Diese Zufälle hatten je länger je mehr überhand genommen, und sich zuletzt in1773. August. eine Wassersucht verwandelt, die seinem Leben ein Ende machte. Alle unsre übri- gen Leute am Bord waren nun wohl, einen einzigen Mann ausgenommen, der seiner zum Scorbut geneigten Leibesbeschaffenheit wegen, allemal von neuem bettlägerig wurde, so oft wir in See giengen, und mit genauer Noth beym Le- ben zu erhalten war, ohnerachtet man ihn beständig, die kräftigsten prophyla- ctischen Mittel und Worth gebrauchen ließ. Jedoch auch dieser Mann, sowohl als die am Scorbut kranken Leute von der Adventure, erholten sich außerordent- lich geschwind, durch bloßes Spatzierengehen am Ufer und durch den täglichen Genuß von frischer Kräuterkost.
Früh am folgenden Morgen kamen etliche Indianer in einem Canot zu uns und bathen um die Zurückgabe der beyden größern, die man ihnen Tages zu- vor weggenommen hatte. Da Capitain Cook inne geworden war, daß der Han- del des gestrigen Vorfalls wegen ins Stecken gerathen sey, weil seitdem niemand ans Schiff, und auch nur wenige an den Wasserplatz hin gekommen wa- ren; so ließ er ihnen die Canots alsbald zurück geben, um das gute Vernehmen mit den Eingebohrnen so bald als möglich wieder herzustellen. Nun würkte zwar diese Probe von unsrer Billigkeit so schleunig nicht; als wir es wohl gewünscht hätten; doch blieb der Erfolg davon wenigstens nicht lange aus, denn nach Verlauf zweyer oder dreyer Tage war der Handel wiederum völlig auf den vori- gen Fus hergestellt.
Nach diesen Friedens-Vorkehrungen giengen wir aufs Botanisiren ans Land. Ein tüchtiger Regenschauer, der vorige Nacht gefallen, hatte die Luft merklich abgekühlt, und machte unsern Spatziergang sehr angenehm, indem die Sonnenhitze heute nicht so früh als sonst überhand nehmen konnte. Das ganze Land war durch den Regen verschönert. Bäume und Pflanzen waren wie von neuem belebt und in den Wäldern duftete das erfrischte Erdreich einen angeneh- men Wohlgeruch aus. Eine Menge von kleinen Vögeln begrüßte uns mit ihrem lieblichen Morgengesang, den wir sonst noch nie so in ganzen Chören ge- hört hatten, vielleicht, weil wir bisher noch nie so früh ausgegangen, vielleicht auch, weil oder Morgen vorzüglich schön war. Kaum mochten wir etliche hun- dert Schritte weit gegangen seyn, so entstand im Walde ein lautes Klopfen, als
Forster's Reise u. d. W. erster Th. D d
in den Jahren 1772 bis 1775.
Dieſe Zufaͤlle hatten je laͤnger je mehr uͤberhand genommen, und ſich zuletzt in1773. Auguſt. eine Waſſerſucht verwandelt, die ſeinem Leben ein Ende machte. Alle unſre uͤbri- gen Leute am Bord waren nun wohl, einen einzigen Mann ausgenommen, der ſeiner zum Scorbut geneigten Leibesbeſchaffenheit wegen, allemal von neuem bettlaͤgerig wurde, ſo oft wir in See giengen, und mit genauer Noth beym Le- ben zu erhalten war, ohnerachtet man ihn beſtaͤndig, die kraͤftigſten prophyla- ctiſchen Mittel und Worth gebrauchen ließ. Jedoch auch dieſer Mann, ſowohl als die am Scorbut kranken Leute von der Adventure, erholten ſich außerordent- lich geſchwind, durch bloßes Spatzierengehen am Ufer und durch den taͤglichen Genuß von friſcher Kraͤuterkoſt.
Fruͤh am folgenden Morgen kamen etliche Indianer in einem Canot zu uns und bathen um die Zuruͤckgabe der beyden groͤßern, die man ihnen Tages zu- vor weggenommen hatte. Da Capitain Cook inne geworden war, daß der Han- del des geſtrigen Vorfalls wegen ins Stecken gerathen ſey, weil ſeitdem niemand ans Schiff, und auch nur wenige an den Waſſerplatz hin gekommen wa- ren; ſo ließ er ihnen die Canots alsbald zuruͤck geben, um das gute Vernehmen mit den Eingebohrnen ſo bald als moͤglich wieder herzuſtellen. Nun wuͤrkte zwar dieſe Probe von unſrer Billigkeit ſo ſchleunig nicht; als wir es wohl gewuͤnſcht haͤtten; doch blieb der Erfolg davon wenigſtens nicht lange aus, denn nach Verlauf zweyer oder dreyer Tage war der Handel wiederum voͤllig auf den vori- gen Fus hergeſtellt.
