indeß die uͤbrigen drey Finger
jeder Hand gerade in die Hoͤhe. Als die erſten drey aufgehoͤrt hatten, fiengen drey
andre eben dieſelbige Melodie an, und endlich ward ein allgemeines Chor daraus
gemacht. Einer unſrer mitreiſenden Herren, ſchrieb mir eins ihrer Lieder auf,
welches ich meinen muſicaliſchen Leſern zur Probe der hieſigen Tonkunſt mitthei-
len will:
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Weiter als auf dieſe vier Noten erſtreckte ſich der Umfang ihres Geſanges nicht;
ſie giengen nie tiefer als A. und nie hoͤher als E. Dabey ſangen ſie ſehr lang-
ſam und ſchloſſen zuweilen mit dem Accord
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Die Gutherzigkeit des Volks aͤußerte ſich in ihren kleinſten Handlungen,
ja in jeder Gebehrde. Sie ließen ſichs ſehr angelegen ſeyn, uns mit Cocos-
Nuͤſſen zu bewirthen, deren Milch uͤberaus wohlſchmeckend war. Alles ver-
einigte ſich, uns dieſen Aufenthalt angenehm zu machen; ſelbſt die Luft, die wir
einathmeten, war mit balſamiſchen Duͤnſten angefuͤllt. Anfaͤnglich wußten wir
nicht, wo dieſer vortrefliche Geruch herkam; bey naͤherer Unterſuchung aber
fand ſich, daß wir ihn einer ſchattenreichen Art von Citronen-Baͤumen zu ver-
danken hatten, die hinter dem Hauſe und eben in voller Bluͤthe ſtanden. Wir
durften uns nicht lange an dem bloßen Geruch begnuͤgen, denn die Einwohner
ſetzten uns bald auch Fruͤchte von dieſem Baume vor. In Weſtindien ſind
ſolche unter dem Namen Shaddocks bekannt; zu Batavia aber und in den
oſtindiſchen Inſeln, werden ſie Pompelmuſen genannt. Dieſe hier waren ku-
gelrund, beynahe ſo groß als ein Kindeskopf und von ganz vortreflichem Ge-
ſchmack. Zu beyden Seiten der vor dem Hauſe befindlichen Wieſe, lief ein Zaun
von Rohrſtaͤben hin, welche durchaus creutzweis geflochten und feſt mit einander
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/378>, abgerufen am 16.02.2025.
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