Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
Julius.
Morgen Regenbogen; ja einmal sahen wir sogar einen starken Regenbogen des
Nachts bey Mondschein.

Am 9ten waren wir ohngefähr in derselbigen Länge, in welcher sich Ca-
pitain Cook auf seiner voriger Reise unter dem 40 Grad 22 Minuten südlicher
Breite befunden hatte.*) Diesmal aber waren wir 21/4 Grad weiter gegen Süden.
Hier fiel uns ein junger Ziegenbock über Bord, den man zwar wieder auffischte
und alles mögliche an ihm versuchte, als Reiben, Tabaks-Clystiere u. d. gl.
allein umsonst, er war nicht wieder zum Leben zu bringen.

Am 17. da wir über den 227. Grad östlicher Länge hinaus und ohnge-
fähr im 40. Grade südlicher Breite waren, ließ der Capitain endlich gerade gen
Norden hinauf steuern. Bisher hatten wir uns nemlich, zu Aufsuchung des
Süd-Landes, mehrentheils gegen Osten und zwar in den Breiten gehalten, wo
dieses Land, dem allgemeinen Vorgeben nach, schlechterdings liegen sollte. Allein auf
dieser ganzen Fahrt war uns allen die Zeit herzlich lang geworden, denn die
Jahreszeit war unangenehm und rauh, der Wind uns mehrentheils zuwider und
an keine Art von Abwechslung zu denken, sondern statt derselben hatten wir ein
ewiges Einerley von längst bekannten Gegenständen vor uns. Das einzige, was
wir damit gewonnen, war die Gewißheit, "daß in den mittlern Breiten
der Süd-See kein großes Land zu finden ist." In Zeit von fünf Tagen erreich-
ten wir bereits den 31sten Grad südlicher Breite. Nunmehro verloren sich die
Albatrosse und Sturmvögel, das Thermometer stieg auf 611/2, und wir konn-
ten jetzt, seit unsrer Abreise vom Cap zum erstenmal, die Winterkleider able-
gen. Je näher wir den Wende-Cirkeln kamen, desto bessern Muths ward
unser Seevolk. Die Matrosen fingen schon an, sich des Abends auf dem Ver-
deck mit mancherley Spielen zu belustigen. Die belebende Mildigkeit und
Wärme der Luft war uns etwas ganz neues, und behagte uns sowohl, daß wir
dem warmen Clima bald vor allen andern den Vorzug einräumten, und es der
Natur des Menschen am zuträglichsten hielten. Am 25sten Nachmittags sa-
hen wir einen tropischen Vogel, ein sicheres Zeichen, daß wir in das mildere
Clima, über 30 Grad südlicher Breite, heraufgekommen waren. Die unterge-
hende Sonne erleuchtete die Wolken mit den glänzendsten Goldfarben, und be-

*) Siehe Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen etc.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Julius.
Morgen Regenbogen; ja einmal ſahen wir ſogar einen ſtarken Regenbogen des
Nachts bey Mondſchein.

Am 9ten waren wir ohngefaͤhr in derſelbigen Laͤnge, in welcher ſich Ca-
pitain Cook auf ſeiner voriger Reiſe unter dem 40 Grad 22 Minuten ſuͤdlicher
Breite befunden hatte.*) Diesmal aber waren wir 2¼ Grad weiter gegen Suͤden.
Hier fiel uns ein junger Ziegenbock uͤber Bord, den man zwar wieder auffiſchte
und alles moͤgliche an ihm verſuchte, als Reiben, Tabaks-Clyſtiere u. d. gl.
allein umſonſt, er war nicht wieder zum Leben zu bringen.

