selbst, dem Anschein nach, ihre Diebereyen eben für so strafbar nicht, weil1773. August. sie vermuthlich glauben, daß uns dadurch doch kein sonderlicher Schaden zu- gefügt werde.
In unsrer Abwesenheit hatten die Capitains den König zu Parre besucht, und es war ihnen zu Ehren ein dramatischer Tanz aufgeführt worden, worinn Ihro Königl. Hoheit Taurai die Hauptrolle spielte. Sie erschien eben so ge- kleidet, und ihre Pantomime war eben so beschaffen als in Capitain Cooks vo- riger Reise beschrieben ist. *) Zween Mannspersonen tanzten in den Zwischen- zeiten, wenn sich die Prinzeßinn ausruhte, und sungen oder sprachen alsdenn auch, mit seltsam verzerrten Grimassen, einige Worte her, die sich allem An- schein nach auf den Gegenstand des Tanzes bezogen, unsern Leuten aber un- verständlich waren. Die ganze Vorstellung dauerte ohngefähr anderthalb Stunden und Tedua Taurai zeigte dabey eine bewundrungswürdige Geschick- lichkeit, die alles übertraf, was man in dieser Art auf der vorigen Reise zu Ulietea gesehn hatte.
Am folgenden Morgen sandte Capitain Cook den Lientenant Pickers- gill in aller Frühe nach dem südwestlichen Theil der Insel, um frische Lebens- mittel, besonders aber einige Schweine einzukaufen, weil wir bis jetzt von dem Könige nur zwey Stücke erhalten hatten. Wir unsers Theils blieben diesen ganzen Tag über am Bord, um die gestern eingesammleten Pflanzen zu be- schreiben. Abends um 10 Uhr, entstand am Strande, dem Schiffe ge- genüber, ein gewaltiger Lärmen; die Capitains vermutheten sogleich, daß solcher auf eine oder die andre Weise von unsern Leuten herrühren müsse und sandten deshalb ohnverzüglich etliche Boote mit den erforderlichen Officiers da- hin, welche denn auch die Thäter bald an Bord brachten. Es waren verschiedne See-Soldaten und ein Matrose, welche sich von dem bey den Zelten befehlha- benden Officier Erlaubniß ausgebeten, spatzieren zu gehen, jedoch über die Zeit ausgeblieben waren und einen Indianer geprügelt hatten. Der Capitain ließ sie sogleich in Ketten legen, weil es von der äußersten Wichtigkeit war, ihr Ver- gehen exemplarisch zu bestrafen, um mit den Einwohnern in gutem Vernehmen
*) S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen, in 4. zweyter Band, pag. 261. -- Auch die Kupferplatte Nro. 38. ob solche gleich keinen Begrif von den Tahitiern giebt.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
ſelbſt, dem Anſchein nach, ihre Diebereyen eben fuͤr ſo ſtrafbar nicht, weil1773. Auguſt. ſie vermuthlich glauben, daß uns dadurch doch kein ſonderlicher Schaden zu- gefuͤgt werde.
In unſrer Abweſenheit hatten die Capitains den Koͤnig zu Parre beſucht, und es war ihnen zu Ehren ein dramatiſcher Tanz aufgefuͤhrt worden, worinn Ihro Koͤnigl. Hoheit Tauraï die Hauptrolle ſpielte. Sie erſchien eben ſo ge- kleidet, und ihre Pantomime war eben ſo beſchaffen als in Capitain Cooks vo- riger Reiſe beſchrieben iſt. *) Zween Mannsperſonen tanzten in den Zwiſchen- zeiten, wenn ſich die Prinzeßinn ausruhte, und ſungen oder ſprachen alsdenn auch, mit ſeltſam verzerrten Grimaſſen, einige Worte her, die ſich allem An- ſchein nach auf den Gegenſtand des Tanzes bezogen, unſern Leuten aber un- verſtaͤndlich waren. Die ganze Vorſtellung dauerte ohngefaͤhr anderthalb Stunden und Tedua Tauraï zeigte dabey eine bewundrungswuͤrdige Geſchick- lichkeit, die alles uͤbertraf, was man in dieſer Art auf der vorigen Reiſe zu Ulietea geſehn hatte.
