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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Räder, die sich von selbst zu bewegen schienen, mit großer Aufmerksamkeit.1773.
August.

Erstaunt über ihr Geräusch, welches er nicht begreifen und ausdrücken konn-
te, gab er sie zurück mit der Aeußerung "sie spräche" (parau) und fragte da-
bey wozu das Ding gut sey? Mit vieler Schwierigkeit machte man ihm begreif-
lich, daß wir sie gebrauchten um die Tageszeit daran zu erkennen, welche er
und seine Landsleute, aus dem Fortrücken der Sonne am Horizont, zu schätzen
gewohnt wären. Nach dieser Erklärung nannte ers eine kleine Sonne, um
damit anzudeuten, daß er uns völlig verstanden.

Wir waren eben im Begriff nach dem Strande zurück zu kehren, als
ein Mann mit einem Schweine ankam, welches der König dem Capitain unter
der Versicherung schenkte, daß er noch eins bekommen solle. Mit diesem klei-
nen Anfange waren wir vor der Hand zufrieden und beurlaubten uns nunmehro
von Se. Majestät, zwar ohne langweilige Ceremonie, blos mit einem herzli-
chen Tayo (Freund); doch war in diesem einzigen Ausdruck gewiß mehr Be-
deutung als in mancher künstlichen Rede.

Nachmittags giengen die Capitains abermals mit uns zum Könige. Wir
fanden ihn noch auf eben dem Platze, wo wir ihn beym Abschiede verlassen hat-
ten, und bey diesem Besuch bat er uns von neuen, daß wir wenigstens noch ein
Paar Tage länger bleiben mögten. Man gab ihm aber eben die Antwort als zu-
vor, und sagte gerade heraus, daß wir blos deswegen abreisen würden, weil
er uns nicht mit lebendigem Vieh versehen wollte. Hierauf ließ er sogleich
zwey Schweine herbey bringen und schenkte jedem Capitain eins, welche Frey-
gebigkeit durch allerhand Eisen-Geräthschaften erwiedert ward. Zu Unterhaltung
Sr. Majestät ließen wir einen unsrer See-Soldaten, einen Bergschotten, auf
dem Dudelsack spielen; und obgleich seine rauhe Musik unsern Ohren fast un-
ausstehlich war, so fanden doch der König und die ganze indianische Versamm-
lung ein so ausnehmendes Vergnügen daran, als man sich nicht vorstellen
sollte. Das Mißtrauen, welches er bey unsrer ersten Unterredung hatte blicken
lassen, war nun verschwunden; und wären wir länger geblieben, so mögte es
sich vielleicht in ein unbeschränktes Vertrauen verwandelt haben, wenigstens
schien er, seiner Jugend und gutherzigen Gemüthsart nach, von Natur geneigt
dazu zu seyn. Das studierte und gezwungen-gravitätische Wesen ward ganz

G g 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
Raͤder, die ſich von ſelbſt zu bewegen ſchienen, mit großer Aufmerkſamkeit.1773.
Auguſt.

Erſtaunt uͤber ihr Geraͤuſch, welches er nicht begreifen und ausdruͤcken konn-
te, gab er ſie zuruͤck mit der Aeußerung „ſie ſpraͤche“ (parau) und fragte da-
bey wozu das Ding gut ſey? Mit vieler Schwierigkeit machte man ihm begreif-
lich, daß wir ſie gebrauchten um die Tageszeit daran zu erkennen, welche er
und ſeine Landsleute, aus dem Fortruͤcken der Sonne am Horizont, zu ſchaͤtzen
gewohnt waͤren. Nach dieſer Erklaͤrung nannte ers eine kleine Sonne, um
damit anzudeuten, daß er uns voͤllig verſtanden.

Wir waren eben im Begriff nach dem Strande zuruͤck zu kehren, als
ein Mann mit einem Schweine ankam, welches der Koͤnig dem Capitain unter
der Verſicherung ſchenkte, daß er noch eins bekommen ſolle. Mit dieſem klei-
nen Anfange waren wir vor der Hand zufrieden und beurlaubten uns nunmehro
von Se. Majeſtaͤt, zwar ohne langweilige Ceremonie, blos mit einem herzli-
chen Tayo (Freund); doch war in dieſem einzigen Ausdruck gewiß mehr Be-
deutung als in mancher kuͤnſtlichen Rede.

