Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. punctirt. Er brachte einige grüne Zweige und ein kleines Ferken, welches er1773.Septem- ber. meinem Vater schenkte, indem sich sonst niemand um ihn bekümmerte. Nachdem er ein Gegengeschenk von Eisengeräthe bekommen hatte, gieng er sogleich wieder in seinem Canot ans Land zurück. Bald darauf schickte er an seinen neuen Freund ein zweytes Canot mit Coco-Nüssen und Bananen, für welche seine Leute schlechterdings kein Gegengeschenk annehmen wollten. Man kann sich vorstellen, wie sehr uns eine so uneigennützige Gutherzigkeit gefallen haben müsse, denn für einen Menschenfreund kann es wohl kein größeres Vergnügen geben, als wenn er an seines gleichen gute und liebenswürdige Eigenschaften findet. Nachmittags besuchte uns ein anderer Befehlshaber, der auch von Bo- *) S. Hawkesworths Gesch. der engl. See. Reisen in 4. zweyter Band, pag. 258.
in den Jahren 1772 bis 1775. punctirt. Er brachte einige gruͤne Zweige und ein kleines Ferken, welches er1773.Septem- ber. meinem Vater ſchenkte, indem ſich ſonſt niemand um ihn bekuͤmmerte. Nachdem er ein Gegengeſchenk von Eiſengeraͤthe bekommen hatte, gieng er ſogleich wieder in ſeinem Canot ans Land zuruͤck. Bald darauf ſchickte er an ſeinen neuen Freund ein zweytes Canot mit Coco-Nuͤſſen und Bananen, fuͤr welche ſeine Leute ſchlechterdings kein Gegengeſchenk annehmen wollten. Man kann ſich vorſtellen, wie ſehr uns eine ſo uneigennuͤtzige Gutherzigkeit gefallen haben muͤſſe, denn fuͤr einen Menſchenfreund kann es wohl kein groͤßeres Vergnuͤgen geben, als wenn er an ſeines gleichen gute und liebenswuͤrdige Eigenſchaften findet. Nachmittags beſuchte uns ein anderer Befehlshaber, der auch von Bo- *) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See. Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 258.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
punctirt. Er brachte einige gruͤne Zweige und ein kleines Ferken, welches er
meinem Vater ſchenkte, indem ſich ſonſt niemand um ihn bekuͤmmerte. Nachdem
er ein Gegengeſchenk von Eiſengeraͤthe bekommen hatte, gieng er ſogleich wieder
in ſeinem Canot ans Land zuruͤck. Bald darauf ſchickte er an ſeinen neuen
Freund ein zweytes Canot mit Coco-Nuͤſſen und Bananen, fuͤr welche ſeine
Leute ſchlechterdings kein Gegengeſchenk annehmen wollten. Man kann ſich
vorſtellen, wie ſehr uns eine ſo uneigennuͤtzige Gutherzigkeit gefallen haben muͤſſe,
denn fuͤr einen Menſchenfreund kann es wohl kein groͤßeres Vergnuͤgen geben,
als wenn er an ſeines gleichen gute und liebenswuͤrdige Eigenſchaften findet.
1773.
Septem-
ber.
Nachmittags beſuchte uns ein anderer Befehlshaber, der auch von Bo-
rabora gebuͤrtig war und meines Vaters Namen annahm, dagegen mein Va-
ter den ſeinigen annehmen mußte. Er hies Herea, und war ſo dick als wir ſonſt
niemanden in der Suͤd-See geſehen hatten. Um den Bauch mas er 54 Zoll,
und jeder ſeiner Schenkel hatte 31 und ¾ Zoll im Umfange. Auch ſein Haar war
merkwuͤrdig; es hieng ihm in langen, ſchwarzen, wellenfoͤrmig- geſchlaͤngelten
Flechten bis auf die Huͤften herab, und war ſo ſtark, daß ſein Kopf davon noch
einmal ſo dick zu ſeyn ſchien als von Natur. Corpulenz, Farbe und Punctu-
ren waren bey ihm, ſo wie beym Oruwherra, Unterſcheidungszeichen ſeines
Ranges, welcher ihn, gleich den Großen auf Tahiti, zum Faullenzen und zur
Schwelgerey berechtigte. Es wird vielleicht nicht unrecht ſeyn, wenn ich bey
dieſer Gelegenheit anzeige wie es zugieng, daß dieſe aus Borabora gebuͤrti-
gen Befehlshaber, hier in Raietea Anſehen und Eigenthum hatten. Aus
Capitain Cooks voriger Reiſebeſchreibung wird man ſich noch erinnern, daß
O-Puni, Koͤnig von Borabora, nicht nur Raietea und O-Taha, welche
beyde Inſeln innerhalb eines Felſen-Rieffes eingeſchloſſen ſind; ſondern auch die
Inſel Maurua, funfzehn Seemeilen weiter gegen Weſten, erobert hatte. *)
Von dieſen eroberten Laͤndereyen hatte er einen betraͤchtlichen Theil unter ſeine
Krieger und andere von ſeinen Unterthanen zur Belohnung ausgetheilt. Dem
uͤberwundnen Koͤnig von Raietea, Namens U-Uru, ließ er zwar Tittel und
Wuͤrde, ſchraͤnkte aber die Herrſchaft deſſelben blos auf den Diſtrict Opoa ein,
und nach Taha ſchickte er einen feiner Anverwandten, Namens Boba, zum
*) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See. Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 258.
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