Ein Morgen war's! schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Tahiti, 2 Meilen vor uns sahen. Der Ostwind, der uns bis hieher begleitet, hatte sich gelegt; ein vom Lande wehendes Lüftchen führte uns die erfrischendsten und herrlichsten Wohlgerüche entgegen und kräuselte die Fläche der See. Waldgekrönte Berge erhoben ihre stolzen Gipfel in mancherley majestätischen Gestalten und glühten bereits im ersten Morgenstrahl der Sonne. Unterhalb denselben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, sanft abhängenden Hügeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit ver- schiednem anmuthigen Grün und herbstlichen Braun schattirt waren. Vor die- sen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Bäumen und unzählbaren Pal- men beschattet, deren königliche Wipfel weit über jene empor ragten. Noch erschien alles im tiefsten Schlaf; kaum tagte der Morgen und stille Schatten schwebten noch auf der Landschaft dahin. Allmählig aber konnte man unter den Bäumen eine Menge von Häusern und Canots unterscheiden, die auf den sandichten Strand heraufgezogen waren. Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und über diese brach sich die See in schäumender Brandung; hinter ihnen aber war das Wasser spiegelglatt und versprach den sichersten Ankerplatz. Nunmehro fing die Sonne an die Ebene zu beleuchten. Die Einwohner erwachten und die Aussicht begonn zu leben.
Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Küste, so eilte alles nach dem Strande herab und einige stießen Canots ins Wasser um zu uns herzuru-
dern,
Forſter’s Reiſe um die Welt
Achtes Hauptſtuͤck. Aufenthalt im Haven O-Aitepieha auf der kleinen Halb- Inſel O-Tahiti — Ankern in Matavai-Bay.
Ein Morgen war’s! ſchoͤner hat ihn ſchwerlich je ein Dichter beſchrieben, an welchem wir die Inſel O-Tahiti, 2 Meilen vor uns ſahen. Der Oſtwind, der uns bis hieher begleitet, hatte ſich gelegt; ein vom Lande wehendes Luͤftchen fuͤhrte uns die erfriſchendſten und herrlichſten Wohlgeruͤche entgegen und kraͤuſelte die Flaͤche der See. Waldgekroͤnte Berge erhoben ihre ſtolzen Gipfel in mancherley majeſtaͤtiſchen Geſtalten und gluͤhten bereits im erſten Morgenſtrahl der Sonne. Unterhalb denſelben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, ſanft abhaͤngenden Huͤgeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit ver- ſchiednem anmuthigen Gruͤn und herbſtlichen Braun ſchattirt waren. Vor die- ſen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Baͤumen und unzaͤhlbaren Pal- men beſchattet, deren koͤnigliche Wipfel weit uͤber jene empor ragten. Noch erſchien alles im tiefſten Schlaf; kaum tagte der Morgen und ſtille Schatten ſchwebten noch auf der Landſchaft dahin. Allmaͤhlig aber konnte man unter den Baͤumen eine Menge von Haͤuſern und Canots unterſcheiden, die auf den ſandichten Strand heraufgezogen waren. Eine halbe Meile vom Ufer lief eine Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und uͤber dieſe brach ſich die See in ſchaͤumender Brandung; hinter ihnen aber war das Waſſer ſpiegelglatt und verſprach den ſicherſten Ankerplatz. Nunmehro fing die Sonne an die Ebene zu beleuchten. Die Einwohner erwachten und die Ausſicht begonn zu leben.
Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Kuͤſte, ſo eilte alles nach dem Strande herab und einige ſtießen Canots ins Waſſer um zu uns herzuru-
dern,
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Achtes Hauptſtuͤck.
Aufenthalt im Haven O-Aitepieha auf der kleinen Halb-
Inſel O-Tahiti — Ankern in Matavai-Bay.
Devenere locos lætos & amæna vireta
Fortunatorum nemorum, ſedesque beatas.
Largior hic campos aether & lumine veſtit
Purpureo.
Virgil.
Ein Morgen war’s! ſchoͤner hat ihn ſchwerlich je ein Dichter beſchrieben,
an welchem wir die Inſel O-Tahiti, 2 Meilen vor uns ſahen. Der
Oſtwind, der uns bis hieher begleitet, hatte ſich gelegt; ein vom Lande wehendes
Luͤftchen fuͤhrte uns die erfriſchendſten und herrlichſten Wohlgeruͤche entgegen und
kraͤuſelte die Flaͤche der See. Waldgekroͤnte Berge erhoben ihre ſtolzen Gipfel
in mancherley majeſtaͤtiſchen Geſtalten und gluͤhten bereits im erſten Morgenſtrahl
der Sonne. Unterhalb denſelben erblickte das Auge Reihen von niedrigern, ſanft
abhaͤngenden Huͤgeln, die den Bergen gleich, mit Waldung bedeckt, und mit ver-
ſchiednem anmuthigen Gruͤn und herbſtlichen Braun ſchattirt waren. Vor die-
ſen her lag die Ebene, von tragbaren Brodfrucht-Baͤumen und unzaͤhlbaren Pal-
men beſchattet, deren koͤnigliche Wipfel weit uͤber jene empor ragten. Noch
erſchien alles im tiefſten Schlaf; kaum tagte der Morgen und ſtille Schatten
ſchwebten noch auf der Landſchaft dahin. Allmaͤhlig aber konnte man unter den
Baͤumen eine Menge von Haͤuſern und Canots unterſcheiden, die auf den
ſandichten Strand heraufgezogen waren. Eine halbe Meile vom Ufer lief eine
Reihe niedriger Klippen parallel mit dem Lande hin, und uͤber dieſe brach ſich die
See in ſchaͤumender Brandung; hinter ihnen aber war das Waſſer ſpiegelglatt
und verſprach den ſicherſten Ankerplatz. Nunmehro fing die Sonne an die
Ebene zu beleuchten. Die Einwohner erwachten und die Ausſicht begonn zu
leben.
Kaum bemerkte man die großen Schiffe an der Kuͤſte, ſo eilte alles nach
dem Strande herab und einige ſtießen Canots ins Waſſer um zu uns herzuru-
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/245>, abgerufen am 24.11.2024.
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