Nachmittags giengen die Capitains abermals mit uns zum Koͤnige. Wir
fanden ihn noch auf eben dem Platze, wo wir ihn beym Abſchiede verlaſſen hat-
ten, und bey dieſem Beſuch bat er uns von neuen, daß wir wenigſtens noch ein
Paar Tage laͤnger bleiben moͤgten. Man gab ihm aber eben die Antwort als zu-
vor, und ſagte gerade heraus, daß wir blos deswegen abreiſen wuͤrden, weil
er uns nicht mit lebendigem Vieh verſehen wollte. Hierauf ließ er ſogleich
zwey Schweine herbey bringen und ſchenkte jedem Capitain eins, welche Frey-
gebigkeit durch allerhand Eiſen-Geraͤthſchaften erwiedert ward. Zu Unterhaltung
Sr. Majeſtaͤt ließen wir einen unſrer See-Soldaten, einen Bergſchotten, auf
dem Dudelſack ſpielen; und obgleich ſeine rauhe Muſik unſern Ohren faſt un-
ausſtehlich war, ſo fanden doch der Koͤnig und die ganze indianiſche Verſamm-
lung ein ſo ausnehmendes Vergnuͤgen daran, als man ſich nicht vorſtellen
ſollte. Das Mißtrauen, welches er bey unſrer erſten Unterredung hatte blicken
laſſen, war nun verſchwunden; und waͤren wir laͤnger geblieben, ſo moͤgte es
ſich vielleicht in ein unbeſchraͤnktes Vertrauen verwandelt haben, wenigſtens
ſchien er, ſeiner Jugend und gutherzigen Gemuͤthsart nach, von Natur geneigt
dazu zu ſeyn. Das ſtudierte und gezwungen-gravitaͤtiſche Weſen ward ganz

G g 2
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[235/0288] in den Jahren 1772 bis 1775. Raͤder, die ſich von ſelbſt zu bewegen ſchienen, mit großer Aufmerkſamkeit. Erſtaunt uͤber ihr Geraͤuſch, welches er nicht begreifen und ausdruͤcken konn- te, gab er ſie zuruͤck mit der Aeußerung „ſie ſpraͤche“ (parau) und fragte da- bey wozu das Ding gut ſey? Mit vieler Schwierigkeit machte man ihm begreif- lich, daß wir ſie gebrauchten um die Tageszeit daran zu erkennen, welche er und ſeine Landsleute, aus dem Fortruͤcken der Sonne am Horizont, zu ſchaͤtzen gewohnt waͤren. Nach dieſer Erklaͤrung nannte ers eine kleine Sonne, um damit anzudeuten, daß er uns voͤllig verſtanden. 1773. Auguſt. Wir waren eben im Begriff nach dem Strande zuruͤck zu kehren, als ein Mann mit einem Schweine ankam, welches der Koͤnig dem Capitain unter der Verſicherung ſchenkte, daß er noch eins bekommen ſolle. Mit dieſem klei- nen Anfange waren wir vor der Hand zufrieden und beurlaubten uns nunmehro von Se. Majeſtaͤt, zwar ohne langweilige Ceremonie, blos mit einem herzli- chen Tayo (Freund); doch war in dieſem einzigen Ausdruck gewiß mehr Be- deutung als in mancher kuͤnſtlichen Rede. Nachmittags giengen die Capitains abermals mit uns zum Koͤnige. Wir fanden ihn noch auf eben dem Platze, wo wir ihn beym Abſchiede verlaſſen hat- ten, und bey dieſem Beſuch bat er uns von neuen, daß wir wenigſtens noch ein Paar Tage laͤnger bleiben moͤgten. Man gab ihm aber eben die Antwort als zu- vor, und ſagte gerade heraus, daß wir blos deswegen abreiſen wuͤrden, weil er uns nicht mit lebendigem Vieh verſehen wollte. Hierauf ließ er ſogleich zwey Schweine herbey bringen und ſchenkte jedem Capitain eins, welche Frey- gebigkeit durch allerhand Eiſen-Geraͤthſchaften erwiedert ward. Zu Unterhaltung Sr. Majeſtaͤt ließen wir einen unſrer See-Soldaten, einen Bergſchotten, auf dem Dudelſack ſpielen; und obgleich ſeine rauhe Muſik unſern Ohren faſt un- ausſtehlich war, ſo fanden doch der Koͤnig und die ganze indianiſche Verſamm- lung ein ſo ausnehmendes Vergnuͤgen daran, als man ſich nicht vorſtellen ſollte. Das Mißtrauen, welches er bey unſrer erſten Unterredung hatte blicken laſſen, war nun verſchwunden; und waͤren wir laͤnger geblieben, ſo moͤgte es ſich vielleicht in ein unbeſchraͤnktes Vertrauen verwandelt haben, wenigſtens ſchien er, ſeiner Jugend und gutherzigen Gemuͤthsart nach, von Natur geneigt dazu zu ſeyn. Das ſtudierte und gezwungen-gravitaͤtiſche Weſen ward ganz G g 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/288>, abgerufen am 22.11.2024.