Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.zen Flecken von allerhand Gestalt bedeckt. Eben dieser Mann, der E-Tith hieß, war auch wegen seiner ungeheuren Corpulenz für andern auffallend, und schien überdies beym Könige (Erih) in besondern Ansehn zu stehen, indem dieser ihn fast bey jedem Vorfalle um Rath frug. So lange der König auf dem Stuhle oder seinem Throne sas, betrug er sich ungleich ernsthafter und steifer, als man es von seiner Jugend wohl hätte erwarten sollen. Es schien aber ein auswen- dig gelerntes, angenommenes Wesen zu seyn, wodurch unsre Audienz ein desto feyerlicheres Ansehen bekommen sollte. Bey einigen altfränkischen Staats- männern möchte ihm das vielleicht zum Verdienst gerechnet werden; es war doch aber im Grunde nichts als eine Maskerade von Heucheley und Verstel- lung, die wir zu Tahiti kaum erwartet hätten. Nach der ersten Begrüßung überreichte Capitain Cook dem Aheatua dienst-
Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.zen Flecken von allerhand Geſtalt bedeckt. Eben dieſer Mann, der E-Tith hieß, war auch wegen ſeiner ungeheuren Corpulenz fuͤr andern auffallend, und ſchien uͤberdies beym Koͤnige (Erih) in beſondern Anſehn zu ſtehen, indem dieſer ihn faſt bey jedem Vorfalle um Rath frug. So lange der Koͤnig auf dem Stuhle oder ſeinem Throne ſas, betrug er ſich ungleich ernſthafter und ſteifer, als man es von ſeiner Jugend wohl haͤtte erwarten ſollen. Es ſchien aber ein auswen- dig gelerntes, angenommenes Weſen zu ſeyn, wodurch unſre Audienz ein deſto feyerlicheres Anſehen bekommen ſollte. Bey einigen altfraͤnkiſchen Staats- maͤnnern moͤchte ihm das vielleicht zum Verdienſt gerechnet werden; es war doch aber im Grunde nichts als eine Maskerade von Heucheley und Verſtel- lung, die wir zu Tahiti kaum erwartet haͤtten. Nach der erſten Begruͤßung uͤberreichte Capitain Cook dem Aheatua dienſt-
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Forſter’s Reiſe um die Welt
zen Flecken von allerhand Geſtalt bedeckt. Eben dieſer Mann, der E-Tith
hieß, war auch wegen ſeiner ungeheuren Corpulenz fuͤr andern auffallend, und
ſchien uͤberdies beym Koͤnige (Erih) in beſondern Anſehn zu ſtehen, indem dieſer
ihn faſt bey jedem Vorfalle um Rath frug. So lange der Koͤnig auf dem Stuhle
oder ſeinem Throne ſas, betrug er ſich ungleich ernſthafter und ſteifer, als man
es von ſeiner Jugend wohl haͤtte erwarten ſollen. Es ſchien aber ein auswen-
dig gelerntes, angenommenes Weſen zu ſeyn, wodurch unſre Audienz ein
deſto feyerlicheres Anſehen bekommen ſollte. Bey einigen altfraͤnkiſchen Staats-
maͤnnern moͤchte ihm das vielleicht zum Verdienſt gerechnet werden; es war
doch aber im Grunde nichts als eine Maskerade von Heucheley und Verſtel-
lung, die wir zu Tahiti kaum erwartet haͤtten.
1773.
Auguſt.
Nach der erſten Begruͤßung uͤberreichte Capitain Cook dem Aheatua
ein Stuͤck rothen Boy (baize) ein Bett-Tuch, eine breite Zimmer-Art, ein
Meſſer, Naͤgel, Spiegel und Corallen. Mein Vater gab ihm aͤhnliche Ge-
ſchenke, und unter andern eine Aigrette von Scharlachroth gefaͤrbten Federn,
die an einem gewundenen Drathe oder Zitter-Nadel befeſtigt waren. Dieſe ſchaͤtz-
ten Se. Majeſtaͤt ungemein hoch und beym Anblick derſelben brach die ganze
Verſammlung in ein lautes Au- waͤh aus, welcher Ausruf Erſtaunen und
Bewundrung andeutet. Der Koͤnig fragte nunmehro nach Herrn Banks,
nach welchen vor ihm nur der einzige Tuahau gefragt hatte. Sodann erkun-
digte er ſich wie lange wir bleiben wuͤrden, und gab dabey zu verſtehen,
es ſollte ihm lieb ſeyn, wenn wir fuͤnf Monath verweilen wollten. Capitain
Cook antwortete, daß er im Gegentheil unverzuͤglich wieder abſegeln muͤſſe,
weil nicht Lebensmittel genug zu bekommen waͤren. Der Koͤnig ſchraͤnkte alſo
ſeine Bitte auf einen Monath, und endlich auf fuͤnf Tage ein. Da aber
Capitain Cook immer bey ſeiner vorigen Erklaͤrung blieb; ſo verſprach Ahea-
tua uns am folgenden Tage Schweine zu ſchicken. Dergleichen Verſprechun-
gen waren uns indeſſen ſchon mehr als einmal gemacht worden, ohne daß je-
doch etwas darauf erfolget waͤre. Wir rechneten alſo auch jetzt nicht darauf.
Denn ſo wenig uͤbrigens Teiarrabu als ein hoch verfeinerter Staat angeſehen
werden kann, ſo hatten wir doch laͤngſt gefunden, daß ſich von der thaͤtigen
Gutherzigkeit, welche uns der Mittelſtand, durch Gaſtfreyheit und eine Menge
dienſt-
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