Nach dieſen Friedens-Vorkehrungen giengen wir aufs Botaniſiren ans Land. Ein tuͤchtiger Regenſchauer, der vorige Nacht gefallen, hatte die Luft merklich abgekuͤhlt, und machte unſern Spatziergang ſehr angenehm, indem die Sonnenhitze heute nicht ſo fruͤh als ſonſt uͤberhand nehmen konnte. Das ganze Land war durch den Regen verſchoͤnert. Baͤume und Pflanzen waren wie von neuem belebt und in den Waͤldern duftete das erfriſchte Erdreich einen angeneh- men Wohlgeruch aus. Eine Menge von kleinen Voͤgeln begruͤßte uns mit ihrem lieblichen Morgengeſang, den wir ſonſt noch nie ſo in ganzen Choͤren ge- hoͤrt hatten, vielleicht, weil wir bisher noch nie ſo fruͤh ausgegangen, vielleicht auch, weil oder Morgen vorzuͤglich ſchoͤn war. Kaum mochten wir etliche hun- dert Schritte weit gegangen ſeyn, ſo entſtand im Walde ein lautes Klopfen, als
Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. D d
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0262"n="209"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
Dieſe Zufaͤlle hatten je laͤnger je mehr uͤberhand genommen, und ſich zuletzt in<noteplace="right">1773.<lb/>
Auguſt.</note><lb/>
eine Waſſerſucht verwandelt, die ſeinem Leben ein Ende machte. Alle unſre uͤbri-<lb/>
gen Leute am Bord waren nun wohl, einen einzigen Mann ausgenommen, der<lb/>ſeiner zum Scorbut geneigten Leibesbeſchaffenheit wegen, allemal von neuem<lb/>
bettlaͤgerig wurde, ſo oft wir in See giengen, und mit genauer Noth beym Le-<lb/>
ben zu erhalten war, ohnerachtet man ihn beſtaͤndig, die kraͤftigſten prophyla-<lb/>
ctiſchen Mittel und Worth gebrauchen ließ. Jedoch auch dieſer Mann, ſowohl<lb/>
als die am Scorbut kranken Leute von der <hirendition="#fr">Adventure,</hi> erholten ſich außerordent-<lb/>
lich geſchwind, durch bloßes Spatzierengehen am Ufer und durch den taͤglichen<lb/>
Genuß von friſcher Kraͤuterkoſt.</p><lb/><p>Fruͤh am folgenden Morgen kamen etliche Indianer in einem Canot zu<lb/>
uns und bathen um die Zuruͤckgabe der beyden groͤßern, die man ihnen Tages zu-<lb/>
vor weggenommen hatte. Da Capitain <hirendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> inne geworden war, daß der Han-<lb/>
del des geſtrigen Vorfalls wegen ins Stecken gerathen ſey, weil ſeitdem niemand<lb/>
ans Schiff, und auch nur wenige an den Waſſerplatz hin gekommen wa-<lb/>
ren; ſo ließ er ihnen die Canots alsbald zuruͤck geben, um das gute Vernehmen<lb/>
mit den Eingebohrnen ſo bald als moͤglich wieder herzuſtellen. Nun wuͤrkte zwar<lb/>
dieſe Probe von unſrer Billigkeit ſo ſchleunig nicht; als wir es wohl gewuͤnſcht<lb/>
haͤtten; doch blieb der Erfolg davon wenigſtens nicht lange aus, denn nach<lb/>
Verlauf zweyer oder dreyer Tage war der Handel wiederum voͤllig auf den vori-<lb/>
gen Fus hergeſtellt.</p><lb/><p>Nach dieſen Friedens-Vorkehrungen giengen wir aufs Botaniſiren ans<lb/>
Land. Ein tuͤchtiger Regenſchauer, der vorige Nacht gefallen, hatte die Luft<lb/>
merklich abgekuͤhlt, und machte unſern Spatziergang ſehr angenehm, indem die<lb/>
Sonnenhitze heute nicht ſo fruͤh als ſonſt uͤberhand nehmen konnte. Das ganze<lb/>
Land war durch den Regen verſchoͤnert. Baͤume und Pflanzen waren wie von<lb/>
neuem belebt und in den Waͤldern duftete das erfriſchte Erdreich einen angeneh-<lb/>
men Wohlgeruch aus. Eine Menge von kleinen Voͤgeln begruͤßte uns mit<lb/>
ihrem lieblichen Morgengeſang, den wir ſonſt noch nie ſo in ganzen Choͤren ge-<lb/>
hoͤrt hatten, vielleicht, weil wir bisher noch nie ſo fruͤh ausgegangen, vielleicht<lb/>
auch, weil oder Morgen vorzuͤglich ſchoͤn war. Kaum mochten wir etliche hun-<lb/>
dert Schritte weit gegangen ſeyn, ſo entſtand im Walde ein lautes Klopfen, als<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe u. d. W.</hi> erſter <hirendition="#fr">Th.</hi> D d</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[209/0262]
in den Jahren 1772 bis 1775.