Am 17. da wir uͤber den 227. Grad oͤſtlicher Laͤnge hinaus und ohnge-
faͤhr im 40. Grade ſuͤdlicher Breite waren, ließ der Capitain endlich gerade gen
Norden hinauf ſteuern. Bisher hatten wir uns nemlich, zu Aufſuchung des
Suͤd-Landes, mehrentheils gegen Oſten und zwar in den Breiten gehalten, wo
dieſes Land, dem allgemeinen Vorgeben nach, ſchlechterdings liegen ſollte. Allein auf
dieſer ganzen Fahrt war uns allen die Zeit herzlich lang geworden, denn die
Jahreszeit war unangenehm und rauh, der Wind uns mehrentheils zuwider und
an keine Art von Abwechslung zu denken, ſondern ſtatt derſelben hatten wir ein
ewiges Einerley von laͤngſt bekannten Gegenſtaͤnden vor uns. Das einzige, was
wir damit gewonnen, war die Gewißheit, “daß in den mittlern Breiten
der Suͤd-See kein großes Land zu finden iſt.“ In Zeit von fuͤnf Tagen erreich-
ten wir bereits den 31ſten Grad ſuͤdlicher Breite. Nunmehro verloren ſich die
Albatroſſe und Sturmvoͤgel, das Thermometer ſtieg auf 61½, und wir konn-
ten jetzt, ſeit unſrer Abreiſe vom Cap zum erſtenmal, die Winterkleider able-
gen. Je naͤher wir den Wende-Cirkeln kamen, deſto beſſern Muths ward
unſer Seevolk. Die Matroſen fingen ſchon an, ſich des Abends auf dem Ver-
deck mit mancherley Spielen zu beluſtigen. Die belebende Mildigkeit und
Waͤrme der Luft war uns etwas ganz neues, und behagte uns ſowohl, daß wir
dem warmen Clima bald vor allen andern den Vorzug einraͤumten, und es der
Natur des Menſchen am zutraͤglichſten hielten. Am 25ſten Nachmittags ſa-
hen wir einen tropiſchen Vogel, ein ſicheres Zeichen, daß wir in das mildere
Clima, uͤber 30 Grad ſuͤdlicher Breite, heraufgekommen waren. Die unterge-
hende Sonne erleuchtete die Wolken mit den glaͤnzendſten Goldfarben, und be-

