Der Antheil, den die gelehrte Welt an den neuesten Entdeckungen im Süd- Meer genommen, hat auch die älteren, zum Theil schon vergeßnen Rei- sen, wiederum ins Andenken gebracht. Vermuthlich werden also meine Leser keiner weitläuftigen Wiederholung derselben bedürfen. Doch könnte es, für einige wenigstens, von Nutzen seyn, daß ich der bisherigen Entdeckungs-Reisen erwähne, eh' ich zur Beschreibung unsrer eignen schreite. Hiernächst ist es auch der Mühe werth, daß ich von der Ausrüstung unsrer Schiffe einige Nachricht voran- schicke, weil solche, theils wegen der Originalität unsers Reise-Plans, theils wegen der Erfahrungen und den Rathschlägen unsrer Vorgänger, ungleich vollkommner und in aller Absicht merkwürdiger war, als sie bey dergleichen Expeditionen bisher je zu seyn pflegte. In Ansehung des erstern will ich mich so kurz als mög- lich fassen, um die Leser mit dieser trocknen Materie nicht zu ermüden; zu dem Ende werde ich auch nur allein die würklichen Entdeckungs-Reisen anführen, und keinesweges ein vollständiges Verzeichniß von allen nichtsbedeutenden Süd- Seefahrten liefern.
Vorläufig muß ich mich jedoch über die Benennungen der Meere erklä- ren, so wie ich sie in folgendem Werke gebraucht habe. Das Meer zwi- schen Afrika und Amerika behält den Namen des südlichen atlantischen Oce- ans, von der Linie bis zum antarktischen Polar-Zirkel. -- Das Meer zwi- schen Afrika und Neu-Holland haben wir, nach dem nordlich darüber liegen- den Meere, den südlichen indianischen Ocean genannt; und diese Benen- nung könnte vom Wende-Zirkel des Steinbocks bis zum Polar-Zirkel gelten. Das große oder eigentliche Süd-Meer erstreckt sich von Neu-Holland bis Süd-Amerika. Man pflegte ihm zwar in seinem ganzen Umfange den Namen des pacifischen Oceans oder stillen Meers beyzulegen. Allein diese Benen- nung kann nur innerhalb der Wende-Zirkel gelten, indem die See jenseit die- ser Gränzen wohl so stürmisch als jede andre ist. Der Aequator theilt das stille Meer in zwey fast gleiche Theile, in das Nördliche und Südliche. Was
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Einleitung.
Der Antheil, den die gelehrte Welt an den neueſten Entdeckungen im Suͤd- Meer genommen, hat auch die aͤlteren, zum Theil ſchon vergeßnen Rei- ſen, wiederum ins Andenken gebracht. Vermuthlich werden alſo meine Leſer keiner weitlaͤuftigen Wiederholung derſelben beduͤrfen. Doch koͤnnte es, fuͤr einige wenigſtens, von Nutzen ſeyn, daß ich der bisherigen Entdeckungs-Reiſen erwaͤhne, eh’ ich zur Beſchreibung unſrer eignen ſchreite. Hiernaͤchſt iſt es auch der Muͤhe werth, daß ich von der Ausruͤſtung unſrer Schiffe einige Nachricht voran- ſchicke, weil ſolche, theils wegen der Originalitaͤt unſers Reiſe-Plans, theils wegen der Erfahrungen und den Rathſchlaͤgen unſrer Vorgaͤnger, ungleich vollkommner und in aller Abſicht merkwuͤrdiger war, als ſie bey dergleichen Expeditionen bisher je zu ſeyn pflegte. In Anſehung des erſtern will ich mich ſo kurz als moͤg- lich faſſen, um die Leſer mit dieſer trocknen Materie nicht zu ermuͤden; zu dem Ende werde ich auch nur allein die wuͤrklichen Entdeckungs-Reiſen anfuͤhren, und keinesweges ein vollſtaͤndiges Verzeichniß von allen nichtsbedeutenden Suͤd- Seefahrten liefern.
Vorlaͤufig muß ich mich jedoch uͤber die Benennungen der Meere erklaͤ- ren, ſo wie ich ſie in folgendem Werke gebraucht habe. Das Meer zwi- ſchen Afrika und Amerika behaͤlt den Namen des ſuͤdlichen atlantiſchen Oce- ans, von der Linie bis zum antarktiſchen Polar-Zirkel. — Das Meer zwi- ſchen Afrika und Neu-Holland haben wir, nach dem nordlich daruͤber liegen- den Meere, den ſuͤdlichen indianiſchen Ocean genannt; und dieſe Benen- nung koͤnnte vom Wende-Zirkel des Steinbocks bis zum Polar-Zirkel gelten. Das große oder eigentliche Suͤd-Meer erſtreckt ſich von Neu-Holland bis Suͤd-Amerika. Man pflegte ihm zwar in ſeinem ganzen Umfange den Namen des pacifiſchen Oceans oder ſtillen Meers beyzulegen. Allein dieſe Benen- nung kann nur innerhalb der Wende-Zirkel gelten, indem die See jenſeit die- ſer Graͤnzen wohl ſo ſtuͤrmiſch als jede andre iſt. Der Aequator theilt das ſtille Meer in zwey faſt gleiche Theile, in das Noͤrdliche und Suͤdliche. Was
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ſen, wiederum ins Andenken gebracht. Vermuthlich werden alſo meine Leſer
keiner weitlaͤuftigen Wiederholung derſelben beduͤrfen. Doch koͤnnte es, fuͤr einige
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eh’ ich zur Beſchreibung unſrer eignen ſchreite. Hiernaͤchſt iſt es auch der Muͤhe
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der Erfahrungen und den Rathſchlaͤgen unſrer Vorgaͤnger, ungleich vollkommner
und in aller Abſicht merkwuͤrdiger war, als ſie bey dergleichen Expeditionen
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Ende werde ich auch nur allein die wuͤrklichen Entdeckungs-Reiſen anfuͤhren,
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Vorlaͤufig muß ich mich jedoch uͤber die Benennungen der Meere erklaͤ-
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ſchen Afrika und Amerika behaͤlt den Namen des ſuͤdlichen atlantiſchen Oce-
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ſchen Afrika und Neu-Holland haben wir, nach dem nordlich daruͤber liegen-
den Meere, den ſuͤdlichen indianiſchen Ocean genannt; und dieſe Benen-
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Das große oder eigentliche Suͤd-Meer erſtreckt ſich von Neu-Holland bis
Suͤd-Amerika. Man pflegte ihm zwar in ſeinem ganzen Umfange den Namen
des pacifiſchen Oceans oder ſtillen Meers beyzulegen. Allein dieſe Benen-
nung kann nur innerhalb der Wende-Zirkel gelten, indem die See jenſeit die-
ſer Graͤnzen wohl ſo ſtuͤrmiſch als jede andre iſt. Der Aequator theilt das
ſtille Meer in zwey faſt gleiche Theile, in das Noͤrdliche und Suͤdliche. Was
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/30>, abgerufen am 24.11.2024.
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