Am folgenden Morgen ſandte Capitain Cook den Lientenant Pickers- gill in aller Fruͤhe nach dem ſuͤdweſtlichen Theil der Inſel, um friſche Lebens- mittel, beſonders aber einige Schweine einzukaufen, weil wir bis jetzt von dem Koͤnige nur zwey Stuͤcke erhalten hatten. Wir unſers Theils blieben dieſen ganzen Tag uͤber am Bord, um die geſtern eingeſammleten Pflanzen zu be- ſchreiben. Abends um 10 Uhr, entſtand am Strande, dem Schiffe ge- genuͤber, ein gewaltiger Laͤrmen; die Capitains vermutheten ſogleich, daß ſolcher auf eine oder die andre Weiſe von unſern Leuten herruͤhren muͤſſe und ſandten deshalb ohnverzuͤglich etliche Boote mit den erforderlichen Officiers da- hin, welche denn auch die Thaͤter bald an Bord brachten. Es waren verſchiedne See-Soldaten und ein Matroſe, welche ſich von dem bey den Zelten befehlha- benden Officier Erlaubniß ausgebeten, ſpatzieren zu gehen, jedoch uͤber die Zeit ausgeblieben waren und einen Indianer gepruͤgelt hatten. Der Capitain ließ ſie ſogleich in Ketten legen, weil es von der aͤußerſten Wichtigkeit war, ihr Ver- gehen exemplariſch zu beſtrafen, um mit den Einwohnern in gutem Vernehmen
*) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, pag. 261. — Auch die Kupferplatte Nro. 38. ob ſolche gleich keinen Begrif von den Tahitiern giebt.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
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ſie vermuthlich glauben, daß uns dadurch doch kein ſonderlicher Schaden zu-
gefuͤgt werde.
1773.
Auguſt.
In unſrer Abweſenheit hatten die Capitains den Koͤnig zu Parre beſucht,
und es war ihnen zu Ehren ein dramatiſcher Tanz aufgefuͤhrt worden, worinn
Ihro Koͤnigl. Hoheit Tauraï die Hauptrolle ſpielte. Sie erſchien eben ſo ge-
kleidet, und ihre Pantomime war eben ſo beſchaffen als in Capitain Cooks vo-
riger Reiſe beſchrieben iſt. *) Zween Mannsperſonen tanzten in den Zwiſchen-
zeiten, wenn ſich die Prinzeßinn ausruhte, und ſungen oder ſprachen alsdenn
auch, mit ſeltſam verzerrten Grimaſſen, einige Worte her, die ſich allem An-
ſchein nach auf den Gegenſtand des Tanzes bezogen, unſern Leuten aber un-
verſtaͤndlich waren. Die ganze Vorſtellung dauerte ohngefaͤhr anderthalb
Stunden und Tedua Tauraï zeigte dabey eine bewundrungswuͤrdige Geſchick-
lichkeit, die alles uͤbertraf, was man in dieſer Art auf der vorigen Reiſe zu
Ulietea geſehn hatte.
Am folgenden Morgen ſandte Capitain Cook den Lientenant Pickers-
gill in aller Fruͤhe nach dem ſuͤdweſtlichen Theil der Inſel, um friſche Lebens-
mittel, beſonders aber einige Schweine einzukaufen, weil wir bis jetzt von dem
Koͤnige nur zwey Stuͤcke erhalten hatten. Wir unſers Theils blieben dieſen
ganzen Tag uͤber am Bord, um die geſtern eingeſammleten Pflanzen zu be-
ſchreiben. Abends um 10 Uhr, entſtand am Strande, dem Schiffe ge-
genuͤber, ein gewaltiger Laͤrmen; die Capitains vermutheten ſogleich, daß
ſolcher auf eine oder die andre Weiſe von unſern Leuten herruͤhren muͤſſe und
ſandten deshalb ohnverzuͤglich etliche Boote mit den erforderlichen Officiers da-
hin, welche denn auch die Thaͤter bald an Bord brachten. Es waren verſchiedne
See-Soldaten und ein Matroſe, welche ſich von dem bey den Zelten befehlha-
benden Officier Erlaubniß ausgebeten, ſpatzieren zu gehen, jedoch uͤber die Zeit
ausgeblieben waren und einen Indianer gepruͤgelt hatten. Der Capitain ließ
ſie ſogleich in Ketten legen, weil es von der aͤußerſten Wichtigkeit war, ihr Ver-
gehen exemplariſch zu beſtrafen, um mit den Einwohnern in gutem Vernehmen
*) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, pag. 261. —
Auch die Kupferplatte Nro. 38. ob ſolche gleich keinen Begrif von den Tahitiern giebt.
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/314>, abgerufen am 22.07.2024.
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