1773. August.bey Seite gesetzt, ja einige seiner Beschäftigungen kamen nun beynahe kindisch her- aus. Um nur ein Beyspiel davon anzuführen: so fanden Se. Majestät ein hohes Wohlgefallen daran, mit einem unsrer Beile kleine Stöcke zu zerhacken und junge Pisang-Pflanzungen abzuhauen. Ob wir nun aber gleich, seines nunmeh- rigen vertraulichen Betragens wegen, gewissermaßen hoffen konnten, daß er im Ernste Anstalt machen würde, uns mit einem Vorrath von Schweinen zu ver- sorgen; so wollten wir es doch nicht auf den bloßen Anschein wagen, län- ger hier zu bleiben. Daher nahmen wir gegen Abend förmlichen Abschied von ihm, giengen an Bord zurück und lichteten die Anker noch ehe es Nacht ward.
Da die Einwohner am folgenden Morgen sahen, daß wir die Seegel in Ordnung brachten und andre ernsthafte Anstalten zur Abreise vorkehrten, so ka- men sie haufenweise mit kleinen Canots voll Coco-Nüsse und andrer Gewächse an die Schiffe, und verkauften alles zu sehr geringen Preisen, damit sie nur die Gelegenheit europäische Waaren zu bekommen nicht ungenutzt vorbey lassen mögten. Der Geschmack an Kleinigkeiten und Spielzeug, der auf eine so unbegreifliche Weise, mehr oder minder, über die ganze Welt verbreitet ist, gieng hier so weit, daß die Leute ein Dutzend der schönsten Coco-Nüsse für eine ein- zige Glas-Coralle hingaben, und auf diesen unbedeutenden Schmuck bisweilen einen höheren Werth legten als auf einen Nagel, der doch einigen Nutzen ha- ben konnte. Wir fanden, daß die Insulaner jetzt weit ehrlicher zu Werk gien- gen als bey unsrer Ankunft. Vielleicht besorgten sie, daß die geringste Betrü- gerey dem Handel alsbald ein Ende machen würde, der ihnen seitdem erst recht am Herzen liegen mochte, als sie sahen, daß er überhaupt nicht lange mehr dau- ern würde. Um die Vortheile desselben noch so lange als möglich zu genießen, begleiteten sie uns bis ein paar Meilen außerhalb des Ryfs und kehrten dann erst zum Strande zurück, woselbst wir den Lieutenant Pickersgill mit einem Boot zurückgelassen hatten, um auch unsrer Seits von der Neigung welche das Volk jetzt zum Handel blicken ließ, noch einigen Nutzen zu ziehen.
Nunmehro, da wir gleichsam von neuem wieder uns selbst überlassen wa- ren, konnte man sich ein wenig erholen und einmal wieder zu Athem kommen, welches sich während des kurzen Aufenthalts auf der Insel, bey der Menge von
Forſter’s Reiſe um die Welt
1773. Auguſt.bey Seite geſetzt, ja einige ſeiner Beſchaͤftigungen kamen nun beynahe kindiſch her- aus. Um nur ein Beyſpiel davon anzufuͤhren: ſo fanden Se. Majeſtaͤt ein hohes Wohlgefallen daran, mit einem unſrer Beile kleine Stoͤcke zu zerhacken und junge Piſang-Pflanzungen abzuhauen. Ob wir nun aber gleich, ſeines nunmeh- rigen vertraulichen Betragens wegen, gewiſſermaßen hoffen konnten, daß er im Ernſte Anſtalt machen wuͤrde, uns mit einem Vorrath von Schweinen zu ver- ſorgen; ſo wollten wir es doch nicht auf den bloßen Anſchein wagen, laͤn- ger hier zu bleiben. Daher nahmen wir gegen Abend foͤrmlichen Abſchied von ihm, giengen an Bord zuruͤck und lichteten die Anker noch ehe es Nacht ward.
