Am folgenden Morgen begleiteten wir die Capitains Cook und Fur-1773. Junius. neaux nach Ost-Bay und Gras-Cove, woselbst sie eine Boots-Ladung anti- scorbutischer Kräuter einzusammeln, und zugleich einen neuen Versuch zum Be- sten des Landes zu machen gedachten. Da wir uns nemlich, wie im vorhergehen- den gemeldet worden, bereits hatten angelegen seyn lassen, allerhand nützli- ches europäisches Kräuter- und Wurzelwerk allhier anzupflanzen; so wollten wir nunmehro auch die Wildnisse mit Thieren zu bereichern suchen, welche in der Folge den Eingebohrnen und auch künftigen Seefahrern zum Nutzen gereichen könnten. In dieser Absicht hatte Capitain Furneaux bereits einen Eber und zwey Säue in Canibal-Cove ans Land und in Freyheit gesetzt, damit sie sich in den Wäldern vermehren mögten, und auch wir ließen es uns einen Bock und eine Ziege kosten, welche an einer öden Stelle in Ost-Bay jetzt an Land gesetzt wurden. Diese Gegenden hatte man vor andern hiezu ausgewählt, weil unsre neuen Colonisten, dem Anschein nach, hier vor den Einwohnern am sicher- sten seyn konnten, als welches die einzigen Feinde sind, für denen sie sich zu fürch- ten haben. Denn das war wohl nicht zu vermuthen, daß die unwissenden Neu- Seeländer Ueberlegung genug haben würden, um einzusehen, was für Nutzen ihnen aus der ungestöhrten Vermehrung dieser nützlichen Thiere zuwachsen könnte. -- In der Gegend von Gras-Cove erblickten wir ein großes Thier im Wasser, wel- ches der Größe nach zu urtheilen, ein See-Löwe seyn mogte; doch konnten wir ihm nicht nahe genug kommen, um es zu schießen und zu untersuchen. Ist es aber würklich ein See-Löwe gewesen, so war vermittelst dieses Thieres und einer kleinen Art von Fledermäusen, die wir in den Wäldern angetroffen hat- ten, desgleichen mit Innbegrif des hiesigen zahmen Hundes, die Liste der Neu- Seeländischen Säugthiere nunmehro schon bis auf fünf Geschlechter ange- wachsen; und viel höher dürfte sich die Zahl derselben wohl überhaupt schwer- lich belaufen, ja vielleicht bey allen künftigen Untersuchungen nicht ein einziges neues mehr zu entdecken übrig seyn. Nachdem wir weit und breit im Walde herumgestreift, und nicht nur einen ziemlichen Vorrath von wilden Sellery und Löffelkraut zusammengebracht, sondern auch abermals etliche neue Pflanzen und Vögel gesunden hatten, so kehrten wir spät an Bord zurück.
in den Jahren 1772 bis 1775.
Am folgenden Morgen begleiteten wir die Capitains Cook und Fur-1773. Junius. neaux nach Oſt-Bay und Gras-Cove, woſelbſt ſie eine Boots-Ladung anti- ſcorbutiſcher Kraͤuter einzuſammeln, und zugleich einen neuen Verſuch zum Be- ſten des Landes zu machen gedachten. Da wir uns nemlich, wie im vorhergehen- den gemeldet worden, bereits hatten angelegen ſeyn laſſen, allerhand nuͤtzli- ches europaͤiſches Kraͤuter- und Wurzelwerk allhier anzupflanzen; ſo wollten wir nunmehro auch die Wildniſſe mit Thieren zu bereichern ſuchen, welche in der Folge den Eingebohrnen und auch kuͤnftigen Seefahrern zum Nutzen gereichen koͤnnten. In dieſer Abſicht hatte Capitain Furneaux bereits einen Eber und zwey Saͤue in Canibal-Cove ans Land und in Freyheit geſetzt, damit ſie ſich in den Waͤldern vermehren moͤgten, und auch wir ließen es uns einen Bock und eine Ziege koſten, welche an einer oͤden Stelle in Oſt-Bay jetzt an Land geſetzt wurden. Dieſe Gegenden hatte man vor andern hiezu ausgewaͤhlt, weil unſre neuen Coloniſten, dem Anſchein nach, hier vor den Einwohnern am ſicher- ſten ſeyn konnten, als welches die einzigen Feinde ſind, fuͤr denen ſie ſich zu fuͤrch- ten haben. Denn das war wohl nicht zu vermuthen, daß die unwiſſenden Neu- Seelaͤnder Ueberlegung genug haben wuͤrden, um