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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
länger als einen Augenblick bey einerley Gegenstande zu verweilen. Man bewun-1773.
August.

derte unsre Farbe, man drückte uns die Hände und konnte nicht begreifen, warum
keine Puncturen darauf waren und daß wir keine lange Nägel hätten. Man er-
kundigte sich sorgfältig nach unsern Namen und machte sich eine Freude daraus,
sie uns mehrmalen nachzusprechen. Dies kam aber, der indianischen Mundart
nach, allemal so verstümmelt heraus, daß selbst Etymologisten von Profeßion
Mühe gehabt haben würden, sie wieder zu errathen. Forster ward in Mata-
ra
verändert; Hodges in Oreo; Grindall in Terino; Sparman in Pa-
mani
, und George *) in Teori. An Gastfreyheit, die wir in jeder
Hütte fanden, fehlte es auch hier nicht; man bot uns Cocos-Nüsse und E-vihs
an, um den Durst zu löschen, und der Alte ließ uns oben drein eine Probe
von den musicalischen Talenten seiner Familie hören. Einer von den jungen
Männern blies mit den Nasenlöchern eine Flöte von Bamburohr, die drey Lö-
cher hatte **) und ein andrer sang dazu. Die ganze Music war, sowohl von
Seiten des Flötenspielers als auch des Sängers, nichts anders als eine einför-
mige Abwechselung von drey bis vier verschiednen Tönen, die weder unsern gan-
zen, noch den halben Tönen ähnlich klangen, und dem Werth der Noten nach,
ein Mittelding zwischen unsern halben und Vierteln seyn mochten. Uebrigens
war nicht eine Spur von Melodie darinn zu erkennen; eben so wenig ward auch
eine Art von Tact beobachtet, und folglich hörte man nichts als ein einschläfern-
des Summen. Auf die Art konnte die Music das Ohr freylich nicht durch
falsche Töne beleidigen, aber das war auch das beste dabey, denn lieblich war
sie weiter eben nicht zu hören. Es ist sonderbar, daß, da der Geschmack an
Music unter alle Völker der Erde so allgemein verbreitet ist, dennoch die Be-
griffe von Harmonie und Wohlklang bey verschiednen Rationen so verschieden
seyn können. -- Wir sahen in dieser Hütte das Bild von wahrer Volks-Glück-
seligkeit realisirt, und Herr Hodges konnte sich nicht enthalten, von einem so
seltnen Gemählde verschiedne Zeichnungen zu entwerfen, die der Nachwelt anschau-
ende Begriffe von diesen Scenen geben werden, als welche sich besser fühlen, denn

*) Der jüngere Herr Forster ließ sich, zum Unterschied von seinem Herrn Vater bey diesem
Vornahmen nennen. A. d. V.
**) Siehe Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen, in 4. 2ter Band, pag. 97 u. f.
E e 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
laͤnger als einen Augenblick bey einerley Gegenſtande zu verweilen. Man bewun-1773.
Auguſt.

derte unſre Farbe, man druͤckte uns die Haͤnde und konnte nicht begreifen, warum
keine Puncturen darauf waren und daß wir keine lange Naͤgel haͤtten. Man er-
kundigte ſich ſorgfaͤltig nach unſern Namen und machte ſich eine Freude daraus,
ſie uns mehrmalen nachzuſprechen. Dies kam aber, der indianiſchen Mundart
nach, allemal ſo verſtuͤmmelt heraus, daß ſelbſt Etymologiſten von Profeßion
Muͤhe gehabt haben wuͤrden, ſie wieder zu errathen. Forſter ward in Mata-
ra
veraͤndert; Hodges in Oreo; Grindall in Terino; Sparman in Pa-
mani
, und George *) in Teori. An Gaſtfreyheit, die wir in jeder
Huͤtte fanden, fehlte es auch hier nicht; man bot uns Cocos-Nuͤſſe und E-vihs
an, um den Durſt zu loͤſchen, und der Alte ließ uns oben drein eine Probe
von den muſicaliſchen Talenten ſeiner Familie hoͤren. Einer von den jungen
Maͤnnern blies mit den Naſenloͤchern eine Floͤte von Bamburohr, die drey Loͤ-
cher hatte **) und ein andrer ſang dazu. Die ganze Muſic war, ſowohl von
Seiten des Floͤtenſpielers als auch des Saͤngers, nichts anders als eine einfoͤr-
mige Abwechſelung von drey bis vier verſchiednen Toͤnen, die weder unſern gan-
zen, noch den halben Toͤnen aͤhnlich klangen, und dem Werth der Noten nach,
ein Mittelding zwiſchen unſern halben und Vierteln ſeyn mochten. Uebrigens
war nicht eine Spur von Melodie darinn zu erkennen; eben ſo wenig ward auch
eine Art von Tact beobachtet, und folglich hoͤrte man nichts als ein einſchlaͤfern-
des Summen. Auf die Art konnte die Muſic das Ohr freylich nicht durch
falſche Toͤne beleidigen, aber das war auch das beſte dabey, denn lieblich war
ſie weiter eben nicht zu hoͤren. Es iſt ſonderbar, daß, da der Geſchmack an
Muſic unter alle Voͤlker der Erde ſo allgemein verbreitet iſt, dennoch die Be-
griffe von Harmonie und Wohlklang bey verſchiednen Rationen ſo verſchieden
ſeyn koͤnnen. — Wir ſahen in dieſer Huͤtte das Bild von wahrer Volks-Gluͤck-
ſeligkeit realiſirt, und Herr Hodges konnte ſich nicht enthalten, von einem ſo
ſeltnen Gemaͤhlde verſchiedne Zeichnungen zu entwerfen, die der Nachwelt anſchau-
ende Begriffe von dieſen Scenen geben werden, als welche ſich beſſer fuͤhlen, denn