Da die Einwohner am folgenden Morgen ſahen, daß wir die Seegel in Ordnung brachten und andre ernſthafte Anſtalten zur Abreiſe vorkehrten, ſo ka- men ſie haufenweiſe mit kleinen Canots voll Coco-Nuͤſſe und andrer Gewaͤchſe an die Schiffe, und verkauften alles zu ſehr geringen Preiſen, damit ſie nur die Gelegenheit europaͤiſche Waaren zu bekommen nicht ungenutzt vorbey laſſen moͤgten. Der Geſchmack an Kleinigkeiten und Spielzeug, der auf eine ſo unbegreifliche Weiſe, mehr oder minder, uͤber die ganze Welt verbreitet iſt, gieng hier ſo weit, daß die Leute ein Dutzend der ſchoͤnſten Coco-Nuͤſſe fuͤr eine ein- zige Glas-Coralle hingaben, und auf dieſen unbedeutenden Schmuck bisweilen einen hoͤheren Werth legten als auf einen Nagel, der doch einigen Nutzen ha- ben konnte. Wir fanden, daß die Inſulaner jetzt weit ehrlicher zu Werk gien- gen als bey unſrer Ankunft. Vielleicht beſorgten ſie, daß die geringſte Betruͤ- gerey dem Handel alsbald ein Ende machen wuͤrde, der ihnen ſeitdem erſt recht am Herzen liegen mochte, als ſie ſahen, daß er uͤberhaupt nicht lange mehr dau- ern wuͤrde. Um die Vortheile deſſelben noch ſo lange als moͤglich zu genießen, begleiteten ſie uns bis ein paar Meilen außerhalb des Ryfs und kehrten dann erſt zum Strande zuruͤck, woſelbſt wir den Lieutenant Pickersgill mit einem Boot zuruͤckgelaſſen hatten, um auch unſrer Seits von der Neigung welche das Volk jetzt zum Handel blicken ließ, noch einigen Nutzen zu ziehen.
Nunmehro, da wir gleichſam von neuem wieder uns ſelbſt uͤberlaſſen wa- ren, konnte man ſich ein wenig erholen und einmal wieder zu Athem kommen, welches ſich waͤhrend des kurzen Aufenthalts auf der Inſel, bey der Menge von
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Forſter’s Reiſe um die Welt
bey Seite geſetzt, ja einige ſeiner Beſchaͤftigungen kamen nun beynahe kindiſch her-
aus. Um nur ein Beyſpiel davon anzufuͤhren: ſo fanden Se. Majeſtaͤt ein
hohes Wohlgefallen daran, mit einem unſrer Beile kleine Stoͤcke zu zerhacken und
junge Piſang-Pflanzungen abzuhauen. Ob wir nun aber gleich, ſeines nunmeh-
rigen vertraulichen Betragens wegen, gewiſſermaßen hoffen konnten, daß er im
Ernſte Anſtalt machen wuͤrde, uns mit einem Vorrath von Schweinen zu ver-
ſorgen; ſo wollten wir es doch nicht auf den bloßen Anſchein wagen, laͤn-
ger hier zu bleiben. Daher nahmen wir gegen Abend foͤrmlichen Abſchied
von ihm, giengen an Bord zuruͤck und lichteten die Anker noch ehe es Nacht
ward.
1773.
Auguſt.
Da die Einwohner am folgenden Morgen ſahen, daß wir die Seegel in
Ordnung brachten und andre ernſthafte Anſtalten zur Abreiſe vorkehrten, ſo ka-
men ſie haufenweiſe mit kleinen Canots voll Coco-Nuͤſſe und andrer Gewaͤchſe
an die Schiffe, und verkauften alles zu ſehr geringen Preiſen, damit ſie nur die
Gelegenheit europaͤiſche Waaren zu bekommen nicht ungenutzt vorbey laſſen
moͤgten. Der Geſchmack an Kleinigkeiten und Spielzeug, der auf eine
ſo unbegreifliche Weiſe, mehr oder minder, uͤber die ganze Welt verbreitet iſt,
gieng hier ſo weit, daß die Leute ein Dutzend der ſchoͤnſten Coco-Nuͤſſe fuͤr eine ein-
zige Glas-Coralle hingaben, und auf dieſen unbedeutenden Schmuck bisweilen
einen hoͤheren Werth legten als auf einen Nagel, der doch einigen Nutzen ha-
ben konnte. Wir fanden, daß die Inſulaner jetzt weit ehrlicher zu Werk gien-
gen als bey unſrer Ankunft. Vielleicht beſorgten ſie, daß die geringſte Betruͤ-
gerey dem Handel alsbald ein Ende machen wuͤrde, der ihnen ſeitdem erſt recht am
Herzen liegen mochte, als ſie ſahen, daß er uͤberhaupt nicht lange mehr dau-
ern wuͤrde. Um die Vortheile deſſelben noch ſo lange als moͤglich zu genießen,
begleiteten ſie uns bis ein paar Meilen außerhalb des Ryfs und kehrten dann erſt
zum Strande zuruͤck, woſelbſt wir den Lieutenant Pickersgill mit einem Boot
zuruͤckgelaſſen hatten, um auch unſrer Seits von der Neigung welche das Volk
jetzt zum Handel blicken ließ, noch einigen Nutzen zu ziehen.
Nunmehro, da wir gleichſam von neuem wieder uns ſelbſt uͤberlaſſen wa-
ren, konnte man ſich ein wenig erholen und einmal wieder zu Athem kommen,
welches ſich waͤhrend des kurzen Aufenthalts auf der Inſel, bey der Menge von
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/289>, abgerufen am 19.07.2024.
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