Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.hielt es aber für vergebliche Mühe darnach zu fragen, und suchte vielmehr seine Schöne durch neue Geschenke zu gewinnen. Corallen, Nägel und andre Kleinigkeiten wurden reichlich dran gewandt. Das Mädchen nahm sie auch freund- lich genug an, blieb aber bey den feurigsten Wünschen ihres Liebhabers unerbitt- lich. Was ihr so sehr am Herzen gelegen und wofür allein sie sich ihm ergeben haben würde, das mogten die Bett-Tücher gewesen seyn, und die hatte sie ver- muthlich weg; nunmehro schien ihr folglich nichts mehr reizend genug zu seyn, um einen Liebhaber zu erhören, den sie doch nur auf kurze Zeit gehabt haben würde. So erklärten wir uns wenigstens ihr Betragen; dazu kam noch, daß sie zu einer angesehenen Familie gehörte, und während Capitain Cook's vorigen langen Aufenthalt auf der Insel, hatte man wenig oder gar keine Beyspiele gefunden, daß Frauenzimmer von besserem Stande, sich so gemein gemacht haben sollten. Wir konnten uns diesmal nicht lange bey ih- nen aufhalten, weil der Tag Abschied zu nehmen anfieng. Es war würklich schon so spät, daß unsre Boote bereits nach dem Schiffe zurückgekehrt waren als wir wieder an den Strand kamen. Ich bedachte mich indessen nicht lange, sondern ward mit einem Indianer einig, daß er mich für eine einzige Glas-Co- ralle, die mir vom heutigen Spatziergang noch übrig geblieben war, in sei- nem Canot nach dem Schiffe übersetzen sollte, und so kam ich glücklich an Bord, ohnerachtet das armselige Fahrzeug nicht einmal einen Ausleger (outrigger) hatte. Bey Anbruch des folgenden Tages, giengen wir wiederum ans Land anmu-
Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.hielt es aber fuͤr vergebliche Muͤhe darnach zu fragen, und ſuchte vielmehr ſeine Schoͤne durch neue Geſchenke zu gewinnen. Corallen, Naͤgel und andre Kleinigkeiten wurden reichlich dran gewandt. Das Maͤdchen nahm ſie auch freund- lich genug an, blieb aber bey den feurigſten Wuͤnſchen ihres Liebhabers unerbitt- lich. Was ihr ſo ſehr am Herzen gelegen und wofuͤr allein ſie ſich ihm ergeben haben wuͤrde, das mogten die Bett-Tuͤcher geweſen ſeyn, und die hatte ſie ver- muthlich weg; nunmehro ſchien ihr folglich nichts mehr reizend genug zu ſeyn, um einen Liebhaber zu erhoͤren, den ſie doch nur auf kurze Zeit gehabt haben wuͤrde. So erklaͤrten wir uns wenigſtens ihr Betragen; dazu kam noch, daß ſie zu einer angeſehenen Familie gehoͤrte, und waͤhrend Capitain Cook’s vorigen langen Aufenthalt auf der Inſel, hatte man wenig oder gar keine Beyſpiele gefunden, daß Frauenzimmer von beſſerem Stande, ſich ſo gemein gemacht haben ſollten. Wir konnten uns diesmal nicht lange bey ih- nen aufhalten, weil der Tag Abſchied zu nehmen anfieng. Es war wuͤrklich ſchon ſo ſpaͤt, daß unſre Boote bereits nach dem Schiffe zuruͤckgekehrt waren als wir wieder an den Strand kamen. Ich bedachte mich indeſſen nicht lange, ſondern ward mit einem Indianer einig, daß er mich fuͤr eine einzige Glas-Co- ralle, die mir vom heutigen Spatziergang noch uͤbrig geblieben war, in ſei- nem Canot nach dem Schiffe uͤberſetzen ſollte, und ſo kam ich gluͤcklich an Bord, ohnerachtet das armſelige Fahrzeug nicht einmal einen Ausleger (outrigger) hatte. Bey Anbruch des folgenden Tages, giengen wir wiederum ans Land anmu-
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Forſter’s Reiſe um die Welt
hielt es aber fuͤr vergebliche Muͤhe darnach zu fragen, und ſuchte vielmehr
ſeine Schoͤne durch neue Geſchenke zu gewinnen. Corallen, Naͤgel und andre
Kleinigkeiten wurden reichlich dran gewandt. Das Maͤdchen nahm ſie auch freund-
lich genug an, blieb aber bey den feurigſten Wuͤnſchen ihres Liebhabers unerbitt-
lich. Was ihr ſo ſehr am Herzen gelegen und wofuͤr allein ſie ſich ihm ergeben
haben wuͤrde, das mogten die Bett-Tuͤcher geweſen ſeyn, und die hatte ſie ver-
muthlich weg; nunmehro ſchien ihr folglich nichts mehr reizend genug zu ſeyn,
um einen Liebhaber zu erhoͤren, den ſie doch nur auf kurze Zeit gehabt haben
wuͤrde. So erklaͤrten wir uns wenigſtens ihr Betragen; dazu kam
noch, daß ſie zu einer angeſehenen Familie gehoͤrte, und waͤhrend Capitain
Cook’s vorigen langen Aufenthalt auf der Inſel, hatte man wenig oder gar
keine Beyſpiele gefunden, daß Frauenzimmer von beſſerem Stande, ſich
ſo gemein gemacht haben ſollten. Wir konnten uns diesmal nicht lange bey ih-
nen aufhalten, weil der Tag Abſchied zu nehmen anfieng. Es war wuͤrklich
ſchon ſo ſpaͤt, daß unſre Boote bereits nach dem Schiffe zuruͤckgekehrt waren
als wir wieder an den Strand kamen. Ich bedachte mich indeſſen nicht lange,
ſondern ward mit einem Indianer einig, daß er mich fuͤr eine einzige Glas-Co-
ralle, die mir vom heutigen Spatziergang noch uͤbrig geblieben war, in ſei-
nem Canot nach dem Schiffe uͤberſetzen ſollte, und ſo kam ich gluͤcklich an Bord,
ohnerachtet das armſelige Fahrzeug nicht einmal einen Ausleger (outrigger)
hatte.
1773.
Auguſt.
Bey Anbruch des folgenden Tages, giengen wir wiederum ans Land
und von neuem nach Oſten hin. Je naͤher wir der oͤſtlichen Spitze des Havens
Aitepieha kamen, je breiter ward die Ebene; die Pflanzungen von Brodfrucht-
und Coco-Nußbaͤumen, von Piſangen und andern Gewaͤchſen, an denen man
ſchon durchgehends den Anſatz zur kuͤnftigen Erndte ſahe, wurden immer anſehn-
licher. Auch die Anzahl der Wohnhaͤuſer nahm in dieſer Gegend zu, und viele
derſelben ſchienen uns reinlicher und neuer zu ſeyn als beym Ankerplatze. Unter
andern erblickten wir in einem dergleichen, welches mit Rohrwaͤnden verſehen
war, große Ballen von Zeug und eine Menge von Bruſtſchild-Futteralen, die
inwendig am Dache hiengen. Alles dieſes, ſo wie das Haus ſelbſt, gehoͤrte dem
Koͤnig, Aheatua zu. Wir ſpatzierten ohngefaͤhr 2 Meilen weit beſtaͤndig in den
anmu-
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