*) Der juͤngere Herr Forſter ließ ſich, zum Unterſchied von ſeinem Herrn Vater bey dieſem
Vornahmen nennen. A. d. V.
**) Siehe Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. 2ter Band, pag. 97 u. f.
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[221/0274] in den Jahren 1772 bis 1775. laͤnger als einen Augenblick bey einerley Gegenſtande zu verweilen. Man bewun- derte unſre Farbe, man druͤckte uns die Haͤnde und konnte nicht begreifen, warum keine Puncturen darauf waren und daß wir keine lange Naͤgel haͤtten. Man er- kundigte ſich ſorgfaͤltig nach unſern Namen und machte ſich eine Freude daraus, ſie uns mehrmalen nachzuſprechen. Dies kam aber, der indianiſchen Mundart nach, allemal ſo verſtuͤmmelt heraus, daß ſelbſt Etymologiſten von Profeßion Muͤhe gehabt haben wuͤrden, ſie wieder zu errathen. Forſter ward in Mata- ra veraͤndert; Hodges in Oreo; Grindall in Terino; Sparman in Pa- mani, und George *) in Teori. An Gaſtfreyheit, die wir in jeder Huͤtte fanden, fehlte es auch hier nicht; man bot uns Cocos-Nuͤſſe und E-vihs an, um den Durſt zu loͤſchen, und der Alte ließ uns oben drein eine Probe von den muſicaliſchen Talenten ſeiner Familie hoͤren. Einer von den jungen Maͤnnern blies mit den Naſenloͤchern eine Floͤte von Bamburohr, die drey Loͤ- cher hatte **) und ein andrer ſang dazu. Die ganze Muſic war, ſowohl von Seiten des Floͤtenſpielers als auch des Saͤngers, nichts anders als eine einfoͤr- mige Abwechſelung von drey bis vier verſchiednen Toͤnen, die weder unſern gan- zen, noch den halben Toͤnen aͤhnlich klangen, und dem Werth der Noten nach, ein Mittelding zwiſchen unſern halben und Vierteln ſeyn mochten. Uebrigens war nicht eine Spur von Melodie darinn zu erkennen; eben ſo wenig ward auch eine Art von Tact beobachtet, und folglich hoͤrte man nichts als ein einſchlaͤfern- des Summen. Auf die Art konnte die Muſic das Ohr freylich nicht durch falſche Toͤne beleidigen, aber das war auch das beſte dabey, denn lieblich war ſie weiter eben nicht zu hoͤren. Es iſt ſonderbar, daß, da der Geſchmack an Muſic unter alle Voͤlker der Erde ſo allgemein verbreitet iſt, dennoch die Be- griffe von Harmonie und Wohlklang bey verſchiednen Rationen ſo verſchieden ſeyn koͤnnen. — Wir ſahen in dieſer Huͤtte das Bild von wahrer Volks-Gluͤck- ſeligkeit realiſirt, und Herr Hodges konnte ſich nicht enthalten, von einem ſo ſeltnen Gemaͤhlde verſchiedne Zeichnungen zu entwerfen, die der Nachwelt anſchau- ende Begriffe von dieſen Scenen geben werden, als welche ſich beſſer fuͤhlen, denn 1773. Auguſt. *) Der juͤngere Herr Forſter ließ ſich, zum Unterſchied von ſeinem Herrn Vater bey dieſem Vornahmen nennen. A. d. V. **) Siehe Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. 2ter Band, pag. 97 u. f. E e 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/274>, abgerufen am 22.11.2024.