*) Siehe Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen ꝛc.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="182"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
Julius.</note>Morgen Regenbogen; ja einmal &#x017F;ahen wir &#x017F;ogar einen &#x017F;tarken Regenbogen des<lb/>
Nachts bey Mond&#x017F;chein.</p><lb/>
        <p>Am 9ten waren wir ohngefa&#x0364;hr in der&#x017F;elbigen La&#x0364;nge, in welcher &#x017F;ich Ca-<lb/>
pitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> auf &#x017F;einer voriger Rei&#x017F;e unter dem 40 Grad 22 Minuten &#x017F;u&#x0364;dlicher<lb/>
Breite befunden hatte.<note place="foot" n="*)">Siehe <persName>Hawkesworths</persName> Ge&#x017F;chichte der engl. See-Rei&#x017F;en &#xA75B;c.</note> Diesmal aber waren wir 2¼ Grad weiter gegen Su&#x0364;den.<lb/>
Hier fiel uns ein junger Ziegenbock u&#x0364;ber Bord, den man zwar wieder auffi&#x017F;chte<lb/>
und alles mo&#x0364;gliche an ihm ver&#x017F;uchte, als Reiben, Tabaks-Cly&#x017F;tiere u. d. gl.<lb/>
allein um&#x017F;on&#x017F;t, er war nicht wieder zum Leben zu bringen.</p><lb/>
        <p>Am 17. da wir u&#x0364;ber den 227. Grad o&#x0364;&#x017F;tlicher La&#x0364;nge hinaus und ohnge-<lb/>
fa&#x0364;hr im 40. Grade &#x017F;u&#x0364;dlicher Breite waren, ließ der Capitain endlich gerade gen<lb/>
Norden hinauf &#x017F;teuern. Bisher hatten wir uns nemlich, zu Auf&#x017F;uchung des<lb/><hi rendition="#fr">Su&#x0364;d-Landes,</hi> mehrentheils gegen O&#x017F;ten und zwar in den Breiten gehalten, wo<lb/>
die&#x017F;es Land, dem allgemeinen Vorgeben nach, &#x017F;chlechterdings liegen &#x017F;ollte. Allein auf<lb/>
die&#x017F;er ganzen Fahrt war uns allen die Zeit herzlich lang geworden, denn die<lb/>
Jahreszeit war unangenehm und rauh, der Wind uns mehrentheils zuwider und<lb/>
an keine Art von Abwechslung zu denken, &#x017F;ondern &#x017F;tatt der&#x017F;elben hatten wir ein<lb/>
ewiges Einerley von la&#x0364;ng&#x017F;t bekannten Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden vor uns. Das einzige, was<lb/>
wir damit gewonnen, war die Gewißheit, &#x201C;daß in den mittlern Breiten<lb/>
der <placeName>Su&#x0364;d-See</placeName> kein großes Land zu finden i&#x017F;t.&#x201C; In Zeit von fu&#x0364;nf Tagen erreich-<lb/>
ten wir bereits den 31&#x017F;ten Grad &#x017F;u&#x0364;dlicher Breite. Nunmehro verloren &#x017F;ich die<lb/>
Albatro&#x017F;&#x017F;e und Sturmvo&#x0364;gel, das Thermometer &#x017F;tieg auf 61½, und wir konn-<lb/>
ten jetzt, &#x017F;eit un&#x017F;rer Abrei&#x017F;e vom <placeName>Cap</placeName> zum er&#x017F;tenmal, die Winterkleider able-<lb/>
gen. Je na&#x0364;her wir den Wende-Cirkeln kamen, de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;ern Muths ward<lb/>
un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Seevolk.</hi> Die Matro&#x017F;en fingen &#x017F;chon an, &#x017F;ich des Abends auf dem Ver-<lb/>
deck mit mancherley Spielen zu belu&#x017F;tigen. Die belebende Mildigkeit und<lb/>
Wa&#x0364;rme der Luft war uns etwas ganz neues, und behagte uns &#x017F;owohl, daß wir<lb/>
dem warmen Clima bald vor allen andern den Vorzug einra&#x0364;umten, und es der<lb/>
Natur des Men&#x017F;chen am zutra&#x0364;glich&#x017F;ten hielten. Am 25&#x017F;ten Nachmittags &#x017F;a-<lb/>
hen wir einen tropi&#x017F;chen Vogel, ein &#x017F;icheres Zeichen, daß wir in das mildere<lb/>
Clima, u&#x0364;ber 30 Grad &#x017F;u&#x0364;dlicher Breite, heraufgekommen waren. Die unterge-<lb/>
hende Sonne erleuchtete die Wolken mit den gla&#x0364;nzend&#x017F;ten Goldfarben, und be-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0235] Forſter’s Reiſe um die Welt Morgen Regenbogen; ja einmal ſahen wir ſogar einen ſtarken Regenbogen des Nachts bey Mondſchein. 1773. Julius. Am 9ten waren wir ohngefaͤhr in derſelbigen Laͤnge, in welcher ſich Ca- pitain Cook auf ſeiner voriger Reiſe unter dem 40 Grad 22 Minuten ſuͤdlicher Breite befunden hatte. *) Diesmal aber waren wir 2¼ Grad weiter gegen Suͤden. Hier fiel uns ein junger Ziegenbock uͤber Bord, den man zwar wieder auffiſchte und alles moͤgliche an ihm verſuchte, als Reiben, Tabaks-Clyſtiere u. d. gl. allein umſonſt, er war nicht wieder zum Leben zu bringen. Am 17. da wir uͤber den 227. Grad oͤſtlicher Laͤnge hinaus und ohnge- faͤhr im 40. Grade ſuͤdlicher Breite waren, ließ der Capitain endlich gerade gen Norden hinauf ſteuern. Bisher hatten wir uns nemlich, zu Aufſuchung des Suͤd-Landes, mehrentheils gegen Oſten und zwar in den Breiten gehalten, wo dieſes Land, dem allgemeinen Vorgeben nach, ſchlechterdings liegen ſollte. Allein auf dieſer ganzen Fahrt war uns allen die Zeit herzlich lang geworden, denn die Jahreszeit war unangenehm und rauh, der Wind uns mehrentheils zuwider und an keine Art von Abwechslung zu denken, ſondern ſtatt derſelben hatten wir ein ewiges Einerley von laͤngſt bekannten Gegenſtaͤnden vor uns. Das einzige, was wir damit gewonnen, war die Gewißheit, “daß in den mittlern Breiten der Suͤd-See kein großes Land zu finden iſt.“ In Zeit von fuͤnf Tagen erreich- ten wir bereits den 31ſten Grad ſuͤdlicher Breite. Nunmehro verloren ſich die Albatroſſe und Sturmvoͤgel, das Thermometer ſtieg auf 61½, und wir konn- ten jetzt, ſeit unſrer Abreiſe vom Cap zum erſtenmal, die Winterkleider able- gen. Je naͤher wir den Wende-Cirkeln kamen, deſto beſſern Muths ward unſer Seevolk. Die Matroſen fingen ſchon an, ſich des Abends auf dem Ver- deck mit mancherley Spielen zu beluſtigen. Die belebende Mildigkeit und Waͤrme der Luft war uns etwas ganz neues, und behagte uns ſowohl, daß wir dem warmen Clima bald vor allen andern den Vorzug einraͤumten, und es der Natur des Menſchen am zutraͤglichſten hielten. Am 25ſten Nachmittags ſa- hen wir einen tropiſchen Vogel, ein ſicheres Zeichen, daß wir in das mildere Clima, uͤber 30 Grad ſuͤdlicher Breite, heraufgekommen waren. Die unterge- hende Sonne erleuchtete die Wolken mit den glaͤnzendſten Goldfarben, und be- *) Siehe Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen ꝛc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/235
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/235>, abgerufen am 24.11.2024.