Dieſe Zufaͤlle hatten je laͤnger je mehr uͤberhand genommen, und ſich zuletzt in
eine Waſſerſucht verwandelt, die ſeinem Leben ein Ende machte. Alle unſre uͤbri-
gen Leute am Bord waren nun wohl, einen einzigen Mann ausgenommen, der
ſeiner zum Scorbut geneigten Leibesbeſchaffenheit wegen, allemal von neuem
bettlaͤgerig wurde, ſo oft wir in See giengen, und mit genauer Noth beym Le-
ben zu erhalten war, ohnerachtet man ihn beſtaͤndig, die kraͤftigſten prophyla-
ctiſchen Mittel und Worth gebrauchen ließ. Jedoch auch dieſer Mann, ſowohl
als die am Scorbut kranken Leute von der Adventure, erholten ſich außerordent-
lich geſchwind, durch bloßes Spatzierengehen am Ufer und durch den taͤglichen
Genuß von friſcher Kraͤuterkoſt.
1773.
Auguſt.
Fruͤh am folgenden Morgen kamen etliche Indianer in einem Canot zu
uns und bathen um die Zuruͤckgabe der beyden groͤßern, die man ihnen Tages zu-
vor weggenommen hatte. Da Capitain Cook inne geworden war, daß der Han-
del des geſtrigen Vorfalls wegen ins Stecken gerathen ſey, weil ſeitdem niemand
ans Schiff, und auch nur wenige an den Waſſerplatz hin gekommen wa-
ren; ſo ließ er ihnen die Canots alsbald zuruͤck geben, um das gute Vernehmen
mit den Eingebohrnen ſo bald als moͤglich wieder herzuſtellen. Nun wuͤrkte zwar
dieſe Probe von unſrer Billigkeit ſo ſchleunig nicht; als wir es wohl gewuͤnſcht
haͤtten; doch blieb der Erfolg davon wenigſtens nicht lange aus, denn nach
Verlauf zweyer oder dreyer Tage war der Handel wiederum voͤllig auf den vori-
gen Fus hergeſtellt.
Nach dieſen Friedens-Vorkehrungen giengen wir aufs Botaniſiren ans
Land. Ein tuͤchtiger Regenſchauer, der vorige Nacht gefallen, hatte die Luft
merklich abgekuͤhlt, und machte unſern Spatziergang ſehr angenehm, indem die
Sonnenhitze heute nicht ſo fruͤh als ſonſt uͤberhand nehmen konnte. Das ganze
Land war durch den Regen verſchoͤnert. Baͤume und Pflanzen waren wie von
neuem belebt und in den Waͤldern duftete das erfriſchte Erdreich einen angeneh-
men Wohlgeruch aus. Eine Menge von kleinen Voͤgeln begruͤßte uns mit
ihrem lieblichen Morgengeſang, den wir ſonſt noch nie ſo in ganzen Choͤren ge-
hoͤrt hatten, vielleicht, weil wir bisher noch nie ſo fruͤh ausgegangen, vielleicht
auch, weil oder Morgen vorzuͤglich ſchoͤn war. Kaum mochten wir etliche hun-
dert Schritte weit gegangen ſeyn, ſo entſtand im Walde ein lautes Klopfen, als
Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. D d
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/262>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.