einzuſehen, was fuͤr Nutzen ihnen aus der ungeſtoͤhrten Vermehrung dieſer nuͤtzlichen Thiere zuwachſen koͤnnte. — In der Gegend von Gras-Cove erblickten wir ein großes Thier im Waſſer, wel- ches der Groͤße nach zu urtheilen, ein See-Loͤwe ſeyn mogte; doch konnten wir ihm nicht nahe genug kommen, um es zu ſchießen und zu unterſuchen. Iſt es aber wuͤrklich ein See-Loͤwe geweſen, ſo war vermittelſt dieſes Thieres und einer kleinen Art von Fledermaͤuſen, die wir in den Waͤldern angetroffen hat- ten, desgleichen mit Innbegrif des hieſigen zahmen Hundes, die Liſte der Neu- Seelaͤndiſchen Saͤugthiere nunmehro ſchon bis auf fuͤnf Geſchlechter ange- wachſen; und viel hoͤher duͤrfte ſich die Zahl derſelben wohl uͤberhaupt ſchwer- lich belaufen, ja vielleicht bey allen kuͤnftigen Unterſuchungen nicht ein einziges neues mehr zu entdecken uͤbrig ſeyn. Nachdem wir weit und breit im Walde herumgeſtreift, und nicht nur einen ziemlichen Vorrath von wilden Sellery und Loͤffelkraut zuſammengebracht, ſondern auch abermals etliche neue Pflanzen und Voͤgel geſunden hatten, ſo kehrten wir ſpaͤt an Bord zuruͤck.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Am folgenden Morgen begleiteten wir die Capitains Cook und Fur-
neaux nach Oſt-Bay und Gras-Cove, woſelbſt ſie eine Boots-Ladung anti-
ſcorbutiſcher Kraͤuter einzuſammeln, und zugleich einen neuen Verſuch zum Be-
ſten des Landes zu machen gedachten. Da wir uns nemlich, wie im vorhergehen-
den gemeldet worden, bereits hatten angelegen ſeyn laſſen, allerhand nuͤtzli-
ches europaͤiſches Kraͤuter- und Wurzelwerk allhier anzupflanzen; ſo wollten
wir nunmehro auch die Wildniſſe mit Thieren zu bereichern ſuchen, welche in der
Folge den Eingebohrnen und auch kuͤnftigen Seefahrern zum Nutzen gereichen
koͤnnten. In dieſer Abſicht hatte Capitain Furneaux bereits einen Eber und
zwey Saͤue in Canibal-Cove ans Land und in Freyheit geſetzt, damit ſie ſich
in den Waͤldern vermehren moͤgten, und auch wir ließen es uns einen Bock
und eine Ziege koſten, welche an einer oͤden Stelle in Oſt-Bay jetzt an Land
geſetzt wurden. Dieſe Gegenden hatte man vor andern hiezu ausgewaͤhlt, weil
unſre neuen Coloniſten, dem Anſchein nach, hier vor den Einwohnern am ſicher-
ſten ſeyn konnten, als welches die einzigen Feinde ſind, fuͤr denen ſie ſich zu fuͤrch-
ten haben. Denn das war wohl nicht zu vermuthen, daß die unwiſſenden Neu-
Seelaͤnder Ueberlegung genug haben wuͤrden, um einzuſehen, was fuͤr Nutzen ihnen
aus der ungeſtoͤhrten Vermehrung dieſer nuͤtzlichen Thiere zuwachſen koͤnnte. —
In der Gegend von Gras-Cove erblickten wir ein großes Thier im Waſſer, wel-
ches der Groͤße nach zu urtheilen, ein See-Loͤwe ſeyn mogte; doch konnten wir
ihm nicht nahe genug kommen, um es zu ſchießen und zu unterſuchen. Iſt es
aber wuͤrklich ein See-Loͤwe geweſen, ſo war vermittelſt dieſes Thieres und
einer kleinen Art von Fledermaͤuſen, die wir in den Waͤldern angetroffen hat-
ten, desgleichen mit Innbegrif des hieſigen zahmen Hundes, die Liſte der Neu-
Seelaͤndiſchen Saͤugthiere nunmehro ſchon bis auf fuͤnf Geſchlechter ange-
wachſen; und viel hoͤher duͤrfte ſich die Zahl derſelben wohl uͤberhaupt ſchwer-
lich belaufen, ja vielleicht bey allen kuͤnftigen Unterſuchungen nicht ein
einziges neues mehr zu entdecken uͤbrig ſeyn. Nachdem wir weit und breit im
Walde herumgeſtreift, und nicht nur einen ziemlichen Vorrath von wilden
Sellery und Loͤffelkraut zuſammengebracht, ſondern auch abermals etliche neue
Pflanzen und Voͤgel geſunden hatten, ſo kehrten wir ſpaͤt an Bord zuruͤck.
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/218>, abgerufen am 22.11.2024.
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